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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 683/07
Rechtsgebiete: StGB, BVerfGG, StPO


Vorschriften:

StGB § 142 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 142 Abs. 2 Nr. 2
BVerfGG § 79 Abs. 1
StPO § 311 Abs. 2
StPO § 372 Satz 1
StPO § 473 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Köln hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 14.08.2006 wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilt und daneben ein Fahrverbot verhängt. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Beschwerdeführers hat das Landgericht Köln dieses Urteil mit Urteil vom 31.10.2006 aufrechterhalten und lediglich dahin abgeändert, dass die Verhängung des Fahrverbotes entfällt.

Der Verurteilte betreibt mit durch Verteidigerschriftsatz vom 14.09.2007 gestelltem Antrag die Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel des Freispruchs mit der Begründung, die Verurteilung beruhe auf einer Auslegung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB, die vom BVerfG mit Beschluss vom 19.03.2007 - 2 BvR 2273/06 - für unvereinbar mit Art. 103 Abs. 2 GG erklärt worden sei, so dass nach § 79 Abs. 1 BVerfGG die Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.10.2007 hat die 5. kleine Strafkammer des Landgerichts Bonn diesen Antrag als unzulässig verworfen. Gegen diesen, am 02.11.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die per Faxschreiben des Verteidigers vom 07.11.2007 eingelegte, am 08.11.2007 bei dem Landgericht Bonn eingegangene sofortige Beschwerde des Verurteilten.

II.

Die gemäß § 372 Satz 1 StPO statthafte, rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs.2 StPO eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 BVerfGG, nach dem die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Strafverfahrens nach den Vorschriften der StPO zulässig ist, wenn das Urteil auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom BVerfG für unvereinbar mit dem GG erklärt worden ist, sind nicht gegeben.

Nach der Entscheidung des BVerfG vom 19.03.2007 - 2 BvR 2273/06 - verstößt eine Auslegung der Bestimmung des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB, die ein sog. unvorsätzliches Entfernen vom Unfallort mit berechtigtem oder entschuldigten Entfernen gleichsetzt, gegen das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG).

Im Berufungsurteil ist jedoch als verletzte Strafnorm ausdrücklich § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB angegeben, die von der Entscheidung des BVerfG nicht berührt ist. Das verkennt auch der Beschwerdeführer nicht, der lediglich meint, dass nach den Feststellungen im Urteil "eigentlich" nur eine Verurteilung nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht gekommen wäre, eine Bestrafung nach dieser Bestimmung aufgrund der Entscheidung des BVerfG jedoch nicht zulässig sei, weil er sich "unvorsätzlich" von der Unfallstelle entfernt habe.

Dieser Argumentation ist das Landgericht zurecht nicht gefolgt. Schon der Ausgangspunkt des Beschwerdevorbringens, es habe sich nach den Urteilsfeststellungen um einen Fall "unvorsätzlichen " Entfernens gehandelt, trifft nicht ohne weiteres zu. Denn der vom Landgericht angenommene Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist auch noch erfüllt, wenn der Täter sich noch im unmittelbaren Umkreis des Unfallortes befindet, wobei es eine metermäßige Mindestdistanz nicht gibt (vgl. Schönke/Schroder-Cramer/Sternberg-Lieben, StGB, 27. Aufl., Randnr.42 f). Es erscheint daher nicht unvertretbar, dass das Landgericht die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 auch bei der "Rückkehr" des Beschwerdeführers nach dem Wendevorgang in der B-Straße noch als verwirklicht angesehen hat. Ob die zugrundeliegenden Feststellungen diese rechtliche Würdigung zugelassen haben, kann der Senat jedoch letztlich offen lassen. Denn es würde sich dabei nur um die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unbedenkliche unrichtige Rechtsanwendung eines Strafgesetzes - nämlich § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB - handeln, die der Beschwerdeführer mit der Revision hätte rügen können.

Die Möglichkeit der Wiederaufnahme nach § 79 Abs. 1 BVerfGG ermöglicht nicht die Aufhebung von rechtskräftigen Urteilen, die lediglich rechtsfehlerhaft sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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