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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.06.2007
Aktenzeichen: 2 X (Not) 15/06
Rechtsgebiete: KostO, BNotO, DO NW, DONot


Vorschriften:

KostO § 58
KostO § 153
BNotO § 10
BNotO § 10 Abs. 4
BNotO § 10 Abs. 4 Satz 1
BNotO § 10 Abs. 4 Satz 1, 2. Hs.
BNotO § 10 Abs. 4 Satz 2
BNotO § 10 a
BNotO § 94
BNotO § 94 Abs. 1
BNotO § 94 Abs. 2 Satz 5
BNotO § 95
BNotO § 96
DO NW § 31 Abs. 3
DONot § 4
DONot § 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Missbilligungsverfügung des Präsidenten des Oberlandgerichts Hamm vom 22.12.2005 - I c H 557 - und die Beschwerdeentscheidung des Antragsgegners vom 13.07.2006 - 3830 E - Z 3/06 - werden aufgehoben.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist seit Mai 1992 als Rechtsanwältin bei dem Landgericht und bei dem Amtsgericht Detmold zugelassen. Sie übte diesen Beruf zunächst gemeinsam mit anderen Rechtsanwälten in einer Sozietät in T aus. Am 18.06.2001 wurde die Antragstellerin zur Notarin für den Bezirk des Oberlandesgerichtsbezirks Hamm unter Zuweisung des Amtssitzes in B bestellt. Sowohl T als auch B gehören zum Amtsgerichtsbezirk Detmold. Die Antragstellerin hat an ihrem Amtssitz in B eine Geschäftsstelle errichtet. Mit ihren bisherigen Anwaltssozien in T ist sie eine überörtliche Anwaltssozietät eingegangen. In dieser Sozietät ist ihr Kanzleisitz allein in B, wohingegen ihre Sozien ihren Kanzleisitz in T unterhalten. Auf dem Kanzleischild in T ist der Name der Antragstellerin mit der Bezeichnung "Rechtsanwältin" unter Verweis auf den Kanzleisitz in B aufgeführt.

Bei der ersten Geschäftsprüfung der Antragstellerin im Frühjahr des Jahres 2003 stellte der Präsident des Landgerichts Detmold fest, dass die Antragstellerin in dem Zeitraum vom Beginn ihrer Notartätigkeit im Juni 2001 bis zum 08.05.2003 insgesamt 160 Beurkundungen und Beglaubigungen und mithin annähernd 20 % ihrer Amtsgeschäfte in den Kanzleiräumlichkeiten ihrer Sozien in T vorgenommen hatte.

Zu einer Beurkundung in T kam es regelmäßig wie folgt:

Suchten Mandanten in dem Büro der Sozien der Antragstellerin nach einer Beurkundung in T nach, wiesen die dort beschäftigen Angestellten darauf hin, dass hierfür die Antragstellerin als Notarin in B zuständig sei, eine Beurkundung in T jedoch grundsätzlich möglich sei, wenn dies auch ausschließlich mit dem Büro der Antragstellerin in B abgesprochen werden könne. Sodann notierten die Angestellten in T entweder Namen, Telefonnummer und Anliegen des Mandanten und übermittelten diese Informationen dem Büro der Antragstellerin in B, das nachfolgend an die Mandanten herantrat. Oder dem Mandanten wurden Adresse und Telefonnummer des Büros der Antragstellerin in B mitgeteilt, woraufhin dieser sich an das Büro der Antragstellerin in B zwecks konkreter Terminabsprache wandte.

Die Beurkundung in dem Büro in T lief sodann in der Regel wie folgt ab:

Die notariellen Mandanten der Antragstellerin wurden in gleicher Weise wie die anwaltlichen Mandanten ihrer Sozien in den T'er Büroräumen in Empfang genommen. Sie nahmen regelmäßig in dem Wartebereich des Büros Platz. Es war nicht unüblich, dass ihnen eine Erfrischung angeboten wurde. Die Antragstellerin fand sich mit den vollständig vorbereiteten Urkunden in dem T'er Büro ein und bat ihre Mandanten in den dortigen Besprechungsraum. Dort wurde die Beurkundung vorgenommen. Auf durch die Auswärtsbeurkundung in T verursachten höheren Beurkundungskosten machte die Antragstellerin ihre Mandanten nicht aufmerksam. Im Folgenden wurden von der Antragstellerin für die Auswärtsbeurkundung in T jeweils - gegebenenfalls auch anteilig - die Auswärtsgebühr gem. § 58 KostO sowie Reisekosten gem. § 153 KostO in Rechnung gestellt.

Wegen des vorstehenden Sachverhalts erteilte der Präsident des Landgerichts Detmold der Antragstellerin mit Disziplinarverfügung vom 22.12.2003 (Bl. 19 ff. der Beiakte I c H 557) wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 4 BNotO einen Verweis. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschwerdeentscheidung vom 11.01.2005 (Bl. 171 ff. der Beiakte I c H 557) zurück. Auf den gegen diese Entscheidungen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 96 BNotO i.V.m. § 31 Abs. 3 DO NW hob der Senat die Beschwerdeentscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm und die Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts Detmold mit Beschluss vom 10.11.2005 (Bl. 38 ff. der Beiakte 2 X Not 3/05) auf, da sich aus dem der Antragstellerin zur Last gelegten Verhalten kein Dienstvergehen i.S.v. § 95 BNotO ergebe. Dabei hat der Senat dahin stehen lassen, ob die Antragstellerin eine nicht genehmigte Geschäftsstelle unterhalten hat bzw. ob die Vorschrift des § 10 Abs. 4 Satz 1, 2. Hs. BNotO eine verfassungskonforme Einschränkung der Berufsfreiheit des Anwaltsnotars beinhaltet. Denn auch, wenn beide Fragen zu bejahen sein sollten, stellte das sodann festzustellende pflichtwidrige und schuldhafte Verhalten der Antragstellerin allenfalls ein ordnungswidriges Verhalten leichterer Art dar, welches noch nicht als Dienstvergehen zu werten sei.

Der Präsident des OLG Hamm hat sodann gegenüber der Antragsgegnerin am 22.12.2005 eine Missbilligung gemäß § 94 BNotO ausgesprochen, weil die Antragstellerin gegen die ihr aus § 10 Abs. 4 BNotO obliegende Amtspflicht verstoßen habe, ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde neben der Geschäftsstelle an ihrem Amtssitz in B keine weiteren Geschäftsstellen zu unterhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Missbilligungsverfügung vom 22.12.2005 (Bl. 221 ff. der Beiakte I c H 557) verwiesen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat der Antragsgegner mit Entscheidung vom 13.07.2006 (Bl. 10 ff. GA), auf die ebenfalls wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen.

Gegen die ihr am 18.07.2006 zugestellte Beschwerdeentscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem am 07.08.2006 eingegangenem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 03.08.2006. Sie meint, dass auch der Ausspruch einer Missbilligung gemäß § 94 BNotO nicht gerechtfertigt sei. Dazu vertritt und vertieft sie weiterhin ihre Auffassung, sie habe in T weder eine Geschäftsstelle noch auswärtige Sprechtage unterhalten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Missbilligungsverfügung des Präsidenten des Oberlandgerichts Hamm vom 22.12.2005 mitsamt der Beschwerdeentscheidung des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13.07.2006 aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag der Notarin zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf seine Beschwerdeentscheidung und die Missbilligungsverfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm und tritt dem Vortrag der Antragstellerin entgegen.

Die Westfälische Notarkammer vertritt wie der Antragsgegner die Auffassung, die Antragstellerin habe gegen Amtspflichten verstoßen, indem sie in nicht unerheblichem Maße in den Räumen der mit ihr in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T Urkundstätigkeit ausgeübt habe. Die Notarkammer wertet die Benutzung der Räumlichkeiten in der Kanzlei in T zwar nicht als den Betrieb einer zusätzlichen Geschäftsstelle. Das Verhalten der Antragstellerin sei aber als unzulässige Umgehung der Vorschriften der §§ 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BNotO anzusehen. Zweck der Vorschriften der §§ 10 und 10 a BNotO sei es, zu verhindern, dass Notare ihr Amt "im Umherziehen" ausübten. Diesem Zweck laufe es grundsätzlich zuwider, wenn ein Notar mehrere Geschäftsstellen unterhalte oder - wie hier - ihm zur Verfügung stehende Räumlichkeiten außerhalb seiner Geschäftsstelle regelmäßig nutze, um dort regelmäßig und in verfestigter Weise Urkundstätigkeit auszuüben. Schließlich weist die Notarkammer darauf hin, dass die der Antragstellerin seinerzeit verliehene Stelle als örtliche Strukturstelle für B und nicht etwa für den Bezirk des Amtsgerichts Detmold ausgeschrieben gewesen sei. Die Antragstellerin sei deshalb in ihrer Entscheidung, in welchem Ort im Bezirk sie ihre Geschäftsstelle unterhält, nicht frei gewesen, obwohl sie möglicherweise lieber das Amt in T ausgeübt hätte. Auch vor diesem Hintergrund könne der Antragstellerin der Vorwurf nicht erspart werden, die mit der Ausschreibung verbundenen örtlichen Einschränkungen faktisch korrigiert zu haben.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die von dem Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakten (Beiheft zu den Personalakten VIII 586 Sdh. 1, Disziplinarheft I c H 557, 38 Handakten der Antragstellerin) Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 94 Abs. 2 Satz 5 BNotO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt.

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die Beschwerdeentscheidung des Antragsgegners und die Missbilligungsverfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm waren aufzuheben, da der Antragstellerin wegen der Ausübung von Urkundstätigkeit in der Kanzlei der mit ihr in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T ein ordnungswidriges Verhalten i.S.d. § 94 Abs. 1 BNotO nicht vorzuwerfen ist.

Der Umstand, dass, und die Art und Weise, wie die Antragstellerin in der Kanzlei der mit ihr in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T Beurkundungen vorgenommenen hatte, führte nicht dazu, dass sie neben ihrer Geschäftsstelle in B ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde eine weitere Geschäftsstelle i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 1 BNotO unterhalten hat. Sie hat auch keine ihr nicht erlaubten auswärtigen Sprechtage i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 2 BNotO abgehalten. Vielmehr hat die Antragstellerin lediglich von ihrem Recht zur Vornahme von Auswärtsbeurkundungen innerhalb des ihr zugewiesenen Amtsbereiches (vgl. BVerfG NJW 2000, 3486 ff.) Gebrauch gemacht.

Dieses Recht ist nur eingeschränkt, wenn im Einzelfall aufgrund einer Auswärtsbeurkundung sonstige Berufspflichten verletzt würden, etwa wenn innerhalb des Amtsbereiches die Klarheit der Amtsführung leiden und die Gefahr des Anscheins einer Parteilichkeit des Notars entstehen könnte oder wenn die Notwendigkeit besteht, auf die in der Geschäftsstelle befindlichen Hilfsmittel zuzugreifen (vgl. BVerfG, a.a.O., Seite 3487 f.; s. auch Abschnitt IX Ziffer 2 der Richtlinien der Westfälischen Notarkammer). Mit diesen Grenzen ist das Recht des Notars zur Vornahme von Auswärtsbeurkunden auch nicht auf nur gelegentliche Beurkundungen beschränkt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der vorstehend zitierten Entscheidung ausgeführt, dass sich ein Verbot der Vornahme von Auswärtsbeurkundungen innerhalb des dem Notar zugewiesenen Bezirks nicht aus den gesetzlichen Regelungen der BNotO entnehmen lasse, ein solches Verbot nicht der Intention des Gesetzgebers entsprochen habe und auch Gemeinwohlbelange ein grundsätzliches Verbot der Auswärtsbeurkundungen nicht erforderten (BVerfG, a.a.O., Seite 3487). Ausgehend davon, sieht der Senat keine Veranlassung, das verfassungsrechtlich gesicherte Recht des Notars, in dem ihm zugewiesenen Amtsbezirk Auswärtsbeurkundungen vorzunehmen, auf nur gelegentliche Auswärtsbeurkundungen zu beschränken, wenn die ordnungsgemäße Erledigung der Amtsgeschäfte als solche nicht in Frage gestellt wird.

Ist mithin das Recht des Notars zur Vornahme von Auswärtsbeurkundungen innerhalb seines Amtsbezirks grundsätzlich nicht eingeschränkt, kann die im wesentlichen klare und unbestrittene Vorgehensweise der Antragstellerin bei den Beurkundungen in T nicht ohne weiteres zu der Annahme einer weiteren Geschäftsstelle i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 1 BNotO führen, die ohne Genehmigung betrieben wurde. Andernfalls würden der Antragstellerin Grenzen gesetzt, die mit ihrem grundsätzlichen Recht zur Vornahme von Beurkundungen innerhalb ihres Amtsbereiches und damit mit ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in unzulässiger Weise kollidierten. Die Vorschrift des § 10 Abs. 4 Satz 1 BNotO ist deshalb nicht schon dann tangiert, weil die Antragstellerin an bestimmten Orten, sei es auch regelmäßig oder - wie die Dienstaufsicht und die Notarkammer meinen - "institutionalisiert", Auswärtsbeurkundungen vorgenommen hat. Von der Unterhaltung einer weiteren Geschäftsstelle i.S.d. § 10 Abs. 4 Satz 1 BNotO kann bei verfassungskonformer Betrachtungsweise nur dann die Rede sein, wenn gegen das in der Norm postulierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach seinem am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG einerseits und an Gemeinwohlbelangen andererseits auszurichtenden Sinn und Zweck verstoßen wird.

Dafür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.

Da aufgrund des derzeitigen Standes der Verkehrs- und Kommunikationsmittel das Bedürfnis nach einer jederzeitigen Erreichbarkeit des Notars an seinem Amtssitz nur noch geringe Bedeutung hat, daran bei einem Anwaltsnotar wie der Antragstellerin zudem keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BVerfG a.a.O., Seite 3487), kann dieses Bedürfnis das Genehmigungserfordernis nicht stützten. Es kann auch nicht damit begründet werden, dass ein unerwünschter Wettbewerb zwischen den Notaren ausgeschlossen werden soll. Damit werden keine verfassungsrechtlich erheblichen Gemeinwohlbelange berührt (vgl. BVerfG a.a.O., Seite 3488). Der Genehmigungsvorbehalt kann ferner nicht mit der Stellung des Notars als Träger eines öffentlichen Amts begründet werden, mit dessen Amtswürde es nicht vereinbar sei, nicht nur ausnahmsweise andernorts als an seinem Amtssitz seine Amtsgeschäfte wahrzunehmen. Denn, soweit es um Tätigkeiten innerhalb des zugewiesenen Amtsbezirkes geht, geht das Recht des Notars aus Art. 12 Abs. 1 GG, Auswärtsbeurkundungen innerhalb dieses Bezirks vorzunehmen, vor. Die in dem Genehmigungsvorbehalt liegende Einschränkung der Berufsausübung, die der Anwaltsgerichtshof NW jedenfalls für den Bereich der reinen Anwaltstätigkeit in jeder Hinsicht als nicht verfassungskonform ansieht (vgl. Beschluss vom 31.03.2006, BRAK Mitteilungen 2006, 177 ff.), kann sich demzufolge für den notariellen Bereich in erster Linie mit dem Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen (§ 4 BNotO) und mit den Erfordernissen der Dienstaufsicht (§ 93 BNotO) rechtfertigen. Aufgrund dieser Kriterien ist mithin auch die Frage zu beantworten, ob die Antragstellerin am Kanzleisitz der mit ihr in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T faktisch eine ungenehmigte Geschäftsstelle unterhalten hat. Nicht entscheidend kann es hingegen darauf ankommen, wie sich der Beurkundungsort für die Rechtssuchenden darstellt und von diesen angenommen wird. Soweit dieser Eindruck, was hier unstreitig der Fall war, nicht durch ein amtspflichtwidriges Vorgehen, wie etwa einer unzulässigen Werbung, hervorgerufen worden ist, ist dies für die Beurteilung ohne Belang. Das Kriterium des Bedürfnisses nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen gibt für die Frage, ob die Antragstellerin ohne Erlaubnis faktisch eine weitere Geschäftsstelle unterhalten hat, ebenfalls nichts her. Von Bedeutung wäre dies nur, wenn die Antragstellerin für die Rechtsuchenden nicht mehr überwiegend an ihrem Amtssitz in B erreichbar gewesen wäre, sondern am Kanzleisitz der mit ihr in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich und wird auch nicht gerügt. Gemessen an den Erfordernissen der Dienstaufsicht kann die faktische Einrichtung einer weiteren Geschäftsstelle dann gegeben sein, wenn sich dort unabhängig von der sachlichen Ausstattung für die Dienstaufsicht relevante Unterlagen befinden, wie sie etwa in § 5 Abs. 1 DONot genannt sind und die in der am Amtssitz zu unterhaltenden Geschäftsstelle zu führen sind (§ 5 Abs. 3 DONot). Gleiches gilt, soweit der Notar an dem Beurkundungsort, der nicht sein Amtssitz ist, Personen i.S.d. § 4 DONot beschäftigt. All dies war bei der Antragsstellerin jedoch nicht der Fall. Nach ihrem nicht widerlegten Vortrag war in der Anwaltskanzlei in T nichts vorhanden, das in irgendeiner Weise der Ausübung der notariellen Amtstätigkeit diente und was für die Dienstaufsicht relevant gewesen sein konnte. Die Antragstellerin hat lediglich für Urkundsgeschäfte einen Raum in Anspruch genommen, der sonst der Besprechung mit Anwaltsklienten diente. Das Vorbringen des Antragsgegners, die Antragstellerin habe selbst angegeben, in der Kanzlei in T seien "die entsprechenden Vorrichtungen" vorhanden gewesen, ist demgegenüber nicht nachvollziehbar und durch nichts belegt. Auch das Personal der Kanzlei ist in die notariellen Tätigkeiten der Antragstellerin nicht eingebunden worden, sondern hat lediglich Mandanten, die nach einer Beurkundung fragten, an das Büro in B weiterverwiesen, ggfls. Urkundsbeteiligte in Empfang genommen und üblichen geschäftlichen Gepflogenheiten entsprechend gelegentlich Getränke angeboten. Das ist aufsichtsrechtlich ebenfalls nicht relevant.

Umstände, die abgesehen von dem - wie vorstehend ausgeführt - nicht zu beanstandenden Verhalten der Antragstellerin eine Verletzung sonstiger einzelner Berufspflichten darstellen könnten, sind nicht aufgezeigt. Insbesondere kann in dem - erlaubten -Verhalten der Auswärtsbeurkundungen kein Verstoß gegen das Verbot der Abhaltung auswärtiger Sprechtage gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 BNotO gesehen werden; hierzu sind bereits die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt.

War die Vornahme von Beurkundung der Kanzlei der mit der Antragstellerin in überörtlicher Sozietät verbundenen Rechtsanwälte in T erlaubt und ist auch sonst im Zusammenhang damit eine Verletzung von Berufspflichten nicht feststellbar, kann das Verhalten der Antragstellerin insoweit schlechterdings auch nicht als eine zu ahndende Umgehung der Vorschriften des § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BNotO gewertet werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 94 Abs. 2 Satz 6, 75 Abs. 5 Satz 4 BNotO in Verbindung mit § 115 Abs. 1 DONW. Der Festsetzung eines Gegenstandswertes bedurfte es wegen § 111 Abs. 2 DONW nicht.

Ende der Entscheidung

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