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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.09.2006
Aktenzeichen: 25 WF 218/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 569 n.F.
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 197 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 26.05.2006 dahingehend abgeändert, dass dem Beklagten zur Verteidigung gegen die Klage mit Wirkung vom 09.05.2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. gewährt wird.

Gründe:

Die gem. §§ 127 Abs. 2, 569 ZPO n.F. zulässig sofortige Beschwerde ist begründet.

Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand kann die hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverteidigung des Beklagten nicht verneint werden.

Der beabsichtigten Klage fehlt mit der von der Klägerin angeführten Begründung das Rechtsschutzinteresse, weil die Klägerin unstreitig über einen oder mehrere Vollstreckungstitel gegen den Beklagten verfügt (genaueres wird von keiner der Parteien insoweit vorgetragen), die den gesamten nunmehr geltend gemachten Unterhaltsrückstand betreffen. Aus der Tatsache, dass auch der titulierte laufende Unterhalt gem. § 197 Abs. 1 Nr. 2, Absatz 2 BGB in drei Jahren verjährt, titulierter rückständiger Unterhalt jedoch der dreißigjährigen Regelverjährung des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB unterfällt, ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin und des Amtsgerichts nichts anderes. Denn dabei wird übersehen, dass nach der vom Senat geteilten herrschenden Meinung auch titulierter rückständiger Unterhalt der Verwirkung unterfällt. Dabei wird zutreffend davon ausgegangen, dass bereits nach gut einem Jahr der Untätigkeit das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt ist und von der Erfüllung des Umstandsmoments (Einstellung der privaten Lebensführung angesichts des länger nicht mehr geltend gemachten Unterhalts) in der Regel auszugehen ist, wenn - wie hier - der Unterhaltsverpflichtete in engen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (vgl. BGH NJW-RR 2004, 649; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 242 BGB Rn. 108 m.w.N.).

Die Klägerin muss daher, will sie sich dem Einwand der Verwirkung nicht aussetzen, sogar vor dem Ablauf der Verjährungsfrist von drei Jahren, nämlich spätestens gegen Ende des jeweiligen ersten Jahres, ihren Unterhaltsanspruch gegenüber dem Beklagten wieder geltend machen. Das muss in ihrem Interesse dann in einer Form geschehen, dass sie ihre Tätigkeit zur Not auch in einem gerichtlichen Verfahren nachweisen kann, so dass bloße schriftliche Aufforderungen nicht genügen, muss sie doch damit rechnen, dass solche den Beklagten nicht erreichen oder zumindest ein Zugang bestritten wird. Eine somit erforderliche nachweisbare Tätigkeit zur Weiterverfolgung des Unterhaltsanspruchs macht jedenfalls nicht weniger Mühe und Kosten, als die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags.

Gleichwohl könnte die Klage aus einem anderen Grund zulässig sein, allerdings nur als Feststellungsklage dahingehend, dass auf die Geltendmachung des durch ... titulierten Unterhalts nicht wirksam verzichtet worden ist. Es ist anerkannt, dass der Gläubiger eine bereits titulierte Forderung dann nochmals geltend machen kann, wenn mit Sicherheit damit zu rechnen ist, dass der Schuldner bei einer versuchten Vollstreckung Einwendungen im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage erheben wird, weil in einem solchen Fall eine weitere gerichtliche Befassung mit der Angelegenheit letztlich nicht vermieden werden kann. Ein solcher Fall könnte hier gegeben sein, weil der Beklagte geltend macht, das seinerzeit als Beistand beigeordnete Jugendamt habe auf den hier geltend gemachten rückständigen Unterhalt verzichtet. Diese - letztlich vom Beklagten zu beweisende - Behauptung des Beklagten kann die inzwischen volljährige Klägerin nicht - wie geschehen - mit Nichtwissen bestreiten, weil die Kenntnisse des Jugendamtes ihr zuzurechnen sind. Insoweit mag sie sich beim Jugendamt informieren und dann konkret dazu vortragen.

Angesichts dessen musste dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe gewährt werden, wobei diese angesichts seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ratenfrei bleibt.

Ende der Entscheidung

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