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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.08.2001
Aktenzeichen: 2 Wx 16/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, KostO


Vorschriften:

ZPO § 550
FGG § 12
FGG § 15
FGG § 25
KostO § 58
KostO § 58 Abs. 1
KostO § 156 Abs. 5 Satz 1
KostO § 156 Abs. 2 Satz 2
KostO § 156 Abs. 2 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 16/01

In der Notarkostensache

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schlafen und Sternal

am 24. August 2001

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 23. April 2001 gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 12. März 2001 - 4 T 466/00 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

1.

Am 16. Dezember 1999 beglaubigte der Notar die Unterschriften zweier Sachbearbeiterinnen der damals noch selbständigen "D. Bank" unter insgesamt 76 für den Grundbuchverkehr bestimmten Erklärungen. Hierzu fuhr der Notar morgens auf dem Weg in sein Büro zur "D. Bank", nahm dort die unterschriebenen Erklärungen und das Anerkenntnis der Unterschriften durch die für die "D. Bank" handelnden Sachbearbeiterinnen entgegen und begab sich in sein Büro, wo er den Beglaubigungsvermerk hinzusetzte. Hierfür erhob er Beglaubigungsgebühren in Höhe von insgesamt 6.980,30 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer.

Auf Weisung des Präsidenten des Landgerichts vom 19. Juli 2000 hat der Notar diese Kostenrechnung gemäß § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO dem Landgericht zur Entscheidung im Beschwerdeverfahren zu der Frage vorgelegt, ob für die Beglaubigung zusätzlich die von ihm nicht geltend gemachte Auswärtsgebühr gemäß § 58 KostO in Höhe von 3.617,50 DM zuzüglich MWSt. zu erheben ist. Hierzu hat der Notar - abweichend von dem Präsidenten des Landgerichts - die Auffassung vertreten, die Auswärtsgebühr falle nur an, wenn auch die Fertigung des Beglaubigungsvermerks als das gebührenpflichtige Geschäft im Sinne des § 58 KostO außerhalb der Amtsräume vorgenommen werde. Das Landgericht hat nach Einholung einer Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts die Notarkostenbeschwerde im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der Beteiligte zu 1) sei nicht auf Verlangen der Beteiligten zu 2) außerhalb seiner Amtsräume tätig geworden. Zugleich hat es das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zugelassen. Auf Weisung des Präsidenten des Landgerichts hat der Beteiligte zu 1) weitere Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf eine Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts vom 11. Mai 2001 bezogen, in dem dieser sich darauf beruft, an das Tatbestandsmerkmal "auf Verlangen" seien höhere Anforderungen zu stellen.

2.

Die weitere Beschwerde ist statthaft, da sie vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluß zugelassen worden ist, § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO. Sie ist auch im übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der Notfrist von einem Monat seit der Zustellung des Beschlusses eingelegt worden (§ 156 Abs. 2 Satz 1 KostO).

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf keiner Verletzung des Gesetzes beruht, §§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, 550 ZPO. Die Voraussetzungen für die Erhebung der Zusatzgebühr gemäß § 58 Abs. 1 KostO, auf die der Notar, wenn der konkrete Sachverhalt den Ansatz der Auswärtsgebühr verlangt, nicht verzichten kann (Göttlich/ Mümmler/Assenmacher/Mathias, Kostenordnung, 14. Auflage 2000, Stichwort "Außerhalb der Geschäftsräume", Anm. 1.1.; Rohs in: Rohs/Wedewer, KostO, Stand Dezember 2000, Rdnr. 5), sind hier nicht gegeben.

Das Entstehen einer Auswärtsgebühr erfordert zunächst die Vornahme eines gebührenpflichtigen Geschäfts außerhalb der Notarstelle. Entgegen der vom Beteiligten zu 1) vertretenen Auffassung kann die Gebühr auch dann anfallen, wenn sich die notarielle Tätigkeit außerhalb der Amtsräume auf die reine Entgegennahme der Unterschriften beschränkt, während die Fertigung des Beglaubigungstextes einschließlich der notariellen Unterschrift in der Kanzlei des Notars erfolgt. Zwar hat das Kammergericht in einem Beschluß aus dem Jahre 1937 den Standpunkt vertreten, unter dem Begriff des "Geschäfts" im Sinne des § 58 Abs. 1 KostO könne nur das "Amtsgeschäft" verstanden werden. Dieses bestehe bei einer Unterschriftsbeglaubigung allein aus dem Beglaubigungsvermerk; werde dieser auf der Geschäftsstelle des Notars gefertigt, so könne die Zusatzgebühr nicht anfallen (JVBl. 38, 12 = HRR 37, 1673 [1674]). Diese Entscheidung geht jedoch von der unzutreffenden Prämisse aus, als gebührenrechtlich entscheidendes Geschäft komme ausschließlich die Fertigung des Beglaubigungsvermerks in Betracht. Vielmehr ist die gesamte Tätigkeit des Notars als untrennbarer Vorgang zu betrachten. Es kann keine Aufteilung in einzelne Abschnitte mit gebührenrechtlich unterschiedlichen Ergebnissen erfolgen. Für die Entstehung der Auswärtsgebühr ist es hierbei ohne Bedeutung, ob das beabsichtigte notarielle Geschäft auswärts vollendet worden ist. Bei einer Beglaubigung von Unterschriften oder Handzeichen genügt es bereits, daß ein Teil der notariellen Tätigkeit nicht in den Amtsräumen vorgenommen wird. Trifft der Notar außerhalb die Feststellung, daß die Unterschrift in seiner Gegenwart vollzogen bzw. anerkannt worden ist, so ist der sich anschließende - in der Amtsstelle vorgenommene - Beglaubigungsvermerk nur ein weiterer Teil des einheitlichen Tätigkeitsvorgangs (Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kostenordnung, 14. Auflage 1999, § 58 Rdnr. 8 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur; Göttlich/Mümmler/Assenmacher/Mathias, a.a.O., Anm. 1.2.3.; Mümmler, JurBüro 1974, 580 [581]; Mümmler, JurBüro 1976, 1011; Mümmler, JurBüro 1984, 191).

Tatbestandlich erfordert § 58 Abs. 1 KostO weiterhin, daß von einem - oder den - Beteiligten die Vornahme des Geschäfts durch den Notar außerhalb seiner Geschäftsstelle verlangt wird oder mit Rücksicht auf die Art des Geschäfts vorgenommen werden muß (OLG Frankfurt, Rpfleger 1967, 119; LG Berlin KostRsp. KostO § 58 Nr. 4; Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 58 Rdnr. 9; Göttlich/Mümmler/Assenmacher/Mathias, a.a.O., Anm. 1.3.; Mümmler, JurBüro 1976, 1011; Mümmler, JurBüro 1984, 191). Hierbei kann eine Vermutung dafür sprechen, daß eine außerhalb der Geschäftsstelle erfolgte Tätigkeit des Notars auf Verlangen des Antragstellers dort vorgenommen worden ist (so Rohs in: Rohs/Wedewer, a.a.O., § 58 Rdnr. 79; Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 58 Rdnr. 9). Zudem muß das Verlangen nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden, es kann sich auch konkludent aus dem Antrag auf Vornahme ergeben (Göttlich/Mümmler/Assenmacher/Mathias, a.a.O., Anm. 1.3.). Demgegenüber fällt dann keine Auswärtsgebühr an, wenn der Notar das Geschäft aus Gründen, die in seiner Person liegen, außerhalb seiner Amtsräume vornimmt (OLG Frankfurt, Rpfleger 1967, 119) bzw. die auswärtige Tätigkeit für ihn keine Erschwernis, sondern eine Erleichterung bedeutet (OLG Stuttgart, KostRsp. KostO § 58 Nr. 17).

Mit rechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen hat das Landgericht diese Voraussetzungen bejaht. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beteiligte zu 2) als Kostenschuldnerin mit dem Notar weder unmittelbar über eine Wahrnehmung des hier maßgeblichen Termins in den Geschäftsräumen der Bank verhandelt noch ihn ausdrücklich gebeten, den Termin in ihrem Hause durchzuführen. Vielmehr hat der Notar die Anerkennung der Unterschriften durch die bevollmächtigten Sachbearbeiterinnen der Bank zur Erleichterung seiner Amtstätigkeit aufgrund der ihm passenden terminlichen Umstände morgens auf dem Weg in sein Büro entgegengenommen. Diese von der Kammer unter Beachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) getroffenen Feststellungen sind für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich bindend. Über Art und Umfang der Ermittlungen entscheidet der Tatrichter ohne Bindung an etwaige Beweisanträge der Beteiligten nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur überprüfen, ob das Landgericht den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), die Vorschriften über die Beweisaufnahme (§ 15 FGG) beachtet und bei der Würdigung des Sachverhaltes (§ 25 FGG) nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, die Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. allgemein: Kayser in: Keidel/Kuntze/ Winkler, FGG, 14. Auflage 1999, § 12 Rdnr. 85 ff.; Kahl in: Keidel/Kuntze, Winkler, a.a.O., § 27 Rdnr. 26 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Einen derartigen Rechtsfehler vermag der Senat nicht festzustellen. Schwerwiegende und für die Entscheidung der Kammer ursächliche Verfahrensverstöße sind weder dargetan noch ersichtlich. Auch ein mutmaßliches oder tatsächliches Einverständnis der Beteiligten zu 2) mit der Tätigkeit des Notars in der vom Landgericht festgestellten Weise macht sie noch nicht zur Veranlasserin im Sinne des § 58 Abs. 1 KostO. Gleiches gilt für die Tatsache, daß es möglicherweise ebenfalls im Interesse der "D. Bank" lag, keinen gesonderten Termin in den Amtsräumen des Notars zu vereinbaren. § 58 Abs. 1 KostO trägt dem das Kostenrecht beherrschende Veranlassungsprinzip Rechnung und stellt daher für die Entstehen der Gebühr und die Schuldnerschaft ausdrücklich auf die Notwendigkeit des "Verlangens" und nicht etwa auf die Interessenlage der Beteiligten ab.

Anhaltspunkte dafür, daß die Ausführung des Geschäfts nach den Umständen des Einzelfalls nur außerhalb der Amtsstelle möglich war, hat das Landgericht ebenfalls nicht festgestellt und werden auch mit der weiteren Beschwerde nicht vorgetragen.

II.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da bei einer weiteren Beschwerde auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde des Notars unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens keine Kosten und keine Auslagen erwachsen (Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 156 Rdnr. 119; offen gelassen: OLG Köln, [8. Senat], JurBüro 1965, 742 [744]).

Ende der Entscheidung

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