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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 2 Wx 43/04
Rechtsgebiete: FGG, InsO


Vorschriften:

FGG § 19
FGG § 20
InsO § 80
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 43/04

In der Nachlasspflegervergütungssache

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

am 14. April 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der jetzigen Beteiligten zu 3. wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 30. April 2002 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. Dezember 2004 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 30. Oktober 2001 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Gummersbach vom 15. November 2000 - 4 VI 521/00 - wird unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung des Rechtspflegers des Amtsgerichts Gummersbach vom 20. Dezember 2001 als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des weiteren Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Beteiligten zu 2. bis 4. in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat der Beteiligte zu 1. zu tragen.

Gründe:

1.

Durch Beschluss vom 10. Oktober 2000 hat das Amtsgericht Nachlasspflegschaft angeordnet und den früheren Beteiligten zu 3. zum Nachlasspfleger bestellt (Bl. 8 f. d.GA.). Mit Schreiben vom 14. November 2000 (Bl. 25 d.GA.) hat der Nachlasspfleger ein "vorläufiges Verzeichnis über den wesentlichen Nachlass" zu den Akten gereicht (Bl. 26 ff. d.GA.). Aus diesem ergab sich eine Überschuldung des Nachlasses. Zugleich hat er beantragt (Bl. 25 d.GA.), die Vergütung für die Nachlasspflegschaft auf der Basis eines Aktivvermögens von 8.854.000,00 DM mit 2 % = 175.000,00 DM festzusetzen und ihm einen Vorschuss von 20 % = 35.000,00 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer zu bewilligen. Mit Beschluss vom 15. November 2000 (Bl. 25R, 29 d.GA.) hat der Rechtspfleger dem Nachlasspfleger gestattet, 35.000,00 DM als Vorschuss aus dem Nachlass zu entnehmen.

Unter dem 9. Januar 2001 hat das Amtsgericht einen gemeinschaftlichen "Mindestteil-Erbschein" erteilt, der den Beteiligten zu 1. mit einem 1/2-Anteil und den Beteiligen zu 2. mit einem 1/4-Anteil als Erben ausweist (Bl. 57, 58 d.GA.). Dieser Erbschein ist mit Beschluss vom 23. Juni 2003 (Bl. 173 f. d.GA.) wegen Unrichtigkeit eingezogen worden, nachdem mit Datum 26. August 2002 ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt worden ist (Bl. 148 f. d.GA.), der den Beteiligten zu 1. zu 3/4 und den Beteiligten zu 2 zu 1/4 als Erben des Verstorbenen ausweist. Bereits mit Beschluss vom 10. September 2001 hatte das Amtsgericht Köln (72 IN 510/00) über den Nachlass des Erblassers wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet sowie den Beteiligten zu 4. zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 86 f. d.GA.).

Mit Datum vom 30. Oktober 2001 (Bl. 102 f. d.GA.), bei Gericht eingegangen am 2. November 2001, hat der Beteiligte zu 1. gegen die "Bewilligung und Festsetzung des Honorars des Nachlasspflegers in Höhe von 177.080,00 DM" sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen (Bl. 102 d.GA.). Mit Beschluss vom 30. April 2002 (Bl. 123 ff. d.GA.), berichtigt mit Beschluss vom 13. Dezember 2004 (Bl. 210 ff. d.GA.), hat die Kammer den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Gummersbach vom 15. November 2000 dahin abgeändert, dass die dem Nachlasspfleger zustehende Vergütung auf 4.774,44 € (= 9.338,00 DM) einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt wird. Gegen diesen nicht förmlich zugestellten Beschluss hat die Erbin des am 10. September 2002 (Bl. 261 f. d.GA.) verstorbenen Nachlasspflegers mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 9. November 2004 (Bl. 203 ff. d.GA.) sofortige weitere Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

2.

Die von dem Landgericht zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist in formeller Hinsicht bedenkenfrei und insbesondere aufgrund der fehlenden Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die Beschwerdeführerin fristgerecht erhoben worden. Daher bedarf es keiner Entscheidung des Senats über die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die jetzige Beteiligte zu 3. ist als Erbin des früheren Nachlasspflegers zur Einlegung der weiteren Beschwerde berechtigt. Die Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin durch die Beschwerdeentscheidung ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das Landgericht nach sachlicher Prüfung die für sie günstige Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts abgeändert hat.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht in der Sache auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 546 ZPO). Der Beschluss des Landgerichts muss schon deshalb aufgehoben werden, weil der Kammer insofern ein Rechtsfehler unterlaufen ist, als sie ohne weiteres von der Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1. ausgegangen ist, obwohl sie die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hat. Die vom Senat von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der Erstbeschwerde (vgl. Senat, NJW-RR 2004, 1106; BayObLGZ 1993, 73 [74]; Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Auflage 2003, § 27 Rn. 2) ergibt, dass diese unzulässig war.

Gegen den Vergütungsbeschluss des Amtsgerichts konnte der Beteiligte zu 1. zwar grundsätzlich in eigenem Namen ein Rechtsmittel einlegen. Das Recht des Erben, gegen die Bewilligung einer Nachlasspflegervergütung Beschwerde einzulegen, ist allgemein anerkannt (vgl. nur Senat, OLGR 1999, 280; Keidel/Kahl, aaO, § 20 Rn. 80; jeweils mit weiteren Nachweisen). Indes besaß der Erstbeschwerdeführer vorliegend zur Erhebung seines Rechtsmittels nicht die notwendige Beschwerdeführungsbefugnis (Verfahrensbefugnis; vgl. allgemein Keidel/Kahl, aaO, § 19 Rn. 75, § 20 Rn. 22). Bereits vor Einlegung der Erstbeschwerde hatte das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 10. September 2001 (72 IN 510/00) über den Nachlass des Erblassers wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet und den Beteiligten zu 4. zum (Nachlass-)Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzverfahren über den Nachlass einer verstorbenen Person dient einem doppelten Zweck. Einerseits soll die unbeschränkte Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten, wozu auch die Kosten der Nachlasspflegschaft gehören (Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Auflage 2005, § 1967 Rn. 6), auf den Nachlass beschränkt werden (§ 1975 BGB); andererseits soll der Nachlass im Interesse der Nachlassgläubiger von dem sonstigen Vermögen des Erben abgesondert werden, um ihn vorzugsweise zu ihrer Befriedigung zu verwenden.

Mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nimmt der Erbe - bzw. hier die Mehrheit der Erben - als Träger der in der Masse vereinten Vermögenswerte und Nachlassverbindlichkeiten die verfahrensrechtliche Stellung eines Schuldners ein (BGH, NJW 1969, 1349 für den Nachlasskonkurs; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, 6. Auflage 2002, Rn. 2336; MünchKomm/Siegmann, InsO, 2003, Anh zu § 315 Rn. 1 mit umfangreichen Nachweisen in FN 1; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 12. Auflage 2003, § 315 Rn. 10). Für ihn gelten daher im Nachlassinsolvenzverfahren die Rechte und Pflichten eines Schuldners im Regelinsolvenzverfahren (vgl. MünchKomm/Siegmann, aaO, Anh zu § 313 Rn. 3 f.). Zudem treffen ihn alle Wirkungen der Insolvenzeröffnung, insbesondere auch diejenigen des § 80 InsO, wonach das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Dieser führt nunmehr kraft seines Amtes die Prozesse und damit auch etwaige Rechtsmittelverfahren in eigenem Namen für fremdes Vermögen. Insoweit entzieht das Gesetz dem Schuldner die Prozessführungsbefugnis bzw. im Beschwerdeverfahren die Beschwerdeführungsbefugnis hinsichtlich der streitbefangenen Gegenstände, die zur Masse gehören (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29. Mai 1979 - 15 W 108/79, zitiert nach BVerfGE 51, 405; Musielak/Weth, ZPO, 4. Auflage 2004, § 51 Rn. 19; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 12. Auflage 2004, § 51 Rn. 21; MünchKomm/Ott, aaO, § 80 Rn. 74; Uhlenbruck, aaO, § 80 Rn. 68; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetz, 17. Auflage 1997, § 6 KO Anm. 3a). Diese Wirkungen gelten auch uneingeschränkt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ein Beteiligter kann daher nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Verfahrensrechte nicht mehr in Bezug auf die der Verwaltung und Verfügung des vom Insolvenzbeschlag umfassten Vermögens ausüben. Diese Konsequenz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Belange des Schuldners werden dadurch gewahrt, dass er sich gegen den Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Rechtsmitteln wenden kann. Mit der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist dem Schuldner endgültig jegliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis genommen (BVerfGE 51, 405 [408] zu dem früheren § 6 KO).

Das Fehlen der Beschwerdeführungsbefugnis führt zu der Unzulässigkeit der von dem Miterben gegen die Vergütungsfestsetzung erhobenen Rechtsmittels. Da das Beschwerdegericht indes die Erstbeschwerde als zulässig behandelt hat und in der Sache stattgegeben hat, ist auf die weitere Beschwerde hin der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Unzulässigkeit der Erstbeschwerde festzustellen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde:

13.120,77 € = 25.662,00 DM (nämlich 35.000,00 DM [Festsetzung des Amtsgerichts] abzüglich 9.338,00 DM [Festsetzung des Landgerichts])

Ende der Entscheidung

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