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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 22 U 77/08
Rechtsgebiete: BGB, HOAI


Vorschriften:

BGB § 812
HOAI § 6 Abs. 2
HOAI § 6 Abs. 2 Nr. 2
HOAI §§ 10 ff.
HOAI § 11
HOAI § 11 Abs. 1 Nr. 3
HOAI § 15
HOAI § 24
HOAI § 111
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 09.04.2008 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 14 O 575/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtslage. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Bereicherungsausgleich nach § 812 BGB.

Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist die seinerzeitige Honorarzahlung der Klägerin teilweise ohne rechtlichen Grund erfolgt. Denn auf den im Jahre 2000 geschlossenen Vertrag ist die HOAI anwendbar und die Beklagte hat sich seinerzeit ein höheres Honorar versprechen und bezahlen lassen, als dies nach den preisrechtlichen Vorgaben dieser Verordnung zulässig war. Eine Honorarvereinbarung ist aber unwirksam, soweit das vereinbarte Honorar über dasjenige hinausgeht, was nach HOAI zulässig ist (BGH VII ZR 25/06 Rn. 14-15, zitiert nach Juris).

1.

Die Frage, ob im Streitfall die HOAI anwendbar ist, beurteilt sich nach dem Inhalt der Vertragsurkunde Bl. 7 f. d. A. (ohne dass es hier schon auf die zwischen den Parteien streitige Frage ankäme, zu welchem Zeitpunkt dieser Vertrag zustande gekommen ist.).

Die HOAI gilt nicht personen-, sondern objektbezogen. Es kommt also entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob der jeweilige Auftragnehmer Architekt ist oder - wie hier - Dachdecker bzw. Sachverständiger (vgl. BGH NJW 98, 1228, 1229; anderer Meinung Locher/Koeble/Frik § 1 HOAI, Rn. 11; m. N.). Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofes an. Danach ist die HOAI nur dann nicht anwendbar, wenn die vereinbarte Leistung erheblich vom Gewerk eines Architekten abweicht (BGH a.a.O.; ebenso Landgerichtsurteil Bl. 634 d. A.).

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, lassen sich die im Vertrag vereinbarten Leistungen der Beklagten überwiegend den Leistungsphasen nach § 15 HOAI zuordnen (Bl. 634, 635 d. A.). Diese Feststellung greift die Beklagte als solche nicht an (Bl. 638 d. A.); deshalb kann darauf Bezug genommen werden. Ergänzend ist anzumerken, dass der Geschäftsführer der Beklagten nicht als "Sachverständiger" eingeschaltet worden ist. Zwar war er der Klägerin aus früherer Sachverständigentätigkeit bekannt. Die an ihn herangetragene neue Aufgabe war indessen "klassische" Baubetreuungstätigkeit, die üblicherweise von einem Architekten oder Bauingenieur wahrgenommen wird. Würde man der Beklagten gestatten, auf Stundenbasis abzurechnen, ohne an die Beschränkungen der HOAI gebunden zu sein, wäre sie gegenüber diesen Berufsgruppen ohne sachliche Rechtfertigung im Vorteil.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Zahlung des seinerzeitigen Honorars also nicht schon deshalb mit rechtlichem Grund erfolgt, weil die Honorarvereinbarung mangels Anwendbarkeit der HOAI rechtlich unbedenklich wäre.

2.

Das Landgericht ist ferner mit Recht davon ausgegangen, die Honorarvereinbarung sei teilweise unwirksam (mit der Folge einer rechtsgrundlosen Überzahlung der Beklagten), weil die Sätze der HOAI überschritten seien.

a)

Allerdings geht das Landgericht davon aus, anwendbar seien nur die Mindestsätze der HOAI, weil es an einer schriftlichen Honorarvereinbarung fehle (Bl. 636 mit Bezugnahme auf Bl. 633 f. d. A.). Ein Vertrag sei nämlich schon dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 20.03.2000 (Bl. 150 d. A.) Arbeiten aufgenommen habe, in dem sie die Akten des früheren Verfahrens studiert habe (Bl. 633 f. und 151 d. A.).

Mit Recht macht die Beklagte geltend, dass dies rechtlichen Bedenken begegnet.

Das genannte Schreiben der Klägerin vom 20.03.2000 enthielt kein Vertragsangebot, sondern nur eine Anfrage. Dort heißt es zunächst, es stünden dringende Sanierungsarbeiten an Dach und Terrasse an. Dann heißt es weiter:

"Wir bitten Sie bereits jetzt um Mitteilung, ob Sie daran interessiert sind, diese Arbeiten als Gutachter bzw. Bauleiter zu begleiten und welche Kosten von Ihnen angesetzt werden."

Dies ist eindeutig kein Vertragsangebot, sondern allenfalls eine bloße "invitatio", eher noch: eine bloße, gänzlich unverbindliche Anfrage. Ein Rechtsbindungswille der Klägerin ist ersichtlich noch nicht vorhanden: Weder kommt in dem Schreiben zum Ausdruck, dass sich die Klägerin bereits jetzt dafür entschieden habe, den Auftrag der Beklagten zu erteilen, noch ist ersichtlich, dass die Klägerin etwa bereit wäre, jedwedes von der Beklagten geforderte Entgelt zu akzeptieren. Die Frage nach den Kosten macht im Gegenteil deutlich, dass die endgültige Auftragsvergabe auch hiervon abhängen würde.

Richtigerweise hat die Beklagte das Schreiben der Klägerin auch nicht als Angebot aufgefasst, sondern ihrerseits unter dem 24.03.2000 den Abschluss eines Vertrages angeboten (Bl. 152 f. d. A.). Der dem Schreiben beiliegende Entwurf ist beiderseits unterzeichnet worden. Damit haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, mit Unterzeichnung dieser Urkunde (Bl. 7 f. d. A.) einen Vertrag schließen zu wollen. Dies schließt es aus, im nachhinein anzunehmen, in Wahrheit sei der Vertrag zu dieser Zeit bereits längst zustande gekommen gewesen.

Dass die Beklagte im nachhinein für die - vor Unterzeichnung des Vertrages liegende - Durchsicht der Akten Honorar verlangt hat, ist für die Frage des Vertragsschlusses rechtlich ohne Bedeutung. Allenfalls könnte sich die Frage der Berechtigung einer Forderung für ein Tätigwerden vor dem Zustandekommen eines Vertrages stellen.

b)

Es liegt also entgegen der Auffassung des Landgerichts ein schriftlicher Vertrag vor, der - wie das Landgericht insoweit zutreffend erkannt hat - an den Vorgaben der HOAI zu messen ist.

aa)

Der in § 2 des Vertrages vereinbarte Stundensatz von 160,00 DM (Bl. 8 d. A.) hält sich in den Grenzen der seinerzeitigen Fassung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 HOAI. Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, ist maßgeblich aber, ob sich bei Abrechnung nach den §§ 10 ff. HOAI ein geringeres Honorar errechnet (vgl. Locher a.a.O. § 6 HOAI, Rn. 2 mit Verweis auf § 4 Rn. 9). Von diesem Ansatz gehen auch beide Parteien aus.

bb)

Die gemäß §§ 10 ff. HOAI zugrunde zu legenden anrechenbaren Kosten hat das insoweit sachverständig beratene Landgericht (S. 7 des Urteils, Bl. 635 unten) ermittelt. Dagegen wenden sich die Parteien im Berufungsrechtszug nicht.

cc)

Weiter ist das Landgericht - auch insoweit gestützt auf das Gutachten des von ihm beauftragten Sachverständigen Boddenberg mit Ergänzung (Bl. 404 ff.,502 ff., 594 d. A.) - bei der Berechnung zu Recht von Honorarzone III des § 111 HOAI ausgegangen (Bl. 636 d. A.).

Ohne Erfolg macht die Beklagte mit der Berufung geltend, näher liege die Einordnung in Honorarzone IV (Bl. 669 ff. d. A.).

Honorarzone III betrifft in § 11 Abs. 1 Nr. 3 HOAI näher beschriebene Gebäude mit durchschnittlichen Planungsanforderungen, während bei Zone IV überdurchschnittliche Planungsanforderungen gestellt sein müssen.

Der Sachverständige Boddenberg hat zwar festgestellt, es habe sich seinerzeit um eine "knifflige Bauaufgabe" gehandelt. Auch sei das zu sanierende Gebäude ein Gebäude nach einem Regelbeispiel der Honorarzone IV gewesen ("Terrassen- und Hügelhäuser"). Gleichwohl ergebe die Überprüfung nach § 6 Abs. 2 HOAI, dass alle Bewertungsmerkmale (gemeint: die nach Abs. 1 des § 11) auf Zone III hindeuteten (Bl. 419 d. A.). Daran hat er in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten ebenso festgehalten (vgl. Bl. 505 d. A.: "Aus Sicht des Unterzeichners bestehen keine Zweifel, dass das Gebäude der Honorarzone III zuzurechnen ist".) wie bei seiner mündlichen Anhörung.

Dem folgt der Senat. Das Argument der Beklagten aus § 24 HOAI (Hinweis auf Umbauten und Modernisierungen, Bl. 671 d. A.) überzeugt nicht. Es ist hier im Wesentlichen um eine Instandsetzung (Sanierung) gegangen. Dies entsprach ersichtlich auch der ursprünglichen eigenen Einschätzung der Beklagten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der von der Beklagten selbst entworfene Vertrag durchgängig von "Instandsetzungsarbeiten" spricht, also von Sanierung. Auch wird der Geschäftsführer der Beklagten im Schriftsatz vom 24.05.2004 als "Berater von Bauherren insbesondere bei Sanierungsarbeiten und der baubegleitenden Betreuung solcher Sanierungsmaßnahmen" bezeichnet (Bl. 29 d. A.).

Soweit die Beklagte auf die Regelungen für Freiflächen (§§ 13 und 14 HOAI) verweist (Bl. 673 f. d. A.), ist entgegenzuhalten, dass es hier, wie sie selbst einräumt, um eine solche Anlage nicht gegangen ist (Bl. 674 d. A.).

Eine andere Einordnung der Arbeiten in die Honorarzone lässt sich auch nicht mit einer Einzelbewertung nach § 11 HOAI begründen. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 05.09.2007 (S. 9, Bl. 535 d. A.) auf eine Punktzahl von 30 Punkten kommt, was für eine Einordnung in die Honorarzone IV (mindestens 27 Punkte) spricht, ist dies nicht zwingend. Schon leichte Verschiebungen - etwa der Ansatz von nur einem Punkt für die technische Gebäudeausrüstung (so der Sachverständige, Bl. 589 d. A.) - führen zu einer anderen Eingruppierung.

dd)

Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht schließlich davon ausgegangen, dass nur die Tabellenmindestsätze der HOAI einer Abrechnung zugrunde gelegt werden können. Dies ergibt sich zwar - wie bereits ausgeführt - nicht schon daraus, dass es an einer schriftlichen Honorarvereinbarung fehlt. Wie die Klägerin aber mit Recht geltend macht, lässt sich der im schriftlichen Vertrag getroffenen Vereinbarung einer Abrechnung nach Stundensätzen nicht hinreichend sicher entnehmen, dass die Parteien für den Fall einer Abrechnung nach §§ 10 ff. HOAI in der vorbeschriebenen Weise ein Honorar nach den Höchstsätzen der HOAI haben vereinbaren wollen. Der Fall liegt insoweit anders als die in der Rechtssprechung entschiedenen Fälle, wonach bei Vereinbarung eines Pauschalhonorars, das oberhalb der Höchstsätze der HOAI liegt, die Honorarvereinbarung in der Form aufrechterhalten wird, dass die Höchstsätze der HOAI als vereinbart gelten (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 11.10.2007 - VII ZR 25/06, veröffentlicht bei Juris). In Ermangelung einer solchen Honorarvereinbarung können deshalb nur die Mindestsätze der HOAI abgerechnet werden.

Die Rückführung einer vertraglich vereinbarten Vergütung auf den Betrag eines Honorars nach den Höchstsätzen der HOAI ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs möglich, wenn die Vertragsparteien ein Pauschalhonorar oder etwa die Eingruppierung der geschuldeten Arbeiten in eine höhere als die sachlich gerechtfertigte Honorarzone der HOAI vereinbart haben (vgl. BGH a.a.O.; BauR 90, 239 f.).

Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall nicht vergleichbar. Bei Vereinbarungen der vorbeschriebenen Art steht bereits bei Abschluss des Vertrages fest, dass das vertraglich vereinbarte Honorar höher ist als das in Anwendung der HOAI zulässige. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit Recht geltend gemacht hat, liegt der Streitfall in einem entscheidenden Punkt anders: Hier ist lediglich ein Stundensatz vereinbart, nicht dagegen ein endgültig der Höhe nach feststehendes Honorar. Die Anzahl der für die vereinbarten Arbeiten erforderlichen Stunden war - wie die Klägerin unwidersprochen geltend gemacht hat - seinerzeit für beide Parteien nicht absehbar. Deshalb war bei Vertragsschluss gänzlich offen, welches zu zahlende Honorar sich in Anwendung des vereinbarten Stundensatzes schließlich ergeben würde. Damit fehlt es an einer Grundlage für die Rückführung der vertraglichen Vergütungsabrede auf ein Honorar nach den Höchstsätzen der HOAI: Diese Rückführung beruht letztlich auf der Vorstellung, dass die Vertragsparteien, hätten sie die preisrechtliche Unzulässigkeit ihrer Honorarabrede gekannt, jedenfalls das preisrechtlich noch zulässige Honorar als maßgeblich vereinbart hätten. Das setzt aber voraus, dass zur Zeit des Vertragsabschlusses die Überschreitung der Höchstsätze bereits klar war, woran es im vorliegenden Fall - wie bereits ausgeführt - gerade fehlt. Deshalb lässt sich hier nicht feststellen, dass die Parteien jedenfalls ein Honorar nach den Höchstsätzen der HOAI gewollt hätten. Aus der Tatsache, das sich nach Ausführung der Arbeiten herausgestellt hat, dass eine Überschreitung der Höchstsätze vorliegt, kann kein Schluss auf den Parteiwillen zur Zeit des Vertragsschlusses gezogen werden.

In Fällen der vorliegenden Art können deshalb nur die Mindestsätze der HOAI zugrunde gelegt werden, so dass sich die dahingehende Annahme des Landgerichts als im Ergebnis zutreffend erweist.

ee)

Einen Zuschlag nach § 24 HOAI hat das Landgericht zu Recht abgelehnt. Entgegen der Auffassung der Beklagten war Gegenstand des Auftrages eine Sanierung, also im Kern nicht Umbau oder Modernisierung, wie es Voraussetzung dieser Vorschrift ist. Darauf, dass dies ursprünglich ersichtlich auch der eigenen Einschätzung der Beklagten entsprach, ist bereits hingewiesen worden.

ff)

Auch gegen die Kürzung der Prozentsätze der einzelnen Leistungsphasen (Urteil des Landgerichts, Bl. 636 f.) ist entgegen den Ausführungen der Beklagten (Bl. 676 f. d. A.) nichts zu erinnern. Das Landgericht hat die Honorarberechnung des Sachverständigen (Anlage zum Ergänzungsgutachten vom 11.07.2007, Bl. 507 f. d. A.) zugrunde gelegt. Dieses wiederum geht - mit wenigen, ganz geringfügigen Änderungen - von der von der Beklagten selbst vorgelegten Honorarberechnung (Anl. B 67, Bl. 469 d. A.) aus.

Die Berufung der Beklagten hat deshalb keinen Erfolg haben können.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO).

Streitwert des Berufungsverfahrens: 9.135,52 Euro.

Ende der Entscheidung

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