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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 22 U 55/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 635
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.02.2005 - 27 O 442/02 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - beider Instanzen - trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages ab-zuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Architektenvertrag durch die Gemeinschuldnerin in Anspruch.

Die Klägerin - damals firmierend als "S. GmbH & Co Handels KG" - und die GbR Dr. I. S. und F. S. (im Folgenden GbR S.) schlossen am 4.9.1997 mit der Firma c. Industrie- und Gewerbebau GmbH (im Folgenden: Generalunternehmerin) jeweils einen Generalunternehmervertrag (Anl. K 2 und K 3, Bl. 4 ff., 24 ff. AnlH I) über ein Bauvorhaben in L.-X., und zwar die GbR S. für den Bauabschnitt K.-gasse 19-28 und die Klägerin für den Bauabschnitt K.-gasse 29 - 33. In beiden Generalunternehmerverträgen wurden Pauschalfestpreise vereinbart.

Mit der Oberbauleitung für die Bauabschnitte "Häuser 19 - 40" beauftragte die Klägerin mit Vertrag vom 15.9.1997 (Anl. K 1, Bl. 1 ff. d.AnlH I) die Gemeinschuldnerin, damals firmierend unter "Firma B. G. E. Bauplanungen GmbH". Bestandteil der vertraglichen Pflichten der Gemeinschuldnerin war u.a. die Überwachung der vertragsgerechten Bauausführung sowie die Abstimmung und Koordination zwischen den übrigen beteiligten Architekten und Ingenieuren. Streitig ist zwischen den Parteien, ob zu ihren Aufgaben auch die Aufstellung von Zahlungsplänen und die Prüfung der von der Generalunternehmerin vorgelegten Zwischenrechnungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Baufortschritt gehörte.

Am 27.10.1998 wurde die Generalunternehmerin zahlungsunfähig und stellte die Arbeiten ein. Die Klägerin und die GbR S. ließen die Bauarbeiten von den bisherigen Subunternehmern der Generalunternehmerin zu Ende führen.

Die Klägerin hat der Gemeinschuldnerin vorgeworfen, sie sei durch Fehler bei der Aufstellung bzw. bei der Prüfung der Zahlungspläne dafür verantwortlich, dass Leistungspositionen in den Zahlungsplänen teilweise nicht enthalten bzw. falsch gewichtet worden seien, was allein einen Betrag von 886.901,80 DM ausgemacht habe. Ferner habe die Gemeinschuldnerin durch fehlerhafte Bewertung des Bautenstands zu hohe Abschlagszahlungen an die Generalunternehmerin freigegeben und dadurch einen Schaden von rd. 1,59 Mio. DM verursacht, der sich daraus ergebe, dass die Bauherren für die in ihrem Auftrag von den Subunternehmern erbrachten noch offenstehenden Leistungen trotz unveränderter Beibehaltung des Preisniveaus der Generalunternehmerverträge rd. 1,59 Mio. DM hätten mehr zahlen müssen.

Wegen der behaupteten Pflichtverletzungen hat die Klägerin aus eigenem und von der GbR S. abgetretenem Recht den Beklagten auf Schadensersatz von 511.291,88 € (1 Mio. DM) in Anspruch genommen, jedoch insgesamt beschränkt auf die Versicherungssumme von 255.645,94 € (500.000,- DM) der Haftpflichtversicherung der Gemeinschuldnerin, wobei sie von zwei Versicherungsfällen ausgeht, so dass die Versicherungssumme zweimal beansprucht werden könne.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz - insbesondere hinsichtlich der Schadensberechung der Klägerin - wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochten Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung in Höhe von 413.693,42 €, beschränkt auf die Entschädigungsforderung der Gemeinschuldnerin aus deren Architektenhaftpflichtversicherung bei der Z. A. Vers. AG und nur Zug-um-Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Generalunternehmerin stattgegeben. Wegen der Begründung und der Berechnung des der Klägerin zuerkannten Anspruchs wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung des Beklagten und die unselbständige Anschlussberufung der Klägerin.

Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung die vollständige Klageabweisung. Er bestreitet, wie in erster Instanz, dass die Aufstellung und Prüfung von Leistungsplänen Teil der geschuldeten Leistungen der Gemeinschuldnerin gewesen sei und dass der von der Gemeinschuldnerin bei den Abschlagszahlungen bestätigte Bautenstand nicht dem tatsächlichen Baufortschritt entsprochen habe. Er meint, dass die Schadenshöhe nicht schlüssig dargelegt sei und die Fortsetzung der Abschlagszahlungen ab August 2004 eine unternehmerische Entscheidung der Klägerin in Kenntnis der drohenden Insolvenz der Generalunternehmerin gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Anschlussberufung das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

und im Wege der Anschlussberufung,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten gemäß den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu verurteilen, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Generalunternehmerin.

Sie wiederholt ihre Behauptung, es habe zum Leistungsumfang der Gemeinschuldnerin gehört, Zahlungspläne aufzustellen und die - entsprechend diesen Zahlungsplänen - von der Generalunternehmerin vorgelegten Abschlagsrechnungen auf ihre Übereinstimmung mit dem Baufortschritt zu überprüfen. Diese Pflichten habe die Gemeinschuldnerin schuldhaft verletzt. Die Klägerin hat ihren Schaden zunächst im Wesentlichen wie in 1. Instanz berechnet. Nach einem vom Senat in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis auf Bedenken gegen diese Schadensberechnung hat sie in einem nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2005 eine weitere Schadensberechnung vorgenommen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, wegen der weiteren Schadensberechnung der Klägerin auf den nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2005 sowie auf die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist begründet; die Anschlussberufung unbegründet.

Der Streit der Parteien über den Umfang der von der Gemeinschuldnerin übernommenen Pflichten kann dahinstehen. Denn die Klägerin hat einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB gegen die Gemeinschuldnerin nicht schlüssig dargelegt.

1.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts, das - unter Aufgabe seiner im Hinweisbeschluss vom 6.5.2003 (Bl. 277 ff. d.A. unter IV, 3) noch vertretenen Auffassung - der Schadensberechnung der Klägerin gefolgt ist, ergibt sich der Schaden nicht aus der Differenz zwischen der Summe der an die Generalunternehmerin bis zur Vertragsbeendigung und der an die Subunternehmer für die Fertigstellung des Bauvorhabens geleisteten Zahlungen einerseits und den mit der Generalunternehmerin vereinbarten Pauschalfestpreisen andererseits. Diese Berechnung wäre nur dann möglich, wenn ausgeschlossen werden könnte, dass die Mehrkosten für die Fertigstellung des Bauvorhabens andere Ursachen haben kann als eine Pflichtverletzung der Gemeinschuldnern. Dies ist jedoch nicht der Fall: a)

Zunächst ist mit der Vereinbarung eines Pauschalfestpreises über ein umfangreiches Bauvorhaben schon ganz allgemein ein gewisser Preisvorteil verbunden, der sich bei der einer Einzelvergabe der Gewerke in der Regel nicht realisieren lässt. Dies ist der Grund dafür, dass sich ein begonnenes Bauvorhaben nach der Insolvenz eines Generalunternehmers in aller Regel nicht zu dem vereinbarten Pauschalfestpreis fertig stellen lässt.

Zwar behauptet die Klägerin, die von ihr und der GbR S. mit den Subunternehmern für die Fertigstellung der Objekte vereinbarten Werklöhne hätten den von der Generalunternehmerin mit ihren Subunternehmern vereinbarten Werklöhnen entsprochen. Dies steht jedoch schon in Widerspruch zu ihrem Vortrag, die zwischen Generalunternehmerin und den Subunternehmern geltenden Vergabebedingungen seien ihr zum größten Teil nicht bekannt gewesen, weil weder die Generalunternehmerin noch der spätere Insolvenzverwalter auf die Aufforderung reagiert hätten, die Subunternehmerverträge und die dazu gehörenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen (S. 13 d. Schriftsatzes vom 10.02.2004, Bl. 366 d.A.) und nur in wenigen Fällen die Subunternehmer die mit der Generalunternehmerin vereinbarten Verträge vorgelegt hätten (S.14 d. Schriftsatzes vom 10.02.2004, Bl. 367 d.A.), so dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben (S. 13 d. Schriftsatzes vom 10.02.2004, Bl. 366 d.A., S.16 der Berufungsbegründung, Bl. 579 d.A.) mit allen Subunternehmern gleichlautende Verträge schließen musste, in denen jeweils Pauschalfestpreise für die Fertigstellung der einzelnen Gewerke vereinbart wurden (vgl. zum Vertragsmuster die Anl. K 66, Bl. 609 d.A.).

Bei einigen Gewerken führt die Klägerin im Übrigen selbst aus, dass für die Fertigstellung zusätzliche bzw. höhere Kosten entstanden seien, etwa bezüglich der Bauleitung, da die Klägerin ihren eigenen Angaben zufolge das maßgebliche Personal der Generalunternehmerin, den Projektsteuerer M., die Bauleiter T., U. und J. sowie eine Büroangestellte mit einer Verdoppelung der bisherigen Bezüge und fest auf sieben Monate unter Vertrag genommen hat.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch nicht entnehmen, inwieweit sie Subunternehmer dadurch zu einer Fertigstellung der Arbeiten hat bewegen können, dass sie den Betroffenen den Ausfall erstattet hat, den diese dadurch erlitten haben, dass die von ihr an die Generalunternehmerin geleistete letzte (22.) à-conto-Zahlung von 170.000,- DM von der Deutschen Bank "vereinnahmt" und nicht an die Subunternehmer weitergeleitet wurde (vgl. S. 26 der Berufungserwiderung, Bl. 589 d.A.).

Die hier aufgezeigten Widersprüche bedürfen indessen keiner Vertiefung.

b)

Denn entscheidend ist - hierauf weist der Beklagte in der Berufungsbegründung zu Recht hin -, dass eine Differenz zwischen den der Generalunternehmerin geschuldeten Pauschalfestpreisen und den insgesamt geleisteten Zahlungen auch darauf beruhen kann, dass sich die Generalunternehmerin verkalkuliert hatte und die mit der Klägerin und der GbR S. vereinbarten Pauschalfestpreise zur Erstellung der Bauvorhaben nicht ausreichten. Überstiegen nämlich die von der Generalunternehmerin an die Subunternehmer zu zahlenden Werklöhne die Kostenansätze, die der Kalkulation der mit der Klägerin und der GbR S. ausgehandelten Pauschalfestpreise zugrunde lagen, so wäre dieser Festpreis zwangsläufig vor der Fertigstellung "aufgezehrt" gewesen. Die Generalunternehmerin hätte die fehlenden Beträge zuschießen müssen, was ihr nur solange möglich gewesen wäre, wie sie solvent war. Trat - aus welchen Gründen auch immer - Insolvenz ein, konnte die Generalunternehmerin die Leistungen der Subunternehmer nicht mehr finanzieren. Es kam zwangsläufig zum Baustillstand, den die Klägerin und die GbR S. nur dadurch abwenden konnten, dass sie die offenen Werklohnansprüche der Subunternehmer übernahmen. Die den Bauherren hierdurch entstehenden Mehrkosten wären kein Ergebnis fehlerhafter Prüfung der Zahlungspläne und des Bautenstands durch die Gemeinschuldnerin. Es hätte sich vielmehr das Insolvenzrisiko der Klägerin und der GbR S. realisiert, soweit es durch die Erfüllungsbürgschaften nicht abgesichert war.

c)

Die Möglichkeit eines Kalkulationsfehlers der Generalunternehmerin ist nicht so fernliegend, dass sie bei der Prüfung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Gesamtschuldnerin außer Betracht bleiben könnte. Denn es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Generalunternehmerin bei ihrer Kalkulation die Kosten zumindest bei dem Bauabschnitt "Häuser 19 - 28" tatsächlich erheblich unterschätzt hat und die Vergaben an die Subunternehmer über dem Preisgefüge des Generalunternehmervertrages lagen. Diese Anhaltspunkte ergeben sich bereits aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Schreiben des Herrn Dr. S. an die Gemeinschuldnerin vom 19.08.1998, in dem er auf die nach seinen Informationen prekäre finanzielle Situation der Generalunternehmerin hinwies und in diesem Zusammenhang ausführte, der Geschäftsführer der Generalunternehmerin habe ihm erklärt, bei den Häusern 29 - 33 werde wahrscheinlich ein ausgeglichenes Ergebnis erzielt werden, bei den Häusern 19 - 28 seien die Vergaben jedoch um ca. 800.000,- DM höher als die mit der GbR S. vereinbarten Preise bzw. die Preisansätze für die Gewerke in dem Zahlungsplan (Anl. K 16, Bl. 66 [69] AnlH). Dr. S. hat diese Hinweise ersichtlich sehr ernst genommen, wie sich aus dem selben Schreiben ergibt ("Ich kann mir vorstellen, daß dies objektiv zutreffend ist." "Das ist natürlich eine mittlere Katastrophe unter Sicherheitsgesichtspunkten"). Dies gab der Klägerin und der GbR S. Anlass, in der Folgezeit bei allen á-conto-Zahlungsanforderungen erhebliche Einbehalte vorzunehmen, um den Schaden im Fall einer Insolvenz der Generalunternehmerin möglichst gering zu halten.

2.

Richtigerweise lässt sich ein durch Pflichtverletzungen der Gemeinschuldnerin verursachter Schaden nur in der Weise ermitteln, dass der Werklohn, den die Klägerin und die GbR S. an die Generalunternehmerin für die bis zur Einstellung der Arbeiten am 27.10.1998 erbrachten Leistungen aufgrund der Freigabe durch die Gemeinschuldnerin gezahlt haben, dem für diese Leistungen angemessenen Teil des Pauschalfestpreises der Generalunternehmerin gegenübergestellt wird. Ergäbe sich für diesen Zeitpunkt eine Differenz zwischen dem Stand des Bauvorhabens und dem hierfür geschuldeten Teil des Pauschalfestpreises, so könnte hierin ein von der Gemeinschuldnerin durch die Nichtberücksichtigung einzelner Gewerke und/oder fehlerhafte Bewertung des Baufortschritts schuldhaft verursachter Schaden liegen.

Zur Darlegung eines Schadens wäre es demnach notwendig gewesen, den Bautenstand am 27.10.1998 für jedes einzelne Gewerk in einer Weise darzulegen, die eine Bewertung durch einen Sachverständigen erlaubt. Sodann wäre der Bautenstand mit dem nach dem Leistungsverzeichnis insgesamt geschuldeten Werk ins Verhältnis zu setzen gewesen. Der sich aus diesem Verhältnis für den am 27.10.1998 erreichten Bautenstand ergebende angemessene Teil des Pauschalfestpreises wäre sodann zu vergleichen mit der Summe der bis dahin von der Gemeinschuldnerin freigegebenen und geleisteten Abschlagszahlungen der Klägerin und der GbR S.. Ergäbe sich hieraus eine Differenz zum Nachteil der Klägerin und/oder der GbR S., so würde dies den Rückschluss darauf zulassen, dass diese Differenz und der daraus mit der Insolvenz der Generalunternehmerin entstandene Schaden auf Fehler (Pflichtverletzungen) der Gemeinschuldnerin bei der ihr obliegenden Prüfung der Zahlungspläne und des Baufortschritts zurückgeht. Dies gilt sowohl für die nach den Behauptungen der Klägerin von der Gemeinschuldnerin "vergessenen" bzw. falsch gewichteten Leistungspositionen als auch für ihre angeblich fehlerhafte Beurteilung des erreichten Bautenstands.

In der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2005 hat der Senat Bedenken gegen die Schadensberechnung der Klägerin und des Landgerichts geäußert und auf die vom Senat für erforderlich gehaltene Art der Schadensberechnung hingewiesen. Der für die Klägerin anwesende Herr Dr. S. hat dazu erklärt, dass eine solche Schadensberechnung möglich sei, und einen Antrag auf Schriftsatznachlass zu den Hinweisen des Senats stellen lassen, dem der Beklagte entgegengetreten ist. Mit Beschluss vom 08.11.2005 hat der Senat der Klägerin den beantragten Schriftsatznachlass gewährt, nachdem diese mit Schriftsatz vom 21.09.2005 die Hinweise des Senats und ihre Bereitschaft zur entsprechenden Schadensdarlegung in einem nachzulassenden Schriftsatz wiederholt hatte (S. 3 des Schriftsatzes vom 21.09.2005, Bl. 643 d. A.). Gleichwohl hat die Klägerin auch in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2005 (Bl. 675 ff. d.A.) einen sich am Bautenstand vom 27.10.1998 orientierenden Schaden aus einer Differenz zwischen der Summe der bis dahin gemäß der Freigabe der Gemeinschuldnerin geleisteten Abschlagszahlungen und dem diesen Bautenstand entsprechenden Teil des Pauschalfestpreises der Generalunternehmerin nicht schlüssig dargelegt.

a)

Zwar geht die Klägerin in diesem Schriftsatz im Ansatz zutreffend davon aus, dass für die Berechnung eines möglichen Schadens maßgeblich der Bautenstand am 27.10.1998 ist. Erstmals und ohne nähere Begründung stellt sie allerdings bereits Beträge gegenüber, die von der bisherigen Berechnung abweichen (S. 14 ff., Bl. 687 ff. d. A.), nämlich niedrigere ("korrigierte") Pauschalfestpreise (12.926.359,42 DM brutto für die Häuser 19-28 bzw. 10.348.462,08 DM brutto für die Häuser 29-33) und höhere Zahlungen an die Generalunternehmerin von 17.130.757,30 DM, während sie bisher (vgl. die Berufungserwiderung) - und richtigerweise - auf die mit der Prüfung der 22. á-conto-Zahlung von der Gemeinschuldnerin freigegebenen Beträge abgestellt hat (8.367.244,88 DM netto abzüglich eines 5-%igen Sicherheitseinbehalts = 6.862,955,25 DM netto für die Häuser 19-28, und 8.074.065,- netto abzüglich eines 15 %-igen Sicherheitseinbehalts für die Häuser 29-33, vgl. Anl. K 48, 49).

b)

Darüber hinaus ergibt sich aber auch aus dem Schriftsatz vom 28.11.2005 nicht die erforderliche nachvollziehbare Darstellung des Bautenstandes am Stichtag.

Denn der Bautenstand wird erneut nicht im einzelnen dargestellt. Vielmehr werden stichprobenartig noch auszuführende Restarbeiten angegeben und hieraus - ohne jede Substanz - der Fertigstellungsgrad der Bauwerke in Prozent abgeleitet. Beispielhaft wird auf Seite 22 f. des Schriftsatzes vom 28.11.2005 (Bl. 695 f. d.A.) anhand des Bautenstandsberichts für das Haus 20/22, WE 1 im Erdgeschoss, allgemein auf die Beschreibung der noch auszuführenden Restarbeiten (Anl. K 45) verwiesen, in der für diese Wohnung fünf noch ausstehende Leistungen aufgeführt sind (Innentüren, Glas-Element, Griff-Oliven an allen Fenstern, Einbauschrank und Grundreinigung). Für diese Leistungen werden "Nettobaukosten von 4.779,74 DM" angesetzt. Auf der Grundlage dieses Wohnungsbeispiels folgert die Klägerin sodann, dass der Bautenstand für den Bauabschnitt Häuser 19-28 "äußerstenfalls 57 %" betragen habe und nicht, wie von der Gemeinschuldnerin bei Freigabe der 22. à-conto-Zahlung bestätigt, 77 %. Für den Bauabschnitt "Häuser 29-33" wird - ebensowenig nachvollziehbar - ein Bautenstand von ca. 69 % behauptet statt, wie von der Gemeinschuldnerin ebenfalls bei Freigabe der 22. á-conto-Zahlung bestätigt, 88,52 %.

Soweit im Schriftsatz vom 28.11.2005 unter V. (S.27 ff., Bl. 700 d.A.) für die einzelnen Positionen der Zahlungspläne (Vorbereitung/Planung, Erdarbeiten, Baustelleneinrichtung, Rohbauarbeiten etc.) von der Einschätzung der Gemeinschuldnerin abweichende Fertigstellungsgrade behauptet werden, geschieht dies ausnahmslos wiederum im Wege des für die konkrete Schadensberechnung gerade nicht aussagefähigen Vergleichs der Kosten für noch auszuführende Arbeiten mit den jeweils zur Verfügung stehenden Rückstellungen für diese Arbeiten.

Damit hat die Klägerin insgesamt einen ihr entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe liefe auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin auf eine unzulässige Ausforschung hinaus, weil sich der Sachverständige die nötige Tatsachengrundlage - den Stand der Bauwerke am 27.10.1998 - erst noch verschaffen müsste, ehe er eine Bewertung des Wertes dieses Bautenstandes vornehmen könnte.

III.

Da der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin keine zur Schlüssigkeit der Klage führenden neuen Tatsachen enthält, bestand zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kein Anlass. Der Berufung des Beklagten war nach allem der Erfolg nicht zu versagen, während die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen war.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

V.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.

 Streitwert für das Berufungsverfahren: 511.291,88 €
(Berufung: 413.693,42 €
Anschlussberufung: 97.598,46 € )



Ende der Entscheidung

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