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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.07.2009
Aktenzeichen: 20 W 26/09
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, BGB, RB/KT 94


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 574 Abs. 2
VVG § 11
VVG § 12 Abs. 1 Satz 2 a.F.
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
RB/KT 94 § 1 Abs. 3
RB/KT 94 § 4 Abs. 7
RB/KT 94 § 19 (1) a)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 1. April 2009 - 23 O 390/08 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet, wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Soweit die Antragstellerin Leistungen aus der bei der Antragsgegnerin abgeschlossenen Krankentagegeldversicherung für das Jahr 2005 begehrt, würde eine Klage bereits daran scheitern, dass evtl. bestehende Ansprüche verjährt sind; auf Verjährung hat sich die Antragsgegnerin ausdrücklich berufen. Leistungsansprüche aus dem Jahr 2005 sind, nachdem die Antragsgegnerin die Erbringung von Versicherungsleistungen für diesen Zeitraum verweigert hat, gemäß § 11 VVG in der hier noch maßgebenden alten Fassung noch im Jahr 2005 fällig geworden; die Ansprüche sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Hinsichtlich etwaiger Ansprüche aus der Zeit vom 22. April 2005 bis 18. November 2005 war die Verjährung für die Dauer des Prozesskostenhilfeverfahrens 146 C 281/05 Amtsgericht Köln zwar gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB); diese Hemmung dauerte indes nur insgesamt 14 Monate (knapp 8 Monate Verfahrensdauer vom 13. Juli 2005 [Eingang des Antrags] bis 6. März 2006 [verfahrensbeendende Entscheidung des Landgerichts Köln] zuzüglich 6 Monate gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verjährung dieser Ansprüche ist demgemäß spätestens mit Ablauf des Monats Februar 2009 eingetreten. Der hinsichtlich des Zeitraums 22. April 2005 bis 18. November 2005 wiederholte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keine erneute Hemmung bewirkt; in dem als "Klage" bezeichneten verfahrenseinleitenden Schreiben der Antragstellerin vom 14. November 2008 liegt auch keine wirksame Klageerhebung, da eine Klage vor dem Landgericht Köln durch einen zugelassenen Anwalt hätte erfolgen müssen. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB greift daher nicht ein.

Die Verfolgung von Ansprüchen auf Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung für die Zeiträume 1. Januar 2006 bis 9. August 2006, für 6 Tage im Januar 2008 und für 31 Tage im Monat März 2008 bietet bereits deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass sie in diesen Zeiträumen vollständig im Sinne von § 1 Abs. 3 der vereinbarten RB/KT 94 arbeitsunfähig war. Danach liegt Arbeitsunfähigkeit (nur) dann vor, wenn die versicherte Person ihre bislang ausgeübte berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist die konkrete berufliche Tätigkeit, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgeübt hat (zuletzt BGH, Urt. v. 20. Mai 2009 - IV ZR 274/06). Diese Tätigkeit ist, wenn der Versicherungsnehmer Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung geltend machen will, im Einzelnen unter genauer Schilderung des Berufsbildes zu beschreiben. Schon dem ist die Antragstellerin, wie bereits das Landgericht Köln in der Beschwerdeentscheidung vom 6. März 2006 (23 T 3/06) und auch in der Nichtabhilfeentscheidung vom 27. April 2009 im vorliegenden Verfahren zutreffend ausgeführt hat, nicht nachgekommen. Die bloße Angabe, sie sei als Tierheilpraktikerin tätig gewesen, reicht hierzu bei weitem nicht aus. Konkrete Angaben zum Berufsbild sind nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil sich nur bei Kenntnis der konkreten Umstände der bisherigen Berufsausübung sicher beurteilen lässt, ob die aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen - die vorliegend auch nur sehr allgemein (Hundebiß in linke Hand) geschildert worden sind - tatsächlich die Annahme rechtfertigen, dass der Versicherungsnehmer, was die Bedingungen fordern, seinen Beruf in keiner Weise mehr ausüben kann, also zu 100% arbeitsunfähig ist. Schon mangels hinreichenden Vortrags zur ausgeübten Berufstätigkeit und zum Umfang der Einschränkungen als Folge des Hundebisses ist ein Anspruch auf Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung nicht schlüssig dargetan.

Im übrigen hat die Antragstellerin für den Zeitraum ab 2006 ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht vorgelegt. Diese sind aber nach § 4 Abs. 7 RK/KT 94 Voraussetzung für die Fälligkeit der Leistung (vgl. OLG Hamm, VersR 1989, 242; Wilmes in: Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 4 MB/KT, Rn. 22). Soweit die Antragstellerin behauptet, sie habe der Antragsgegnerin entsprechende Bescheinigungen übersandt - was jene bestreitet - , hat sie hierfür keinen Beweis angetreten.

Unabhängig davon ist der Versicherungsvertrag aber auch beendet, so dass die Antragstellerin jedenfalls für die Zeit ab 2006 keine Leistungsansprüche mehr geltend machen kann. Ob die Kündigung wegen Zahlungsverzugs zum Ende des Versicherungsvertrags geführt hat, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist das Versicherungsverhältnis nach § 19 (1) a) RB/MT 94 beendet. Danach endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit. Nach dem hier vereinbarten Tarif TN 14 sind versicherungsfähig "nur freiberuflich oder selbständig Tätige mit regelmäßigen Einkünften aus selbständiger Arbeit". Diese Voraussetzung ist bei der Antragstellerin seit ihrer Inhaftierung im April 2005 (nach Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten) nicht mehr erfüllt. Die Antragstellerin hat, bedingt durch den Antritt der Strafhaft, ihre Tätigkeit als Tierheilpraktikerin nicht weiter ausüben können. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sie in der Strafhaft im geschlossenen Vollzug regelmäßige Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit hat erzielen können. Keine Rolle spielt es, dass sie zum Zeitpunkt des Antritts der Strafhaft bereits (insoweit noch von der Antragsgegnerin anerkannt) arbeitsunfähig war; dies führt nach § 19 Abs. 1 Buchst. a) Satz 1 lediglich zu einer maximal 3-monatigen Nachleistungspflicht. Zwar bewirkt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alleine der Umstand, dass ein Selbständiger während einer Erkrankung seine Tätigkeit aufgibt, noch nicht notwendig das Entfallen der Versicherungsfähigkeit, weil im Zweifel davon auszugehen ist, dass er ohne die Erkrankung seine selbständige Tätigkeit alsbald wieder aufgenommen hätte (BGH, VersR 1997, 1133; Wilmes, aaO, § 15 MB/KT, Rn. 11). Ist ein Versicherungsnehmer indes aus anderen Gründen, die außerhalb der Erkrankung liegen, an der Wiederaufnahme einer selbständigen Tätigkeit mit regelmäßigen Einkünften gehindert, fällt die Versicherungsfähigkeit fort (vgl. Tschersich in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 45, Rn. 25, 26). So liegt der Fall hier: Auch bei einer Gesundung wäre die Antragstellerin für die Dauer der Strafverbüßung im geschlossenen Vollzug an der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit mit regelmäßigen Einkünften gehindert gewesen. Das Versicherungsverhältnis ist mithin noch im Jahr 2005 beendet worden.

Aus den vorgenannten Gründen hätte auch eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsvertrags (in dieser Weise ist ihr weiteres Klagebegehren im Schreiben vom 13. Januar 2009 zu verstehen) keine Erfolgsaussicht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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