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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 22 U 212/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 627
ZPO § 139
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 212/03

Anlage zum Protokoll vom 08.06.04

Verkündet am 08.06.04

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller und die Richter am Oberlandesgericht Heidemann und Dr. Törl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.11.2003 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 88 O 2/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Vergütungen aus einem Vertrag vom 05./19.02.2001 (Anlage K1 zur Klageschrift, Anlagenhefter I). In diesem Vertrag hatte sich die Klägerin zur Stellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzberaters für alle Baustellen der Beklagten im Großraum L verpflichtet, der nach Maßgabe von § 3 dieses Vertrages die dort bestimmten Leistungen zu erbringen hatte; wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Vertragsurkunde Bezug genommen. Der Vertrag lief ursprünglich bis zum 31.01.2002 und verlängerte sich dann nach Maßgabe seines § 7 um ein Jahr, also bis zum 31.01.2003.

Mit Schreiben vom 25.09.2002 (Anlage K2) erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Vertrages. Ab Oktober 2002 erbrachte die Klägerin keine Leistungen für die Beklagte mehr.

Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten Vergütungen für die Zeit ab August 2002 und Vergütung von zwei Zusatzaufträgen verlangt; auf die Klageschrift wird Bezug genommen. Die Beklagte hat diese Ansprüche nach Grund und Höhe bestritten.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage mit Ausnahme eines Teiles der verlangten Mehrwertsteuer stattgegeben.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, der Klägerin stehe für die Zeit ab Oktober 2002 eine Vergütung nicht zu. Das Vertragsverhältnis sei durch die Kündigung vom 25.09.2002 mit sofortiger Wirkung beendet worden.

Dies ergebe sich schon aus § 627 BGB. Es handele sich um einen Vertrag, der Dienstleistungen höherer Art zum Gegenstand habe. Das ergebe sich schon aus der Höhe der vereinbarten Vergütung, vor allem aber daraus, daß der von der Klägerin eingesetzte Mitarbeiter Dr. G Einblick in vertrauliche Unterlagen der Beklagten gehabt habe (Berufungsbegründung S. 8, Bl. 146 d. A.).

Davon abgesehen sei eine Kündigung auch aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Das Landgericht habe das Vorbringen zu diesem Grund verfahrensfehlerhaft als unschlüssig behandelt; einen entsprechenden Hinweis habe es nämlich unterlassen (S. 3, Bl. 141 f). Der damals von der Klägerin zur Ausführung des in Rede stehenden Auftrages neu eingestellte Dr. G, der inzwischen Geschäftsführer der Klägerin ist, habe seinen Arbeitsplatz bei der Beklagten gehabt; er habe dort Zugang zu Firmen- und Kalkulationsunterlagen der Beklagten gehabt (S. 5, Bl. 143 d. A.). Unter dem 20.08.2002 habe die Firma H G GmbH die Beklagte zur Abgabe eines Angebotes betreffend die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitskoordinators aufgefordert. Die entsprechende E-Mail sei bei Herrn Dr. G eingegangen, von ihm aber absichtlich liegen gelassen worden; Er habe dann ein Angebot der Klägerin angefertigt, das schließlich zu einem Auftrag für die Klägerin geführt habe (S. 6 f, Bl. 144 f. d.A.). Außerdem habe die Klägerin mindestens einen weiteren Auftrag der Firma H und vier Aufträge der G AG selbst erhalten, die Sicherheits- und Gesundheitsschutz betroffen hätten (S. 8, Bl. 146 d. A.).

Außerdem macht die Beklagte geltend, die Kläger müsse sich jedenfalls Abzüge im Hinblick auf den vorerwähnten Auftrag der H gefallen lassen (S. 10, Bl. 148 d. A.).

Sie beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2003 - 88 O 2/03 - die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als EUR 40.457,72 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 25.783,72 seit dem 10.12.2002, aus EUR 8.874,00 seit dem 19.11.2002 und aus EUR 5.800,00 seit dem 30.11.2002 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil in allen Einzelheiten. Insbesondere sei es nicht richtig, daß Herr Dr. G eine e-mail der Firma H habe liegen lassen. Er sei in der fraglichen Zeit in Urlaub gewesen. Er sei während dieser Zeit zwar von einem anderen Mitarbeiter der Klägerin, Herrn S , vertreten worden. Dieser habe aber keine Arbeiten im Büro der Beklagten geleistet, sondern Herrn Dr. G nur bei Baustellenbegehungen und sonstigen Tätigkeiten außer Hause vertreten. Zu dem Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma H sei es gekommen, weil diese Firma durch eine an Dr. G gerichtete telefonische Anfrage auch die Klägerin zur Abgabe eines Angebotes angefordert habe, das schließlich die Auftragserteilung zur Folge gehabt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat auch für die Zeit von Oktober 2002 bis einschließlich Januar 2003 Anspruch auf Zahlung der vertraglichen Vergütung, und zwar, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, eine Nettovergütung. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 6 des Vertrages vom 05./19.02.2001 (Anlage K 1) in Verbindung mit §§ 675, 615 BGB.

Durch die von der Beklagten am 25.09.2002 (Anlage K 2) erklärte Kündigung ist der Vertrag nicht fristlos beendet worden.

A.

Die Kündigung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach § 627 BGB als fristlose Kündigung wirksam.

1. Bei dem streitgegenständlichen Vertrag vom 05./19.02.2001 (Anlage K1) handelt es sich allerdings um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der überwiegend dienstvertragliche Elemente aufweist und auf den deshalb Dienstvertragsrecht anwendbar ist.

Die von der Klägerin übernommenen Leistungen ergeben sich aus § 3 des Vertrages. Soweit die Klägerin danach Pläne zu erstellen hatte, handelt es sich zwar um Leistungen mit werkvertraglichem Charakter. In diesen Leistungen liegt aber nicht der Schwerpunkt der von der Klägerin übernommenen Vertragsleistung. Dies zeigt schon der Eingang der Vertragsbestimmung 3.2., wonach die Klägerin die "Überwachung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes" umfassend übernommen hat. Außer der Erstellung von Plänen war danach eine Vielzahl von Überprüfungen bzw. Kontrollleistungen geschuldet, mithin Dienstleistungen. Hinzu kommt die Regelung in Abschnitt 3.3, wonach die Klägerin einen Sicherheitsingenieur zu stellen hatte. Also ist es hier um die Überlassung eines Arbeitnehmers gegangen, mithin nicht um eine werkvertragliche, sondern um eine dienstvertragliche Leistung.

2. Zu Unrecht will die Beklagte - in zweiter Instanz erstmals - die Kündigung vom 25.09.2002 auf § 627 BGB stützen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

a. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis nicht um die Vereinbarung von Dienstleistungen höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.

Besonderes Vertrauen, wie es hier Voraussetzung ist, wird im allgemeinen nur einem Menschen entgegengebracht, nicht einer juristischen Person (vgl. KG, KGRep. 2003, 181, 183 m.N.; Palandt/Putzo § 627 BGB, Rdn. 2). Dies mag anders sein, wenn Auftragnehmer etwa eine Ein-Mann-GmbH ist. Im Streitfall hat aber die Klägerin zur Erfüllung des Auftrages unstreitig Arbeitnehmer eingesetzt, von denen der eine, ihr jetziger Geschäftsführer Dr. G, zur Erfüllung des Auftrages erst eingestellt worden ist (so die Beklagte selbst auf S. 4 der BB, Bl. 142). In einem solchen Fall ist nicht ohne weiteres ersichtlich, daß der Auftrag aufgrund eines besonderen Vertrauens zum Vertragspartner erteilt ist, jedenfalls wird dies nicht im allgemeinen so sein ("pflegen" im Sinne von § 627 BGB). Die Arbeitnehmer eines künftigen Vertragspartners kennt man im allgemeinen nicht. Deshalb kann man zu ihnen auch kein besonderes Vertrauen haben. Daß dies im Streitfall anders gewesen wäre, behauptet die Beklagte selbst nicht. Sie macht lediglich geltend, die Vergütung der Klägerin sei hoch gewesen und Dr. G habe Einblick in ihre Unterlagen gehabt, wobei letzteres noch streitig ist. Diese Gesichtspunkte reichen jedenfalls nicht, um ein Dienstverhältnis höherer Art im vorbeschriebenen Sinne annehmen zu können.

b. Im übrigen ist das Kündigungsrecht nach § 627 BGB ohnehin ausgeschlossen, wenn es sich um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt. Das ist hier der Fall gewesen.

Feste Bezüge sind in § 6 des Vertrages vereinbart.

Das Dienstverhältnis ist auch ein dauerndes gewesen. Hierfür reicht bereits ein einjähriger Vertrag, wenn die Vertragsparteien seinerzeit von einer Verlängerungsmöglichkeit ausgegangen sind (BGH MDR. 93, 514). Hier hat es sich um einen Einjahresvertrag mit automatischer Verlängerungsmöglichkeit gehandelt (§ 7 des Vertrages). Der Vertrag hat sich dann auch mangels einer Kündigung seitens der Beklagten Ende Januar 2002 einmal um ein Jahr verlängert. Er ist deshalb ein dauerndes Dienstverhältnis gewesen, dessen Vorliegen die vorerwähnte Kündigungsmöglichkeit ausschließt.

B.

Die Kündigung ist auch nicht als fristlose Kündigung nach § 626 BGB wirksam.

Nach dieser Vorschrift hat eine außerordentliche Kündigung das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Voraussetzung, erfordert also Tatsachen, aufgrund derer dem Kündigenden, hier also der Beklagten, eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar ist.

Das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes hat die Beklagte nicht dargetan.

1. In erster Instanz hat die Beklagte lediglich unsubstantiiert geltend gemacht, die Klägerin habe sie aus Verträgen mit ihren Vertragspartnern "herausboxen" wollen (Bl. 16) bzw. sie bei Vertragspartnern "ausgebremst" (Bl. 63). Der - jetzige - Geschäftsführer der Klägerin habe im August 2002 mehrfach bei G-Köln (Einkauf) vorgesprochen, um diese Firma zu veranlassen, der Klägerin unmittelbar Aufträge zu geben (Klageerwiderung S. 3, Bl. 16 d.A.). Die Klägerin habe auch von der Firma H, einer Tochtergesellschaft der G-Werke, einen Direktvertrag erhalten (Schriftsatz vom 10.06.2003, S. 2, Bl. 63 d.A.).

Dieses Vorbringen ist, wie die Klägerin mit Recht in erster Instanz gerügt hat (S. 3 des Schriftsatzes vom 21.03.2003, Bl. 46 d.A.), völlig substanzlos gewesen und hat zu einer Sachaufklärung keinerlei Veranlassung gegeben. Denn der Vortrag der Beklagten hat sich - neben floskelhaften Redewendungen wie dem Wort "ausbremsen" - darauf beschränkt, die Klägerin habe versucht, einen Vertrag von G bzw. H zu erhalten. Dagegen wird nicht ersichtlich, welches konkrete Verhalten des damaligen Angestellten und jetzigen Geschäftsführers der Klägerin Anlass für die Annahme eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes gewesen sein könnte. Zu solchem Vorbringen hätte aber schon deshalb Anlaß bestanden, weil im Vertrag der Parteien ein Wettbewerbsverbot nicht vereinbart war, es der Klägerin also nicht verwehrt war, in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu G bzw. H einzutreten.

Hinzu kommt, wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, daß die Beklagte der Klägerin in erster Instanz zunächst Abwerbemaßnahmen gegenüber der G AG und dann solche gegenüber deren Tochter H vorgehalten hat, was ebenfalls ohne Erläuterung nicht nachvollziehbar war; daß nähere Ausführungen nötig gewesen wären, hat der anwaltlich vertretenen Beklagten nicht ernstlich verborgen bleiben können.

Zu Unrecht hält die Beklagte demgegenüber dem Landgericht vor, es habe auf verfahrensfehlerhafter Grundlage entschieden, weil es einen nach § 139 ZPO erforderlichen Hinweis auf das Fehlen jeder Substantiierung unterlassen habe. Zu einem solchen Hinweis hat im Streitfall keine Veranlassung bestanden.

Vorbringen, das nicht nur ergänzungsbedürftig, sondern substanzlos ist, gibt - jedenfalls im Anwaltsprozess (vgl. dazu Musielak-Stadler, 3. Aufl., § 139 ZPO, Rdnr. 7) - zu richterlicher Aufklärungstätigkeit keine Veranlassung (BGH NJW 82, 1708, 1710 r.Sp.; a.M. Rensen AnwBl. 2002, 633, 635 r.Sp.; m.N.). Daran hat sich auch unter der Geltung des § 139 ZPO in der Fassung des ZPO-RG vom 27.06.2001, in Kraft seit Anfang 2002, nichts geändert (vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, 61. Aufl., § 139 ZPO, Rdnr. 83). Sinn der richterlichen Aufklärungs-, Hinweis- und Erörterungspflicht ist es, soweit hier von Interesse, zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung einen unvollständigen, lückenhaften Sachvortrag aufzuzeigen und die jeweilige Partei dadurch in den Stand zu versetzen, ihr Vorbringen nach Möglichkeit zu ergänzen und zu vervollständigen (Baumbach-Lauterbach-Hartmann a.a.O., Rdnr. 27 f.; Musielak-Stadler a.a.O. Rdnr. 6: "ergänzende Hilfestellung"; Zöller-Greger, 24. Aufl., § 139 ZPO, Rdnr. 17; Thomas-Putzo-Reichold § 139 ZPO, Rdnr. 5). Ist Sachvorbringen einer Partei völlig substanzlos, so handelt es sich nicht mehr darum, diese Partei zur Vervollständigung ihres bisherigen Vorbringens, sondern zu völlig neuem Sachvortrag zu veranlassen. Dies ist dem Gericht durch § 139 ZPO nicht aufgegeben (vgl. Hartmann a.a.O. Rdnr. 83: Verstoß gegen den Beibringungsgrundsatz und die Pflicht zur Unparteilichkeit). Deshalb ist auch das Landgericht im Streitfall nicht verpflichtet gewesen, der anwaltlich vertretenen Beklagten den Hinweis zu erteilen, daß ihr Vorbringen zu diesem Punkt völlig unsubstantiiert war.

2.

Im Berufungsrechtszug versucht die Beklagte, anhand eines konkreten Falles ein vertragswidriges Verhalten von Mitarbeitern der Klägerin aufzuzeigen. Dieses neue Vorbringen ist nach den vorstehenden Ausführungen bereits verspätet im Sinne von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, da es die Beklagte bereits im Verfahren vor dem Landgericht hätte anbringen können und müssen.

Im übrigen ist der neue Sachvortrag der Beklagten aber auch nicht geeignet, das Vorliegen eines zur fristlosen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes schlüssig zu begründen. Auch fehlt es am erforderlichen Beweisantritt.

Die Beklagte macht geltend, am 20.08.2002 habe die Firma H GmbH sie, die Beklagte, per e-mail zur Abgabe eines Angebotes betreffend die Gestellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators aufgefordert. Diese e-mail sei bei Herrn Dr. G eingegangen (Berufungsbegründung S. 6, Bl. 144 mit Verweis auf Anlage 5, Bl. 159 f. d.A.). Diese Anfrage habe Herr Dr. G nicht für die Beklagte bearbeitet, sondern bewußt liegen gelassen und in Kenntnis aller Kalkulationsunterlagen der Beklagten an die Firma H ein Angebot der Klägerin gerichtet, das schließlich auch zu einem Auftrag für die Klägerin geführt habe.

Darauf hat die Klägerin erwidert, auf die genannte e-mail habe Herr Dr. G zu keiner Zeit Zugriff gehabt. Er sei seit dem 19.08.2002 in Urlaub gewesen; nach seiner Rückkehr am 02.09.2002 habe er im Hause der Beklagten keinen Zugriff auf e-mails mehr gehabt, weil man ihn vom dortigen Netz "abgeklemmt" gehabt habe (Berufungserwiderung S. 7, Bl. 190 d.A.).

Die Angabe der Klägerin zur Urlaubsabwesenheit ist belegt durch den als Anlage K 29 (Bl. 194 d.A.), vorgelegten Mietvertrag über ein Ferienhaus in Texel. Soweit die Beklagte daraufhin hat vortragen lassen, die Urlaubsabwesenheit des Herrn Dr. G werde mit Nichtwissen bestritten (Schriftsatz 03.05.2004, S. 4, Bl. 198 d.A.), ist das nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Unstreitig hatte Dr. G ein Büro im Hause der Beklagten und war in deren Geschäftsbetrieb einem Arbeitnehmer der Beklagten ähnlich eingegliedert (zuletzt S. 2 im genannten Schriftsatz, Bl. 196 d.A.). Unter diesen Umständen betrifft die Frage, ob Herr Dr. G am 20.08.2002 und in den Tagen danach in seinem Büro bei der Beklagten anwesend war, keine Tatsache, die nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung war. Im übrigen hat Herr Dr. G bei seiner Anhörung im Verhandlungstermin vor dem Senat die Angaben zu seiner Urlaubsabwesenheit bestätigt; Anhaltspunkte dafür, daß diese Darstellung unrichtig sein könnte, hat die Beklagte nicht aufgezeigt.

War danach Herr Dr. G aber bei Eingang der e-mail am 20.08.2002 und in den folgenden Tagen nicht im Dienst, dann kann er sie auch nicht unterdrückt bzw. absichtlich liegen gelassen haben. Der dahingehende Vorwurf der Beklagten ist danach nicht haltbar.

b)

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte weiter geltend gemacht, bei Abwesenheit von Dr. G hätte dieser im Büro der Beklagten durch den Mitarbeiter S (Arbeitnehmer der Klägerin) vertreten werden müssen. Der als Geschäftsführer der Klägerin in der Verhandlung vor dem Senat anwesende Herr Dr. G hat bei seiner persönlichen Anhörung dazu erklärt, Herr S habe ihn zwar während seiner Abwesenheit vertreten, diese Vertretungstätigkeit habe sich aber auf Baustellenbegehungen etc. beschränkt, wie sich aus Anlage K 21 (in Hefter II) ergebe. Im Büro der Beklagten sei Herr S nicht tätig geworden.

Dieses Vorbringen vermag die Beklagte nicht zu widerlegen; einen Beweis des Gegenteils hat sie nicht angetreten.

Unter diesen Umständen könnte die Beklagte der Klägerin allenfalls den Vorwurf machen, über die Abwesenheit des Dr. G und die nur eingeschränkte Vertretertätigkeit des Herrn S nicht informiert worden zu sein. Ein solcher Vorwurf, der nicht mehr als ein Versehen bedeuten muss, reicht zur Annahme eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB nicht aus (vgl. Palandt-Putzo, § 626 BGB, Rdnr. 45/46).

Das weitere Vorbringen der Beklagten, die Klägerin habe auch bei der Firma G Aufträge akquiriert (zuletzt Schriftsatz 03.05.2004, S. 6, Bl. 200) verhilft der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Dieses Vorbringen ist auch im Berufungsrechtszug noch völlig unsubstantiiert, worauf der Senat hingewiesen hat.

3.

Im übrigen hätte die Beklagte, wenn zu ihrem Gunsten unterstellt würde, ihr Vorbringen zum Kündigungsgrund wäre richtig, auch die Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht eingehalten, da dann davon ausgegangen werden müsste, daß ihr zeitnah zum Rückruf der Firma H am 26.08.2002 auch alle Umstände bekannt geworden wären, aus denen sie später die Kündigung hergeleitet hat. Dieser Frage ist der Senat aber nicht mehr nachgegangen.

Die Kündigung vom 25.09.2003 hat nach allem das Vertragsverhältnis der Parteien nicht fristlos beendet. Es ist deshalb erst zum Ende Januar 2003 abgelaufen.

C.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Zahlungsanspruch der Klägerin auch nicht gemäß § 615 Abs. 1 Satz 2 BGB zu kürzen. Einer solchen Kürzung steht schon die speziellere Regelung in § 6 des Vertrages entgegen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin in der Zeit von Oktober 2002 bis Januar 2003 Einkünfte durch anderweitige Dienstleistungen, hier also Tätigkeiten ihres jetzigen Geschäftsführers Dr. G gehabt oder solche böswillig unterlassen hat. Der Geschäftsführer der Klägerin hat dazu erklärt, die Klägerin habe zwar - mindestens - seit Oktober 2002 einen Direktauftrag der Firma H gehabt, der aber nur die Beschäftigung des Mitarbeiters S, nicht aber seine eigene Beschäftigung bedingt habe. Dem ist die Beklagte nicht mehr entgegen getreten.

Die Berufung hat deshalb zurückgewiesen werden müssen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO). Die Ausführungen zu § 139 ZPO begründen nicht eine grundsätzliche Bedeutung des Falles, da das Urteil auf ihnen nicht beruht. Im übrigen enthält der Fall eine Einzelfallentscheidung; von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Senat nicht abgewichen.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Klägerin: 35.683,08 € (76.140,80 € ./. 40.457,72 €).

Ende der Entscheidung

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