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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 23 WLw 8/00
Rechtsgebiete: FGG, HöfeO, BGB, GAL, GenG, LwVG


Vorschriften:

FGG § 19
HöfeO § 18 Abs. 2 Satz 3
HöfeO § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
HöfeO § 6
HöfeO § 6 Abs. 1
HöfeO § 1 Abs. 1
HöfeO § 1
HöfeO § 7 Abs. 2
HöfeO § 4
BGB § 1938
GAL § 2 Abs. 1
GenG § 76
LwVG § 44 Abs. 1
LwVG § 45 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

23 WLw 8/00

In der Landwirtschaftssache

pp.

hat der 23.Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr.Hahn sowie die Richter am Oberlandesgericht Müller und Ring

am 5.April 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Mettmann vom 22.August 2000 - 7 Lw 25/00 - aufgehoben.

Das Amtsgericht wird angewiesen, über die Anträge der Beteiligten zu 1. und 2. auf Erteilung eines Hoffolgezeugnisses und Erbscheins nach der am 9.Februar 2000 verstorbenen Frau K. M. H. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Von den Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten zu 1. und 2. jeweils 2/5 und der Beteiligte zu 3. 1/5 zu tragen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind Geschwister. Ihre Mutter, Frau K. M. H. (Erblasserin), ist am 9.Februar 2000 verstorben.

Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1974 war die Erblasserin Alleineigentümerin des am 27.Januar 1982 in die Höferolle eingetragenen Gartenbaubetriebs zu D.-W., Wi. 85. Auf dem im Grundbuch des Amtsgerichts D. von B. Blatt ... eingetragenen Grundstück befindet sich neben Gewächshäusern unter anderem ein Mehrfamilienhaus mit 6 Wohnungen, von denen 4 Einheiten fremdvermietet sind, eine Wohnung von der Beteiligten zu 1. genutzt wird und eine weitere Wohneinheit von der Erblasserin selbst bewohnt worden war.

Mit notarieller Urkunde vom 2.Februar 1982 hatte die Erblasserin dem Beteiligten zu 2. im Wege der Schenkung als vorweggenommene Erbfolge Grundbesitz in D.-V. übertragen. Auf dem geschenkten Grundstück betreibt der Beteiligte zu 2. seit den Jahren 1983/1984 als selbständiger Gärtnermeister eine Friedhofsgärtnerei.

Gleichfalls am 2.Februar 1982 hatte die Erblasserin ein notarielles Testament errichtet, in welchem sie die ?eteiligten zu 1. und 3. zu ihren Erben eingesetzt und für die Teilung des Nachlasses unter anderem bestimmt hatte, dass die Beteiligte zu 1. den Gartenbaubetrieb in D.-W. einschließlich des dazu gehörenden Grundbesitzes erhalten solle. Diese hatte seit den siebziger Jahren in der dortigen Gärtnerei ihrer Eltern mitgearbeitet und ist ihrerseits Gärtnermeisterin.

Mit schriftlichem Vertrag vom 22.Juni 1989 pachtete die Beteiligte zu 1. von der Erblasserin den Gartenbaubetrieb in W. für 12 Jahre. In einer Zusatzvereinbarung vom 22.August 1989 wurde die Pachtzeit um weitere 2 Jahre bis zum 30.Juni 2003 verlängert, nachdem die Erblasserin vorzeitiges Altersgeld beantragt hatte und von der zuständigen Alterskasse für den Gartenbau darüber belehrt worden war, dass die im Pachtvertrag vereinbarte Pachtdauer hierfür nicht ausreiche.

Am 10.Oktober 1997 errichtete die Erblasserin ein handschriftliches Testament mit folgendem Wortlaut:

"Ich widerrufe hiermit alle früheren von mir errichteten Testamente, so dass nur noch mein heutiges Testament Gültigkeit haben soll.

Zu meinem alleinigen Erben setze ich meinen Sohn K.-H. H. ein. Er ist der Einzige meiner Kinder, der Nachkommen hatt. Und das Erbe in der Familie bleiben soll.

Meine weiteren Kinder C. M. H. und F.-J. H. setze ich auf den Pflichtteil. Der darf aber nicht so Hoch ausfallen, das das Erbe geteilt oder verkauft werden müsste !"

Nach dem Tode der Erblasserin hat der Beteiligte zu 2. beim Nachlassgericht in D. einen Erbschein dahin beantragt, dass er Alleinerbe sei. Die Beteiligte zu 1. ihrerseits begehrt mit ihrem Antrag an das Landwirtschaftsgericht die Erteilung eines Hoffolgezeugnisses sowie eines Erbscheins betreffend den Gartenbaubetrieb in W..

Das Amtsgericht -Landwirtschaftsgericht - Mettmann hat mit Beschluß vom 22.August 2000 seine Absicht angekündigt, dem Beteiligten zu 2. ein Hoffolgezeugnis mit Erbschein dahin zu erteilen, dass Hofnachfolger betreffend den im Grundbuch des Amtsgerichts D. von B. Blatt ... eingetragenen Hof der Beteiligte zu 2. sei und bezüglich des hoffreien Vermögens Erben der Frau K. M. H. der Beteiligte zu 2. zu 2/3 sowie die Beteiligten zu 1. und 3. zu je 1/6 seien.

Gegen diesen Beschluß haben die Beteiligten zu 1.und 2. Beschwerde eingelegt.

Die Beteiligte zu 1. vertritt die Ansicht, Hofnachfolgerin betreffend den Hof in W. geworden zu sein. Durch das Testament vom 10.Oktober 1997 sei keine Hofnachfolge bestimmt worden, weil die Erblasserin in ihrer Testierfähigkeit dadurch eingeschränkt gewesen sei,dass sie ihr mit dem Pachtvertrag den Hof auf Dauer übertragen habe. Die Lebenserwartung der - schon damals schwer kranken und erwerbsunfähigen - Erblasserin sei kürzer gewesen als die vereinbarte Pachtzeit. Indizien für eine dauerhafte Übertragung des Hofes seien ferner der Antrag der Erblasserin auf Gewährung von Altershilfe durch die Alterskasse für den Gartenbau, die Übertragung der zum Hof gehörenden genossenschaftlichen Anteile an der N. Blumenvermarktung e.G. auf sie - die Beteiligte zu 1. - und ihre Benennung als Betriebsnachfolgerin gegenüber der Krankenkasse für den Gartenbau durch die Erblasserin. Diese habe auch vor und nach Abschluß des Pachtvertrags wiederholt erklärt, sie - die Beteiligte zu 1. - solle Hoferbin sein. Daß sich die Erblasserin die Bewirtschaftung des Mehrfamilienhauses vorbehalten habe, stehe der Übertragung des Hofes nicht entgegen, zumal der wirtschaftliche Wert des ihr - der Beteiligten zu 1. - überlassenen Grundstücksteils denjenigen des Wohnhauses weit übersteige.

Der Beteiligte zu 2. trägt vor, die Erblasserin habe vor, bei und nach Abschluß des Pachtvertrags mit der Beteiligten zu 1. immer wieder im Familienkreis und gegenüber Außenstehenden betont, ihr gehe es darum, den Betrieb in der Familie zu halten und sicherzustellen, dass dieser eines Tages auf einen Enkel übergehe. Deshalb sei er als ihr einziges Kind, das selbst Nachkommen habe, nach ihrem Willen zum Hoferben berufen. Der Erblasserin sei es erkennbar auf die Möglichkeit angekommen, den Pachtvertrag bei Vorliegen entsprechender Gründe vorzeitig zu kündigen oder nach seinem Ablauf nicht zu verlängern; im anderen Fall hätte sie mit der Beteiligten zu 1. einen Hofübergabevertrag geschlossen, was sie jedoch stets abgelehnt habe. Bereits in den Jahren 1996/1997 sei klar gewesen, dass eine Verlängerung des Pachtvertrags nicht in Betracht komme. Überdies erfasse der Pachtvertrag nur den wirtschaftlich geringerwertigen Teil des Grundbesitzes.

Demgegenüber sei er alleiniger Erbe auch des hoffreien Vermögens der Erblasserin. Deren Wille, ihn zum Alleinerben bezüglich des gesamten Nachlasses einzusetzen, sei im Testament vom 10.Oktober 1997 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht.

Der Beteiligte zu 3. macht geltend, eine Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes an die Beteiligte zu 1. auf Dauer sei nicht erfolgt und von der Erblasserin auch nicht beabsichtigt gewesen. Von Anfang an habe festgestanden, dass nach deren Vorstellungen der Familienbesitz demjenigen Kind zufallen solle, das seinerseits Abkömmlinge habe. Die Erblasserin habe später auch aufgrund eines tiefgreifenden Zerwürfnisses mit der Beteiligten zu 1. insbesondere nach deren Heirat das Pachtende sehnlichst herbeigewünscht und ihm - dem Beteiligten zu 3. - gegenüber ihre Absicht geäußert, nach Ablauf des Pachtvertrags die Gärtnerei an den Beteiligten zu 2. zu verpachten. Im übrigen möge der Senat die Ansicht des Amtsgerichts, die Beteiligten seien Miterben des hoffreien Nachlasses, rechtlich würdigen.

II.

1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. sind zulässig.

Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um einen Vorbescheid, durch den die Erteilung eines Erbscheins und Hoffolgezeugnisses mit bestimmtem Inhalt angekündigt wird. Ein solcher Vorbescheid ist mit der Beschwerde nach § 19 FGG anfechtbar (BGH NJW 1956,987; OLG Celle RdL 1962,325; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Höfeordnung,9.Aufl.,§ 18 Rn.52; abweichend OLG Oldenburg RdL 1987, wonach § 22 LwVG Anwendung findet).

2. In der Sache führen die Beschwerden zur Aufhebung des Vorbescheids und zur Anweisung an das Landwirtschaftsgericht, über die Erteilung von Erbschein und Hoffolgezeugnis nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Das Landwirtschaftsgericht ist für die Erteilung sowohl des Hoffolgezeugnisses als auch des Erbscheins zuständig. Diese Zuständigkeit erstreckt sich auf das hoffreie Vermögen. Die in § 18 Abs.2 Satz 3 HöfeO vorgesehene Möglichkeit der Beschränkung des Erbscheins auf die Hoferbfolge zwingt dazu, auch die Erteilung eines auf den hoffreien Nachlaß beschränkten Erbscheins durch das Landwirtschaftsgericht zuzulassen, zumal hierfür ein dringendes praktisches Bedürfnis besteht (BGH NJW 1988,2740).

Hoferbe betreffend den im Grundbuch des Amtsgerichts D. von B. Blatt ... eingetragenen Hofes ist nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO die Beteiligte zu 1.

Die Nachfolge für diesen Grundbesitz bestimmt sich nach der Höfeordnung. Die Liegenschaft ist ein Hof im Sinne des § 1 Abs.1 HöfeO, da sie in die Höferolle eingetragen und als "landwirtschaftliche Besitzung" einzuordnen ist. Auch der erwerbsgärtnerische Anbau von Zierpflanzen kann grundsätzlich Landwirtschaft im Sinne der Höfeordnung sein (BGH NJW 1953,342; 1997,665). Daß die Pflanzen in der von der Beteiligten zu 1. betriebenen Gärtnerei zumindest teilweise in Gewächshäusern aufgezogen werden, steht der Anwendung der Höfeordnung nicht entgegen. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, ist der erwerbsgärtnerische Anbau von Blumen und Zierpflanzen auch dann Landwirtschaft im Sinne des § 1 HöfeO, wenn er überwiegend in Gewächshäusern und in Behältern betrieben wird (BGH NJW 1997,664).

Zum Hoferben berufen ist die Beteiligte zu 1. Die Erblasserin hat zwar in ihrem Testament vom 10.Oktober 1997 den Beteiligten zu 2. zum Hoferben bestimmt. Ihre letztwillige Verfügung ist ersichtlich darauf gerichtet, dem Beteiligten zu 2. das Erbe, welches nach ihrem erklärten Willen "in der Familie bleiben soll", zumindest also den Grundbesitz und damit jedenfalls die Liegenschaft zu übertragen, auf der sich die Gärtnerei befindet. Daß die Erblasserin durch dieses Testament dem Beteiligten zu 2. den Gartenbaubetrieb von Todes wegen hat zuwenden wollen, ist zwischen den Beteiligten letztlich auch unstrittig.

Die Einsetzung des Beteiligten zu 2. als Hoferben durch das Testament vom 10.Oktober 1997 ist indessen nach § 7 Abs.2 HöfeO unwirksam, da sie die hoferbenberechtigte Beteiligte zu 1. von der Hoferbfolge ausschließen würde; diese ist gemäß § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO als Hoferbe berufen.

Nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO ist Hoferbe in erster Linie der Miterbe, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist. Für die Anwendung dieser Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob diejenige Person, der die Bewirtschaftung überlassen ist, im Erbfall zur Erbengemeinschaft gehört. Der im Gesetz verwendete Begriff "Miterbe" ist nach dem Zweck der Regelungen über die Hoferbenordnung und deren Sinnzusammenhang nicht etwa - was der Wortlaut der Vorschrift nahe legen könnte - dahin zu verstehen, dass nur ein Mitglied der Erbengemeinschaft auch Hoferbe sein kann. Wie § 4 HöfeO zeigt, umschreibt der Miterbenbegriff im Höferecht untechnisch die Gesamtheit der Personen, die entweder zur Hoferbfolge berufen oder, soweit sie nicht Hoferbe werden, auf Abfindungsansprüche beschränkt sind (Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 7.Aufl., § 6 HöfeO Rn.10). § 6 HöfeO bestimmt den sogenannten Intestaterben (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 6 Rn.3; Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, Höfeordnung, 2.Aufl., § 6 Rn.5). Deshalb hindert etwa ein Erbausschluß nach § 1938 BGB die Anwendung dieser Vorschrift nicht (Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo a.a.O.). Eine gegenteilige Auslegung des Gesetzes widerspräche auch dem von ihm verfolgten Zweck. In § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO geht es um den Vertrauensschutz des Hofübernehmers (BGH NJW 1994,3170), der nicht gewährleistet wäre, wenn es im Belieben des Erblassers stünde, durch dessen Enterbung seine vom Gesetz angeordnete Berufung zum Hoferben auszuschließen.

Der Beteiligten zu 1. ist von der Erblasserin die Bewirtschaftung des Gartenbaubetriebs im Zeitpunkt des Erbfalls auf Dauer übertragen gewesen. Wenngleich sich die Erblasserin die Nutzung des Mehrfamilienhauses vorbehalten hat, liegt eine Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes im Sinne des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO vor. Allerdings gehört das Wohngebäude zum Hof, weil es auf demselben Grundstück errichtet ist, auf dem auch die Gärtnerei betrieben wird. Ein auf derselben Parzelle gebautes Wohnhaus kann nicht Gegenstand besonderer Rechte sein und ist deshalb Bestandteil des Hofes (Urteil des Senats vom 11.11.1982 - 23 WLw 35/81 - veröffentlicht in RdL 1983,76; OLG Celle RdL 1984,47). Daß die Erblasserin das 6-Familien-Haus selbst bewirtschaftet hat, hindert die Berufung der Beteiligten zu 1. von Gesetzes wegen zur Hoferbin jedoch nicht. Die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO sind vielmehr auch dann erfüllt, wenn dem Hoferbenberechtigten wesentliche Teile des Hofes zur Bewirtschaftung auf Dauer übertragen sind, während der übrige Teil von dem Hofeigentümer selbst oder einem Dritten bewirtschaftet wird (Wöhrmann/Stöcker § 6 HöfeO Rn.14; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 6 Rn.4; Bendel AgrarR 1976,123). Die Bewirtschaftung des gesamten Hofes ist etwa auch dann übertragen, wenn sich der Eigentümer einzelne hofzugehörige Grundstücke und Wohnungen vorbehält (OLG Hamm AgrarR 1976,359). Die Anwendung des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO wird dagegen ausgeschlossen sein, sofern der Hoferbenberechtigte nicht den überwiegenden Teil des Hofes bewirtschaftet, weil in diesem Fall von einer Bewirtschaftung "des Hofes" nicht die Rede sein kann. So hat der Bundesgerichtshof eine Übernahme der Bewirtschaftung im Sinne des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO verneint, weil die bewirtschafteten Ländereien nur zwei Fünftel des Gesamthofes ausgemacht haben (BGH RdL 1980,108).

Der Beteiligten zu 1. sind im Rahmen des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO ausreichende wesentliche Teile des Hofes zur Bewirtschaftung übertragen worden. Die von ihr betriebene Gärtnerei nebst mitverpachteten Gebäuden nimmt eine Grundstücksfläche von 6.009 qm ein, während der Anteil des Wohnhauses sich auf 1.596 qm beschränkt. Für die rechtliche Einordnung nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO ist entscheidend auf die Flächenverhältnisse und nicht auf andere Merkmale wie Miet- und Pachteinkünfte oder gar den Umsatz des landwirtschaftlichen Betriebes abzustellen. Der Betriebsumsatz ist kein brauchbares Abgrenzungskriterium, da er naturgemäß beträchtlichen Schwankungen unterliegt und auch von dem persönlichen Einsatz des Betriebsinhabers abhängt. Auch das Verhältnis zwischen dem Pachtzins für die landwirtschaftlich genutzte Fläche und den Einnahmen aus den Mietwohnungen eignet sich als Maßstab nicht, weil Landpachtflächen erfahrungsgemäß zu einem vergleichsweise niedrigen Nutzungsentgelt überlassen werden. Hinzu kommt, dass gerade in dem von § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO erfassten Fall der Bewirtschaftung durch einen Abkömmling mit Rücksicht auf die familiären Bande nicht selten ein unterdurchschnittlicher Pachtzins festgelegt werden dürfte. Davon abgesehen ginge ein Vergleich zwischen Miet- und Pachteinnahmen in allen Fällen, in denen die Ländereien ohne Gegenleistung bewirtschaftet werden können, ins Leere.

Die Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf die Beteiligte zu 1. ist auf Dauer erfolgt. Wie das Merkmal der Wirtschaftsführung "auf Dauer" zu verstehen ist, wird nicht einheitlich beantwortet. In der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf ist dies mit einer Übertragung "auf unbestimmte Zeit" gleichgesetzt (BT-Drucksache 7/1443 S.18; ebenso Steffen RdL 1974,88). Nach ganz überwiegender Ansicht können unter bestimmten Umständen auch langfristige Pachtverträge das Merkmal "auf Dauer" erfüllen (OLG Hamm AgrarR 1976,360;1983,186;1987,19; Wöhrmann/Stöcker § 6 HöfeO Rn.16,17; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 6 Rn.4; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo § 6 Rn.15; Bendel AgrarR 1976,124). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage noch nicht abschließend entschieden, jedoch darauf hingewiesen, daß das Tatbestandsmerkmal "auf Dauer" jedenfalls dann erfüllt ist, wenn der Eigentümer und der Miterbe erkennbar übereinstimmend davon ausgehen, daß letzterer die Bewirtschaftung bis zum Tode des ersteren führen soll; denn hierbei handelt es sich um diejenige Übertragungsdauer, die als klarstes Indiz für einen die Hoferbfolge betreffenden, in § 6 Abs.1 HöfeO typisierten Erblasserwillen in Betracht kommt (BGH NJW 1980,2583). Als Konsequenz dieser vom Senat geteilten Ansicht wird zutreffend ein vom Erblasser beim Ablauf eines langfristigen Pachtvertrags erreichtes hohes Alter als deutliches Anzeichen für eine Übertragung auf Dauer angesehen (OLG Hamm AgrarR 1976,360;1983,186;1987,19). Das gilt erst recht, wenn die Lebenserwartung des Hofeigentümers kürzer ist als die Pachtzeit (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 6 Rn.4). Nach diesen Kriterien ist von einer Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf die Beteiligte zu 1. auf Dauer auszugehen. Die Erblasserin war bei Abschluß des Pachtvertrags 61 Jahre alt und hätte am Ende der zunächst vorgesehenen Pachtzeit von 12 Jahren das 73. und bei Ablauf des auf 14 Jahre verlängerten Pachtvertrags bereits das 75. Lebensjahr vollendet. Schon die lange Pachtdauer von insgesamt 14 Jahren und das fortgeschrittene Lebensalter der Eigentümerin lassen auf die Vorstellung der Vertragsparteien schließen, daß die Beteiligte zu 1. trotz der zeitlichen Begrenzung des Pachtvertrags den Hof dauerhaft bewirtschaften soll.

Ein weiteres gewichtiges Indiz für eine Bewirtschaftungsübertragung "auf Dauer" stellt die Verpachtung des Hofes an einen Abkömmling mit dem Ziel dar, die Voraussetzungen für die Gewährung der landwirtschaftlichen Altersrente zu schaffen (OLG Hamm AgrarR 1983,186; Wöhrmann/Stöcker § 6 HöfeO Rn.17; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § & Rn.4; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo § 6 Rn.15). Nach § 2 Abs.1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) erhält ein landwirtschaftlicher Unternehmer Altersgeld, wenn er das 65.Lebensjahr vollendet und nach Vollendung des 50.Lebensjahres das Unternehmen abgegeben hat. Ist - wie im vorliegenden Fall - mit der Abgabe des Unternehmens nicht der Übergang des Eigentums verbunden, so setzt der Rentenanspruch voraus, daß die Abgabe für einen Zeitraum von mindestens 9 Jahren nach Vollendung des 65.Lebensjahres des Unternehmers schriftlich vereinbart wird(Absatz 3). Die ursprünglich festgelegte Pachtdauer von 12 Jahren hätte nicht ausgereicht, um der Erblasserin das landwirtschaftliche Altersgeld zu verschaffen. Zu diesem Zweck haben die Vertragschließenden aufgrund der entsprechenden Belehrung durch die Alterskasse für den Gartenbau in der Zusatzvereinbarung vom 22.August 1989 die Pachtzeit um weitere 2 Jahre verlängert. Auch die Festlegung der langen Pachtzeit von 14 Jahren hat angesichts des damit von der Erblasserin verfolgten Zwecks Indizwirkung zugunsten einer Bewirtschaftungsübertragung auf Dauer.

Schließlich hat die Erblasserin, was ergänzend für eine dauerhafte Überlassung der Hofbewirtschaftung spricht, ihr Geschäftsguthaben bei der N. Blumenvermarktung e.G. gemäß § 76 GenG auf die Beteiligte zu 1. übertragen. Insgesamt liegen somit hinreichende Gründe für die Annahme vor, daß eine Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer stattgefunden hat.

Derjenige Abkömmling, dem die Bewirtschaftung dauerhaft übertragen worden ist, wird zwar gleichwohl nicht zum Hoferben berufen, wenn der Erblasser sich ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat (§ 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO). Das im Gesetz verwendete Wort "dabei" bedeutet aber, daß der Vorbehalt bei der Übergabe der Bewirtschaftung des Hofes zu erklären ist (BGH NJW 1980,2583). Der Vorbehalt kann daher nicht nachgeholt werden (Wöhrmann/Stöcker § 6 HöfeO Rn.18; Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo § 6 Rn.16). Die Regelung des § 7 Abs.2 in Verbindung mit § 6 Abs.1 HöfeO dient dem Vertrauensschutz des Hofübernehmers. War dieses Vertrauen einmal in schutzwürdiger Weise durch Bewirtschaftungsübertragung auf Dauer begründet, dann soll nicht mehr die Frage entscheidend sein, wen der Hofeigentümer als Hoferben gewollt hat (BGH NJW 1994,3169). Unerheblich ist deshalb, welche Wünsche und Vorstellungen die Erblasserin während der Pachtzeit zum Ausdruck gebracht hat. Da nur ein Vorbehalt bei der Übergabe das Vertrauen des Übernehmers zu erschüttern vermag, sind auch etwaige vor diesem Zeitpunkt geäußerte Willensentschließungen des Erblassers ohne Belang. Es genügt deshalb nicht, wenn der Hofeigentümer etwa einige Zeit vor der Übertragung der Bewirtschaftung in der Familie oder auch gegenüber dem Übernehmer bekundet hat, nicht dieser, sondern ein anderer Abkömmling solle den Hof erben (Wöhrmann/Stöcker § 6 HöfeO Rn.19).

Die Berufung der Beteiligten zu 1. zur Hoferbin würde demnach nur dann scheitern, wenn die Erblasserin beim Abschluß des Pachtvertrags ihr gegenüber einen ausdrücklichen Vorbehalt für die Bestimmung des Hofnachfolgers erklärt hätte. Eine solche Vorbehaltserklärung müßte zudem eindeutig und klar sein (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery § 6 Rn.7). Eine derartige Äußerung der Erblasserin, welche die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands des Vorbehalts erfüllen würde, ist weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Als Vorbehalt im Sinne des § 6 Abs.1 Satz1 Nr.1 HöfeO reicht es nicht aus, wenn die Erblasserin - worauf sich die Beteiligten zu 2. und 3. berufen - in den siebziger und achtziger Jahren im Kreise ihrer Kinder "immer wieder" erklärt hat, den Betrieb solle derjenige Abkömmling erhalten, der selbst Kinder habe. Auch der Hinweis, die Erblasserin habe "vor, bei und auch nach Abschluß des Pachtvertrags immer wieder im Familienkreis und gegenüber Außenstehenden betont, daß es ihr darum gehe, den Betrieb in der Familie zu halten", läßt einen ausdrücklichen Vorbehalt gegenüber der Beteiligten zu 1. bei Abschluß des Pachtvertrags nicht erkennen.

Die Beteiligte zu 1. ist danach Hoferbin gemäß § 6 Abs.1 Satz 1 Nr.1 HöfeO.

Demgegenüber ist der Beteiligte zu 2. Alleinerbe des hoffreien Vermögens der Erblasserin.

Durch das handschriftliche, formgültige Testament vom 10.Oktober 1997, welches alle früheren Verfügungen von Todes wegen aufhebt, hat die Erblasserin den Beteiligten zu 2. ausdrücklich zu ihrem "alleinigen Erben" eingesetzt, zur Begründung angeführt, dieser habe als einziges ihrer Kinder seinerseits Nachkommen, während das Erbe "in der Familie bleiben" solle, und ferner erklärt, ihre weiteren Kinder - die Beteiligten zu 1. und 3. - "setze" sie "auf den Pflichtteil". In dieser Verfügung ist mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Klarheit der Wille der Erblasserin zum Ausdruck gebracht, den Beteiligten zu 2. zu ihrem Alleinerben zu bestimmen. Die im Zusammenhang mit der Äußerung über den Pflichtteil stehende Ergänzung, dieser dürfe "aber nicht so hoch ausfallen, daß das Erbe geteilt oder verkauft werden müßte", vermag die eindeutige Einsetzung des Beteiligten zu 2. zum Alleinerben nicht in Frage zu stellen. Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Beteiligte zu 2. - wofür im übrigen keine konkreten Anhaltspunkte bestehen - zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche seiner Geschwister auf den Nachlaß zugreifen müßte. Der Zusatz im Testament soll lediglich den Wunsch der Erblasserin bekräftigen, "das Erbe" - mit welchem offenbar der Grundbesitz gemeint ist - möge ungeteilt erhalten bleiben, um an nachfolgende Generationen in der Familie weitergegeben werden zu können. Er ist erkennbar zugleich als Mahnung an die Kinder der Erblasserin gedacht, den vererbten Grundbesitz nicht auf dem Wege der Auszahlung an die pflichtteilsberechtigten Kinder anzutasten. An der eindeutigen Erbeinsetzung allein des Beteiligten zu 2. ändert die Ergänzung nichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs.1, 45 Abs.1 Satz 1 LwVG.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 43.340,- DM (106.700,- DM Einheitswert des Hofes zuzüglich 110.000,- Wert des hoffreien Nachlasses = 216.700,- DM; davon für den Vorbescheid ein Bruchteil von 1/5)

Ende der Entscheidung

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