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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.07.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 23/04
Rechtsgebiete: GmbHG, HGB, RPflG, FGG


Vorschriften:

GmbHG § 1 Abs. 2
GmbHG § 6 Abs. 2 Satz 4
HGB § 13 Abs. 2
HGB § 13 h Abs. 2
HGB § 13 h Abs. 2 Satz 1
HGB § 30
RPflG § 17 Nr. 1b
FGG § 5
FGG § 5 Abs. 1
FGG § 5 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 23/04

In der Handelsregistersache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel am 22. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Zuständig für die Entscheidung über die Eintragung der Verlegung des Sitzes ist das Amtsgericht Wilhelmshaven.

Gründe:

I.

Die GmbH ist im Handelsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen. In der Gesellschafterversammlung vom 19. Februar 2004 beschloß der Alleingesellschafter eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages. Dabei wurde unter anderem durch Neufassung des § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Sitz der Gesellschaft nach Wilhelmshaven verlegt. Mit Schreiben vom 19. Februar 2004, eingereicht durch den beurkundenden Notar mit Schriftsatz vom 30. März 2004, hat der Beteiligte zu 1) in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) die Änderung des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Am 15. April 2004 ist der Beteiligte zu 1) als Geschäftsführer gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 GmbHG von Amts wegen gelöscht worden. Mit Beschluß vom 20. April 2004 ist über das Vermögen der Beteiligten zu 2) der Beteiligte zu 3) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich angeordnet worden, daß die Verfügungen der Schuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt InsO). Mit Verfügung vom 8. Juni 2004 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Köln die Akten nebst Anmeldung und den weiter eingereichten Unterlagen gemäß § 13 h Abs. 2 Satz 1 HGB dem Amtsgericht Wilhelmshaven mit der Bitte übersandt, die Eintragung der Verlegung des Sitzes und der weiteren angemeldeten Veränderungen vorzunehmen. Zugleich hat sie von Amts wegen den Beteiligten zu 1) wieder als Geschäftsführer in das Register eingetragen. Zuvor hatte die Rechtspflegerin die Akten der zuständigen Abteilungsrichterin vorgelegt. Diese hatte ihr die Akten daraufhin mit dem Vermerk zurückgereicht, die Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit der Anmeldung sei dem Rechtspfleger übertragen. Der Richter des Amtsgerichts Wilhelmshaven hat die Akten an das Amtsgericht Köln zurückgesandt. Er vertritt die Auffassung, vor Übersendung der Akten an das Gericht des neuen Sitzes "nach § 13 Abs. 2 HGB müsse der gemäß § 17 Nr. 1b RPflG funktionell zuständige Richter zunächst die förmliche Anmeldung überprüfen". Diese Prüfung lasse sich den Akten nicht entnehmen. Die Richterin des Amtsgerichts Köln hat sodann die Akten dem Senat gemäß § 5 FGG mit der Begründung vorgelegt, die Anmeldung sei, was im einzelnen ausgeführt wird, formell ordnungsgemäß. Zudem sei diese Prüfung bereits durch die hierfür zuständige Rechtspflegerin erfolgt.

II.

Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 5 Abs. 1 FGG sind erfüllt, nachdem zwischen den Amtsgerichten Köln und Wilhelmshaven Streit darüber besteht, welches von ihnen für die weitere Bearbeitung der angemeldeten Satzungsänderungen zuständig ist. Die Entscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG hat das von dem Amtsgericht Köln angerufene Oberlandesgericht Köln zu treffen, wie das zuerst mit dem Anmeldungsverfahren befaßte Amtsgericht Köln zum Bezirk dieses Oberlandesgerichts gehört (vgl. allgemein: Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage 2003, § 5 Rn 39, 46).

Zuständig ist das Amtsgericht Wilhelmshaven. Die Zuständigkeit des Registergerichts im Falle einer über die Grenzen des Gerichtsbezirks hinausgehenden Sitzverlegung ist in § 13 h Abs. 2 HGB geregelt. Danach hat das Gericht des bisherigen Sitzes die Verlegung unverzüglich dem Gericht des neuen Sitzes mitzuteilen (§ 13 h Abs. 2 Satz 1 HGB). Dieses hat dann zu prüfen, ob der Sitz ordnungsgemäß verlegt und § 30 HGB beachtet ist (§ 13 h Abs. 2 Satz 3 HGB). Die Abgrenzung der Zuständigkeit ist also in der Weise erfolgt, daß das Gericht der bisherigen Niederlassung bzw. des bisherigen Sitzes der Gesellschaft ausschließlich die formelle Ordungsgemäßheit der Anmeldung prüft. Dem Gericht der neuen Hauptniederlassung bzw. des neuen Sitzes obliegt die Prüfung der mit der Sitzverlegung auftretenden sachlichen Fragen, einschließlich der Zurückweisung des Eintragungsantrages oder gar der Löschung der Eintragung (Senat, Rpfleger 1975, 251 [252]; OLG Frankfurt, FGPrax 2002, 184 [185]; OLG Hamm, Rpfleger 1974, 195; OLG Hamm, Rpfleger 1991, 317; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 167 [168]; Baumbach/Hopt, 31. Auflage 2003, § 13 h Rn 2; Ensthaler/Achilles, HGB, 6. Auflage 1999, § 13h Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Auflage 1995, § 13 h Rn 4; Koller/Roth/Morck, HGB, 2003, § 13h Rn 2; MünchKomm/Bokelmann, HGB, 1996, § 13 h Rn 5; Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Auflage 2003, Rn 347 f.; Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 142 Rn 9).

Die Überprüfung der formellen Richtigkeit der Anmeldung beim Registergericht des bisherigen Sitzes obliegt entgegen der Ansicht der vorlegenden Richterin gemäß § 17 Nr. 1b RPflG dem Richter. Es handelt sich bei der Sitzverlegung um eine Satzungsänderung, die nicht nur die Fassung des Gesellschaftsvertrages betrifft. Im Regelfall beinhaltet die registergerichtliche Prüfung einer Sitzverlegung, insbesondere die Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit, keine besonderen Schwierigkeiten, so daß auch eine Übertragung der Verfügung der Sitzverlegung auf den Rechtspfleger im Gesetz hätte erfolgen können bzw. künftig erfolgen kann (so Arnold, RPflG, 6. Auflage 2002, § 17 Rn 12; Dallmayer/Eickmann, RPflG, 1996, § 17 Rn 16).

Der Gesetzeswortlaut des § 17 Nr. 1b RPflG ist eindeutig. Die Verfügung auf Eintragung sämtlicher Satzungsänderungen im Handelsregister B, die nicht nur die Fassung betreffen, bleiben dem Richter vorbehalten. Es wird nicht zwischen der Prüfung der formellen und materiellen Ordnungsgemäßheit unterschieden. Damit ist jede mit der Satzungsänderung verbundene gerichtliche Tätigkeit dem Richter vorbehalten. Dies betrifft auch die vorbereitende registergerichtliche Tätigkeit und die vom Registergericht des bisherigen Sitzes vor der Abgabe eigenverantwortlich vorzunehmende Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit (OLG Frankfurt, FGPrax 2002, 184 [185] = NJW-RR 2002, 1395 [1396]; Arnold, a.a.O., § 17 Rn 12; Dallmeyer/Eickmann, a.a.O., § 17 Rn 6, 16, 20; Koller/Roth/Morck, a.a.O., § 13h Rn 2).

Die zuständige Richterin hat nunmehr in dem Vorlagebeschluß an den Senat die dem abgebenden Registergericht die formellen Eintragungsvoraussetzungen, wie das Vorliegen eines formell ordnungsgemäßen Eintragungsantrages, das Bestehen der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Gerichts, das Vorliegen einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Anmeldung, die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Tatsachen, die Vorlage der notwendigen Anlage sowie die formelle Ordnungsgemäßheit der Änderung des Gesellschaftsvertrages (vgl. dazu Keidel/Krafka/Willer, a.a.O., Rn 153 ff.) geprüft und nicht beanstandet. Damit ist nunmehr das Gericht des neuen Sitzes für die materielle Prüfung der angemeldeten Sitzverlegung sowie die hiermit verbundenen weiteren Anmeldungen zuständig.

Ende der Entscheidung

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