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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.11.1999
Aktenzeichen: 26 U 11/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 151 S. 1
BGB § 151
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
26 U 11/99 13 O 341/98

Anlage zum Protokoll vom 24.11.1999

Verkündet am 24.11.1999

Rienhoff, JOS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20.10.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Laumen, den Richter am Oberlandesgericht Drzisga und die Richterin am Oberlandesgericht von Olshausen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.03.1999 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 13 O 341/98 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil zurecht einen wirksamen Teilerlass bzw. Vergleich zwischen den Parteien verneint und deshalb auf Zahlung des der Höhe nach unstreitigen Verurteilungsbetrages nebst Zinsen erkannt.

Wie der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt hat, entspricht das Urteil des Landgerichts der auf der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.12.1985 (WM 1986, 322) basierenden und inzwischen auch betreffend die Beteiligung von Dritten auf Seiten des Annehmenden gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. auch BGH NJW 90, 1655).

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 01.04.1997 (Bl. 41 f., Bl. 87 f.) überhaupt ein eindeutiges Vergleichsangebot abgegeben hat. Obwohl der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18.12.1985 ein wörtlich gleichlautendes Schreiben als Abfindungsangebot ausgelegt hat, verbleiben dem Senat angesichts der Passage "mir ist bewußt, dass ohne eine vollständige Zahlung ihrer Forderung eine endgültige Regelung nicht in Betracht kommt" wegen des Widerspruchs zu dem im übernächsten Absatz folgenden Vergleichsangebot erhebliche Zweifel an dem Erklärungswert dieser Schreiben (so auch LG Bremen, NJW-RR 99, 636). Zu der inhaltlichen Unklarheit der Schreiben, die ohne jegliche Hervorhebung des Vergleichsvorschlags formuliert sind, kommt hinzu, dass auf den diesen Schreiben beigefügten Schecks auch keine Eintragung eines Verwendungszwecks (zum Beispiel vergleichsweise Zahlung oder ähnliches) erfolgt ist.

Aber selbst wenn man ein wirksames Vergleichsangebot der Beklagten unterstellt, ist es mangels Annahme durch die Klägerin nicht zu dem von der Beklagten erstrebten Erlassvertrag über ihre Schuld gekommen.

Zwar hat die Beklagte für die Annahme ihres Angebotes auf eine an sie gerichtete Annahmeerklärung der Klägerin nach § 151 S. 1 BGB verzichtet. Für das Zustandekommen eines Vertrages ist aber dennoch erforderlich eine nach außen hervortretende eindeutige Betätigung des Annahmewillens auf Seiten des Annehmenden. Hat die den Abschluss eines Abfindungsvertrages anbietende Partei zum Zwecke der Vertragserfüllung einen Scheck mit der Bestimmung übergeben, dass er nur bei Annahme des Vertragsangebotes eingelöst werden darf, und hat sie gleichzeitig auf eine Annahmeerklärung der Gegenseite verzichtet, so kann zwar in der widerspruchslos erfolgenden Einlösung des Schecks regelmäßig die Annahme des Vertragsantrages zu sehen sein (BGH WM 1986, 322 und NJW 1990, 1656).

Die Einreichung eines mit dem Angebot auf Abschluss einer Abfindungsvereinbarung zu deren Erfüllung übersandten Schecks stellt jedoch dann keine Annahme des Angebotes im Sinne von § 151 BGB dar, wenn sonstige Umstände das Fehlen eines wirklichen Annahmewillens ergeben (BGH NJW 90, 1655). In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, kann nur in Würdigung des konkreten Einzelfalles entschieden werden. Dabei ist mangels Erklärungsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§ 157 BGB) abzustellen. Vielmehr kommt es darauf an, ob vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus das Verhalten des Angebotsadressaten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen "wirklichen Annahmewillen" (§ 133 BGB) schließen lässt. Dabei darf nicht isoliert auf den Vorgang der Scheckeinreichung abgestellt werden. Für die maßgebliche Sicht des unbeteiligten objektiven Dritten kommt es vielmehr auf die Wertung aller äußeren Indizien, also auf das nach außen erkennbare Gesamtverhalten des Angebotsempfängers an, soweit es Rückschlüsse auf seinen "wirklichen Willen" erlaubt. Lässt sich hieraus gesamtschauend das Fehlen eines wirklichen Annahmewillens erschließen, so kann das Gegenteil nicht dennoch einem einzelnen Vorgang entnommen werden, der - wie die Scheckeinreichung - für sich allein als Betätigung eines Annahmewillens zu deuten wäre.

Ein solcher Annahmewille ist auf Seiten der Klägerin nicht gegeben gewesen. Auf die Annahme im Sinne des § 151 BGB sind die Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Vertretung (§ 164 f. BGB) anwendbar (BGH, NJW 1990, 1658). Da im vorliegenden Fall nach objektiven Gesichtspunkten eine Annahmehandlung der Klägerin dem ersten Anschein nach vorliegt (Einreichen der Schecks), ist das Fehlen des Annahmebewußtseins auf Seiten der Klägerin von ihr darzulegen und zu beweisen. Ihr ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz der Nachweis der mangelnden Handlungsbefugnis und des mangelnden Annahmebewußtseins durch ihre Mitarbeiterin gelungen. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Zeugin K., die als erste im Betrieb der Klägerin mit den Schreiben der Beklagten und den ihnen beigefügten Schecks befasst war, die Schecks zur Einlösung weitergereicht hat, ohne das Schreiben richtig zu lesen und zu verstehen. Den Schreiben war auch nicht zu entnehmen, dass sich die Forderungen der Klägerin bereits im Mahnverfahren befanden. Nach dem Beweisergebnis war die Zeugin, die den Scheck bei der Bank zur Einlösung eingereicht hat, zum Abschluss eines Vergleiches nicht befugt. Die Scheckeinreichung durch sie hat daher nicht den Erklärungswert einer Vergleichsannahme (vgl. BGH WM 86, 325). Diese Wertung ist ein Ergebnis der Auslegung der nach § 151 S. 1 BGB zu berücksichtigenden aussagekräftigen Indizien zur Ermittlung des "wirklichen gewollten" Erklärungssinnes der Verhaltensweise des Angebotsempfängers. Denn ein Wille des handelnden Mitarbeiters, unter Überschreitung seines Aufgabenkreises und seiner im Innenverhältnis bestehenden Befugnisse auf Ansprüche seines Geschäftsherrn von unter Umständen nicht unerheblicher Höhe zu verzichten, kann im allgemeinen nicht angenommen werden, jedenfalls dann nicht, wenn mit der Deutung des Verhaltens als einfacher Akontozahlung auf die bestehende Schuld eine immerhin plausible Auslegungsalternative zur Verfügung steht (vgl. Eckardt, BB 1996, 1945 f., 1950).

Schließlich verbietet es auch das krasse Mißverhältnis zwischen der vergleichsweise angebotenen Leistung und der geschuldeten Leistung, das hier bei 6,05 % bzw. 2,8 % liegt, aus der Sicht eines unbeteiligten objektiven Dritten auf einen Annahmewillen des Gläubigers zu schließen, sich mit der Schecksumme zufrieden zu geben und einen Vergleichs- oder Erlassvertrag einzugehen (vgl. auch die Beispielsfälle zu diesem krassen Mißverhältnis aus der Rechtsprechung: LG München WM 97, 2213 und 2214, 2216; sowie die weiteren von Lange, WM 99, 1301, 1304 zitierten Fälle).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer für die Beklagte: 57.153,52 DM.

Ende der Entscheidung

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