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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.09.2005
Aktenzeichen: 26 UF 143/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91a
ZPO § 93
ZPO § 98
ZPO § 276
ZPO § 307
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

26 UF 143/05

In der Familiensache

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen durch die Richterin am Oberlandesgericht von Olshausen als Einzelrichterin

am 28.09.2005

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht - Rheinbach vom 07.07.2005 (18 F 371/04) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Vergleichs vom 29.06.2005 tragen der Beklagte 60 % und die Klägerin 40 %.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 %.

II. In Ergänzung des Abhilfebeschlusses des Amtsgerichts- Familiengericht- Rheinbach vom 01.09.2005 ( 168 F 371/04) betreffend die Streitwertfestsetzung für das Klageverfahren auf 10.097,43 € wird der Streitwert für die Zeit nach Erlass des Teilanerkenntnisurteils auf (2.020,26-1.803,52= 216,74 x 12 = ) 2600,88 € + 1.489,68 € Rückstand = 4090,56 € festgesetzt. Der Vergleich hat keinen Mehrwert.

Gründe:

I.

Mit der von der Klägerin erhobenen Abänderungsklage verlangte diese höheren monatlichen nachehelichen Unterhalt als durch Vergleich vom 18.09.2001 vor dem AG Bonn (47 F 141/01) tituliert war. Nach Erledigung des Rechtsstreits durch Teilanerkenntnisurteil und Vergleich über die restliche Klageforderung erließ das Amtsgericht einen Kostenbeschluss, wonach die Klägerin 97 % der Kosten zu tragen hatte und der Beklagte 3 % mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, die unter den Parteien gegeneinander aufgehoben wurden. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde II.

Die nach § 91a II ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist in der Sache teilweise begründet.

Die Abänderungsklage war zulässig. Ihr fehlte insbesondere hinsichtlich des freiwillig über den Vergleichsbetrag hinaus gezahlten Unterhalts nicht das Rechtsschutzinteresse. Zwar hatten die Parteien im Laufe der Zeit außergerichtlich Abänderungen zur Höhe der monatlichen Zahlungen vereinbart, der Beklagte hatte jedoch aus bestimmten Anlässen Einbehaltungen bei den monatlichen Zahlungen vorgenommen. Infolge dieser Zahlungsstockungen hatte die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Titulierung des ihr zustehenden Unterhalts, soweit hierüber kein Titel bestand, also nicht nur in Höhe des einbehaltenen Spitzenbetrages, sondern in voller Höhe des Differenzbetrages zu dem vorliegenden Ursprungstitel.

Da die Parteien in dem Vergleich vereinbart haben, dass über die Kosten des Rechtsstreits, zu denen auch die Kosten des Vergleichs gehören, nach § 91 a ZPO entschieden werden soll, verbot es sich, die Kosten des Vergleichs von der Kostenentscheidung auszunehmen und hierüber nach § 98 ZPO zu entscheiden. Vielmehr ist die gesetzliche Regelung des § 98 ZPO durch die Parteivereinbarung abbedungen und folglich über die gesamten Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist auch der dem § 98 ZPO zugrunde liegende Rechtsgedanke nicht anwendbar( Musielak/Wolst, ZPO, 4. A., § 91a Rn 20, 24 u. § 98 Rn 3, 5).

Im Rahmen der Entscheidung nach § 91 a ZPO ist allerdings die Wertung des § 93 ZPO zu berücksichtigen ( Musielak/Wolst, a.a.O. ,§ 91a Rn 23). Das bedeutet, dass derjenige, der durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und den prozessualen Anspruch sofort anerkennt, auch bei einer gemischten Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht mit Kosten belastet wird. Es mag dahin stehen, ob - wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss annimmt- der Beklagte schon keine Veranlassung zur Klagerhebung in dem von ihm anerkannten Umfang gegeben hat. Denn es fehlt vorliegend an der weiteren, kumulativ erforderlichen Voraussetzung eines sofortigen Anerkenntnisses der Klageforderung durch den Beklagten, da dieser nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens durch das Gericht innerhalb der Frist des § 276 I S. 1 ZPO zunächst seine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat und erst nach Ablauf dieser Frist mit der Klagerwiderung die Klageforderung teilweise anerkannte.

Wann ein Anerkenntnis als sofortiges i. S. des § 93 ZPO gilt, ist bei Anordnung eines schriftlichen Vorverfahrens umstritten. Die nach Auffassung des Senats zutreffende herrschende Meinung, der sich der Senat anschließt, fordert für ein sofortiges Anerkenntnis dessen Abgabe innerhalb der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft des § 276 I S. 1 ZPO und vor Abgabe einer Verteidigungserklärung (Thomas /Putzo/Putzo, ZPO, 26. A., § 93 Rn 9, Musielak/Wolst, a.a.O., § 93 Rn 5, Zöller/Herget, ZPO, 24. A., § 93 Rn 4, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung auch zur Gegenmeinung). Für die Frage, ob ein sofortiges Anerkenntnis mit der den Erklärenden privilegierenden Kostenfolge des § 93 ZPO auch dann anzunehmen ist, wenn das Anerkenntnis nach Ablauf der Frist des § 276 I S. 1 ZPO, aber innerhalb der Erwiderungsfrist von zwei weiteren Wochen abgegeben wird, läßt sich aus der Neufassung des § 307 ZPO, der sich mit dem Erlass des Anerkenntnisurteils befasst, nichts entnehmen. Zwar wurden aus dem entfallenen Abs . 2 dieser Vorschrift bislang Argumente für die Notwendigkeit der Erklärung des sofortigen Anerkenntnisses innerhalb der Notfrist des § 276 I S. 1 ZPO hergeleitet. Ob allerdings wegen der Erweiterung der Möglichkeiten, ein Anerkenntnisurteil unabhängig vom Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses zu erlassen, zugleich auch die Frage der Kostenfolge und deren in § 93 ZPO geregelten Voraussetzungen in einem anderen Licht zu sehen ist, erscheint fraglich (Musielak/Musielak, a.aO., § 307 Rn 18 u. Fn 59). Angesichts der verschiedenen Zielrichtung der mit den beiden Vorschriften verfolgten Regelungen (einerseits Kostengerechtigkeit und andererseits Erweiterung der Rechtsstreitserledigung durch Anerkenntnisurteil) besteht kein Zusammenhang zwischen der Lockerung der Voraussetzungen für den Erlass eines Anerkenntnisurteils und den in § 93 ZPO geregelten Voraussetzungen für eine Kostenprivilegierung des Anerkennenden. Der Senat hält an der bisherigen herrschenden Auffassung auch deshalb fest, weil gerade von einer Partei, die keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, auch erwartet werden kann, dass sie ein Anerkenntnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also innerhalb der Notfrist zur Verteidigungsanzeige abgibt. Es mag zwar sein, dass bei dieser Betrachtungsweise die Möglichkeiten zur Abgabe eines mit der günstigen Kostenfolge des § 93 ZPO verbundenen Anerkenntnisses bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens stärker eingeschränkt sind als bei Bestimmung eines frühen ersten Termins. Hierbei handelt es sich jedoch um die Folgen der vom Gesetzgeber unterschiedlich ausgestalteten Verfahrensarten, bei denen die Anforderungen an das prozessuale Verhalten der Parteien auch in anderen Bereichen voneinander abweichen, etwa beim Versäumnisverfahren und bei Anwendung der Verspätungsvorschriften (OLG Celle NJW-RR 1998, 1370).

Von dem nach Abhilfe des Amtsgerichts im Streitwertbeschwerdeverfahren zutreffend auf 10.097,43 € festgesetzten Streitwert der ursprünglichen (erhöhten) Klageforderung entfallen (1.803,52 (anerkannter Gesamtbetrag)-1.302,91 (im Ursprungsvergleich vereinbarter Betrag)= 500,61 x 12 =) 6.007,32 € auf den anerkannten Betrag. Das entspricht gerundet 60 % des Streitwertes.

Die nach dem Teilanerkenntnis im Streit verbliebenen 4.090,11 €, über die sich die Parteien dahin verglichen haben, dass der Beklagte 586,- € zahlt, sind unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandstandes nach Billigkeit zu gerundet zu 15 % dem Beklagten und zu 85 % der Klägerin aufzuerlegen, da ihr auch bei streitigem Ausgang des Verfahrens trotz ihrer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit ein Geringverdienereinkommen von 400,- € anzurechnen gewesen wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in eingeschränktem Umfang auch zuvor gearbeitet hat und verpflichtet ist, ihre Arbeitskraft durch mögliche therapeutische Maßnahmen zu erhalten.

Berücksichtigt man ferner bei der zu treffenden Kostenentscheidung die Verringerung des Streitwertes durch das Teilanerkenntnisurteil und das erhebliche voraussichtliche Unterliegen der für ihre dauerhafte Erwerbsunfähigkeit beweisbelasteten Klägerin mit dem ganz überwiegenden verbleibenden Klagebetrag, und stellt sodann die nach den jeweiligen Streitwerten zu berechnenden Kosten im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien einander gegenüber, so ergibt sich - auf das gesamte Verfahren bezogen ein Verhältnis von 40 % zu 60 % zu Lasten des Beklagten.

III.

Um sicherzustellen, dass nicht sämtliche im Verlauf des Verfahrens entstandenen Kosten von dem Wert der erhöhten Klageforderung berechnet werden, war die mit Erlass des Teilurteils einhergehende Verringerung des Streitwertes auf 4.090, 11 € von Amts wegen im Wege der Ergänzung der amtsgerichtlichen Abhilfeentscheidung auszusprechen und in diesen Beschluss mit aufzunehmen.

Die Befugnis zu dieser Maßnahme folgt aus der Befassung des Senats mit der Kostenentscheidung in gleicher Sache ( § 63 III S. 1 GKG; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., § 63 Rn 38, 39).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 92 ZPO.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 1.500,- €

Ende der Entscheidung

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