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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 21 UF 43/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 623 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 626 Abs. 2
BGB § 1384
BGB § 1385
BGB § 1386
BGB § 1387
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Parteien werden gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergheim vom 28. Februar 2008 (61 F 315/99) gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

Gründe:

I.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergheim vom 28. Februar 2008 hat keine Aussicht auf Erfolg. Darüber hinaus greifen sämtliche Erfordernisse des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie Satz 2 ZPO nicht ein. Weder hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 200.000,00 € nebst Zinsen und Übertragung seines Hälfteanteils an dem Grundstück in Q an die Klägerin verurteilt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Amtsgericht für die Berechnung des Zugewinns zu Recht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Scheidungsantrags des Beklagten im Verfahren 61 AF 64/95, mithin auf den 11. Mai 1995, abgestellt. Dieser Stichtag ist bereits durch das Urteil des Senats vom 29.10.2001 (21 UF 17/01) bestätigt worden. Dort hat der Senat dargelegt, dass sich der Stichpunkt für den vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1384 BGB nach dem Tag der Zustellung des ursprünglichen Scheidungsantrags richtet, weil die ursprüngliche Folgesache Güterrecht aus dem ersten Scheidungsverfahren der Parteien abgetrennt und dieses ursprüngliche Verbundverfahren Zugewinn als selbstständiges Klageverfahren, nämlich als Klage auf Zahlung von vorzeitigem Zugewinn fortgeführt worden war. Dass auf den Tag der Zustellung des ersten Scheidungsantrages und nicht auf die Rechtshängigkeit des neuen Scheidungsantrag abzustellen ist, wenn dem Antragsgegner gemäß § 626 Abs. 2 ZPO vorbehalten wurde, die Folgesache Zugewinn als selbstständige Familiensache fortzuführen, entsprach und entspricht auch heute noch der herrschenden Meinung (KG FamRZ 2005, 806; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 466, OLG Bamberg FamRZ 1997, 92; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2007, § 1384 Rnr. 8, § 1387 Rnr. 4).

Hiervon abzuweichen besteht kein Anlass. Der Senat folgt auch heute nicht der Auffassung des OLG Bremen (FamRZ 1998, 1516), das den Stichtag des neuen Scheidungsantrags zugrunde legt, wenn der Ehegatte, zu dessen Nachteil es gereichen würde, dass der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages maßgebend wäre, keine Möglichkeit hat, die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens zu beseitigen, weil über seinen Scheidungsantrag bereits verhandelt worden ist und der Gegner der Rücknahme des Scheidungsantrags nicht zugestimmt hat. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29. Oktober 2001 dargelegt, dass der Sachverhalt, der dem Urteil des OLG Bremen zugrunde lag, nicht mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbar ist. Im hiesigen Verfahren war über den Scheidungsantrag des Ehemannes gerade nicht verhandelt worden und die Ehefrau hatte sich auch nicht geweigert, der Rücknahme des Antrages zuzustimmen. Der Ehemann hatte den Antrag vielmehr erfolgreich zurückgenommen. Anders als in dem Verfahren vor dem OLG Bremen hat es im vorliegenden Verfahren ein neues Scheidungsverfahren gegeben. In dem Fall des OLG Bremen war dagegen der erste Scheidungsantrag nicht wirksam zurückgenommen worden. Deshalb hatte das OLG Bremen die Zustellung des neuen Scheidungsantrags als Zeitpunkt der Wiederaufnahme des ersten Verfahrens (§§ 250, 251 ZPO) gewertet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht gemäß § 1384 BGB auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages im Jahre 2000 abzustellen, weil die Ehe der Parteien hier letztlich auf den im Jahr 2000 zugestellten neuen Scheidungsantrag der Ehefrau vom 29. September 1999 geschieden wurde. Denn das nach der Abtrennung aus dem Verbundverfahren als selbstständige Familiensache auf vorzeitigen Zugewinnausgleich fortgeführte Verfahren auf Zugewinnausgleich hat durch die inzwischen am 27. Dezember 2003 eingetretene Rechtskraft der Scheidung nicht seine Bedeutung verloren. Der Senat ist ebenso wie das Amtsgericht der Auffassung, dass die Möglichkeit, nach Rücknahme eines Scheidungsantrags gemäß § 626 Abs. 2 ZPO einer Partei vorzubehalten, eine Folgesache als selbständiges Verfahren fortzuführen, der Prozessökonomie dient und dieses Ziel nicht dadurch wieder zunichte gemacht werden soll, dass nach Stellung eines weiteren Scheidungsantrages der maßgebliche Berechnungsstichtag geändert wird (vgl. hierzu Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 626 Rn. 8; OLG Stuttgart FamRZ, 714 m. w. N.). Auch das Kammergericht Berlin (FamRZ 2005, 805) und das OLG Bamberg (FamRZ 1997, 91) sind der Auffassung, dass der Stichtag des § 1384 BGB hinsichtlich der Rechtshängigkeit des ersten Scheidungsantrags für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs bestehen bleibt, wenn zwischen den Ehegatten bereits ein Scheidungsverbundverfahren anhängig war und sich eine Partei bei der Rücknahme des Scheidungsantrages vorbehalten hatte, die Folgesache Zugewinnausgleich aus selbständige Familiensache fortzuführen.

Das vorliegende Klageverfahren ist entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Parteien am 27. Dezember 2003 nicht unzulässig geworden. Diese Rechtsfolge lässt sich weder aus dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 4. Februar 2002 (FamRZ 2002, 1572) noch aus den Kommentierungen zu §§ 1384 bis 1387 BGB entnehmen. In seinem Urteil hat das OLG Düsseldorf zwar entschieden, dass sich das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich nach der Rechtskraft der Ehescheidung in der Hauptsache erledigt hatte und für die entsprechende Gestaltungswirkung des Urteils auf vorzeitigen Zugewinnausgleich kein Raum mehr war. Es hat auch ausgeführt, dass das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich, das aus dem Verbund abgetrennt worden war, nicht durch eine Wiederaufnahme in den Verbund erneut als Folgesache fortgeführt werden konnte, weil dem nach Rechtskraft der Scheidung § 623 Abs. 4 S. 1 ZPO entgegenstand. Das OLG Düsseldorf hat jedoch ausdrücklich keine Entscheidung dazu getroffen, ob nicht der dortigen Antragstellerin das Recht zustand, den Klageantrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich wieder dahingehend umzustellen, dass auf "regulären" Zugewinnausgleich geklagt wird. Die von dem Beklagten zitierten Kommentare gehen zwar davon aus, dass sich ein Verfahren über den vorzeitigen Zugewinn mit Rechtskraft der Scheidung in der Hauptsache erledigt. Dass damit der Prozess als solcher unzulässig wird, ergibt sich aber aus den Kommentierungen gerade nicht. Finke vertritt vielmehr die Auffassung, dass über die Ausgleichsforderung der Rechtsstreit ggf. fortzuführen oder ein neuer Rechtsstreit anzustrengen ist (RGRK-Finke, 1984, § 1384 Rn. 9), wobei für die Berechnung des Zugewinns in diesem Fall der Zeitpunkt der Erhebung der ersten Klage maßgebend ist, wenn diese zum Erfolg geführt hätte, falls sie sich nicht durch Auflösung der Ehe erledigt hätte.

Diese Konstellation liegt hier vor. Da sich das Verfahren auf vorzeitigen Zugewinnausgleich durch die Rechtskraft der Ehescheidung erledigt hat, sind die weiteren Klageanträge der Ehefrau dahingehend zu interpretieren, dass sie das Verfahren nunmehr als Verfahren auf endgültigen Zugewinnausgleich fortführen wollte. Dieser konkludenten Klageänderung hat das Amtsgericht auch durch das angefochtene Urteil zu Recht - wenn auch mit abweichender Begründung, nämlich rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens auf vorzeitigen Zugewinnausgleich und Feststellung des Stichtages am 29. Oktober 2001 (vgl. Seite 11 des Urteils) und Fortsetzung des Zugewinnausgleichsverfahrens durch Stellung von Zahlungsstufenanträgen (vgl. Seite 4 des Urteils) - zu Recht entsprochen. Denn die Klageänderung war angesichts des bei Rechtskraft des Scheidungsurteils schon fortgeschrittenen Zugewinnausgleichprozesses sachdienlich.

II.

Dem Berufungsführer wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen. Zwecks Kostenersparnis wird angeregt, die Berufung zurückzunehmen.

Streitwert für die Berufung: 200.000,00 Euro.

Ende der Entscheidung

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