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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.01.2003
Aktenzeichen: 25 WF 209/02
Rechtsgebiete: ZPO, VwGO, FGO, SGG, VwGO


Vorschriften:

ZPO § 380
ZPO § 390
ZPO § 409
ZPO § 613
ZPO § 570 n.F.
ZPO § 570 Abs. 3 n.F.
ZPO § 572 a.F.
ZPO § 572 Abs. 1 a.F.
ZPO § 577 a.F.
ZPO § 888
VwGO § 149 Abs. 1 Satz 1
FGO § 131 Abs. 1 Satz 1
SGG § 175 Satz 1
GVG § 178
GVG § 181 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln Beschluss

25 WF 209/02

In der Familiensache

pp.

hat der 25. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Drzisga, den Richter am Oberlandesgericht Wolf und die Richterin am Oberlandesgericht Scholz im Wege der einstweiligen Anordnung

am 07. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Zwangsgeldfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln (313 F 203/01) vom 12.8.2002 wird bis zur Entscheidung des Senats über die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde ausgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch. Durch rechtskräftiges Teil-Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 19.4.2002 ist der Beklagte verurteilt worden, der Klägerin Auskunft zu erteilen über sein Brutto- und Nettoeinkommen in der Zeit von Januar bis Dezember 2000 durch Vorlage einer Bescheinigung seiner Dienststelle bei der belgischen Armee und seines Steuerbescheides für das Jahr 1999. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht - Familiengericht - sodann durch Beschluss vom 12.8.2002 gegen den Beklagten ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro verhängt, weil er seiner durch das vorgenannte Urteil ausgesprochenen Verpflichtung bislang nicht nachgekommen sei. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde, der der Amtsrichter nicht abgeholfen hat. Unter Hinweis auf die Vollstreckungsankündigung der Gerichtsvollzieherin P vom 17.12.2002 beantragt er zusätzlich, bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde die Vollziehung des Beschlusses vom 12.8.2002 durch einstweilige Anordnung auszusetzen.

II.

Der Antrag des Beklagten auf Aussetzung der Vollziehung des Zwangsmittelbeschlusses vom 12.8.2002 ist gem. § 570 Abs. 3 ZPO n.F. zulässig.

Für die vom Beklagten nachgesuchte Anordnung besteht das notwendige Rechtsschutz-interesse, weil ohne eine solche Entscheidung die Zwangsvollstreckung weiterhin durchgeführt werden könnte.

Beschwerden haben nach der ZPO grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Dies ergab sich für die Rechtslage bis zum 31.12.2001 aus den Vorschriften der §§ 572 Abs. 1, 577 ZPO a.F., wonach Beschwerden nur dann aufschiebende Wirkungen hatten, wenn sie gegen eine der in den §§ 380, 390, 409, 613 ZPO erwähnten Entscheidungen gerichtet waren. Bei diesen Entscheidungen handelte es sich um solche über Ordnungs- oder Zwangsmittel gegen die Prozesspartei oder gegen Dritte. Dabei entsprach es der h.M., dass die in § 572 Abs. 1 ZPO a.F. enthaltene Aufzählung der maßgeblichen Paragrafen unvollständig war, die Regelung vielmehr auf weitere Fälle dieser Art auszudehnen war (z.B. über § 380 ZPO auch auf § 141 Abs. 3 und § 273 Abs. 4 ZPO a.F.; vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl. § 572 ZPO Rn 1; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl. § 572 Rn 2 mit weiteren Beispielen).

Durch die Neuregelung der Beschwerdevorschriften durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl I S. 1887) ist die Vorschrift des § 572 ZPO a.F. neu gefasst worden. Die in § 572 Abs. 1 ZPO a.F. enthaltenen Worte "...der in den §§ 380, 390, 409, 613 ZPO erwähnten Entscheidungen gerichtet ist" sind in dem nunmehr maßgeblichen § 570 ZPO n.F. in Absatz 1 durch die Worte "... wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat" ersetzt worden. Rein vom Wortlaut her könnte eine Beschwerde gegen einen Zwangsmittelbeschluss gem. § 888 ZPO daher nunmehr ebenfalls aufschiebende Wirkung haben, womit für die nachgesuchte Anordnung auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung das Rechtsschutzinteresse fehlen würde.

Die vorstehende Problematik wird - soweit ersichtlich - in den zur seit dem 1.1.2002 geltenden geänderten Fassung der ZPO erschienenen Kommentaren ausdrücklich nur von Lackmann in Musielak, Kommentar zur ZPO, 3. Auflage 2002, behandelt. Dieser vertritt dort (§ 888 ZPO Rn 14 und § 890 ZPO Rn 20) die Auffassung, die sofortige Beschwerde gegen Ordnungs- oder Zwangsmittelbeschlüsse gem. §§ 888, 890 ZPO habe gem. § 570 ZPO nunmehr ebenfalls aufschiebende Wirkung. Eine Begründung für diese Auffassung findet sich nicht. Aus den nachfolgenden Gründen folgt der Senat dieser Auffassung nicht. § 570 Abs. 1 ZPO findet vielmehr entgegen seinem Wortlaut auf Zwangsmittel- und Ordnungsmittelbeschlüsse gem. §§ 888, 890 ZPO keine Anwendung.

Zum einen ergibt sich ein Unterschied zwischen den Zwangsmittel- und Ordnungsmittel-beschlüssen der in § 572 Abs. 1 ZPO a.F. genannten Art und denjenigen nach §§ 888, 890 ZPO bereits daraus, dass es sich bei den ersteren um Entscheidungen des erkennenden Gerichts handelt, während die Entscheidungen gem. §§ 888, 890 ZPO zwar auch vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen werden, aber nicht im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens, sondern im Zwangsvollstreckungsverfahren, wobei das Prozessgericht des ersten Rechtszuges dabei in seiner Eigenschaft als Vollstreckungsorgan tätig wird. Hinzu kommt, dass anders als in den Fällen der §§ 380, 390, 409, 613 ZPO im Gesetzestext der §§ 888, 890 ZPO das Wort "Festsetzung" nicht verwendet wird. Ausschlaggebend für die Auffassung des Senats ist aber vor allem der in der Begründung zur Neufassung zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers, an dem Inhalt der Vorschrift nichts zu ändern. So ist in dem Regierungsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses zur Begründung der Neufassung des § 570 ZPO folgendes ausgeführt (BT-Drucksache 14/4722 S. 112):

"In Absatz 1 wird allerdings das Enumerationsprinzip des geltenden Rechts aufgegeben und stattdessen in Übereinstimmung mit § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 131 Abs. 1 Satz 1 FGO und § 175 Satz 1 SGG eine Generalklausel eingeführt. Die Beschwerde hat nunmehr immer dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Dabei erstreckt sich die aufschiebende Wirkung wie bisher auch auf die gleichzeitig erfolgenden Kostenbeschlüsse (z. B. § 380 Abs. 1 Satz 1, § 390 Abs. 1 Satz 1, § 409 Abs. 1 Satz 1). Diese Generalklausel macht ohne inhaltliche Änderung die unvollständige Aufzählung einzelner Ordnungs- und Zwangsmittelvorschriften im bisherigen Recht (§§ 380, 390, 409, 613) - z. B. fehlen § 411 Abs. 2, § 141 Abs. 3 Satz 1 (weitere Vorschriften bei Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 572 Rn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 572 Rn. 1) - obsolet. Abweichende Sonderregelungen in anderen Gesetzen, wie z. B. §§ 178, 181 Abs. 2 GVG, lässt die Neufassung wie bisher unberührt."

Aus der Begründung ergibt sich somit eindeutig, dass eine inhaltliche Änderung mit der Neufassung nicht beabsichtigt war. Für eine solche Änderung im Sinne einer Ausdehnung auf Ordnungs- oder Zwangsmittelbeschlüsse gem. §§ 888, 890 ZPO bestand und besteht auch kein sachlich gerechtfertigter Anlass, weswegen eine derartige Änderung in der Vergangenheit von keiner Seite auch nur angeregt worden war.

Da die sofortige Beschwerde in der Sache auch durchaus Erfolg haben kann, war die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses einstweilen auszusetzen.

Ende der Entscheidung

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