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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.01.2003
Aktenzeichen: 22 U 128/02
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, VOB/A, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Abs. 5
VOB/B § 6 Nr. 6
VOB/B § 9
VOB/B § 14
BGB § 157
BGB § 242
VOB/A § 9 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1 n. F.
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4 n. F.
ZPO § 543 Abs. 2 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 128/02

Anlage zum Protokoll vom 14.01.2003

Verkündet am 14.01.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 03.12.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, die Richterin am Oberlandesgericht Eickmann-Pohl und die Richterin am Landgericht Dr. Jung-Walpert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 04.06.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - Az. 5 O 381/01 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs - auch über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen - wird die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerinnen fordern restlichen Werklohn für Mehrleistungen bei der Ausführung von Bauarbeiten zur Erneuerung des Straßenbelags auf einer Brücke der Bundesstraße xxx in F. Durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, wurde die Klage abgewiesen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren bezüglich der Nachtragspositionen N 5.4 bis N 5.7 ihrer Schlussrechnung, der geltend gemachten Gutachterkosten sowie bezüglich der beklagtenseits von der Schlussrechnung abgezogenen einprozentigen Mehrwersteuerdifferenz weiter. Sie rügen, das Landgericht habe die nach dem Werkvertrag zwischen den Parteien vorausgesetzte Beschaffenheit des zu erneuernden Straßenbelages fehlerhaft bestimmt bzw. nicht ausreichend berücksichtigt, mit der Folge, dass es eine andere, die Preisgrundlagen verändernde Anordnung im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B nicht habe feststellen können. Eine Abweichung von dem bei Vertragsschluss vorausgesetzten sogenannten Beschaffenheitssoll des auftraggeberseits zur Verfügung gestellten und zu bearbeitenden "Stoffes" beeinflusse indes ebenso wie eine etwaige Änderung der Vorgaben des Leistungsverzeichnisses den qualitativen Leistungsinhalt und damit gegebenenfalls das vertragliche Preisgefüge.

Eine solche Abweichung habe vornehmlich darin gelegen, dass die Unebenheitstoleranzen bezüglich des Betonuntergrunds der Brücke teilweise bis zu 400 % überschritten worden seien, wie dies die Beklagte auch anerkannt habe. Dabei habe es sich um ein ungewöhnliches Wagnis gehandelt, von dem mit Rücksicht auf § 9 VOB/A anzunehmen sei, dass es den Klägerinnen nicht habe aufgebürdet werden sollen. Denn die Klägerinnen hätten von einer regelrechten Erstellung des Brückenbauwerkes oder zumindest nicht von einer derart extremen Überschreitung der Toleranzen ausgehen können. Aus der Toleranzüberschreitung habe sich eine Erschwernis des Inhalts ergeben, dass der vertraglich kalkulierte Einsatz eines Baggers zur Entfernung des Belags nicht möglich gewesen sei. Durch die großen Unebenheiten sei das auf dem Betonuntergrund verlegte Glasfasergittergewebe von dem leicht flüssigen Mastix unterlaufen worden, so dass eine Verklebung des Mastix' mit dem Beton nicht nur punktweise im Bereich der Gewebeöffnungen, also bis zu etwa 50 %, sondern in weiten Bereichen auch vollflächig stattgefunden habe. Dadurch sei ein Losreißen und Abheben der steifen Gewebematte in größeren Teilen nicht mehr möglich gewesen. Allein daraus hätten bereits die geltend gemachten Erschwernisse resultiert.

Darüber hinaus hätten die Klägerinnen aber auch deswegen andere als nach den Ausschreibungsunterlagen anzunehmende Verhältnisse vorgefunden, weil die in der Baubeschreibung unter Nr. 3.2 aufgeführte "Trennschicht aus Glasfasergewebe" in einem Glasfasergittergewebe bestanden habe, während die Klägerinnen hätten davon ausgehen müssen, dass es sich dabei um ein Glasvlies handeln würde. Hierzu wiederholen und vertiefen sie im wesentlichen ihre erstinstanzliche Argumentation, der Wortlaut der Baubeschreibung lasse bereits auf eine Verwendung von Glasvlies schließen. Ohne die Einholung des zum Beweis angebotenen Sachverständigengutachtens habe das Landgericht jedenfalls nicht davon ausgehen dürfen, unter "Trennschicht" habe auch die Einlage eines Glasfasergittergewebes verstanden werden können, zumal die Beklagte diesbezüglich die Verwendung einer irreführenden Terminologie eingeräumt habe. Wenn in der Baubeschreibung des weiteren von einem Fräsen des Belags die Rede sei, so liege darin kein eindeutiger Hinweis auf die vorhanden gewesene Ausführungsweise mit einem Glasfasergittergewebe, da auch beim Glasvlies für die Entfernung der Deckschicht eine Großfräse eingesetzt werden könne. Die Klägerinnen hätten nicht zuletzt deswegen Anlass gehabt, von der Verwendung eines Glasvlieses auszugehen, weil dies zur Zeit der Errichtung des Brückenbauwerks Anfang der siebziger Jahre der Regelbauweise entsprochen habe. Außerdem habe hierfür die von der Beklagten vorgegebene Ausführungsfrist von 64 Tagen gesprochen, da die Entfernung eines Aufbaus mit Glasfasergittergewebe wesentlich zeitaufwendiger sei.

Damit habe auch keine Unklarheit vorgelegen, welche die Klägerinnen zu einer Nachfrage bei der Beklagten hätte veranlassen können. Unabhängig davon sei die Konsequenz aus der allenfalls fahrlässigen Unterlassung einer solchen Nachforschung entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht der Verlust des Anspruchs aus § 5 Nr. 2 VOB/B oder culpa in contrahendo; dies gelte nur für einen "frivolen" Bieter.

Schließlich rügen die Klägerinnen, dass ihnen wegen des durch die Unebenheiten bedingten Erschwernisses keine zeitabhängigen Kosten zuerkannt worden seien, obgleich nach den zutreffenden Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils der hierdurch erforderliche und von der Beklagten zusätzlich vergütete Einsatz einer Feinfräse auch zu einer Verzögerung des Bauablaufs geführt habe.

Hinsichtlich der zusätzlich geltend gemachten Mehrwertsteuer verweisen die Klägerinnen darauf, dass ausweislich Blatt 12 ihres Angebots bei der Bildung der Angebotssumme die Mehrwertsteuer "in jeweils gesetzlicher Höhe, z.Zt. 15 %" angesetzt worden sei. Die Beklagte habe darauf, und zwar unter Einbeziehung des Hauptangebots mit der Anpassungsklausel, den Zuschlag erteilt. Auch die Hilfserwägung des Landgerichts, die verspätete Fertigstellung habe nahezu ausschließlich im Verantwortungsbereich der Klägerinnen gelegen, treffe nicht zu, namentlich nicht für die Verzögerungen, die durch die Unebenheit der Betonoberfläche und die vertragswidrige Änderung der Verkehrsführung im zweiten Bauabschnitt bedingt gewesen seien.

Zu Unrecht habe das Landgericht schließlich die weiteren Konsequenzen der Erschwernisse unberücksichtigt lassen und die durch die Ermittlung des Mehraufwands entstandenen Gutachterkosten als nicht ersatzpflichtig erachtet. Eine derartige Folgerung könne nicht aus § 14 VOB/B hergeleitet werden, der lediglich die Zuständigkeit für die Rechnungslegung regele, nicht aber die Frage, welche Vertragspartei für die Kosten aufzukommen hat, wenn infolge eines Erschwernisses solche zusätzlich anfallen; dafür sei § 2 Nr. 5 VOB/B maßgebend.

Die Klägerinnen beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 634.552,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfacilität der Europäischen Zentralbank seit dem 10.10.2001 zu zahlen;

hilfsweise,

für den Fall eines Grundurteils des Senats die Sache bezüglich der Entscheidung zur Höhe an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Auffassung, das vertraglich geschuldete Leistungssoll werde durch eine von den Vorgaben des Vertrages abweichende Beschaffenheit des vom Auftraggeber gestellten "Stoffes" nicht berührt, erfülle jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 2 Nr. 5 VOB/B. Soweit die Unebenheiten im Betonuntergrund angesprochen seien, hätten die Klägerinnen mit solchen rechnen müssen, da die hierfür maßgeblichen Normen erst seit dem Jahr 1976 bestünden und vor diesem Zeitpunkt in den Merkblättern und technischen Regelwerken noch keine Anforderungen an die Ebenheit gestellt worden seien. Ohnehin habe die Beklagte alle durch die Unebenheiten entstandenen Mehrkosten beglichen; insbesondere seien Mehrkosten durch eine erhöhte Adhäsion des Mastix' auf dem Beton zu bestreiten.

Im übrigen fehle es an einer eindeutigen Bestimmung des Beschaffenheitssolls, namentlich in dem von den Klägerinnen angenommenen Sinne der Verwendung eines Glasvlieses. Der Begriff "Trennschicht" habe im vorliegenden Zusammenhang keinen festbestimmten Inhalt und sei insbesondere nicht durch technische Vorschriften definiert. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Verständnis dieses Ausdrucks habe es daher nicht bedurft, da er nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen gewesen sei. Im übrigen spreche nach den Ausschreibungsunterlagen mehr für die Verwendung eines Glasfasergittergewebes als eines Glasvlieses. Das gelte einerseits für die in der Baubeschreibung erwähnte Blasenbildung als Grund für die Erneuerung des Fahrbahnbelages, welche nach den eigenen Ausführungen der Klägerinnen ihre Ursache gerade in einer festen Verbindung zwischen Betonuntergrund und Mastix haben könne. Zum anderen sei in Nr. 3.2 der Baubeschreibung ausdrücklich und allein eine Entfernung des Belags durch Fräsen vorgesehen. Auch der Hinweis auf die Sonderbauweise führe nicht weiter, da diese Bezeichnung nichts über die Häufigkeit der Verwendung im maßgeblichen Zeitraum aussage. Ebensowenig besage die vorgesehene Bauzeit etwas über die Beschaffenheit des Straßenbelags, zumal es nennenswerte Verzögerungen durch die Feinfräs- und Wasserstrahlarbeiten nicht gegeben habe. Die Verspätung sei vielmehr maßgeblich durch die untauglichen Versuche der Klägerinnen verursacht worden, unter Einsatz verschiedener Bagger den Belag aufzunehmen. Die Klägerinnen hätten daher nicht ohne Nachfrage von dem Einbau eines Glasvlieses ausgehen dürfen.

Die Beklagte vertritt weiter die Auffassung, der von den Klägerinnen für die Geltendmachung der erhöhten Mehrwertsteuer in Bezug genommenen Teil ihres Angebots sei nicht Vertragsinhalt geworden, da sich dieser Zusatz weder im Angebotsschreiben der Klägerinnen selbst noch im Leistungsverzeichnis befinde.

Wegen des weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der Klägerinnen führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zum Erlass eines Grundurteils sowie im übrigen zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Gericht des ersten Rechtszugs.

I.

Die Klage ist dem Grunde nach aus § 2 Abs. 5 VOB/B gerechtfertigt.

1.

Zutreffend hat das Landgericht den Klägerinnen den auf dieser Grundlage geltend gemachten Anspruch allerdings versagt, soweit sie ihn auf eine die Preisgrundlagen berührende Erschwernis stützen, welche darin gelegen habe, dass nach der Baubeschreibung von einem Aufbau des Brückenbelags unter Verwendung eines Glasvlieses habe ausgegangen werden können und statt dessen ein Glasfasergittergewebe mit der Folge eines Verklebens des Mastix' mit dem Betonuntergrund vorgefunden worden sei.

a) Zwar kann entgegen der Auffassung der Beklagten auch eine bloße Abweichung der vorgefundenen Verhältnisse von dem durch die Ausschreibungsunterlagen vermittelten sogenannten Beschaffenheitssoll anspruchsbegründend sein, wenn zumindest eine konkludente Anordnung der Beklagten im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B festzustellen wäre. Eine solche stillschweigende Weisung wird auch schon darin erblickt, dass der Auftraggeber in Kenntnis einer unvorhergesehen schwierigeren, durch die bisherigen Vergütungsvereinbarungen nicht erfassten Ausführungsbedingung den Auftragnehmer zur Fortsetzung seiner Tätigkeit anhält (Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, B § 2 Rn. 230, 236, 240; Kapellmann/Schiffers, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Bd. 1, 4. Aufl., Rn. 246, 249, 721; ferner Vygen, BauR 1983, 414, 417 f.), wie dies vorliegend unstreitig geschehen ist.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Abweichung der vorgefundenen von den klägerseits erwarteten Ausführungsbedingungen eine Erweiterung der vertraglichen Leistungspflicht zur Folge hatte, anderenfalls selbst eine ausdrückliche Anordnung lediglich den bloßen Hinweis auf bestehende Vertragspflichten bedeutete. Insofern ist entscheidend, ob die in Rede stehende Erschwernis vom vertraglichen Leistungsumfang noch mitumfasst ist. Dies kann anzunehmen sein, wenn die dem Vertrag zugrundeliegenden Ausschreibungsunterlagen keine konkreten Festlegungen bezüglich der Umstände und Ausführungsweisen für den vorgesehenen und zugesagten Erfolg enthalten (vgl. zum ganzen BGH BauR 1992, 759 f.; Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, B § 2 Rn. 235, 237; Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 242, 742, 775; Vygen, BauR 1983, 414, 416 f.).

b) Ein solcher Fall unzureichender Bestimmtheit ist vorliegend gegeben, soweit von den Klägerinnen eine Erschwernis aus dem Aufbau des Straßenbelages unter Verwendung eines Glasfasergittergewebes hergeleitet wird. Denn den zur Vertragsgrundlage gewordenen Ausschreibungsunterlagen kann nicht mit der notwendigen Sicherheit entnommen werden, dass allein der von den Klägerinnen angeblich ihrer Kalkulation zugrundegelegte Aufbau unter Verwendung eines Glasvlieses zu den vertraglich vorausgesetzten Ausführungsbedingungen gehörte.

Maßgebliches Gewicht für die gemäß §§ 157, 242 BGB gebotene Vertragsauslegung hat der Wortlaut der in den Angebotsunterlagen enthaltenen Erklärungen, welche aus dem Empfängerhorizont aller potentiellen Bieter zu beurteilen ist. Nicht ausgesprochene Einschränkungen des Vertragstextes - hier die Konkretisierung auf das Vorliegen eines Glasvlieses - werden danach nur dann zum Inhalt des Vertrages, wenn sie jeder der gedachten Empfänger im Zweifel so verstehen musste, anderenfalls es bei der umfassenderen Regelung - hier der wahlweisen Einbeziehung der in Rede stehenden Varianten - verbleiben muss (vgl. zum Ganzen Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 175 f., 183, 189 f.; ferner Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, B § 2 Rn. 230).

(1) Die in der Baubeschreibung unter Nr. 3.2 verwendete Formulierung "Trennschicht aus Glasfasergewebe" mag entgegen der Auffassung des Landgerichts einen Hinweis auf das Vorhandensein eines den Mastix vom Betonuntergrund vollständig trennenden Gewebes darstellen. Denn für die Ermittlung des Sinngehalts des entscheidenden Begriffs "Trennschicht" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend, da es sich bei diesem Wort unstreitig um keinen terminus technicus handelt. Insofern bedurfte es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens, um seine Bedeutung zu erkunden. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter "Trennschicht" aber eher etwas vollflächig und undurchlässig Trennendes verstanden, selbst wenn "Trennen" als Wortbestandteil nicht zwingend dahin zu deuten ist; in Verbindung mit dem weiteren Bestandteil "Schicht" liegt jedoch die vorgenannte Deutung näher, da anderenfalls eher von einer Einlage die Rede wäre. Dementsprechend hat die Beklagte selbst erstinstanzlich noch eingeräumt, mit "Trennschicht" einen irreführenden Begriff verwendet zu haben (Bl. 65 d.A.).

Selbst wenn damit manches für eine Einschränkung des angeblichen Oberbegriffs "Glasfasergewebe" dahingehend spricht, dass "Glasvlies" gemeint war, so ist andererseits festzustellen, dass die eindeutige Bezeichnung "Glasvlies" nicht verwendet wurde. Angesichts dessen konnte die von den Klägerinnen angeblich vorgenommene Auslegung schon nicht als zwingend und verlässlich erachtet werden, auch unter Berücksichtigung der weiteren, von ihnen hierzu angeführten Gesichtspunkte.

(2) Das gilt namentlich für die Verwendung des Begriffs "aufbrechen" in der die Entfernung des Belages behandelnden Position 0.1.008 des Leistungsverzeichnisses. Hierzu hatten die Klägerinnen in der Klageschrift noch die Auffassung vertreten, dass diese Beschreibung auf die vorgesehene Beseitigung des Belags mittels eines Baggers hindeute, die gerade beim Vorliegen eines Glasvlieses in Betracht komme, während beim Gebrauch von Asphaltmastix mit einem hohen Bindemittelanteil, wie dies bei einem Glasfasergittergewebe geschehe, auf diese Weise nicht vorgegangen werden könne (vgl. Bl. 5, 9 f., 12, auch noch Bl. 81 d.A.). Soweit in der Baubeschreibung von Fräsen des Belags die Rede sei, habe es sich erkennbar um einen Irrtum gehandelt, da diese Verfahrensweise wegen der damit verbundenen Beschädigungsgefahr auf Brücken überhaupt nicht in Betracht komme (Bl. 12 d.A.). Diese Argumentation war schon deswegen nicht nachvollziehbar, weil offen blieb, wie der Brückenbelag denn bei Vorliegen eines Glasfasergittergewebe entfernt werden sollte, wenn weder der Einsatz eines Baggers noch derjenige einer Fräse angebracht war. Zudem war trotz vorhandenen Glasfasergittergewebes der Belag letztlich sowohl mittels Baggers aufgebrochen bzw. abgeschält als auch gefräst worden.

Dementsprechend haben die Klägerinnen ihren Vortrag im weiteren Verlauf des Rechtsstreits auch dahin variiert, dass üblicherweise zunächst die Deckschicht des Belags abgefräst und anschließend das Isolierpaket mit dem Bagger aufgebrochen werde (Bl. 91 f. d.A.), und zwar selbst dann, wenn ein Glasfasergittergewebe eingebaut worden ist, wie sie nunmehr in der Berufungsinstanz klargestellt haben. Denn bei gewöhnlicher und nicht durch Unterlaufen des Gittergewebes erhöhter Adhäsion des Mastrix' auf dem Betonuntergrund sei ein Bagger gleichermaßen einsatzfähig wie bei einem Aufbau mit Glasvlies (Bl. 211 f., 216 f., 249 d.A.). Dann aber lässt sich aus dem Begriff "aufbrechen" für das Vorhandensein eines Glasvlieses nichts herleiten.

Vielmehr spricht der Umstand, dass in der Baubeschreibung allein von einem Abfräsen des Belags und nicht von dem Einsatz eines Baggers bzw. von einem Abschälen die Rede ist, eher für das Vorhandensein eines Glasfasergittergewebes. Denn die Klägerinnen haben insbesondere erstinstanzlich keinen Zweifel daran gelassen, dass ein Fräsen der Oberfläche des Belages zwar auch bei einem Aufbau mit einem Glasvlies in Betracht kommt, aber eher nachrangig, weil sich bei dieser Sachlage kostengünstiger auch der Gesamtbelag mit dem Bagger aufbrechen und abtragen lässt (Bl. 91 f. d.A.).

(3) Angesichts der bezüglich des Straßenbelags sehr allgemein gehaltenen Baubeschreibung konnten die Klägerinnen für ihre Annahme, dass ein Glasvlies vorliege, auch nicht auf das Fehlen von Angaben abstellen, welche auf das Vorliegen eines Glasfasergittergewebes hingedeutet hätten, wie etwa solche zum erhöhten Bitumenanteil des Mastix' oder zu eingebrachtem Edelsplitt. Die Baubeschreibung war in der Wiedergabe des vorhandenen Belagaufbaus erkennbar wenig differenziert und barg damit Unsicherheiten. Im übrigen enthielt sie unter Nr. 1.a) einen anderweitigen Hinweis auf die Konsistenz des Belags, da dort als Grund für die Baumaßnahme unter anderem Blasenbildung angegeben wurde, die nach eigenem Vorbringen der Klägerinnen für ein Verkleben des Mastix' mit dem Untergrund charakteristisch ist, wenngleich sie auch beim Vorliegen eines Glasvlieses auftreten kann.

(4) Die Klägerinnen vermögen auch nichts entscheidendes daraus herzuleiten, dass der vorgefundene Aufbau des Brückenbelags zum Zeitpunkt seiner Erstellung eine Sonderbauweise darstellte, während das von ihnen erwartete Glasvlies der Regelbauweise entsprochen hätte. Zumindest die Klägerin zu 1), welche diese Sonderbauweise seinerzeit entwickelt und propagiert hatte, musste sich bewusst gewesen sein, dass aufgrund der schon damals im Vordringen begriffenen neuen Bauweise nicht zwingend von der Verwendung der Regelbauweise ausgegangen werden konnte, zumal sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den Bauweisen infolge dieser Entwicklung nach 1978 umkehrte. Sie hatte damit zu rechnen, dass auch das vorliegende Brückenbauwerk schon mit einem Straßenbelag nach der neuen Variante versehen worden war, konnte es jedenfalls nicht ausschließen.

Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn nicht auf die besonderen Kenntnisse der Klägerinnen abgestellt wird, weil es für die Auslegung der Ausschreibungsunterlagen darauf ankommt, wie der damit angesprochene Durchschnittsbieter sie verstehen konnte (vgl. Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 183). Denn die in Betracht kommenden Bauweisen und deren Entwicklung mussten in Grundzügen allen Bietern bekannt gewesen sein. Insofern ist es auch irrelevant, ob die Klägerin zu 2) den Brückenbelag seinerzeit selbst erstellt hatte, wie dies die Beklagte behauptet, die Klägerinnen aber bestreiten.

(5) Ihre weitere Argumentation, dass aus der vereinbarten Bauzeit auf die Verwendung von Glasvlies habe geschlossen werden können, haben die Klägerinnen mit ihrem oben unter (2) dargestellten veränderten Vortrag, dass auch ein Gittergewebe mit gewöhnlicher Adhäsion schollenartig vom Bagger aufgenommen werden könne (Bl. 249 d.A.), letztlich selbst entkräftet. Für das Verständnis der Baubeschreibung unter Berücksichtigung der vorgesehenen Bauzeit ist nur auf die von vornherein absehbaren Folgen der Verwendung eines Glasvlieses einerseits und eines Glasfasergittergewebes andererseits abzustellen. Wird auf dieser Grundlage ein Vergleich der üblichen Bauzeiten durchgeführt, so ergeben sich schon gravierende Zweifel daran, dass überhaupt ein nennenswerter Unterschied besteht. Wenn unter normalen Umständen, also bei gewöhnlicher Anhaftung des Mastix' auf dem Betonuntergrund auch der mit einem Gasfasergittergewebe versehene Belag nach vorherigem Abfräsen der Oberschicht gleichermaßen mit einem Bagger entfernt werden kann, wie die Klägerinnen dies zuletzt vortragen (Bl. 248 f. d.A.), so ist nicht ersichtlich, inwiefern dieser Arbeitsaufwand erheblich von demjenigen abweichen soll, der bei einem Glasvlies unter Einhaltung der vertraglich vorgesehenen Ausführung des zumindest teilweisen Abfräsens entstanden wäre. Einen Schluss aus der Bauzeit auf das Vorhandensein eines Aufbaus mit Glasvlies lässt dies jedenfalls nicht zu.

(6) Mit Rücksicht darauf, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen zwischen den beiden Aufbauvarianten kein gravierender Unterschied im Arbeitsaufwand besteht, vermögen die Klägerinnen für ihre Auffassung letztlich auch nichts daraus herzuleiten, dass es der Beklagten gemäß § 9 Nr. 2 VOB/A versagt war, durch die Abfassung der Angebotsunterlagen den Bietern ungewöhnliche (nicht "unnötige") Risiken aufzuerlegen und deswegen keine Auslegung dahingehend geboten ist, die solche Wagnisse zu Folge hat (vgl. Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 192 f., 753). Allein das Vorhandensein eines Fahrbahnbelags mit Glasfasergittergewebe bedeutete nach den vorstehenden Ausführungen noch kein derartiges Wagnis; erst das Hinzutreten ungewöhnlicher Unebenheiten mag ein solches begründet haben. Diese waren jedoch bei der Frage, von welchem Aufbau bei Auslegung der Baubeschreibung zunächst auszugehen war, außer Acht zu lassen.

c) Insofern konnten den Ausschreibungsunterlagen keine eindeutigen Hinweise darauf entnommen werden, dass von einem Aufbau des Straßenbelags unter Verwendung von Glasvlies auszugehen war. Bei dieser Sachlage scheidet nach den eingangs ausgeführten Grundsätzen ein Anspruch gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B wegen einer in dem vorgefundenen Glasfasergittergewebe liegenden Abweichung der Bauumstände vom vertraglichen Beschaffenheitssoll bereits aus.

Die Klägerinnen hätten vor Angebotsabgabe bei der Beklagten nachfragen müssen, wenn es einen wesentlichen Gesichtspunkt für ihre Kalkulation darstellte, ob ein Glasvlies oder ein Glasfasergittergewebe vorlag (vgl. auch Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, B § 2 Rn. 235). Dies gilt schon deswegen, weil etwaige Probleme in Form von Auseinandersetzungen über den Leistungsinhalt für den Fall, dass es auf das Vorhandensein eines Glasvlieses ankam, absehbar waren (vgl. Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 183). Einen die Mangelhaftigkeit der Ausschreibungsunterlagen erkennenden Bieter trifft eine Aufklärungspflicht selbst dann, wenn manches für die von ihm favorisierte Auslegung spricht (Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 185, 188, 251, 253). Erst recht ist dies anzunehmen, wenn der Bieter als Fachunternehmen über einen Wissensvorsprung gegenüber dem Ausschreibenden verfügt (vgl. dazu Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 211, 220).

Die Klägerinnen haben sich statt dessen über deutliche Hinweise darauf, dass möglicherweise von einem Aufbau des Straßenbelags mit Glasfasergittergewebes auszugehen wäre, hinweggesetzt und entgegen der Angabe, dass der Belag abzufräsen sei, den ausschließlichen Einsatz eines Baggers und die dadurch bedingte Einsparung von Kippgebühren einkalkuliert. Damit haben sie nicht nur fahrlässig den Inhalt der Angebotsunterlagen verkannt, sondern diesen teilweise ignoriert, so dass die von ihnen angesprochene Frage, welche Rechtsfolgen bei bloßer Fahrlässigkeit eingreifen, dahinstehen kann (vgl. dazu Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 255 ff.).

Aus dem gleichen Grunde entfällt auch ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerinnen aus culpa in contrahendo wegen unzureichend bestimmter Beschreibung des in den Straßenbelag eingebauten Glasfasergewebes (vgl. dazu auch Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 244, 757).

2.

Der von den Klägerinnen geltend gemachte Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B ist jedoch aus dem weiteren, von ihnen bereits erstinstanzlich (Bl. 3, 14 f. d.A.) und vor allem auch in der vorprozessualen Korrespondenz (Bl. 34 ff. AH) angeführten Gesichtspunkt heraus erfüllt, dass eine Erschwernis durch den ungewöhnlich unebenen Betonuntergrund vorgelegen habe. Dadurch soll sich die Adhäsion des Mastix' auf dem Beton gravierend erhöht haben, mit der Folge, dass sich dieser nur schwer habe vom Untergrund lösen lassen.

a) Dass den Klägerinnen deswegen ein Anspruch auf Vergütung ihrer dadurch bedingten Mehrkosten zusteht, hat die Beklagte bereits vorprozessual durch den entsprechenden Ausgleich der ihrer Ansicht nach angefallenen Mehrkosten dem Grunde nach anerkannt. Ebenso hat sie erstinstanzlich keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diese Erschwernis uneingeschränkt akzeptiere, so etwa im Schriftsatz vom 12.12.2001 S. 7 und 9 (Bl. 56 und 58 d.A.). Insbesondere war bis zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz auch unstreitig, dass eine Überschreitung der Unebenheitstoleranzen um bis zu 400 % für die Klägerinnen nicht vorhersehbar war (Bl. 56 d.A.).

Die Beklagte beruft sich zwar nunmehr im nachgelassenen Schriftsatz vom 30.12.2002 darauf, die Klägerinnen hätten mit derartigen Unebenheiten rechnen müssen, da die hierfür maßgeblichen Normen erst seit dem Jahr 1976 bestünden und vor diesem Zeitpunkt in den Merkblättern und technischen Regelwerken noch keine Anforderungen an die Ebenheit gestellt worden seien. Es erscheint jedoch bereits zweifelhaft und bedürfte näherer Begründung, dass die vorgefundene Ausführung mit unstreitig derart gravierenden Unebenheiten im Zeitpunkt der Errichtung der Brücke noch dem Stand der Technik entsprochen haben soll, selbst wenn noch keine Regelwerke zu Unebenheitstoleranzen existierten. Jedenfalls ist der entsprechende Vortrag der Beklagten unbeachtlich, weil er im Widerspruch zu ihrem früheren Vorbringen und Verhalten steht und zudem verspätet ist. Selbst wenn noch eine Zulassung des Vortrags gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. in Betracht käme, weil das Landgericht diesen Aspekt des Klägervorbringens für unerheblich gehalten hat, so hätte die Beklagte ihn spätestens in der Berufungserwiderung präsentieren müssen. Denn jedenfalls in der Berufungsbegründung haben die Klägerinnen so eingehend zu der von ihnen geltend gemachten Erschwernis der Betonunebenheiten vorgetragen, dass die Beklagte darauf sofort hätte reagieren können und müssen. Daher ist ihr neues Vorbringen auch nicht mehr durch den Schriftsatznachlass gedeckt; eine Veranlassung, die mündliche Verhandlung im Hinblick darauf wiederzueröffnen, besteht aufgrund der weiteren, oben ausgeführten Bedenken nicht.

Somit ist davon auszugehen, dass wegen der gravierenden Unebenheiten eine von den Parteien nicht vorhersehbare und auch nicht vorhergesehene Abweichung vom Beschaffenheitssoll vorliegt, die nicht in den Risikobereich der Klägerinnen fällt und die aufgrund der zumindest stillschweigenden Anordnung der Beklagten einen Anspruch der Klägerinnen aus § 2 Nr. 5 VOB/B begründet (vgl. dazu auch Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 742). Entsprechend den nachfolgend unter II. auszuführenden Überlegungen besteht dieser auch in einer über die Zahlungen der Beklagten hinausgehenden Höhe, da weitere Mehrkosten durch die Unebenheiten entstanden sind, so dass die Klage insoweit dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

3.

Über den Mehraufwand durch die Unebenheiten hinaus besteht ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B dem Grunde nach auch aus dem klägerseits angeführten Umstand, dass zusätzlicher Zeitverlust durch die vertragswidrige Verweigerung der Genehmigung zur Vollsperrung der Fahrbahn in Richtung S eingetreten ist. Unstreitig hatten die Parteien sich gegen einen Preisnachlass von 3 % abweichend vom ursprünglichen Vertrag auf eine jeweils vollständige Sperrung einer Richtungsfahrbahn geeinigt. Zwar sieht der hierzu von der Beklagten vorgelegte Nachtrag Nr. 1 (Bl. 4 ff. AH) diese Regelung nur für den ersten Bauabschnitt vor (Bl. 7 AH), jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang dieser Vereinbarung mit der ursprünglichen Regelung, nach der auch im zweiten Bauabschnitt zwei Fahrspuren gleichzeitig und nicht hintereinander bearbeitet werden sollten, dass nach der Änderung der Regelung für den ersten Bauabschnitt auch die Vollsperrung der Fahrbahn in Richtung S vorgesehen war. Welche Gründe letztlich für die Verweigerung der Genehmigung maßgebend waren, und dass die Beklagte hierauf keinen Einfluss gehabt habe, wird von ihr nicht näher dargetan. Sollten verkehrspolizeiliche Gründe eine Rolle gespielt haben, so läge dies allein im Risikobereich der Beklagten. Im übrigen hätte sie auch etwaige verkehrspolizeiliche Bedenken abklären können und müssen, bevor sie die Änderung der Verkehrsführung mit den Klägerinnen vereinbarte.

In der erneuten Änderung der Verkehrsführung, durch welche die Klägerinnen im zweiten Bauabschnitt gezwungen waren, die restlichen zwei Fahrspuren hintereinander zu bearbeiten, liegt daher eine der Auftraggeberseite zuzurechnende Änderung der vertraglich vereinbarten baubetrieblichen Produktionsbedingungen, die einen Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B begründet (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, B § 2 Rn. 240); es handelt sich nicht nur um eine Behinderung im Sinne von § 6 Nr. 6 VOB/B. Da die Klägerinnen erkennbar auch einen Mehraufwand durch die erneut geänderte Verkehrsführung mit der Begründung geltend machen, dass die beiden Fahrspuren der Fahrbahn in Richtung S mit Zeitverlust nacheinander bearbeitet werden mussten, ist auch insoweit die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.

II.

Hinsichtlich der Höhe der Klageforderung ist der Rechtsstreit jedoch noch nicht entscheidungsreif. Alle noch im Streit stehenden Positionen der klägerischen Schlussrechnung können ganz oder zumindest teilweise durch die Erschwernisse infolge der Unebenheiten im Betonuntergrund sowie infolge der Veränderung in der Verkehrsführung veranlasst worden sein.

1.

Das gilt in erster Linie für die unter den Positionen N 5.4 bis N 5.7 geltend gemachten Mehrkosten im Bereich der Baustelleneinrichtung, der Gemeinkosten, der allgemeinen Geschäftskosten und des Produktionsverlusts.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten, welcher das Landgericht gefolgt ist, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der auf die Unebenheiten im Beton zurückgehende Anspruch durch die Begleichung der Positionen N 5.2 (Feinfräsen) und N 5.3 (Wasserstrahlen) sowie durch die Bezahlung zusätzlicher Betonreparaturarbeiten und weiterer DM 6.404,40 in vollem Umfang abgegolten ist. Die Klägerinnen hatten bereits erstinstanzlich (insbesondere Bl. 3 und 14 f. d.A.) unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Verklebung des Mastix' mit dem Betonuntergrund bei einem Glasfasergittergewebe üblicherweise nur im Bereich der Gewebeöffnungen in einem Umfang von etwa 50% stattfinde und aufgrund dessen auch noch relativ leicht wieder zu lösen sei. Infolge der starken Unebenheiten sei das Gittergewebe jedoch großflächig von Mastix unterlaufen worden, wodurch sich der Belag insgesamt nur schwer vom Untergrund habe lösen lassen. Dem ist zu entnehmen, dass nicht nur die Feinfräse-, Wasserstrahl- und vermehrten Betonreparaturarbeiten durch die Unebenheiten verursacht wurden, sondern auch ein erhöhter Aufwand bei den gesamten übrigen Fräsarbeiten entstanden sein soll. Dieses Vorbringen hat das Landgericht ebenso übergangen wie den Hinweis der Klägerinnen, dass - was ohnehin naheliegt - entsprechend dem Mehraufwand bei den eigentlichen Bauleistungen auch erhöhte Baunebenkosten durch die Unebenheiten entstanden seien (vgl. etwa Bl. 93, 95 f. d.A.). Demzufolge war es nicht zulässig, die Positionen N 5.4 bis 5.7 in vollem Umfang abzuweisen; vielmehr hätte - ggfs. nach Hinweis und Einholung eines die vorliegenden Privatgutachten überprüfenden und ergänzenden Sachverständigengutachtens - derjenige Mehrkostenanteil zuerkannt werden müssen, welcher auf der erschwerten Aufnahme des Belags im Vergleich zu dem bei einem Aufbau mit Glasfasergittergewebe Üblichen beruht.

Die Beklagte hat zudem einen Mehraufwand durch erhöhte Adhäsion des Mastix' auf den Betonuntergrund bestritten und ausgeführt, die Verspätung sei vielmehr maßgeblich durch die untauglichen Versuche der Klägerinnen verursacht worden, unter Einsatz verschiedener Bagger den Belag aufzunehmen. Gegebenenfalls muss auch diesem Punkt in einem einzuholenden Sachverständigengutachten nachgegangen werden.

b) Der in den Nachtragspositionen N 5.4 bis N 5.7 geltend gemachte Mehraufwand kann zum Teil auch durch die Änderung der Verkehrsführung verursacht worden sein. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen den Vorteil durch die zunächst einvernehmliche Änderung der Verkehrsführung bereits mit 3 % des Auftragswerts kalkuliert hatten. Insofern kann der durch die erneute Änderung im zweiten Bauabschnitt eingetretene finanzielle Verlust allein im Umfang dieses Preisnachlasses bestehen, sofern damit nicht weitergehende Nachteile bzw. Mehrkosten verbunden waren, die im Falle einer Beibehaltung der Verkehrsführung für beide Bauabschnitte entsprechend der Ursprungsvereinbarung nicht entstanden wären. Dazu haben die Klägerinnen allerdings bislang nichts konkretes vorgetragen.

2.

Als weitere Folge der Erschwernisse durch die Bodenunebenheiten und die Änderung der Verkehrsführung kommt der größtenteils unter der Nachtragsposition N 5.9 geltend gemachte Gutachteraufwand in Betracht, soweit dieser durch die Dokumentation der Umstände und Folgen der Unebenheiten sowie der veränderten Verkehrsführung entstanden ist. Zu Recht rügen die Klägerinnen, dass die Ersatzpflicht bezüglich der Gutachterkosten nicht unter Berufung auf § 14 VOB/B abgelehnt werden kann, da diese Bestimmung lediglich die Zuständigkeit für die Rechnungslegung regelt, nicht aber die Frage, welche Vertragspartei für die Kosten aufzukommen hat, wenn infolge einer Erschwernis solche zusätzlich anfallen; Anspruchsgrundlage dafür ist ebenfalls § 2 Nr. 5 VOB/B (so auch Kapellmann/Schiffers, a.a.O., Rn. 1000, 1006, 1088, insbes. Rn. 1109; für Ansprüche gemäß § 6 Nr. 6 oder § 13 Nr. 7 VOB/B auch BGH BauR 1986, 347, 348; OLG Frankfurt, BauR 1991, 777).

Allerdings sind nicht nur hinsichtlich der Notwendigkeit und des Umfangs des von den Klägerinnen geltend gemachten Gutachteraufwands aufgrund ihres bisherigen Vorbringens Zweifel angebracht, sondern auch dahin, ob dieser Mehraufwand zusätzlich zu den Vertrags- und Nachtragspreisen zu vergüten ist. Jedenfalls sind Personal- und Sachkosten, welche für die Erstellung der Schlussrechnung in der ursprünglichen Kalkulation der Klägerinnen enthalten waren, von ihrer Forderung abzuziehen, sofern die Schlussrechnungserstellung vollständig von den externen Gutachtern übernommen wurde. Ferner dürfen in der Berechnung der Nachtragspositionen die entsprechenden Personal- und Sachkosten nicht enthalten sein. Inwiefern die Gutachterkosten durch die Erschwernisse in der Bauausführung entstanden und gerechtfertigt waren und nicht bereits in die Preise für die Nachtragspositionen einkalkuliert sind, bleibt durch das Landgericht festzustellen.

Hierzu bedarf es ergänzenden Vortrags der Klägerinnen ggfs. auch einer Darlegung der Kalkulation ihrer Angebotspreise und ihrer Preise für die Nachtragspositionen. Sodann wird - ggfs. nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu entscheiden sein, ob und in welcher Höhe nach § 2 Nr. 5 VOB/B eine gesonderte Mehrvergütung wegen der Gutachterkosten verlangt werden kann.

3.

Auch die von den Klägerinnen geltend gemachte Differenz zur auf 16 % erhöhten Mehrwertsteuer kann ihnen als Verzögerungsfolge aus § 2 Nr. 5 VOB/B zustehen.

a) Zwar ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine Vereinbarung der Parteien über die Anpassung des Mehrwertsteueraufschlags nicht zustande gekommen ist, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Vorbringens der Klägerinnen in der Berufungsbegründung. Denn die den Klägerinnen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Angebotsunterlagen enthielten keinen Zusatz, nach welchem die Mehrwertsteuer jeweils in gesetzlicher Höhe geschuldet sei (vgl. Anlage K2, S. 53 des Leistungsverzeichnisses). Daraus war für die Klägerinnen ersichtlich, dass ein mit unveränderlichem Mehrwertsteueraufschlag versehener Bruttobetrag angeboten werden sollte, wie dies die Klägerinnen dann in ihrem Angebotsschreiben (Anlage K2) auch berücksichtigt haben und wie es von der Beklagten akzeptiert wurde (Anlage K1). Danach ist der allein in der Kurzfassung des Leistungsverzeichnisses auf S. 12 (Anlage K2) enthaltene Hinweis auf "Mehrwertsteuer in jeweils gesetzlicher Höhe, z.Zt. 15%) nicht Vertragsinhalt geworden.

b) Allerdings ist es denkbar, dass die durch die Unebenheiten und die veränderte Verkehrsführung bedingte Verzögerung des Bauablaufs ein Ausmaß angenommen hat, welches dazu führte, dass die Erstellung der Schlussrechnung erst nach dem 01.04.1998 möglich war. Dies wäre im Rahmen der ohnehin erforderlichen Begutachtung der Verzögerungsfolgen mit festzustellen.

III.

Da nach allem der Klageanspruch dem Grunde nach besteht, aber die Entscheidung zur Höhe weiterer Aufklärung bedarf, ist der Erlass eines Grundurteils sachgerecht und der Rechtsstreit zur Höhe entsprechend dem Antrag der Klägerinnen gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO n.F. zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

IV.

Bei seiner abschließenden Entscheidung wird das Landgericht auch über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Berufungsverfahrens zu befinden haben.

Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n.F. liegt nicht vor. Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshof ab noch hat die Entscheidung über die Rechtsanwendung auf den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Wert der Beschwer: 634.552,57 €.

Ende der Entscheidung

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