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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 609/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 57
StGB § 57 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer verbüßt gegenwärtig eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 1/2 Jahren, die das Landgericht Aachen gegen ihn mit Urteil vom 25.04.2006 wegen Geldwäsche in 3 Fällen verhängt hat. Die Taten betreffen Teile des aus dem Entführungsfall "S" im Jahre 1996 erpreßten Lösegeldes. Nach den Urteilsfeststellungen hat der Beschwerdeführer im Jahre 2000 in gewerbs- und bandenmäßiger Begehungsweise einen aus der Beute stammenden Betrag von insgesamt 6 Millionen Schweizer Franken gewaschen.

Dem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten zum Tathergang - auch der Vortat - verwiesen wird, liegt eine Verständigung zugrunde, in deren Rahmen dem Beschwerdeführer - je nach dem Umfang eines Geständnisses - eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als 7 bzw. 6 1/2 Jahren zugesagt wurde. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde folgendes erklärt :

"Im Falle einer der Verständigung entsprechenden Verurteilung wird die Staatsanwaltschaft einer bedingten Entlassung zum 2/3-Zeitpunkt nach beanstandungsfreiem Vollzugsverhalten des Angeklagten nicht entgegentreten."

Inhalt und Tragweite dieser Erklärung wird von den Beteiligten unterschiedlich verstanden.

2/3 der Strafe waren am 26.03.2007 verbüßt, das Strafende ist auf den 26.05.2009 notiert.

Die Strafvollstreckungskammer hat es nach Einholung einer Stellungnahme des Leiters der Justizvollzugsanstalt T und Anhörung des Verurteilten durch den angefochtenen Beschluss, auf den wegen aller weiterer Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, abgelehnt, die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen.

II.

Der Verurteilte hat dagegen fristgerecht das zulässige Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt, die jedoch keinen Erfolg hat. Der Senat tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Verurteilte stützt sein Rechtsmittel maßgeblich auf die Verständigung, in deren Rahmen ihm die Staatsanwaltschaft wirksam ihr Einverständnis mit einer Reststrafenaussetzung zugesagt habe, und deren Voraussetzungen erfüllt seien.

Die Strafvollstreckungskammer hat sich jedoch an die Urteilsabsprache zurecht nicht gebunden gesehen.

Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 15.02.2005 - 2 Ws 47/05-) , kann eine Verständigung zwar einen gewissen Vertrauensschutz begründen, der aber von vorneherein dadurch begrenzt ist, dass die Strafvollstreckungskammer - die am Zustandekommen der Verständigung nicht beteiligt ist - eine eigenverantwortliche, an den gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 StGB orientierte Entscheidung zu treffen hat.

Zu den sachlichen Voraussetzungen einer Reststrafenaussetzung gehört in allen Fällen eine günstige Legalprognose, die die Strafvollstreckungskammer mit Recht nicht angenommen hat und die auch der Senat dem vielfach vorbestraften Beschwerdeführer, der vor der jetzt verbüßten Strafe bereits 12 Jahre in Haft verbracht hat, nicht zu stellen vermag. Das Erfordernis einer günstigen Prognose kann auch durch eine Verständigung mit dem hier gegebenen Inhalt nicht beseitigt werden. Eine von den gesetzlichen Voraussetzungen weitgehend losgelöste Reststrafenaussetzung kommt nicht in Betracht.

Eine positive Prognose kann dem Beschwerdeführer - auch - aufgrund seines Vollzugsverhaltens, das bei der Prüfung eines Reststrafengesuches nach § 57 Abs. 1 S.2 StGB ein zu beachtendes Kriterium darstellt, nicht gestellt werden.

Welchen Umständen insoweit Gewicht zukommt, bestimmt sich nach dem Einzelfall (vgl Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., § 57 Randnr. 15). Dabei muß das Vollzugsverhalten als positiver Prognosefaktor festgestellt werden können. Lediglich regelkonformes Verhalten genügt nicht.

Das Verhalten des Beschwerdeführers gibt Anlaß zur Beanstandung in dem Sinne, dass er sich - bei äußerlicher Anpassung - jeder Mitarbeit am Erreichen des Vollzugszieles (vgl § 2 StVollzG : "Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen") verweigert.

Bereits in der Einweisungsverfügung vom 17.11.2006 wird dargelegt, dass sich der Beschwerdeführer "perspektivisch in der Endphase seiner Inhaftierung und seines Aufenthaltes in Deutschland wähne" und sich Fragen zu allen kritischen Themen entziehe. Die Einweisung erfolgte - offensichtlich mit Blick auf diese Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers - "ohne weitere Empfehlungen".

Zu ähnlicher Beurteilung gelangt der Leiter der Justizvollzugsanstalt T in seiner Stellungnahme vom 06.02.2007, in der u.a. folgendes ausgeführt wird :

"Ein Gespräch mit dem Gefangenen über die Ursachen seiner Straffälligkeit ließ sich schlecht führen, da er die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland für alles verantwortlich macht bzw. angab, mit der Gesellschaft nicht zurecht zu kommen. Er wäre schon immer unangepasst gewesen und ließe sich von niemandem etwas vorschreiben."

Eine weitergehende Erörterung seiner Straffälligkeit würde angesichts dessen wie Makulatur wirken und von ihm auch nicht gewünscht.

Der Beschwerdeführer ist allein auf die ihm nach seiner Auffassung "zustehende" 2/3 Entlassung fixiert und zeigt sich von der Haft völlig unbeeindruckt, eine Auseinandersetzung mit den Straftaten - zu denen er ausdrücklich steht - findet nicht statt.

Vor Erstellung des weiteren Berichtes des Leiters der Justizvollzugsanstalt T vom 21.05.2007 war der Beschwerdeführer zu gar keinem Gespräch mehr bereit. Bezeichnend für die innere Einstellung des Beschwerdeführers sind außerdem noch folgende Vorgänge : Als der Beschwerdeführer im September 2006 in der Justizvollzugsanstalt durch Kriminalbeamte zeugenschaftlich vernommen werden sollte, verließ er den Raum mit den Worten "Seid Ihr eigentlich bekloppt ?". Bei der richterlichen Anhörung am 29.08.2007 bezeichnete er "das Vorbringen der Staatsanwaltschaft (als) so unqualifiziert, dass ich dazu keine Stellungnahme mehr abgebe".

Der Beschwerdeführer trägt hiernach seine Ablehnung von Staat und Gesellschaft weiterhin offen zur Schau, meint aber gleichzeitig zur Begründung seiner Beschwerde anführen zu können :

"Der Verurteilte muß sich auf eine Zusage der Justiz verlassen können. Sein Vertrauen genießt höchstrichterlichen Schutz."

Nach Ansicht des Senates würde - umgekehrt - das Vertrauen in die Justiz erschüttert und müsste es in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen, wenn ein Straftäter mit unverhohlen feindlicher Einstellung gegenüber der Rechtsordnung die Einhaltung der Zusage einer Reststrafenaussetzung "einfordern" könnte, die im Ergebnis auf eine konterkarierende Korrektur des Strafmaßes hinausliefe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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