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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.02.2008
Aktenzeichen: 2 Ws 645/07
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 178
Vor der Festsetzung eines Ordnungsmittels wegen Ungebühr gemäß § 178 GKG (hier: fortwährende, auf Sprengung der Hauptverhandlung angelegte Störungen durch den Pflichtverteidiger, die zu seiner Entpflichtung geführt haben) kann von der Gewährung rechtlichen Gehörs ausnahmsweise abgesehen werden, wenn Ungebühr und Ungebührwille außer Frage stehen und die Anhörung dem Täter nur zu weiteren Ausfällen Gelegenheit geben würde.
Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:

Die gem. § 181 GVG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde bleibt in der Sache selbst ohne Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Vorlageverfügung vom 23.01.2008 zu dem Rechtsmittel im wesentlichen ausgeführt:

"Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts E. vom 12.11.2007, mit dem gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 Euro ersatzweise je 50,00 Euro am Tag Ordnungshaft verhängt worden ist. Zudem wendet er sich gegen die erfolgte Teilvollstreckung des Beschlusses.

Dem Beschluss liegen Vorkommnisse im Rahmen der unter anderem am 12.11.2007 gegen die Angeklagten D. und L. vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - E. stattgefundenen Hauptverhandlung zugrunde, an der der Beschwerdeführer zunächst als Pflichtverteidiger, dann als Wahlverteidiger des Angeklagten D. und schließlich als Unbeteiligter teilgenommen hat.

Die Hauptverhandlungsprotokolle vom 08. und 12.11.2007 enthalten hierzu folgende Einträge:

08.11.2007:

"Rechtsanwalt B. erklärte sodann: Vor Verlesung der Anklageschrift möchte ich einen Antrag stellen.

Die Vorsitzende erklärte ihm daraufhin, dass derzeit keine Anträge entgegengenommen werden und dass derzeit auch nichts protokolliert werde. Es werde zunächst die Anklage verlesen. Rechtsanwalt B. unterbricht die Vorsitzende hierbei und brüllte, dass er darauf bestehe, jetzt Anträge stellen zu können. Ihm wird das Wort entzogen unter Hinweis auf die Prozessleitungsbefugnis durch die Vorsitzende gemäß § 238 StPO. Er wird darauf hingewiesen, dass sein prozessordnungswidriges Verhalten protokolliert wird. Ihm wird mehrfach durch die Vorsitzende das Wort entzogen. Dies ignoriert er und schreit weiter. Rechtsanwalt B. befiehlt dem Vertreter der Staatsanwaltschaft: Die Anklage wird jetzt nicht verlesen. Die Vorsitzende weist ihn darauf hin, dass seine prozessuale Rolle ihm die Erteilung von Befehlen nicht gestatte. Er ignoriert die Vorsitzende Anordnungen und redet lautstark weiter.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlas den Anklagesatz aus der Anklageschrift vom 10.09.2007. Hierbei wurde er immer wieder durch Rechtsanwalt B. unterbrochen.

Rechtsanwalt B. ergreift erneut ungefragt das Wort und will Anträge stellen.

Die Angeklagten wurden darauf hingewiesen, dass es ihnen freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nichts zur Sache auszusagen. Auch dabei unterbricht Rechtsanwalt B. die Vorsitzende und brüllt: Ich beantrage die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 218 StPO. Die Angeklagten sollten erst mal richtig belehrt werden. Die Vorsitzende solle erst mal die StPO lesen.

Während der Verlesung der Schriftstücke hat Rechtsanwalt B. unentwegt laut weiter geredet.

Das Gericht weist darauf hin, dass die Verhandlungsleitung der Vorsitzenden obliegt, das Schreien und unerlaubtes Wortergreifen nicht im Sinne der Strafprozessordnung ist und entsprechende Konsequenzen im Wiederholungsfall mit Protokollierung nach sich ziehen wird."

Protokoll vom 12.11.2007:

Rechtsanwalt B. ergreift unaufgefordert das Wort und möchte eine Erklärung abgeben. Auf den Einwand der Vorsitzenden hin, dass ihm das Wort nicht erteilt sei, erklärt Rechtsanwalt B.: Das ist mir scheißegal.

Die Vorsitzende weist darauf hin, dass die weitere Entgleisungen der Verteidigung in dieser Weise nicht dulden wird. Insbesondere Körperverletzungen des Angeklagten seitens der Verteidigung. Rechtsanwalt B. lacht laut, ergreift erneut das Wort und erklärt: "Das ist wohl als Witz gemeint, da kann ich mich darüber weglachen."

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. wird abgemahnt im Hinblick auf sein Verhalten während der und vor Verlesung des ersten Befangenheitsgesuches.

Das Gericht weist darauf hin, dass weitere Wortergreifungen ohne Erlaubnis der Vorsitzenden und anderes prozessordnungswidriges Verhalten wie bereits am ersten Hauptverhandlungstag nicht hinnehmen wird. Dies wird eine Protokollierung des Verhaltens nach sich ziehen. Gegebenenfalls wird dann eine Entscheidung nach § 145 StPO mit der möglichen Kostenfolge im Falle der Aussetzung ergehen.

Der Vorsitzende ordnet den Aufruf des Zeugen B. an. Ein Aufruf kann zunächst nicht erfolgen, da Rechtsanwalt B. dies durch Ergreifen des Wortes verhindert. Während der Zeuge den Saal betritt ruft Rechtsanwalt B., dass er einen Antrag stellen will. Die Vorsitzende weist darauf hin, dass Anträge derzeit nicht entgegengenommen werden. Rechtsanwalt B. schreit, dass der Aussetzungsantrag sofort entschieden werden muss.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. wirft der Protokollführerin für das Gericht und den Vertreter der Staatsanwaltschaft ein Schriftsatz vom 12.11.2007 diesmal mit Maschinenschrift ausgefüllten Datum vom 12.11.2007 zu den Akten.

Der Zeuge B. wird erneut hereingerufen. Während dessen Belehrung fällt Rechtsanwalt B. der Vorsitzenden ins Wort und beanstandet die Verfügung.

Die Vorsitzende beginnt erneut, den Zeugen zu belehren.

Der sodann gestellte Protokollierungsantrag von Rechtsanwalt B. wird zurückgewiesen, da es sich nicht um einen protokollierungsbedürftigen Vorgang handelt.

Rechtsanwalt B. erklärt: "Sie protokollieren ja sonst allen möglichen Quatsch. Das ist genau was ich meine."

Rechtsanwalt B. wird das Wort entzogen. Rechtsanwalt B. wirft der Protokollführerin erneut einen Schriftsatz auf die Computertastatur.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. ergreift erneut das Wort, so dass es der Vorsitzenden zunächst nicht möglich ist, den erneut eingereichten Antrag vom 12.11.2007 zu verlesen. Er beginnt, die Protokollführerin zu belehren und versucht, mit dieser eine Diskussion anzufangen. Dem Verteidiger wird erneut das Wort entzogen. Er wird abgemahnt und darauf hingewiesen, dass es ihm nicht zustehe, die Protokollführerin zu belehren und während der Beweisaufnahme zu stören und zu diskutieren.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. beanstandet die Verfügung der Vorsitzenden, nachdem diese bereits den Zeugen B. wiederholt versucht hat zu belehren. Rechtsanwalt B. wirft der Vorsitzenden erneut einen Befangenheitsgesuch vom 12.11.2007 auf den Gerichtstisch.

Der Verteidiger unterbricht die Vorsitzende bei der Belehrung des Zeugen, obwohl ihm bereits die Verfügung der Vorsitzenden im Hinblick auf das weitere Vorgehen in der Hauptverhandlung bekannt gegeben wurde.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. wird erneut abgemahnt. Hinweise der Vorsitzenden: Bei nächsten prozessordnungswidrigem Verhalten wird gemäß § 145 StPO verfahren werden.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. unterbricht die Vorsitzende erneut. Ihm wird erneut das Wort entzogen. Während des Diktat in das Protokoll unterbricht Rechtsanwalt B. erneut die Vorsitzende.

Verfügung der Vorsitzenden: Die Beiordnung von Rechtsanwalt B. wird aufgrund seines prozesswidrigen Verhaltens gemäß §§ 143, 145 StPO zurückgenommen.

Gründe: Durch sein Verhalten ist ein ordnungsgemäßer Ablauf der Verhandlung nicht mehr gewährleistet. Er unterbricht die Vorsitzende ständig.

Die Zeugenvernehmung des Zeugen B. kann nicht durchgeführt werden. Dieses Verhalten begann bereits am 1. Verhandlungstag. Ein ordnungsgemäßer Ablauf der Verhandlung ist gefährdet. Das Verhalten des Verteidigers Rechtsanwalt B. gefährdet den Zweck der Pflichtverteidigung.

Rechtsanwalt B. bestellt sich sodann zum Wahlverteidiger unter Vorlage einer Vollmacht. Der Verteidiger Rechtsanwalt B. überreicht eine Strafprozessvollmacht. Des Weiteren versucht er, der Vorsitzenden ein erneutes Gesuch auf den Tisch zu werfen.

Rechtsanwalt B. erklärt: Das ist ein alter Hut, gucken Sie doch erst mal in den Kommentar.

Rechtsanwalt B. wird unter Hinweis auf die getroffenen Verfügungen der hereingeworfenen Schriftstücke zurückgegeben. Er wirft ihn nun der Protokollführerin ohne Angabe von Gründen auf die Tastatur, die ihn auf Anweisung der Vorsitzenden Rechtsanwalt B. zurückreicht.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. ergreift erneut ungefragt das Wort. Das Wort wird ihm erneut entzogen, damit die Vorsitzende den Zeugen B. ordnungsgemäß belehren kann.

Der Verteidiger Rechtsanwalt B. ergreift erneut das Wort. Dieses wird ihm entzogen. Ihm wird erklärt, dass die einmal getroffene Anordnung nach wie vor gilt und nicht ständig wiederholt werden wird. Rechtsanwalt B. ergreift wieder ungefragt das Wort und beantragt seine Beiordnung als Pflichtverteidiger.

Verfügung der Vorsitzenden: Der Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger wird aus den Gründen der Verfügung über die Rücknahme der Beiordnung zurückgewiesen.

Rechtsanwalt B. erhebt Beschwerde und erklärt, dass der Angeklagte das Recht auf einen notwendigen Verteidiger hat. Die Vorsitzende weist darauf hin, dass Rechtsanwalt B. derzeit noch als Wahlverteidiger am Verfahren teilnimmt.

Rechtsanwalt B. erklärt: Ich bin nur bereit, die Verteidigung als Pflichtverteidiger weiterzuführen.

Das Gericht weist darauf hin, dass es dies als Niederlegung des Wahlverteidigermandats betrachtet. Rechtsanwalt B. erklärt: Ja.

Die Vorsitzende fordert den ehemaligen Verteidiger Rechtsanwalt B. auf, seine Robe auszuziehen und sich gegebenenfalls als Öffentlichkeit in den Sitzungssaal zu setzen.

Rechtsanwalt B. kommt dieser Aufforderung nicht nach.

Verfügung der Vorsitzenden: Dem Angeklagten D. wird Rechtsanwalt Z. aus A. als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Beschlossen und verkündet. Gegen den Rechtsanwalt B. wird wegen ungebührlichen Verhaltens ein Ordnungsgeld von 200,00 Euro ersatzweise je 50,00 Euro ein Tag Ersatzordnungshaft verhängt. Der Beschluss wird für sofort vollziehbar erklärt.

Herr B. wird aufgefordert, mit einem Wachtmeister zur Gerichtskasse zu gehen und das Ordnungsgeld zu bezahlen.

Gegen die Ordnungsverfügung hat der Beschuldigte durch seinen Verteidiger Rechtsanwalt N. noch am 12.11.2007 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung gegen den Rechtsanwalt B. aufzuheben.

In der Akte ist weiter vermerkt:

In der Unterbrechung 11.30 Uhr erscheint Justizhauptwachtmeister M. und erklärt, dass er mit Herrn B. auf der Gerichtskasse war. Dieser habe ihm gegenüber erklärt, dass er nicht bezahlen werde. Er gehe dann in die Zelle.

Sodann führte Justizhauptwachtmeister M. Herrn B. in die Zelle.

Beschlossen und verkündet:

Bis zur Entscheidung über die Beschwerde wird die sofortige Vollziehung des Ordnungsgeldbeschlusses ausgesetzt. Dieser Beschluss wurde den Wachtmeistern bekannt gegeben und um 11.35 Uhr ausgeführt .

Mit Verfügung vom 16.11.2007 hat die Vorsitzende des Schöffengerichts dargelegt, dass der Beschwerde nicht abgeholfen werde und hat dies weitergehend begründet.

II.

Die gemäß § 181 Abs. 3 GVG zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen gemäß § 178 Abs. 1 GVG einen Ordnungsgeldbeschluss erlassen. Nach dieser Vorschrift darf u.a. ein Ordnungsgeld bis zu 1.000 Euro und ersatzweise Ordnungshaft bis zu einer Woche angeordnet werden, wenn sich eine bei der Verhandlung nicht beteiligte Person in der Sitzung einer Ungebühr schuldig macht.

Darunter ist ein Verhalten zu verstehen, dass dem Gericht die Wahrnehmung seiner Rechtsprechungsaufgabe erheblich erschwert oder gar unmöglich macht, insbesondere die Wahrheitsfindung erschwert. Die Wahrheitsfindung erfordert eine Verhandlungsatmosphäre, in der in Ruhe, Sachlichkeit und gegenseitiger Toleranz der Prozessstoff erörtert und Zeugen und Sachverständige angehört werden. Dazu gehört auch, dass alle Beteiligten in gegenseitiger Achtung agieren und die Prozessleitungsbefugnis des Gerichts bzw. dessen Vorsitzenden akzeptieren und dessen Anordnungen nachkommen (vgl. Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Auflage, § 178 GVG Rdnr. 3). Ungebühr ist demnach ein Verhalten, das dem Gericht eine sachliche Verhandlungsführung unmittelbar oder bei Hinzutreten weiterer Faktoren unmöglichen macht (Löwe-Rosenberg a.a.O.).

Entsprechend diesen Voraussetzungen hat sich der Betroffene ungebührlich verhalten. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich, dass der ehemalige Verteidiger auch nach Entpflichtung und Niederlegung seines Wahlmandates in nahezu unglaublicher Weise die Hauptverhandlung sabotiert und gestört hat. Der Betroffene hat durch sein Verhalten Aufsehen erregt (...) und sich geweigert, sich als Unbeteiligter in den Zuschauerraum zu begeben. Dadurch hat er den geordneten Gang des Verfahrens mehr als erheblich gestört, so dass die Verhängung des Ordnungsgeldes und die ersatzweise Verhängung der Ordnungshaft sachgerecht und im Ergebnis unumgänglich war. Ermessensfehler sind insoweit und auch im Hinblick auf die Höhe des Ordnungsgeldes nicht festzustellen.

Unschädlich ist auch, dass ausweislich der Sitzungsniederschrift der Betroffene unmittelbar vor Erlass des Ordnungsmittelbeschlusses entgegen § 33 Abs. 1 StPO, Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz kein rechtliches Gehör gewährt worden ist.

Es ist anerkannt, dass von der Gewährung rechtlichen Gehörs ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn die Ungebühr und der Ungebührwille außer Frage steht und die Anhörung dem Täter nur zu weiteren Ausfällen Gelegenheit geben würde (Meyer-Goßner, a.a.O. § 178 GVG Rdnr. 14 m.w.N.).

Nach dem Verhalten des Betroffenen in der gesamten Hauptverhandlung lagen diese Voraussetzungen ohne Zweifel vor. Es war ohne weiteres damit zu rechnen, dass der Betroffene jede Gelegenheit zur Stellungnahme dazu nutzen würden, die Vorsitzende weiter zu beleidigen und die Fortführung der Hauptverhandlung zu sabotieren.

Das Gericht konnte entgegen den Darlegungen des Betroffenen auch Ordnungsmittel nach § 178 GVG gegen ihn verhängen. Zu Recht hat das Gericht nach dem nahezu unglaublichen Verhalten des ehemaligen Verteidigers in der Hauptverhandlung diesen als Pflichtverteidiger entpflichtet, weil sein Verhalten gezeigt hat, dass er mit allen Mitteln versuchen wollte, die Hauptverhandlung durch unlauteres Verhalten zu sprengen und eine Entscheidung unmöglich zu machen. Eine solche Entpflichtung aus wichtigem Grund war nach dem Verhalten des Betroffenen zulässig und angezeigt, weil dieser es darauf angelegt hatte, durch flegelhafte Pöbeleien unter grober Missachtung der Pflichten eines Rechtsanwalts die Fortführung der Hauptverhandlung unmöglich zu machen (zur Rechtmäßigkeit einer Entpflichtung aus wichtigem Grund vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 143 Rdnr. 3f.).

Die Wirksamkeit der Entpflichtung war dem Betroffenen auch bekannt, weil er ausweislich des Protokolls nach dem Entpflichtungsbeschluss erneut beantragt hat, als Pflichtverteidiger bestellt zu werden.

Nachdem der Betroffene zudem sein Wahlverteidigermandat ausdrücklich niedergelegt hatte, war er am Verfahren nicht mehr beteiligt, so dass ein Ordnungsmittel wegen Ungebühr nach § 178 GVG gegen ihn verhängt werden konnte.

Die Vorsitzende hat im Übrigen zu Recht die unmittelbare Vollstreckung des Ordnungsgeldbeschlusses gemäß § 179 GVG veranlasst. Nachdem der Betroffene sich ausdrücklich geweigert hatte, das Ordnungsgeld zu bezahlen, war auch der Vollzug der Ordnungshaft zulässig.

Ob Ordnungshaft sofort vollstreckt und dazu der Betroffene zur sofortigen Vollstreckung abgeführt wird, liegt im Ermessen des Vorsitzenden (vgl. Löwe-Rosenberg, a.a.O. § 180 GVG Rdnr. 5).

Es ist zudem dem Vorsitzenden dabei überlassen zu bestimmen, ob und welche Vorschriften der Strafvollstreckungsordnung sinngemäß anzuwenden sind.

Insgesamt bestehen weder gegen die Verhängung noch gegen die Teilvollstreckung des Ordnungsgeldbeschlusses Bedenken, so dass die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen ist."

Dem stimmt der Senat zu. Ergänzend ist zu bemerken, dass es einer (nochmaligen) Gewährung rechtlichen Gehörs bereits deswegen nicht bedurfte, weil die Vorsitzende des Schöffengerichts den Beschwerdeführer vor Verhängung der Ordnungsmaßnahme darauf hingewiesen hatte, dass das Gericht es sich vorbehalte, ihn im Hinblick auf die Gewährleistung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Sitzung als Verteidiger zurückzuweisen und aus dem Saal entfernen zu lassen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt musste dem Beschwerdeführer in aller gebotenen Deutlichkeit vor Augen stehen, dass eine Fortsetzung ungebührlichen Verhaltens Ordnungsmaßnahmen sogar in der gegenüber der Verhängung eines Ordnungsgeldes schärferen Form der Entfernung aus dem Saal (§ 177 GVG) nach sich ziehen konnte. Die Warnfunktion der Gewährung rechtlichen Gehörs war damit erfüllt.

Mit Rücksicht auf das weitere Beschwerdevorbringen sind lediglich noch die folgenden Anmerkungen am Platz: Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Verhängung und (teilweise) Vollstreckung der Ordnungsmittel sei ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig gewesen, weil die Sitzung mangels Anwesenheit eines notwendigen Verteidigers beendet gewesen sei, ist das schon deshalb unzutreffend, weil die Vorsitzende des Schöffengerichts dem Angeklagten D. vor Verhängung der Ordnungsmittel Rechtsanwalt Z. als Pflichtverteidiger beigeordnet hatte. Auch gegen die Art und Weise der Vollstreckung der Ordnungsmittel ist nichts zu erinnern; gemäß § 179 GVG obliegt die Beitreibung des Ordnungsgeldes dem Vorsitzenden. Es mag zutreffen, dass es unzulässig ist, wenn der Vorsitzende dem Störer durch einen Gerichtswachtmeister sofort den Betrag abnehmen lässt (Kissel, GVG, 3. Auflage 2001, § 179 Rz. 4 mit Nachweisen zur Gegenauffassung); solches ist hier aber auch nicht geschehen.

Die Entscheidung ergeht gebühren- und auslagenfrei, da das GVG nicht dem Geltungsbereich des GKG unterliegt, § 1 Abs. 1 lit. a) GKG. Seine eigenen notwendigen Auslagen hat der Beschwerdeführer nach § 473 Abs. 1 S. 1 StPO selbst zu tragen.

Der Senat sieht sich abschließend durch das grob pflicht- und standeswidrige, nicht hinnehmbare Verhalten des Beschwerdeführers, der es - wie seine Äußerung erweist, er "gehe dann in die Zelle" - offensichtlich aus Demonstrationszwecken auf das Ergreifen von Ordnungsmitteln angelegt hat, veranlasst, der Rechtsanwaltskammer eine Abschrift seiner Entscheidung zukommen zu lassen.

Ende der Entscheidung

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