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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 21 UF 144/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 606a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 894
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 14.06.2005 (310 F 367/04) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.

II.

Die Kosten beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien heirateten am 15.08.1999 als iranische Staatsbürger in M/Iran. Der erste Ehemann der Klägerin war am 23.02.1998 verstorben. Aus dieser Ehe hat die Klägerin zwei Kinder, geboren 1984 und 1987. Unmittelbar vor der Eheschließung mit der Klägerin verpflichtete sich der Beklagte in einem notariellen Ehevertrag unter anderem zur Zahlung einer Morgengabe von 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi.

Am 17.02.2004 stellte der Beklagte einen Antrag auf Scheidung der Ehe unter Berufung auf sein Recht auf eine talaq-Scheidung gemäß Art. 1133 iranisches ZGB (Bl. 1 ff. BA). Am 04.05.2004 stellte die Klägerin ebenfalls einen Scheidungsantrag (Bl. 12 d. BA).

Durch Urteil vom 02.08.2005 (Bl. 43 ff. d. BA) hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und einen Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs. 2 EGBGB durchgeführt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte könne eine talaq-Scheidung verlangen. Diese widerspreche nicht dem ordre public, weil der Scheidungsantrag auch nach deutschem Recht begründet sei. Das Scheidungsurteil ist rechtskräftig, weil beide Parteien auf Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel verzichtet hatten.

Mit ihrer zunächst als Verbundsache erhobenen Klage hat die Klägerin Zahlung einer Morgengabe begehrt.

Das Amtsgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Morgengabe sei wegen ihrer Nähe zum Unterhaltsrecht wie eine Unterhaltsvereinbarung auszulegen. Der Anspruch der Klägerin bestehe nicht, weil diese nicht unterhaltsbedürftig und der Beklagte nicht leistungsfähig sei. Ein Anspruch der Klägerin unabhängig von ihrer Unterhaltsbedürftigkeit scheitere am ordre public. Es könne daher dahinstehen, ob die Klägerin nachträglich wirksam auf die Morgengabe verzichtet habe.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt.

Sie ist der Auffassung, die Vereinbarung der Morgengabe sei nicht als Unterhaltsvereinbarung anzusehen. Dies ergäbe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Urkunde.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln (310 F 367/04) vom 14.06.2005 den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und beruft sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen ergänzend verwiesen.

Die Akten Amtsgericht Köln 310 F 158/04 und Staatsanwaltschaft Köln 89 Js 1238/03 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben. Sie richtet sich in Ehesachen mit iranischer Beteiligung mangels Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.05.2000 (EheGVO) ausschließlich nach deutschem Zivilprozessrecht. Gemäß § 606a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, ohne dass es darauf ankommt, ob in der Sache nach deutschem oder ausländischem Recht zu entscheiden ist.

2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Hälfte der Morgengabe gemäß Art. 1078 ff. des iranischen Zivilgesetzbuches (im Folgenden : iran. ZGB) in Verbindung mit dem Heiratsvertrag vom 15. August 1999.

a.

Die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung der Morgengabe beurteilt sich im vorliegenden Fall nach iranischem Recht.

Dabei werden gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB die Kollisionsnormen des EGBGB nicht durch die vorrangige Regelung des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens (NAbk) zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.1929 (RGBl. 1930 II 1002, 1006), die nach dem deutsch-iranischen Protokoll vom 04.11.1954 (BGBl. 1955 II 829) auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran gilt, verdrängt. Denn das Abkommen ist nur auf solche Fälle anwendbar, in denen alle Beteiligten ausschließlich die gleiche Staatsangehörigkeit besitzen (KG FamRZ 1998, 296; Schotten FamRZ 1995, 264, 265). Seit 2002 hat der Beklagte jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Nach den hier in Betracht kommenden Kollisionsnormen des EGBGB unterliegt die Morgengabe im vorliegenden Fall dem iranischen Recht.

Die international-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe (mahr) des islamischen Rechts ist in der Rechtsprechung und der Literatur umstritten, weil es im deutschen Recht kein unmittelbar passendes Gegenstück gibt. Teils wird sie unterhaltsrechtlich (KG FamRZ 1980, 470 f.; 1988, 296; AG Hamburg IPRax 1983, 74; AG Kerpen FamRZ 1998, 1429; AG Kerpen FPR 2002, 315), teils güterrechtlich (OLG Bremen FamRZ 1988, 606 f.; Soergel/Schurig, BGB, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB Rdnr. 35; Krüger FamRZ 1977, 115; Münch/Komm/Siehr, BGB, 3. Aufl. 1998, Art. 15 EGBGB Rdnr. 91; Wurmnest FamRZ 2005, 1878 ff.) qualifiziert. Vereinzelt wird sie sowohl unterhaltsrechtlich als auch güterrechtlich eingeordnet (OLG Köln IPRax 1983, 73). Einige Auffassungen unterscheiden hinsichtlich der Einordnung nach dem Zeitpunkt, in dem die Morgengabe geltend gemacht wird. Danach soll sie, wenn sie wie regelmäßig, nach der Scheidung geltend gemacht wird, dem Unterhaltsrecht zuzuordnen sein (AG Memmingen IPRax 1985, 230). Nach einer zunehmend vertretenen Meinung ist die mahr der islamischen Rechte als allgemeine Ehewirkung einzuordnen (OLG Nürnberg NJWE-FER 2001, 116; Heldrich IPRax 1983, 64; Staudinger/Mankowski, BGB (Neubearbeitung 2003), Art. 14 EGBGB Rdnr. 273 m. w. N.; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. 2003, Art. 14 EGBGB Rdnr. 6 und Art. 18 EGBGB Rdnr. 27 m. w. N.). Ihr Schicksal richtet sich, wenn sie bei Eheschließung nicht bezahlt worden ist, nach dem Ehewirkungsstatut und im Scheidungsfall dementsprechend nach dem Scheidungsstatut (OLG Celle FamRZ 1998,374; Heldrich IPRax 1983, 64; Yassari StAZ 2003, 198 ff.).

Der BGH hat die Frage der kollisionsrechtlichen Einordnung bisher offen gelassen, weil die verschiedenen Ansichten in den von ihm zu entscheidenden Fällen zum gleichen Ergebnis kamen. In allen Fällen war deutsches Recht anzuwenden, weil die Brautgabe entweder von deutschen Muslimen oder von Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit vereinbart worden war, die Ehe in der Bundesrepublik Deutschland gelebt wurde oder zumindest der Ehemann im Zeitpunkt der Scheidung seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort noch in Deutschland hatte (BGH FamRZ 1987, 463 ff.; FamRZ 1999, 217 ff.).

Auch im vorliegenden Fall kann die rechtliche Einordnung im Ergebnis offen bleiben, weil von ihr die Frage des anzuwendenden Rechts nicht abhängt. Denn unter jedem möglichen Gesichtspunkt ist iranisches Recht anzuwenden.

Der Senat ist subsumiert die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Morgengabe unter Art. 14 EGBGB.

Für eine Auslegung als Ehewirkung im Sinne des Art. 14 EGBGB spricht die Ausgestaltung dieses Rechtsinstituts. Die Vereinbarung einer Morgengabe (mahr) ist im Iran ein üblicher Vorgang bei der Eheschließung. Die mahr ist ein Vermögenswert, der der Frau mit Eheschließung zur alleinigen Verfügung steht und ihr eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit geben soll, denn nach Art. 1082 iran. ZGB wird die Frau mit der Eheschließung Eigentümerin der mahr und kann darüber verfügen. Die mahr wird unabhängig vom Unterhaltsbedarf der Ehefrau und der Leistungsfähigkeit des Mannes geschuldet. Der gesetzliche Anspruch auf die mahr entsteht mit der Eheschließung und ist sofort fällig. Der Rechtsgrund für die mahr ist nicht eine Einigung der Parteien, sondern der gesetzliche Anspruch aus Art. 1078 ff. iran. ZGB. Die Parteien können in einem Vertrag auf die mahr Einfluss nehmen durch Vereinbarung ihres Inhalts und ihrer Höhe (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, 158. Lfg. September 2004).

Die mahr wird jedoch meist nicht sofort ausgehändigt. Sollte sie während der Ehe nicht ausgehändigt worden sein, ist sie spätestens bei Ehescheidung auszuzahlen, unabhängig davon, wer den Scheidungsantrag stellt. Obwohl sie nicht in erster Linie als Sicherungsmittel zu Gunsten der Ehefrau im Falle einer Verstoßung verstanden wird, kann sie aufgrund ihrer Höhe geeignet sein, den Ehemann von einer leichtfertigen Verstoßung abzuschrecken (vgl. Yassari, FamRZ 2002, 1088 ff.).

Vor der Revolution im Iran von 1979 war es durchaus üblich, die Morgengabe als symbolische Geste zu erachten und sehr geringe Brautgaben zu vereinbaren. Dies lag nicht zuletzt daran, dass das Gesetz zum Schutz der Familie (FSG) von 1975 die Ehescheidung durch einseitige Erklärung des Mannes (talaq) beseitigt, den Scheidungsausspruch den Gerichten übertragen und die Möglichkeit nachehelichen Unterhalts eingeräumt hatte. Art. 11 FSG 1975 erlaubte dem Gericht, den an der Unmöglichkeit des Zusammenlebens Schuldigen auf Antrag des anderen, unter Abwägung der persönlichen Lage, des Alters der Ehepartner und der Dauer der Ehe, zur Entrichtung einer monatlichen Rente zu verurteilen, sofern die Armut des Antragstellers sowie die Zahlungsfähigkeit seines Ehepartners außer Frage standen. Diese Rente konnte im Falle der Wiederheirat oder eines genügenden Einkommens oder des Todes der begünstigten Partei sowie bei finanzieller Notlage oder Armut der Partei, zu deren Lasten das Urteil ergangen war, herabgesetzt werden oder wegfallen. Diese Regelung sorgte für eine gewisse Absicherung der Ehefrau nach der Scheidung.

Seit der Revolution 1979 gilt wieder die islamische Regelung, da von einer Weitergeltung von Art. 11 FSG 1975 im Lichte der iranischen Unterhaltsregelung und von Art. 4 der iranischen Verfassung nicht auszugehen ist. Nach der neuen Verfassung müssen alle zivilen Gesetze im Einklang mit den islamischen Maßstäben stehen. Darüber hinaus hat Khomeini in einer Rede am 22. August 1982 alle Juristen und Richter aufgefordert, alle Gesetze, die gegen die Sharia verstoßen, "auf den Müll zu werfen". Diese Anweisung Khomeinis wird im Iran als formelle und wirksame Aufhebung aller der Sharia widersprechenden Gesetze bewertet (vgl. OLG München IPRax 1989, 238, 242). Damit stehen heute Ehefrauen, die unter dem alten Regime geheiratet und eine bloß geringfügige Morgengabe vereinbart haben, bei einer Scheidung ohne jegliche Versorgung da. Verschärft wird die Situation durch die galoppierende Inflation der iranischen Währung, bei der dieser Wert einer in Rial vereinbarten Morgengabe dauernd sinkt. 1998 ist daher in einer gesetzlichen Anmerkung zu Art. 1082 iran. ZGB eine Indexanpassung durchgesetzt worden. Der Richter, der heute über die Höhe von Morgengaben zu entscheiden hat, muss sie den gegenwärtigen Verhältnissen anpassen. Dies erfolgt anhand eines von der iranischen Zentralbank zusammengestellten Indexes, der täglich aktualisiert wird. Falls die Morgengabe aus Goldmünzen besteht, wird der aktuelle Goldkurs beachtet. Bei Klage auf Herausgabe der Morgengabe ist es nunmehr auch möglich, den Ehemann mit einem Ausreiseverbot zu belegen, so dass er das Land nicht ohne Erlaubnis der Ehefrau verlassen darf (Yassari, FamRZ 2002, 1088 ff.).

Die dargelegten Rechtstatsachen und die historische Entwicklung, insbesondere die Tatsache, dass nach der Ausgestaltung der Morgengabe die Zahlungsverpflichtung des Mannes sofort mit der Eheschließung entsteht, nicht nur für den Fall der Scheidung versprochen wird und auch nicht von der Bedürftigkeit der Ehefrau abhängt, weil die versprochene Summe in jedem Fall gezahlt werden muss, sprechen gegen eine Interpretation der Morgengabe als unterhaltsrechtliche Regelung. Da die Frau auf die Zahlung der Morgengabe - zumindest der Höhe nach - einen vertraglichen Anspruch hat (BGH FamRZ 1997, 463; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., Art. 14 EGBGB Rdn. 7), bleibt ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, soweit ihr ein solcher zusteht, von der Vereinbarung über eine Morgengabe unberührt. Eine Frau, die bei der Eheschließung das Versprechen einer Morgengabe annimmt, hat im Zweifel nicht die Absicht, damit zugleich auf die ihr unter Umständen nach deutschem Recht zustehenden Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt zu verzichten (Johannsen/Henrich, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rdnr. 7). Einer unterhaltsrechtlichen Qualifikation steht auch entgegen, dass die Morgengabe nicht auf eine Bedürftigkeit der Ehefrau abstellt. Die Verpflichtung zur Leistung der Morgengabe entfällt also nicht, wenn sich die Ehefrau aus sonstigen Eigenmittel selbst unterhalten kann (vgl. OLG Nürnberg NJW EG-FER 2001, 116; Staudinger/Mankowski, a. a. O. Rdnr. 275).

Die güterrechtliche Qualifikation der Morgengabe verkennt, dass diese nicht von einem bestimmten Güterstand abhängig ist. Sie kann zwar bei Eheauflösung eine ähnliche Funktion wie ein Zugewinnausgleich haben; sie wird jedoch nach den Verhältnissen vor der Eheschließung berechnet und ist unabhängig davon, ob der Mann während der Ehezeit überhaupt einen Zugewinn erzielt. Darüber hinaus sprechen auch die Regelungen in dem hier vorliegenden Vertrag der Parteien vom 15. August 1999 gegen eine solche güterrechtliche Einordnung, denn der Ehevertrag sieht ausdrücklich eine Pflicht des Beklagten zur Übertragung seines hälftigen während der Ehe verdienten Vermögens auf die Klägerin für den Fall der Scheidung vor (Bl. 101 ff. d. A.).

Letztlich kann die Frage der Einordnung der Morgengabe aber hier offen bleiben.

Subsumiert man die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Morgengabe als allgemeine Ehewirkung unter Art. 14 EGBGB, so ist iranisches Recht deshalb anzuwenden, weil beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung die iranische Staatsangehörigkeit besaßen. Unter Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB fallen nämlich auch die Fälle, in denen die Ehegatten während der Ehe zunächst eine gemeinsame Staatsangehörigkeit besessen hatten, aber ein Ehegatte diese Staatsangehörigkeit später verloren hat, während der andere sie beibehalten hat. Im Interesse der Kontinuität gilt das frühere gemeinsame Heimatrecht nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB solange weiter, wie der andere Ehegatte diese Staatsangehörigkeit beibehält (Palandt/Heldrich BGB, 64. Aufl., Art. 14 EGBGB Rdn. 7). Auch die Tatsache, dass der Beklagte 1990 als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland gekommen war, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn zum Zeitpunkt der Heirat der Parteien im Jahre 1999 im Iran lebte der Beklagte nicht mehr als Asylbewerber in Deutschland, sondern aufgrund einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsgenehmigung.

Für den Fall der Scheidung verweist Art. 17 Abs. 1 EGBGB auf das Recht des Staates, das im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist. Das ist nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB vorrangig das Recht, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten.

Auch eine güterrechtliche Qualifikation der Morgengabe führt gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB wegen seines Verweises auf Art. 14 EGBGB zur Anwendung iranischen Rechts.

Nimmt man an, dass die Morgengabe unterhaltsrechtlich zu qualifizieren ist, so findet nach Art. 18 Abs. 4 EGBGB das für die Ehescheidung angewandte Recht Anwendung, wenn die Ehescheidung hier ausgesprochen worden ist.

Die Scheidung der Ehe der Parteien ist hier nach der ausdrücklichen Begründung des Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 2.08. 2005 (310 F 58/04) unter Anwendung iranischen Rechts rechtskräftig ausgesprochen worden. Es kommt nicht darauf an, ob die Regeln, die das iranische Recht für eine talaq-Scheidung (Art. 1133 - 1149 iran. ZGB) fordert, zutreffend angewandt worden sind (Verstoßungserklärung des Mannes in Gegenwart von zwei männlichen Zeugen, vgl. Art. 1134 ff. iran. ZGB); dies ist für die Anwendung von Art. 18 Abs. 4 EGBGB unerheblich. Die Nichtbeachtung der Förmlichkeiten der talaq-Scheidung kann zwar zur Folge haben, dass das Scheidungsurteil im Iran wegen Fehlens eines nach iranischem Recht erforderlichen materiell-rechtlichen Wirksamkeitserfordernisses nicht anerkannt wird und eine sogenannte hinkende Ehe vorliegt. Dies ändert jedoch nichts an der Wirksamkeit der Scheidung, die wegen des als lex fori maßgeblichen deutschen Verfahrensrechts auch in diesen Fällen nur durch Gestaltungsurteil erfolgen kann. Der Ausspruch der Scheidungsformel gilt nach deutschem Verfahrensrecht gemäß § 894 ZPO mit der Rechtskraft des Urteils als erfolgt, und zwar in der für ihn erforderlichen Form (BGH FamRZ 2004, 1952; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 894 Rdnr. 5). Danach ist auch bei unterhaltsrechtlicher Qualifizierung der Morgengabe iranisches Recht anzuwenden.

b.

Gesichtspunkte des deutschen ordre public gemäß Art. 6 EGBGB stehen einer Anwendung der iranischen Vorschriften über die Morgengabe nicht entgegen, denn es kommt nicht darauf an, ob das iranische und das deutsche Recht auf widerstreitenden Prinzipien beruhen, sondern allein darauf, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des iranischen Rechts aus der Sicht des deutschen Rechts zu missbilligen ist. In einzelnen Fällen wurde ein Vertrag über eine Morgengabe für unwirksam angesehen (z. B. LG Köln IPRspr. 80, Nr. 83, vgl. Palandt/Heldrich, BGB, Art. 6 EGBGB Rdn. 20). Dies ist jedoch unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2004, 1952 ff.) abzulehnen.

3.

Der Anspruch der Klägerin ist mit dem geschlechtlichen Vollzug der Ehe entstanden. Er kann nicht durch die von dem Beklagten erhobenen Vorwurf, die Klägerin lebe mit einem anderen Partner zusammen, entfallen (vgl. AG Aachen unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Hilmar Krüger von 1999, IPRspr. 2000 Nr. 67).

4.

Die Höhe des auf Art. 1078 ff. iran. ZGB basierenden Anspruchs der Klägerin auf Zahlung einer Morgengabe ergibt sich aus dem von beiden Parteien unterzeichneten notariellen Ehevertrag vom 15. August 1999. Weder bestehen gegen dessen Wirksamkeit Bedenken noch hat die Klägerin später auf ihre Ansprüche verzichtet.

Der Vortrag des Beklagten, vor der Hochzeit sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass er keine Morgengabe zu zahlen habe und am Tage der Hochzeit sei er von der Klägerin, ihrer Familie und dem anwesenden Notar überrumpelt worden, ist nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin in dem Grunde oder der Höhe nach in Frage zu stellen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte eingeräumt, dass er sich trotz seines anfänglichen Protestes in Kenntnis der Rechtsfolgen zur Unterschrift entschlossen hat, nachdem die Klägerin auf einer Unterzeichnung der Morgengabevereinbarung nachdrücklich bestanden hatte. Unabhängig hiervon hätte eine Unwirksamkeit der Vereinbarung über die Höhe der Morgengabe lediglich zur Folge, dass diese nunmehr gemäß Art. 1087 des iran. ZGB unter Berücksichtigung der Herkunft, des Alters der Klägerin und anderer Umstände von einem Gericht zu bestimmen wäre.

Den Abschluss eines wirksamen Verzichtsvertrages hat der Beklagte nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Ob es sich bei der von ihm vorgelegten Urkunde vom 10. April 2001 um eine Fälschung handelt und ob ein solcher Verzicht nach iranischem Recht notariell beurkundet werden muss, kann dahinstehen, denn der Beklagte ist zu keiner Zeit von der Wirksamkeit einer solchen Erklärung ausgegangen. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.12.2005 hat er ausdrücklich erklärt, die Klägerin habe den Text nur deshalb geschrieben, um ihm einen Gefallenen zu tun und die Streitereien über die Morgengabe zu beenden. Sie habe ihre Erklärung jedoch nicht ernst gemeint und sei zudem davon ausgegangen, dass der Verzicht ohnehin nicht wirksam sei, weil er nach persischem Recht nur notariell erfolgen könne.

5.

Der Klägerin steht gemäß Art. 1147 iran. ZGB die Hälfte der in dem Ehevertrag vom 15. 08. 1999 vereinbarten Morgengabe zu, denn die Ehe der Parteien ist in Form der mobarat-Scheidung geschieden worden, weil sowohl die Klägerin als auch der Beklagte die Scheidung der Ehe verlangt hatten, es an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien über das Lösegeld fehlt und der Senat nach den gesamten Umständen des Sach- und Streitstandes eine hälftige Teilung der vereinbarten Morgengabe für angemessen erachtet.

Der Anspruch auf die Morgengabe im Zusammenhang mit einer Scheidung hängt nach iranischem Recht von der Form der Auflösung der Ehe ab. Das iranische Scheidungsrecht trennt zwischen der Scheidung durch den Mann, die ohne Angabe von Gründen beantragt werden kann (Art. 1133 iran. ZGB), der Scheidung auf Antrag der Ehefrau, der ein Scheidungsgrund (Verschollensein des Ehemannes, Bedrängnis, Verletzung ehelicher Unterhaltspflichten, Art. 1029, 1129, 1130 iran. ZGB) zur Seite stehen muss, und der sogenannten einverständlichen Scheidung (Loskaufscheidung). Diese kann in Form der khol-Scheidung, bei der die Ehefrau das Scheidungsverfahren initiiert, Art. 1146 iran. ZGB, oder der mobarat-Scheidung, bei der beide Eheleute einvernehmlich die Scheidung betreiben, Art. 1147 iran. ZGB, vorkommen.

Während bei der Scheidung durch den Mann und der Scheidung auf Antrag der Ehefrau der Anspruch auf Zahlung der Brautgabe in voller Höhe bestehen bleibt, muss die Ehefrau bei der "Loskaufscheidung" eine Gegenleistung dafür erbringen, dass der Ehemann der Scheidung zustimmt. Ist die Ehe aus Sicht des iranischen Rechts in Form der mobarat-Scheidung geschieden worden, weil sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann die Scheidung verlangt haben, hängt es von der Vereinbarung, das heißt von dem Ehevertrag und damit von dem Ermessen der Ehegatten ab, ob und inwieweit die Ehefrau auf alle oder einige vermögensrechtliche Ansprüche, die sie in streitigen Verfahren gegen ihren Ehemann hätte geltend machen können, verzichten muss, Art. 1147 iran. ZGB (vgl. Yassari FamRBint 2005, 87, 89). Ist die Abneigung gegenseitig, so darf die Vergütung den Wert der Brautgabe nicht übersteigen.

Im hier vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass ihr aus der Sicht des iranischen Rechts ein gesetzlicher oder vertraglicher Scheidungsgrund zustand. Weder aufgrund ihres Vortrages noch nach Auswertung der vom Senat beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Köln 89 Js 1238/03 lässt sich mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Beklagte die Klägerin während der Ehe misshandelt hat. Der Senat hat daher unter Berücksichtigung der beiderseitigen Scheidungsanträge und in Ermangelung einer Begründung in dem Scheidungsurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 2. August 2005 davon auszugehen, dass hier die Regeln über die mobarat-Scheidung zur Anwendung gekommen sind.

Die von der Klägerin nach Art. 1147 iran. ZGB zu leistende Abfindung kann durch Übertragung eines Vermögensgegenstandes oder durch einen teilweisen Verzicht auf die Morgengabe erbracht werden. Mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung der Ehegatten ist nach hier nach den Grundsätzen der Billigkeit zu bestimmen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin keinen Anspruch mehr auf die Morgengabe hat. Das iranische ZGB belässt in mehreren Fällen gescheiteter, aber vollzogener Ehen (Art. 1092, 1097, 1101 ZGB) der Ehefrau einen hälftigen mahr-Anspruch. Bei der hier vorzunehmenden Billigkeitserwägung hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihren Kindern aus einem ihr fremden Kulturkreis zu dem seit längerer Zeit, zumindest seit 1993, in Deutschland lebenden Beklagten gezogen war, dass sie nunmehr hier berufstätig ist und ihren Lebensunterhalt sicherstellen kann, ferner, dass sie in der Bundesrepublik eine im Gegensatz zum Iran selbstständige und unabhängige Stellung als Frau hat und das Zusammenleben der Parteien nur gut drei Jahre (von 15. 08.1999 bis Oktober 2002) angedauert hat.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97, 708 Nr. 10 ZPO.

IV.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die international-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe des islamischen Rechts, wie dargelegt, hier im Ergebnis offen bleiben kann.

Streitwert der Berufung: 109.300,09 €

Ende der Entscheidung

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