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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.04.2005
Aktenzeichen: 22 U 172/04
Rechtsgebiete: Garnisonsvertrag


Vorschriften:

Garnisonsvertrag § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 172/04

Anlage zum Protokoll vom 19.04.2005

Verkündet am 19.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 08. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller und die Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Dr. Törl

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.08.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 82/00 - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 852.864,10 € nebst 4 % Zinsen seit dem 04.03.1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Das weitergehende Rechtsmittel der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden der Klägerin 19 % und der Beklagten 81 % auferlegt.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 18 % und die Beklagte 82 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Gegenseite vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs aus einem Garnisonsvertrag vom 25.7.1935 (AH S. 2 ff.) auf Zahlung einer Abfindung für eine Teilfläche eines seinerzeit dem Reichsfiskus überlassenen Grundstückskomplexes in Anspruch. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 1.050.617,78 € gerichtete Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (Grundurteil vom 9.1.2001, Bl. 101 ff.); die Berufung gegen dieses Urteil hat der Senat unter dem 13.1.2001 zurückgewiesen (Bl. 189 ff. d.A.). Die hiergegen eingelegte Revision hat der Bundesgerichtshof nicht angenommen (Band III d.A., dort Bl. 44). Auf die genannten Entscheidungen wird Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (mit zwei Ergänzungen) die Klage in Höhe von 1.034.862,40 Euro zugesprochen (Bl. 344 ff. d.A.); auf die tatsächlichen Feststellungen in diesem Urteil wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Sie macht geltend:

Das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensfehlern und sei auch in der Sache unrichtig.

Es sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck des § 13 des Garnisonsvertrages vereinbar, dass das Landgericht die Höhe der Abfindung so berechnet habe, als sei das in Rede stehende Grundstück frei von Bebauung, während es tatsächlich mit einem Gebäude bebaut sei, das seinerzeit als Offizierskasino gedient habe (Berufungsbegründung Seite 7 ff., Bl. 392 ff. d.A.). Eine solche fiktive Abrechnung entspreche nicht dem Vertrag. Sie hätte auch zur Folge, dass bei einer etwaigen Aufgabe der militärischen Nutzung weiterer Teile der damals dem Deutschen Reich überlassenen Gesamtfläche - im Streitfalle handele es sich nur um etwa 5 % des damals überlassenen Areals - nicht berücksichtigt werden könnte, dass diese wegen der dort vorhandenen unattraktiven Kasernenbebauung praktisch unverkäuflich seien (Seite 4, Bl. 389 d.A.). Die vom Landgericht errechnete Abfindung trage dem mit der Abfindungsregelung des Vertrages ersichtlich erstrebten angemessenen Interessenausgleich nicht hinreichend Rechnung (Seite 13 f., Bl. 398 f. d.A.). Das Landgericht sei zudem von einer fehlerhaft formulierten Beweisfrage ausgegangen (Seite 15, Bl. 400 d.A.) und habe weder den Sachverständigen - wie geboten - ergänzend angehört, noch auf eine Änderung seiner Rechtsauffassung hingewiesen (Seite 5, Bl. 390 d.A.).

Bei der Berechnung des Anspruchs werde ohne nachvollziehbaren Grund zwischen Vorder- und Hinterland unterschieden, wobei auch die Grenzziehung zwischen beiden Teilflächen zweifelhaft sei (Seite 16 ff., Bl. 401 ff. d.A.). Jedenfalls hätte ein Abzug wegen des vorhandenen Gebäudes und wegen erforderlicher Kosten für die interne Erschließung etc. vorgenommen werden müssen (Seite 20 f., S. 405 f. d.A.). Schließlich habe es das Landgericht zu Unrecht abgelehnt, Aufwendungen der Beklagten bzw. ihres Rechtsvorgängers in Anwendung des § 13 S. 2 des Vertrages anzurechnen (Seite 22 ff., Bl. 407 ff. d.A.).

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es beruhe weder auf Verfahrensfehlern noch auf sachlichen Fehlern. Nach dem Garnisonsvertrag sei die Klägerin so zu stellen, als sei das Grundstück bei Aufgabe der militärischen Nutzung erstmals unbebaut zum Verkehrswert veräußert worden (Bl. 438 ff. d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 13 des Garnisonsvertrages vom 25.07.1935 (Bl. 7 des Anlagenheftes) Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 852.864,10 € nebst Zinsen. Nach dieser Vertragsbestimmung steht der Klägerin im Falle der Aufgabe der militärischen Nutzung des seinerzeit dem Deutschen Reich überlassenen Geländes eine Abfindung zu, und zwar in Höhe des Bodenwertes des Geländes (zuzüglich - im Streitfall nicht geltend gemachter - Aufwendungen der Klägerin); der Wert aufstehender Gebäude hat für diese Berechnung außer Betracht zu bleiben. Aufwendungen des Deutschen Reiches bzw. der Beklagten sind anzurechnen. Die von der Beklagten insoweit geltend gemachten Posten sind aber nicht Aufwendungen im Sinne des Vertrages.

Danach ergibt sich der vorgenannte Abfindungsbetrag.

Im einzelnen:

A.

Der Anspruchsgrund ist rechtskräftig festgestellt. Zur Entscheidung steht ausschließlich die Höhe der von der Klägerin begehrten Abfindung.

B.

1.

Bewertungsstichtag für die Bemessung der Höhe dieses Abfindungsanspruches ist der Tag der Aufgabe der militärischen Nutzung des hier in Rede stehenden Geländes, also der 30.6.1994.

So hat es der Senat im ersten Berufungsverfahren bereits festgestellt (Bl. 196 R d.A.), ebenso schon das Landgericht in seinem Grundurteil (Bl. 119 oben d.A.). Ob diese Feststellung, wie das Landgericht jetzt meint (Bl. 355 d.A.), in Rechtskraft erwachsen ist, hält der Senat mit der Beklagten (Bl. 387 d.A.) für nicht zweifelsfrei, da es insoweit eher um eine Frage der Anspruchshöhe geht. Das mag aber dahinstehen, da letztlich auch die Beklagte jetzt davon ausgeht, es sei auf den 30.6.1994 als Stichtag abzustellen (Bl. 399 unten d.A.).

Im übrigen ist der Senat weiterhin der Auffassung, dass nach dem Wortlaut der Abfindungsregelung und der Interessenlage der damaligen Vertragsparteien für die Bemessung der Abfindung auf den Wert des Geländes im Zeitpunkt der Aufgabe der militärischen Nutzung, also auf den genannten Stichtag abzustellen ist. Auf das Senatsurteil vom 13.11.2001 (S. 11 f, Bl. 194 f. d. A.) wird Bezug genommen.

2.

Für die Ermittlung der der Klägerin zustehenden Abfindung entscheidend ist die zwischen den Parteien streitige Frage, ob fiktiv auf den Wert eines unbebauten Grundstücks abzustellen ist oder auf den Grundstückswert eines bebauten Grundstücks (vgl. Beklagte Bl. 388 f. und 392 ff.; Klägerin Bl. 449 f. d.A.).

Nach Auffassung des Senates ist letzteres richtig.

Nach § 13 S. 1 des Garnisonsvertrages (Anlagenheft S. 7) ist bei Aufgabe der militärischen Nutzung eine Abfindung "in Höhe des Wertes des Geländes und der dafür gemachten Aufwendungen zu gewähren". Um Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift geht es nicht. Mit dem Begriff "Wert des Geländes" ist nach übereinstimmender und zutreffender Auffassung beider Parteien der objektive Verkehrswert gemeint. Dieser ist - auch darin sind sich die Parteien im Grundsatz einig - nach den §§ 3 ff. der Wertverordnung (WertV) zu ermitteln. Nach diesen Vorschriften kommt es für die Wertermittlung unter anderem auf den Zustand des Grundstücks am Stichtage an. Zum Zustand des Grundstücks gehört auch, ob es bebaut ist oder nicht (vgl. § 5 Abs. 5 WertV).

Die Besonderheit des Streitfalles liegt darin, dass bei der Bemessung des Abfindungsanspruchs der Klägerin der Wert aufstehender Gebäude außer Betracht zu bleiben hat, weil Gegenstand der Abfindung ausschließlich der "Wert des Geländes" ist. Daraus folgt aber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass fiktiv so abgerechnet werden könnte oder gar müsste, als handele es sich um ein unbebautes Grundstück, das zum Stichtag erstmals zum Verkehrswert veräußert werde. Den Vertragsparteien war bei Abschluss des Vertrages im Jahre 1935 klar, dass auf dem überlassenen - damals im wesentlichen unbebauten - Areal eine Kaserne errichtet werden sollte. Dass diese Bebauung auf den Wert der überlassenen Grundstücke Auswirkung haben werde, konnte ihnen ebenfalls nicht verborgen bleiben. Deshalb ist § 13 des Garnisonsvertrages dahin auszulegen, dass für die Höhe der Abfindung maßgeblich ist der Wert des Grund und Bodens in dem Zustande, in dem er sich am Stichtag befunden hat.

Eine andere Auslegung würde, wie die Beklagte - insoweit - mit Recht geltend macht, zu unhaltbaren Ergebnissen führen. Dies gilt auch für den Teilbereich, um den es in dem Streitfall geht. Dieses Grundstück ist mit einem Gebäude bebaut, das seinerzeit als Offizierskasino errichtet worden ist. Aus dem vom Sachverständigen L als Anlage zu seinem Gutachten vom 24. April 2003 vorgelegten Fotos wird ersichtlich, dass dieses Gebäude im Mitteltrakt eine Fensterflucht aufweist, die sich über zwei Stockwerke erstreckt. Dort ist also ersichtlich ein Saalbereich vorhanden, der sich über die gesamte Breite des Mitteltraktes erstreckt und eine Höhe von zwei Geschossen aufweist. Da das Gebäude unter Denkmalschutz steht, lässt sich dieser bauliche Zustand auch nicht - etwa durch Einziehen einer Zwischendecke - verändern. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, dass für ein so bebautes Grundstück der Kreis von möglichen Kaufinteressenten geringer ist, als dies bei einem unbebauten Gelände der Fall wäre.

Im übrigen muss bei der Auslegung von § 13 des Garnisonsvertrages auf das gesamte damals überlassene Gelände abgestellt werden, zumal es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück nur um einen kleinen Teil dieses Grundbesitzes handelt; nach Angaben der Beklagten, die von der Klägerin nicht bestritten worden sind, handelt es sich um nur etwa 5 % des Gesamtareals. Auf den übrigen 95 % befinden sich, wie die Beklagte ebenfalls unwidersprochen geltend macht, gewöhnliche Kasernengebäude, die - zumindest teilweise - für eine private Nutzung ungeeignet sind. Würde der Vertrag im Sinne der Klägerin ausgelegt, dann besäße die Beklagte bei Aufgabe der militärischen Nutzung solcher Grundstücksteile ein Gelände, mit dem sie wegen der aufstehenden Gebäude wenig anfangen kann, und müsste auf der anderen Seite die Klägerin fiktiv so entschädigen, als handele es sich hier um unbebautes und erschlossenes Baugelände. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand.

Auch der Sachverständige L hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 14.1.2004 (Bl. 313 ff., 315 f. d.A.) zum Ausdruck gebracht, er sehe sich nur durch die Vorgabe der Kammer, es sei auf ein unbebautes Grundstück abzustellen, daran gehindert, einen Abzug wegen des aufstehenden Gebäudes vorzunehmen, der an sich vorzunehmen sei. Im Gutachten vom 24.4.2003 (dort auf Seite 17, nicht in die Akte eingeheftet) hat er dagegen ausgeführt, wegen des Gebäudes sei beim sogenannten Vorderland ein Abzug von 10 - 20 % vorzunehmen, angemessen sei ein Abzug von 15 % des Bodenwertes. Abzustellen ist deshalb für die Bemessung der der Klägerin zustehenden Abfindung nicht auf den fiktiven Wert eines unbebauten Geländes, sondern auf den tatsächlichen Bodenwert des teilweise bebauten Grundstücks.

3.

Auf dieser Grundlage ergibt sich eine Abfindungsforderung von 852.864,10 €.

a)

Bei der Berechnung dieser Forderung ist zu differenzieren zwischen dem Wert des sogenannten Vorderlandes und dem des Hinterlandes. Dies ist im ersten Rechtszug zwischen den Parteien unstreitig gewesen; danach hat das mit dem früheren Offizierskasino bebaute Vorderland eine Größe von 3.116 m² und das unbebaute Hinterland eine solche von 4.045 m². Auch der Sachverständige L ist in seinen Gutachten von diesen Größen ausgegangen, ohne dass eine der Parteien dies beanstandet hätte. Soweit sich die Beklagte im Berufungsrechtszug gegen eine Unterscheidung zwischen Vorder- und Hinterland wendet (Berufungsbegründung S. 16 f, Bl. 401 f. d. A.), ist ihr Vorbringen im Berufungsrechtszug neu und im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet. Denn dieses Vorbringen hätte - wie die Klägerin insoweit mit Recht geltend macht (Berufungserwiderung S. 15, Bl. 445 d. A.) - bereits im ersten Rechtszug erfolgen können und müssen. Für eine weitere Sachaufklärung, insbesondere eine Anhörung des Sachverständigen L zu diesem Punkt, besteht deshalb keine Veranlassung.

b)

Für das - bebaute - Vorderland - ergibt sich danach eine Abfindung in Höhe von 733.662,20 DM.

Der Sachverständige L hat im Gutachten vom 24.04.2003 einen Bodenwert von 277 DM pro m² ermittelt (S. 12 und 17 des Gutachtens). Dabei ist er von einem aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses C entnommenen Bodenwert von 270 DM, bezogen auf den 31.12.1993, ausgegangen und hat diesen Wert für den hier maßgeblichen Stichtag - 30.06.2004 - auf 277 DM umgerechnet (angepasster Richtwert). Dies entspricht anerkannten Bewertungsmaßstäben; der Senat schließt sich deshalb den Ausführungen des Sachverständigen an.

Von diesem Wert hat der Sachverständige aufgrund der vorhandenen Bebauung einen Abschlag von 15 % vorgenommen. Auch insoweit folgt der Senat dem Gutachten. Zu Unrecht wenden die Parteien dagegen ein, der Sachverständige habe die Größe dieses Abzuges nicht hinreichend begründet. Der Sachverständige hat auf Seite 17 seines Gutachtens vom 24.04.2003 ausgeführt, die auf der Bebauung beruhende Minderung des Bodenwertes liege zwischen 10 und 20 % des Grundstückspreises. Im Streitfall sei ein Mittelwert von 15 % angemessen.

Dies ist nach Auffassung des Senates überzeugend. Denn, wie bereits ausgeführt, ist die Anzahl der Kaufinteressenten bei Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude, das wegen seiner Art und Größe sowie wegen des bestehenden Denkmalschutzes nur eingeschränkt nutzbar ist, erheblich geringer als dies bei einem unbebautem Grundstück gleicher Größe der Fall wäre. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass dieser Umstand eine Minderung des Bodenwertes zur Folge hat. Wenn der Sachverständige im Streitfall einen Mittelwert von 15 % angesetzt hat, sind dagegen Bedenken nicht zu erheben.

Abzurechnen ist deshalb für das Vorderland wie folgt:

Quadratmeterpreis: 277,00 DM ./. 15 % (41,55 DM) = 235,45 DM x 3.116,00 m² = 733.662,20 DM.

c)

Für das unbebaute Hinterland errechnet sich eine Abfindung von 934.395 DM.

aa)

Für diese Teilfläche hat der Sachverständige zunächst einen angepassten Richtwert von 287 DM pro m² ermittelt (S. 16 seines Erstgutachtens und S. 7 des Ergänzungsgutachtens vom 29. September 2003). Auch insoweit folgt der Senat den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen.

bb)

Von diesem Wert ist - anders als beim Vorderland - ein Abzug von 15 % nicht anzusetzen, da das Hinterland nicht bebaut ist.

cc)

Abzuziehen ist aber ein Betrag von 30 DM pro m² für die Kosten von Erschließungsmaßnahmen. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen. Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, das Hinterland sei vollständig erschlossen. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn das Hinterland ausschließlich mit einem großen Gebäudekomplex zu bebauen wäre, der dann durch die angrenzende Straße "B-Straße" erschlossen wäre (vgl. den Plan in Anlage 2, Bl. 26 des Anlagenheftes). Unstreitig ist aber für das Hinterland eine kleinteilige Bebauung möglich. Für eine solche Bebauung ist dann der Bau von Stichstraßen erforderlich; außerdem müssen Versorgungsleitungen zu den einzelnen zu bebauenden Parzellen geführt werden. Wenn der Sachverständige hierfür einen Betrag von 30 DM pro m² wertmindernd angesetzt hat, ist das nach Auffassung des Senates nicht zu beanstanden. Danach verbleibt - vorläufig - ein Bodenwert von 257 DM pro m².

dd)

Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend für einen weiteren Abzug von 26 DM (10 % von 257 DM, gerundet) pro m², den der Sachverständige für ergänzende Infrastrukturmaßnahmen angesetzt hat. Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, öffentlich rechtlich bestehe für einen solchen Abzug keine Grundlage. Die Grundlage für diesen Abzug besteht nämlich darin, dass ein Teil des Hinterlandes für Infrastrukturmaßnahmen bereit gestellt werden muss, z. B. für die bei kleinteiliger Bebauung zu bauenden Stichstraßen. Da dieser Teil des Hinterlandes dann für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht, ist es gerechtfertigt, hierfür einen weiteren Abzug vom Bodenwert vorzunehmen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen (S. 7 des Ergänzungsgutachtens vom 29. September 2003) ist ein Abzug von 10 bis 15 % als marktgerecht anzusehen. Im Hinblick auf die Größe der Teilfläche hat der Sachverständige einen Abzug im unteren Bereich, nämlich in Höhe von 10 %, also gerundet 26 DM, für gerechtfertigt gehalten. Das ist nach Auffassung des Senates überzeugend. Der Senat folgt dem Gutachter deshalb auch in diesem Punkt.

Anzusetzen ist deshalb ein Bodenwert von 231 DM pro m².

Abzurechnen ist mithin für das Hinterland wie folgt:

Bereinigter Bodenwert 231 DM x 4.045 m² = 934.395 DM.

d)

Danach errechnet sich die der Klägerin zustehende Abfindung wie folgt:

aa) Vorderland 733.662,20 DM

bb) Hinterland: 934.395,00 DM

1.668.057,20 DM = 852.864,10 €.

C.

Von diesem Betrag sind weitere Abzüge nicht vorzunehmen. Zu Unrecht möchte die Beklagte in Anwendung von § 13 S. 2 des Garnisonsvertrages Beträge in Abzug bringen, die das Deutsche Reich bzw. die Beklagte selbst nach ihrem Vorbringen auf den Grundbesitz gemacht haben (Berufungsbegründung S. 22 ff., Bl. 407 ff. d. A.). Die Beklagte meint insoweit, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts Aufwendungen im Sinne dieser Vertragsbestimmung sämtliche Investitionskosten der Beklagten oder ihres Rechtsvorgängers seien (Bl. 410 f. mit Verweis auf Bl. 234 ff., 294 ff. d.A.); abzuziehen seien danach alle Kosten der Herstellung und Unterhaltung der Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen.

Das Landgericht hat dazu ausgeführt, die genannte Vertragsbestimmung sei dahin auszulegen, dass lediglich solche Aufwendungen anzurechnen seien, die unmittelbar dem Grundstück als den Bodenwert erhöhend zugute gekommen seien (Bl. 349 d.A.).

Dies ist nach der Auffassung des Senates überzeugend.

Denn es muss berücksichtigt werden, dass die Beklagte nach Ende der militärischen Nutzung Eigentümerin des Grundbesitzes bleibt. Deshalb bleibt auch der Wert der von ihr bzw. dem Deutschen Reich gemachten Aufwendungen für die Erstellung und die Unterhaltung des in Rede stehenden Kasinogebäudes in ihrem Vermögen erhalten.

Damit sind die von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen nicht geeignet, einen Abzug nach § 13 S. 2 des Garnisonsvertrages zu begründen. Die genannte Bestimmung spricht im übrigen von Aufwendungen, die "für" die in § 4 und 6 des Vertrages genannten Grundstücke dem Deutschen Reich entstanden sind. Danach sind schon nach dem Wortlaut des Vertrages Verwendungen "auf" den Grundbesitz nicht gemeint. Aufwendungen im Sinne der Vertragsbestimmung sind daher z. B. Kosten der Klägerin beim Erwerb der an das Deutsche Reich zu übereignenden Grundflächen oder die Vertragskosten (vgl. § 16 des Garnisonsvertrages). Solche Aufwendungen werden hier jedoch nicht geltend gemacht.

Da der Klägerin der Wert des Gebäudes nicht zufließt, kann der zur Herstellung und der Unterhaltung des Gebäudes angefallene Aufwand auch nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden.

D.

Die im Schriftsatz vom 17.02.2005 (S. 6, Bl. 467 d. A.) von der Beklagten vorsorglich erhobene Einrede der Verjährung hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufrecht erhalten. Sie wäre auch nicht begründet, da sich die Verjährungsfrist für den im Streitfall geltend gemachten Anspruch nach § 195 BGB a. F. gerichtet hat, die Verjährung ab 1994 zu laufen begonnen hat und also bei Rechtshängigkeit der Klageforderung noch nicht abgelaufen war.

E.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB a. F.

F.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keinen Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO). Weder weicht der Senat von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch besteht wegen grundsätzlicher Bedeutung des Streitfalles Anlass zu einer Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.034.862,40 €.

Ende der Entscheidung

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