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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 20 U 246/07
Rechtsgebiete: ZPO, AVB, VVG


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Nr. 3
AVB § 19 Nr. 3
AVB § 19 Nr. 3 Satz 2
VVG § 2 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung erwägt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO vorliegen.

Gründe:

I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Eine Eintrittspflicht der Beklagten scheitert bereits daran, dass nicht sicher festgestellt werden kann, dass der Versicherungsfall erst nach dem 10. Mai 1994 (dem Tag des Beginns der Versicherung gemäß dem Versicherungsschein) eingetreten ist. Maßgebend für den Eintritt des Versicherungsfalles ist der Beginn der Einwirkung auf eine versicherte Sache (vgl. Prölss in: Prölss/ Martin, VVG, 27. Aufl., § 1 VVG, Rn. 31), hier mithin die erste Schädigung versicherter Gebäudeteile durch austretendes Leitungswasser. Dass eine solche erste Schädigung erst nach dem 10. Mai 1994 eingetreten ist, ist von der Klägerin nicht vorgetragen; sie hat in der Klageschrift (S. 4) vielmehr selbst dargetan, dass der genaue Zeitpunkt des Beginns des Wasseraustritts nicht mehr feststellbar sei. Die vorliegenden Äußerungen der hinzugezogenen Sachverständigen, nach denen von einer länger andauernden Wassereinwirkung auszugehen ist, schließen es jedenfalls nicht aus, dass ein Erstschaden schon vor dem 10. Mai 1994 eingetreten ist. Das geht zu Lasten der Klägerin, denn dafür, dass der Versicherungsfall erst nach Versicherungsbeginn eingetreten ist, ist der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweispflichtig.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, bei Antragstellung keine Kenntnis von einem möglicherweise schon eingetretenen Wasserschaden gehabt zu haben. Aus § 19 Nr. 3 Satz 2 der AVB lässt sich nicht in einem Umkehrschluss herleiten, dass der Versicherer bei mangelnder Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem bei Antragstellung schon eingetretenen Schaden stets haftet. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auf den bei einer Auslegung von Versicherungsbedingungen abzustellen ist, erschließt sich aus Satz 1 des § 19 Nr. 3 AVB klar und unmissverständlich, dass die Haftung des Versicherers grundsätzlich erst mit dem vereinbarten Zeitpunkt beginnt; der Versicherungsnehmer kann redlicherweise nicht erwarten, dass der Versicherer auch für Schäden, die vor Versicherungsbeginn eingetreten sind, die Haftung übernehmen will. § 19 Nr. 3 Satz 2 AVB greift lediglich den Fall auf, dass der Versicherungsfall nach dem vereinbarten Zeitpunkt, aber vor dem Vertragsabschluss (d.h. vor der Annahme des Versicherungsantrags durch den Versicherer) eintritt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 VVG schadet dem Versicherungsnehmer dann die Kenntnis vom Versicherungsfall bis zur Vertragsschließung; hiervon weicht § 19 Nr. 3 Satz 2 AVB zugunsten des Versicherungsnehmers ab, in dem lediglich eine Kenntnis vom Versicherungsfall bei der Antragstellung, nicht aber spätere Kenntnis bis zur Annahme des Vertrags durch den Versicherer schadet. Die Klausel würde der Klägerin vorliegend mithin nur dann zugute kommen, wenn feststehen würde, dass der Versicherungsfall zwischen dem 10. Mai 1994 (Tag des Versicherungsbeginns und zugleich Tag der Antragstellung) und der Vertragsannahme durch die Beklagte (27. Mai 1994) eingetreten wäre. Dafür fehlt jeder tatsächliche Anhaltspunkt.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine ihr erteilte Regulierungszusage berufen. Eine Regulierungszusage, die zur Folge haben könnte, dass die Beklagte sich jedenfalls nicht darauf berufen kann, dass der Versicherungsfall schon vor dem 10. Mai 1994 eingetreten ist, ist nicht schlüssig dargetan. Es ist widersprüchlich - und die Klägerin klärt diesen Widerspruch nicht auf -, wenn seitens der Regulierungsbeauftragten der Beklagten eine Regulierungszusage erteilt worden sein sollte, obwohl im Termin letztlich keine Klarheit über das Vorliegen eines Versicherungsfalles erzielt werden konnte, sondern hinsichtlich Schadensursache und Schadensumfang eine Begutachtung in Auftrag gegeben wurde. Dann kann eine "Zusage" allenfalls als eine Äußerung, mit der sich der Versicherer zur Prüfung seiner Eintrittspflicht bereit erklärt, verstanden werden. Soweit die Klägerin auf den Inhalt der Stellungnahme des Architekten C vom 26. September 2006 verweist, mag dort zwar die Schadensursache als geklärt angesprochen worden sein. Fraglich war aber von vornherein der Zeitpunkt des (ersten) Schadenseintritts. In dem Schreiben heißt es denn auch, das "ursprüngliche Schadensereignis" liege nach den eigenen Angaben der Klägerin in dem Termin am 25. September 2006 bereits 30 Jahre zurück; eine genaue Datierung des Schadensereignisses sei angesichts der festgestellten "extremen Zersetzung der Holzfachwerkkonstruktion" nicht möglich; eine genaue Schadensfeststellung sei im Termin nicht möglich gewesen. Dass bei einer solchen Sachlage eine uneingeschränkte Regulierungszusage erteilt worden sein könnte, liegt fern. Außer der bloßen Behauptung, es sei eine Zusage erteilt worden, bringt die Klägerin weiter nichts Erhebliches vor. Auch wenn, wie die Klägerin vorträgt, im Termin geklärt worden sein sollte, wie die Schadensabrechnung erfolgen kann, besagt dies nichts über eine zuvor erteilte uneingeschränkte Regulierungszusage. Auch das jetzt von der Klägerin vorgelegte Schreiben des Herrn D ist in diesen Punkten letztlich unergiebig, weil auch nicht ansatzweise erläutert wird, wie es trotz der bestehenden Unklarheiten zum Beginn des Schadenseintritts zu einer uneingeschränkten Zusage gekommen sein soll. Bei dieser Sachlage kann es der Beklagten nicht verwehrt sein, sich auf Vorvertraglichkeit zu berufen.

Ob die Beklagte auch wegen einer Obliegenheitsverletzung (Verstoß gegen das Veränderungsverbot des § 20 e) AVB) leistungsfrei geworden, bedarf keiner Entscheidung.

II. Auch die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, liegen vor.

Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich vielmehr um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.

III. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu vorstehenden Hinweisen binnen drei Wochen ab Zugang Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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