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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.12.2005
Aktenzeichen: 2 Wx 39/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 107
KostO § 108
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 39/05

In der Nachlasssache

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

am 12. Dezember 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27. Juli 2005 wird die Wertfestsetzung des Landgerichts in dem Beschluss vom 20. Juli 2005 - 7 T 70/05 - in der Fassung des Beschlusses vom 26. September 2005 dahin abgeändert, dass der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 3.000,00 € festgesetzt wird.

Gründe:

1.

Am 17. Dezember 1999 verstarb die Erblasserin. Der Beteiligte zu 1) war der Ehemann und der Beteiligte zu 2) eines der drei Kinder des Ehepaares. Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 1) am 18. Mai 2000 einen Erbschein "zum ausschließlichen Gebrauch für Grundbuchzwecke - zu ermässigten Gebühren -" erteilt. Die Ausfertigung des Erbscheins ist am 23. Mai 2002 an das Grundbuchamt übersandt worden. Mit Beschluss vom 8. Juni 2005 hat das Amtsgericht den Erbschein auf Antrag des Beteiligten zu 1) "als unrichtig" eingezogen. Die hiergegen von dem Beteiligten zu 1) erhobene Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. Juli 2005 kostenfällig zurückgewiesen. Zugleich hat es den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren unter Hinweis auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO auf bis 200.000 € festgesetzt. Mit der Beschwerde gegen die Festsetzung des Beschwerdewertes im landgerichtlichen Beschluss ist beantragt worden, diesen Geschäftswert mit 19.000 € festzusetzen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 26. September 2005 der Geschäftswertbeschwerde teilweise abgeholfen und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 165.000 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Interesse des Beteiligten zu 1) an der Verhinderung der Einziehung des Erbscheins umfasse die Differenz zwischen seiner Stellung als Alleinerben und als Vorerbe bzw. Nießbrauchsberechtigter. Insoweit sei vom Wert des Gesamtnachlasses in Höhe von 250.000 € der mit 85.000 € geschätzte Wert des Nießbrauchs bzw. einer nießbrauchsähnlichen Stellung an dem Nachlass abzuziehen.

2.

a)

Das Rechtsmittel, dass sich gegen die Festsetzung des Geschäftswertes für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren durch Beschluss vom 20. Juli 2005 richtet, ist als Erstbeschwerde nach §§ 31 Abs. 3 Satz 1 KostO statthaft (vgl. auch BayObLGZ 1992, 171 [172]; BayObLG, FGPrax 2003, 140) und insbesondere auch innerhalb der Frist des § 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO erhoben worden. Das Beschwerderecht ist gegeben, nachdem die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) mit Schriftsatz vom 8. November 2005 ausdrücklich klargestellt haben, dass sie - entgegen den Formulierungen in der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift "legen wir", "begründen wir", "regen wir an.." sowie "nehmen wir" - das Rechtsmittel mit dem Ziel der Reduzierung des Geschäftswertes nicht im eigenen Namen, sondern ausschließlich im Namen und in Vollmacht für den Beteiligten zu 1) erhoben haben.

b)

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Abänderung des vom Landgericht festgesetzten Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren.

Das Landgericht ist im Grundsatz mit Recht davon ausgegangen, dass sich gemäß § 131 Abs. 2 KostO der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 Abs. 1 KostO bestimmt. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten - wozu auch die Erteilung oder die Einziehung eines Erbscheins gehört - ist daher der Wert des Beschwerdeverfahrens in der Regel nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an (Senat, Beschluss vom 8. August 2003 - 2 Wx 27/02; BayObLG, JurBüro 1979, 421). Geht es dem Beschwerdeführer um die Erteilung oder die Einziehung eines Erbscheins, bieten die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung, auch wenn sie nicht unmittelbar heranzuziehen sind, einen wichtigen Anhaltspunkt auch für die vorzunehmende Schätzung (st. Rspr. z.B. BayObLGZ 1986, 489/491; BayObLGZ 1993, 115/117; BayObLG, FamRZ 1999, 1439 [1440]) im Beschwerdeverfahren. Der Wert für die Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins ist der gleiche wie bei seiner Erteilung (§ 108 Satz 2 KostO i.V.m. § 107 Satz 2 bis 4 KostO; vgl. auch Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 108 Rn. 6 ff.). Somit kann grundsätzlich der Wert des nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden Reinnachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls (§ 107 Abs. 2 Satz 2 KostO) als Anhaltspunkt für eine Beschwerde gegen eine Einziehung des Erbscheins herangezogen werden (vgl. auch BayObLGZ 1982, 20 [27]; OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 102).

Der dem Beteiligten zu 1) erteilte Erbschein diente indes ausschließlich dem Gebrauch für Grundbuchzwecke. Wird ein Erbschein nur für einen bestimmten Zweck erteilt, so muss zwar ein "Vollerbschein" erteilt werden, da das Gesetz einen materiell- oder verfahrensrechtlich eingeschränkten Erbschein nicht kennt (vgl. Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 107a Rn. 1). Die Erteilung und damit auch die Einziehung werden jedoch kostenmäßig so behandelt, als könne der Erbschein nur für den erteilten Zweck genutzt werden. Der Geschäftswert bestimmt sich hierbei gemäß § 107 Abs. 3 KostO nach dem Wert der im Grundbuch des Grundbuchamtes eingetragenen Grundstücke bzw. Rechte, über die auf Grund des Erbschweins verfügt werden kann. Die Bestimmung enthält eine Privilegierung des Kostenschuldners, wenn außer einem Grundstück andere Nachlassgegenstände vorhanden sind, der Erbschein aber nur zu Berichtigung des Grundbuches erforderlich ist (BayObLG, FGPrax 2000, 82; Rohs/Wedewer, KostO, Stand August 2005, § 107 Rn. 2). Nur wenn der Antragsteller den erhaltenen Erbschein für einen anderen als den "bestimmten" Zweck nutzt, werden die Gebühren nach § 107 Abs. 1 KostO nacherhoben (vgl. Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 107a Rn. 5 ff.).

Im vorliegenden Fall ist es indes nicht sachgerecht, das mit der Beschwerde gegen die Einziehung des Erbscheins verfolgte wirtschaftliche Interesse an § 107 Abs. 3 KostO zu messen. Der hier erteilte Erbschein diente ausschließlich dem Zweck der Grundbuchberichtigung. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein geführt werden, wenn - wie hier - die Erbfolge nicht auf einer Verfügung von Todes beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist (vgl. auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Auflage 2004, Rn. 781 ff.). Nachdem der Erbschein im Jahre 2000 für die Eintragung der Erbfolge im Grundbuch genutzt worden ist, ist damit der Zweck der Erbscheinserteilung erfüllt. Die nunmehr angeordnete Einziehung des Erbscheins hat auf die im Grundbuch erfolgten Eintragungen keine unmittelbaren Auswirkungen. Insbesondere erfolgt nicht von Amts wegen eine Löschung der Veränderungen im Grundbuch. Ist vielmehr eine Eintragung auf der Grundlage eines unrichtigen Erbscheins bewirkt worden, so hat es für das Grundbuchamt damit sein Bewenden. Zur Grundbuchberichtigung muss entweder ein neues Zeugnis des Nachlassgerichts vorgelegt oder die Bewilligung der Parteien beigebracht werden (Bauer/von Oefele/Schaub, GBO, 1999, § 35 Rn. 98; Meikel/Roth, GBO, 9. Auflage, § 35 Rn. 87).

Die Entscheidung des Landgerichts kann daher keinen Bestand haben. Vielmehr ist das Interesse des Beteiligten zu 1) an dem Rechtsmittel gegen die Einziehungsanordnung mit einem wesentlich geringeren Betrag als den Wert des Grundstücks einzuschätzen. In Ermangelung weiterer tatsächlicher Anhaltspunkte erscheint es im Rahmen der Ermessensentscheidung angemessen, für die Schätzung des Wertes des Beschwerdeverfahrens den "Hilfswert" des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO heranzuziehen. Auf diesen Betrag ist die zuletzt mit Beschluss vom 26. September 2005 vorgenommene Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts abzuändern. Auch wenn der Beteiligte zu 1) mit der Beschwerde nur eine Änderung des Geschäftswertes auf 19.000 € erstrebte, ist der Senat an einer entsprechenden Abänderung nicht gehindert. Ein Rechtsmittel kann nur auf den "richtigen" Geschäftswert gerichtet sein. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass das Verbot der Änderung zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht gilt (Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 31 Rn. 69) und das Beschwerdegericht auch über das Begehren des Beschwerdeführers hinausgehen kann.

3.

Eine Entscheidung über eine Zulassung der weiteren Beschwerde ist entbehrlich, § 31 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 14 Abs. 5 KostO (vgl. auch Lappe in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO, § 31 Rn. 72); einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 31 Abs. 5 KostO.

Ende der Entscheidung

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