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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.12.2003
Aktenzeichen: 24 U 92/03
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 185 Abs. 1
BGB § 930
BGB § 933
BGB § 952
BGB § 985
BGB § 1006
BGB § 1006 Abs. 1
HGB § 366
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 92/03

Anlage zum Protokoll vom 23. Dezember 2003

Verkündet am 23. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Hahn sowie die Richter am Oberlandesgericht Müller und Dr. Küpper

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.April 2003 (22 O 683/02) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils mit der Maßgabe Bezug genommen, dass der Vertrag über die Sicherungsübereignung nicht am 29.01.2001, sondern am 29.10.2001 unterzeichnet wurde.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge auf Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des LKW und auf Abweisung der Widerklage hinsichtlich des Kfz-Briefes weiter. Sie begründet das Rechtsmittel wie folgt: Das angegriffene Urteil beruhe auf der Verletzung rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht die durch die Klägerin gestellten Beweisanträge auf Vernehmung der Zeugen H I und B L übergangen habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien diese Beweisantritte nicht auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet. Der Widerklage habe im übrigen selbst dann nicht stattgegeben werden dürfen, wenn die Klägerin hinsichtlich der Sicherungsübereignung beweisfällig geblieben sei. Da sie im Besitz des Kfz-Briefes sei, obliege dem Beklagten der Beweis, dass die Übereignung des LKW unwirksam sei.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er meint, das Landgericht habe die Beweisanträge zu Recht als Ausforschungsbeweise gewertet, da die Klägerin keine Anhaltspunkte für eine Vollmachterteilung vorgetragen habe.

Der Senat hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28.10.2003 (Bl. 146 d.A.) den Zeugen H I zu der Frage vernommen, ob der Beklagte ihn bevollmächtigt habe, der Klägerin den streitgegenständlichen LKW zur Sicherheit zu übereignen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.12.2003 (Bl. 163 ff d.A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die auf § 985 BGB gestützte Klage auf Herausgabe des LKW abgewiesen, weil die Sicherungsübereignung unwirksam war.

Die nach § 930 BGB vorgenommene Übereignung wäre wirksam, wenn der Beklagte gemäß § 185 Abs. 1 BGB in die Sicherungsübereignung eingewilligt hätte. Dies hat der Zeuge H I bei seiner Vernehmung durch den Senat indes verneint. Er hat im einzelnen berichtet, dass er die Sicherungsübereignung vorgenommen habe, weil die Firma I Tiefbau GmbH, die sich schon damals in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe, auf Lieferungen der Klägerin angewiesen gewesen sei. Den Sicherungsübereignungsvertrag habe er ohne Wissen und Einwilligung seines Vaters, des Beklagten, geschlossen. Ob dieser Aussage zu folgen ist, kann letztlich dahinstehen. Jedenfalls ist durch die Aussage des Zeugen nicht der Beweis erbracht, dass die Sicherungsübereignung mit Einwilligung des Beklagten erfolgt ist. Dies geht zu Lasten der Klägerin, da zugunsten des Beklagten, der sich im Besitz des LKW befindet, die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB eingreift, so dass die Klägerin beweisbelastet ist. Eine Einwilligung oder Vollmacht lässt sich - wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat - auch nicht aus den unstreitigen oder streitigen Indizien herleiten. Dass der Beklagte der frühere Geschäftsführer und Inhaber der I Tiefbau GmbH gewesen war, dass er dieser auch nach seinem Ausscheiden mehrfach finanziell ausgeholfen und dass sich der Kfz-Brief vor der Sicherungsübereignung noch in den Räumlichkeiten der Firma I Tiefbau GmbH befunden hatte, lässt keinen Schluss auf eine Einwilligung oder Vollmachterteilung durch den Beklagten zu. Soweit die Klägerin behauptet, der Zeuge H I habe bei der Sicherungsübereignung angegeben, er sei von dem Beklagten bevollmächtigt oder ermächtigt worden, gilt das gleiche. Aus einer derartigen Äußerung könnte nicht geschlossen werden, dass der Zeuge H I tatsächlich ermächtigt oder bevollmächtigt gewesen ist. Dem entsprechenden Beweisantritt der Klägerin auf Vernehmung des Zeugen L war daher nicht nachzugehen.

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Sicherungsübereignung auch nicht nach den Grundsätzen über die Anscheins- oder Duldungsvollmacht zustande gekommen ist. Ein gutgläubiger Erwerb nach §§ 930, 933 BGB scheitert schon daran, dass die Klägerin wusste, dass der LKW nicht im Eigentum der Firma I Tiefbau GmbH, sondern in dem des Beklagten stand. Im übrigen scheidet ein gutgläubiger Erwerb deshalb aus, weil dieser nach § 933 BGB voraussetzt, dass die veräußerte Sache dem Erwerber von dem Veräußerer übergeben wird. Dazu ist erforderlich, dass der Veräußerer seinen Besitz völlig aufgibt (Palandt Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 933 Rdnr. 4). Es reicht darum nicht aus, dass der Veräußerer dem Erwerber im Rahmen einer Sicherungsübereignung den Besitz vermittelt (vgl. BGH NJW 1978, 1854; OLG Nürnberg OLGR 2001, 131, 132). Da der Kfz-Brief kein Traditionspapier ist, ersetzt seine Übergabe nicht die des Kraftfahrzeuges (BGH NJW 1978, 1854). Schon aus diesem Grunde scheidet ein gutgläubiger Erwerb nach § 366 HGB i.V.m. § 933 BGB gleichermaßen aus.

2.

Zu Recht hat das Landgericht der Widerklage auf Herausgabe des Kfz-Briefes stattgegeben. Das Eigentum am Brief folgt in entsprechender Anwendung von § 952 BGB dem Eigentum am Kraftfahrzeug (BGH NJW 1978, 1854; Palandt-Bassenge § 952 Rdnr. 7). Die Beweislast für das Eigentum an Urkunden im Sinne dieser Vorschrift richtet sich entgegen der Auffassung der Berufung nicht nach § 1006 BGB, sondern nach der für das jeweilige Recht maßgebenden Beweislastregel (BGH LM Nr. 13 zu § 1006 BGB = WM 1972, 701 = MDR 1972, 775; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 2, 2. Aufl., § 952 Rdnr. 1 m.w.N.). Folglich ist die Beweislast in Bezug auf den Kfz-Brief die gleiche wie hinsichtlich des LKW, so dass auch bei der Widerklage die Beweislosigkeit zu Lasten der Klägerin geht.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert: 23.675,69 €

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