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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.05.2001
Aktenzeichen: 2 Wx 6/01
Rechtsgebiete: BGB, EStG, KostO


Vorschriften:

BGB § 1967 Abs. 2
BGB §§ 1967 ff.
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 19 Abs. 1
KostO § 107 Abs. 2 Satz 1
KostO § 103
KostO § 46 Abs. 4
KostO § 107 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 2 Satz 2
KostO § 109 Abs. 1 Satz 2
KostO § 30 Abs. 1
KostO § 14 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 6/01 4 T 725/00 Landgericht Bonn 34 IV 559/99 Amtsgericht Bonn

In der Gerichtskostensache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn, Dr. Schlafen und Sternal

am 7. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 29. Januar 2001 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19. Dezember 2000 - 4 T 725/00 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 1. Dezember 2000 wird unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Bonn vom 17. August 2000 - 34 IV 559/99 - die Kostenrechnung der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Bonn vom 11. September 1998 - 34 IV 461/98 - in der Fassung der Berichtigung vom 9. Februar 2000 dahingehend abgeändert, daß die Rechnungsendsumme 38.756,50 DM beträgt. Das weitergehende Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) und 2) vom 1. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

1.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind gemeinschaftliche Testamentsvollstrecker über den Nachlaß des am ... 1998 in B. verstorbenen H. J. Ha.. Unter dem 11. September 1998 hat die Geschäftsstelle des Amtsgerichts eine Kostenrechnung erstellt und für die Eröffnung des Testamentes des Verstorbenen, ausgehend von einem Geschäftswert von 14.000.000,00 DM, eine Gebühr von 8.875,00 DM, für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses, ausgehend von einem Geschäftswert von 3.520.000,00 DM, eine Gebühr von 5.390,00 DM und für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren zur Erteilung des Erbscheins eine Gebühr von 16.760,00 DM ermittelt, wobei es von einem Geschäftswert von 12.470.000,00 DM ausgegangen ist. Weiterhin hat das Gericht die Gebühr für die Erteilung des Erbscheins, ausgehend von einem Geschäftswert von 12.470.000,00 DM, mit 16.760,00 DM und für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses, ausgehend von einem Geschäftswert von 3.520,00 DM, in Höhe von 5.390,00 DM berechnet.

Auf die hiergegen von den Beteiligen zu 1) und 2) eingelegte Erinnerung vom 23. Oktober 1998 hat das Amtsgericht am 9. Februar 2000 die Kostenrechnung - unter Einbeziehung einer weiteren Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen - teilweise berichtigt und wie folgt festgesetzt:

Lfd. Nr.|Gegenstand des Kostenansatzes und Hinweis auf die angewendete Vorschrift|Wert des Gegenstandes DM|Es sind zu zahlen

DM 1|2|3|4

1.|Gebühr für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen, §§ 32, 102 Kost0 a) am 10.07.1998 b) an 16.07.1999 |

12.820.127,00 231.053,00 |

8.495,50 235,00 2. |Gebühr für die Beurkundung einer eidesstattliche, Versicherung zum Erbscheinsantrag, §§ 32, 49 Kost0 |

10.641.074,00|

15.539,00 3. |Gebühr für die Erteilung des Erbscheins §§ 32, 107 Kost0 | 10.641.074,00| 15.539,00 4. |Gebühr für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses, §§ 32, 109 Abs. 1 Nr. 2, 30 II Kost0 |

1.000.000,00|

1.610,00 5. |Gebühr für die Beurkundung einer eidesstattlicher Versicherung um Testamentsvollstreckerzeugnisantrag, §§ 32, 49, 30 II KostO |

1.000.000,00|

1.610,00 6. |Schreibauslagen, § 136 KostO -6 Seiten- ||6,00 ||Zusammen|43.034,50 ||Anzurechnen|53.181,00 ||Überschuß|10.146,50

Dem weitergehenden Rechtsmittel hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 17. August 2000 nicht abgeholfen. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2000 Beschwerde eingelegt. Sie haben geltend gemacht, die in Ansatz gebrachten Gebühren seien jeweils von einem geringeren Geschäftswert zu berechnen. Der Geschäftswert für die Erteilung des Erbscheins und die Beurkundungen der eidesstattlichen Versicherungen seien falsch, weil das Amtsgericht nicht die auf den Erben entfallende Erbschaftssteuer in Höhe von 1.783.165,00 DM als "Nachlaßverbindlichkeit" abgezogen habe. Der in Ansatz gebrachte Höchstwert nach § 30 Abs. 2 KostO dürfe nur bei dem, hier nicht gegebenen, denkbar schwierigsten Fall der Testamentsvollstreckung berechnet werden. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Landgericht zugelassenen - weiteren Beschwerde vom 29. Januar 2001, bei Gericht eingegangen am 31. Januar 2001, wiederholen und vertiefen die Beteiligten zu 1) und 2) ihre Ausführungen.

2.

Die gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO statthafte, vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluß zugelassene Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO, 550 ZPO.

a)

Das Landgericht hat nicht ausdrücklich zu den Angriffen der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Gebühr für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen vom 10. Juli 1998 Stellung genommen. Es hat lediglich ausgeführt, die von dem Erben zu zahlende Erbschaftssteuer sei keine Nachlaßverbindlichkeit im Sinne des § 107 Abs. 2 KostO und daher bei der Wertermittlung nicht von dem Nachlaßwert in Abzug zu bringen. Der Wert des Nachlasses betrage daher 12.820.127,00 DM. Damit hat das Beschwerdegericht aber - richtig verstanden - auch für diese Gebühr § 107 Abs. 2 KostO angewendet. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern, wenn auch im Ergebnis die hiergegen erhobenen Einwendungen der weiteren Beschwerde keinen Erfolg haben.

Der Geschäftswert für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (§ 102 KostO) bestimmt sich, wie auch in der Kostenrechnung des Amtsgerichts zutreffend berücksichtigt wurde, nach §§ 102, 103 Abs. 1, 46 Abs. 4 KostO (Hartmann, Kostengesetze, 30. Auflage 2001, § 102 Rdnr. 5; Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kostenordnung, 14. Auflage 1999, § 102 Rdnr. 12). Danach ist für die Gebührenberechnung, wenn, wie hier, über den gesamten Nachlaß verfügt wurde, der Wert des nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibenden reinen Vermögens zugrunde zu legen (Senat, RPfleger 1992, 394; Senat, Beschluß vom 24. Februar 1999, 2 Wx 44/97). Vermächtnisse, Pflichtteile und Auflagen werden nicht abgezogen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 KostO). Ebensowenig sind die Kosten der Testamentseröffnung, der Erbscheinserteilung, der Testamentsvollstreckung, der Beerdigungskosten und die Erbschaftssteuer als Abzugsposten zu berücksichtigen. Aus der Verweisung auf § 46 Abs. 4 KostO ergibt sich, daß das Vermögen des Erblassers den Wert bildet, so daß Nachlaßverbindlichkeiten nur insoweit abzuziehen sind, als sie vom Erblasser herrühren, nicht aber erst durch den Erbfall ausgelöste, aus Anlaß des Erbfalls entstandene Erbfallschulden, §§ 1967 Abs. 2, 1968, 1969 BGB (Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 103 Rdnr. 5 ff.; Hartmann, a.a.O., § 103 Rdnr. 2 jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Insoweit unterscheidet sich die Wertberechnung für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (§§ 102, 103 KostO) von derjenigen für die Erteilung eines Erbscheins (§ 107 KostO).

Im Ergebnis ist somit, ausgehend von dem Nettowert des Nachlasses ohne Erbschaftssteuer in Höhe von 12.820.127 DM, die in der Kostenrechnung des Amtsgerichts in Ansatz gebrachte Gebühr in Höhe von 8.495,50 DM nicht zu beanstanden.

b)

Weiterhin kann dem Landgericht nicht darin zugestimmt werden, daß es - im Anschluß an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Juli 1990 (OLGZ 1990, 393 = JurBüro 1990, 1502 = Rpfleger 1990, 463 = KostRSpr., § 107 KostO Nr. 34 mit ablehnender Anm. von Lappe) - angenommen hat, daß hier die Erbschaftssteuer, die der Erbe zu zahlen hat, bei der Ermittlung des Geschäftswertes für die Erteilung des Erbscheins nicht von dem Nachlaßwert in Abzug zu bringen ist.

Der Geschäftswert im Erbscheinsverfahren bemißt sich nach § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO. Dieser Wert ist über § 49 Abs. 2 KostO ebenfalls für die hier angefallene Gebühr für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung zum Erbscheinsantrag anzusetzen. Maßgebend für die Erhebung der Gebühr ist insoweit der Wert des nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibenden reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Welche Verbindlichkeiten im einzelnen von dem Wert des Aktivvermögens abzuziehen sind, ergibt sich nicht aus der Kostenordnung. Diese enthält für den Begriff der Nachlaßverbindlichkeit keine eigene Bestimmung. Vielmehr knüpft die Kostenordnung hinsichtlich des Begriffs der Nachlaßverbindlichkeiten an die materiellen Vorgaben des Erbrechts an. Ob eine Verbindlichkeit eine "Nachlaßverbindlichkeit" ist, bestimmt sich nach § 1967 Abs. 2 BGB (OLG Hamm, OLGZ 1990, 393 [394]; Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 107 Rdnr. 16). Danach gehören zu den Nachlaßverbindlichkeiten außer den Erblasserschulden, die schon vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstanden waren, auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, die sogenannten Erbfallschulden. Diese entstehen mit dem Erbfall, und zwar notwendigerweise in der Person des Erben als dem Träger des Nachlasses. Hierzu zählen insbesondere neben den in § 1967 Abs. 2 BGB beispielhaft genannten Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen auch solche aus vor den 1. April 1998 entstandenen Erbersatzansprüchen, vermächtnisähnlichen Ansprüchen (wie Voraus, Dreißigster und Ansprüche der Abkömmlinge auf Ausbildungsbeihilfen), Unterhaltsansprüchen der werdenden Mutter, den Kosten der Beerdigung und die Nachlaßkosten- und Nachlaßverwaltungsschulden (vgl. die Aufstellungen bei: Palandt/Edenhofer, BGB, 60. Auflage 2001, § 1967 Rdnr. 6; MK/Siegmann, BGB, 3. Auflage 1997, § 1967 Rdnr. 13 ff.; Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 107 Rdnr. 18 ff.; Hartmann, a.a.O., § 107 Rdnr. 12 ff.).

Umstritten in Rechtsprechung und Literatur ist hingegen die Frage, ob, wie die Beteiligten zu 1) und 2) geltend machen, die vom Erben geschuldete Erbschaftssteuer als Nachlaßverbindlichkeit im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB anzusehen ist. Verneint wird dies zum Beispiel in der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (OLGZ 1990, 393 [395]) und von Stimmen in der Literatur (Hartmann, a.a.O., 30. Auflage 2001, § 107 Rdnr. 12.; RGRK/Johannsen, BGB, 12. Auflage 1974, § 1967 Rdnr. 16; Staudinger/Marotzke, BGB, 13. Auflage 1995, § 1967 Rdnr. 33; Schallenberg/Rafiqpoor, InsO, 2. Auflage 1999, § 325 Rdnr. 9; Waldner in: Rohs/Wedewer, KostO, Stand Dezember 2000, § 107 Rdnr. 32; Mümmler, KostO, 14. Auflage 2000, Stichwort "Erbschein" Anm. 3.3.b); Söffing/Volkers/Weinmann, Erbschafts- und Schenkungssteuer-recht, 1999, Stichwort "Nachlaßsteuer" Rdnr. 2).

Demgegenüber qualifizieren eine andere Ansicht in Rechtsprechung (BFH, BStBl II 1986, 704 [706]; BFH, BStBl II 1992, 781 [783] = NJW 1993, 350; BFH, BStBl II 1998, 705 [708]) und Literatur (Erman/Schlüter, BGB, 10. Auflage 2000, § 1967 Rdnr. 6; Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 1967 Rdnr. 6; Soergel/Stein, BGB, 12. Auflage 1992, § 1967 Rdnr. 7; Brox, Erbrecht, 8. Auflage 1983, Rdnr. 626; Hess, KO, 6. Auflage 1998, § 226 Rdnr. 4; Jaeger/Weber, KO, 8. Auflage 1973, §§ 226, 227 Rdnr. 12; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Auflage 1994, § 226 Rdnr. 3; Riering in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand November 2000, § 325 Rdnr. 7; Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Rei-mann, a.a.O., § 107 Rdnr. 28) die Erbschaftssteuer als Nachlaß-verbindlichkeit im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB.

Der Senat schließt sich für die kostenrechtliche Behandlung des Nachlasses der letztgenannten Auffassung an. Die vom Erben geschuldete Erbschaftssteuer stellt eine Nachlaßverbindlichkeit und mithin bei der Wertberechnung nach § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO einen Abzugsposten dar.

Hierfür spricht bereits Sinn und Zweck dieser Vorschrift. § 107 Abs. 2 KostO sieht keine Einschränkung bei der Abzugsfähigkeit der Nachlaßverbindlichkeiten vor. Der Wortlaut der Bestimmung ist insoweit eindeutig. Im Gegensatz zu § 103 KostO verweist § 107 KostO nicht auf die Bestimmung des § 46 Abs. 4 KostO, wonach bei der Bemessung des Geschäftswertes Vermächtnisse, Pflichtteilsansprüche und Auflagen nicht abzuziehen sind. Vielmehr bestimmt sich der Geschäftswert für die Erteilung eines Erbscheins nach dem reinen Nachlaßwert. Der Schuldner soll nur insoweit mit Kosten belastet werden, als ihm (als Empfänger des Erbscheins) auch Aktivvermögen zufließt (Senat, Rpfleger 1988, 25 = MDR 1987, 1036; OLG Hamm, OLGZ 1990, 393 [394]; Hartmann, a.a.O., § 107 Rdnr. 11). Insoweit berechtigt bereits das bloße Bestehen jeglicher Art von Nachlaßverbindlichkeit einen Abzug bei der Wertberechnung vorzunehmen, unabhängig davon, ob sie im Einzelfall geltend gemacht wird (Senat, Rpfleger 1988, 25 = MDR 1987, 1036; BayObLG, NJW-RR 2001, 438 jeweils für den Abzug von fiktiven Pflichtteilsansprüchen). Daher ist auch die Abzugsfähigkeit der Erbschaftssteuer anzuerkennen. Ansonsten würde der Schuldner doppelt belastet. Er müßte einerseits die Erbschaftssteuer bezahlen, anderseits wäre er verpflichtet, auf diesen Betrag auch noch anteilig Gebühren nach der Kostordnung zu zahlen, obwohl ihm insoweit letztlich kein Vermögen zuwächst.

Zutreffend weist die weitere Beschwerde darauf hin, daß der Erbschaftssteuer nicht deshalb die Eigenschaft als Nachlaßverbindlichkeit abgesprochen werden kann, weil diese eine persönliche, je nach Grad der Verwandtschaft zum Erblasser unterschiedlich hohe Belastung des jeweiligen Erben darstellt. Dieser Umstand stellt kein geeignetes Unterscheidungskriterium dar. Es ist keine Besonderheit der Erbschaftssteuer, daß eine Verbindlichkeit zunächst den Erben trifft und sie sich nach den konkreten Verhältnissen bestimmt bzw. bestimmen kann. So treffen zum Beispiel die Kosten der vom Erben bestellten standesgemäßen Beerdigung zunächst den Erben als Auftraggeber. Diese Kosten zählen aber ebenfalls zu den Nachlaßverbindlichkeiten, wie auch die Überschrift über den §§ 1967 ff. BGB und die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung des Erben zeigen (KG, Rpfleger 1980, 79). Auch können die Beerdigungskosten je nach den konkreten Umständen - z.B. Lebensstellung des Erblasser oder auch des Erben - sehr unterschiedlich sein.

Fehl geht auch die Ansicht des Landgerichts Bonn, die Erbschaftssteuer sei deshalb nicht abzuziehen, weil sie nicht im Zeitpunkt des Erbfalls entstanden sei, wie dies § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO verlange (so auch LG Nürnberg-Fürth, JurBüro 1990, 1188). Diese Auffassung steht im Widerspruch zu der eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Danach entsteht die Erbschaftssteuer nicht erst nach dem Erbfall, insbesondere nicht erst mit ihrer Festsetzung durch die Finanzbehörden. Zeitpunkt der Steuerentstehung ist, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen, bei Erwerben von Todes wegen bereits der Tod des Erblassers. Sein Ableben markiert den zeit-lichen Abschluß der Tatbestandsverwirklichung (Troll/Gebel/ Jülicher, a.a.O., § 9 Rdnr. 15).

Soweit Mümmler, a.a.O., die Auffassung vertritt, eine überschlägige Berechnung der Steuerschuld durch den Kostenbeamten sei wegen der Kompliziertheit der Materie nicht möglich, es würde dadurch eine nicht zu vertretende Verzögerung und ein erheblicher Mehraufwand für den Kostenbeamten eintreten, kann dem nicht gefolgt werden. Durch die Berücksichtigung der Erbschaftssteuer wird die Ermittlung des Nachlaßwertes nicht unnötig verkompliziert. Die auf den Erben entfallenden Steuer läßt sich überschlagmäßig anhand der Tabelle zu § 19 Abs. 1 EStG feststellen. Im übrigen rechtfertigt ein den Kostenbeamten treffender Mehraufwand nicht, von dem § 107 Abs. 2 KostO innewohnenden kostenrechlichen Grundsatz abzuweichen, daß der reine Nachlaßwert maßgebend ist. Die Kostenordnung stellt bei der Frage der Abzugsfähigkeit nicht darauf ab, ob die jeweiligen Verbindlichkeiten ohne großen Aufwand und ohne besondere Kenntnisse des jeweiligen materiellen Rechts festzustellen sind.

Bei dem Geschäftswert für die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung zur Erteilung des Erbscheins und für die Erteilung des Erbscheins ist mithin die anfallende Erbschaftssteuer in Höhe von 1.783.165,00 DM zu berücksichtigen. Die Gebühren sind demnach ausgehend von einem Gegenstandswert von 8.857.909,00 DM auf jeweils 13.400,00 DM festzusetzen.

c)

Rechtsfehlerfrei hingegen hat das Landgericht den Geschäftswert für die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses und die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung jeweils gemäß § 30 Abs. 2 KostO mit 1.000.000,00 DM festgesetzt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht entgegen der Ansicht der weiteren Beschwerde nicht auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung der §§ 109 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, 49 Abs. 2 Satz 1, 30 Abs. 2 KostO. Eine Festsetzung auf den Höchstwert des § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO kommt nicht nur bei dem denkbar schwierigsten Fall einer Testamentsvollstreckung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in Betracht.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Testamentsvollstreckerzeugnis und gemäß §§ 49 Abs. 2 Satz 1, 109 Abs. 1 Satz 2 KostO für die hierfür notwendige Abnahme der eidesstattliche Versicherung nach § 30 Abs. 2 KostO. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung nach § 30 Abs. 1 KostO vorhanden sind (Reimann in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 30 Rdnr. 109). Vielmehr ist der Wert unabhängig von Abs. 1 nach Abs. 2 mit der Maßgabe zu bestimmen, daß der Wert regelmäßig auf 5.000,00 DM anzunehmen ist. Nach § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO kann er je nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 200,00 DM und nicht über eine Million Mark angenommen werden (BayObLG DB 1993, 2020; Rohs in: Rohs/Weweder, a.a.O. § 30 Rdnr. 34 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung in FN. 94).

Für die Bemessung des Wertes sind im allgemeinen die Bedeutung und der Umfang der Angelegenheit heranzuziehen. Von den sonstigen Umständen des Einzelfalls sind in erster Linie solche zu würdigen, die einen Rückschluß auf das Interesse der Beteiligten an der angestrebten Maßnahme zulassen. Zudem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BayObLGZ 1960, 158 [166]; BayObLG, FamRZ 1991, 612 [614]; BayObLG DB 1993, 2020; Reimann in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 30 Rdnr. 108; Rohs in: Rohs/Weweder, a.a.O., § 30 Rdnr. 37). Im einzelnen sind bei der Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnis und der Eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines solchen Zeugnisses der Bruttowert des Nachlasses, die Art der Testamentsvollstreckung, der Umfang der Aufgaben des Testamentsvollstreckers, die Schwierigkeit der Tätigkeit und die Haftung des Testamentsvollstreckers (Lappe in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 109 Rdnr. 16 ff. mit weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung; Mümmler, a.a.O., Stichwort "Testamentsvollstrecker" Anm. 2.2; Waldner in: Rohs/Weweder, a.a.O., § 109 Rdnr. 6) heranzuziehen.

Legt man diese Maßstäbe an, so weist die Entscheidung des Landgerichts keine Fehler auf. Es handelt sich vorliegend um eine gemeinschaftliche Testamentsvollstreckung bei einem Nachlaßwert von fast 13.000.000,00 DM. Gegenstand der Testamentsvollstreckung war zudem die Veräußerung mehrerer Immobilien, deren Wert überdies noch durch Guthaben zu ermitteln war. Diese Umstände sind eher dazu angetan, den Fall nach Schwierigkeit und Umfang als über den Durchschnitt liegend anzusehen. Berücksichtigt man, daß das Interesse der Beteiligten zu 1) und 2) auf Erteilung eines entsprechenden Zeugnisses wegen der damit verbundenen Verantwortlichkeit und Haftung nicht von ganz untergeordneter Bedeutung ist, so erscheint der vom Landgericht für den Einzelfall angenommene Geschäftswert, der unter 1/10 des Nachlaßwertes liegt, selbst dann nicht als ermessensfehlerhaft, wenn man berücksichtigt, daß es sich hierbei um den Höchstwert des § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO handelt.

d)

Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist die berichtigte Kostenrechnung des Amtsgerichts Bonn vom 9. Februar 2000 in der Fassung des Beschlusses vom 17. August 2000 entsprechend abzuändern, so daß die Rechnungsendsumme in Höhe von 38.756,50 DM (8.495,50 DM, 235,00 DM, 13.400,00 DM, 13.400,00 DM, 1.610,00 DM, 1.610,00 DM, 6,00 DM) festzusetzen ist.

3.

Einer Kostenentscheidung bedarf es im Hinblick auf § 14 Abs. 5 KostO nicht.



Ende der Entscheidung

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