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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 27 UF 176/00
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 89 b
BGB § 1572
BGB § 1573 Abs. 2
ZPO § 323 Abs. 3
ZPO § 323 Abs. 1
ZPO § 323
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 8
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 UF 176/00 30 F 388/99 AG Siegburg

Anlage zum Protokoll vom 7. März 2001

Verkündet am 7. März 2001

Spürk, JAI'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Koall und die Richter am Oberlandesgericht Kleine und Dr. Küpper

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. Juni 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg ( 30 F 388/99 ) wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird in Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Dezember 1995 ( 4 UF 165/94 ) verurteilt, an die Klägerin einen Elementarunterhalt in Höhe von 1.779,00 DM, damit insgesamt Unterhalt in Höhe von 2.228,00 DM (1.779,00 DM Elementarunterhalt, 289,00 DM Altersvorsorgeunterhalt und 160,00 DM Krankenvorsorgeunterhalt), zahlbar ab 1. Februar 2000 monatlich im voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Kalendermonats, abzüglich zwischenzeitlich geleisteter Zahlungen, zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 80 % und der Beklagte zu 20 %.

3.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 25 %.

4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann in Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Dezember 1995 gemäß § 323 Abs. 1 und 3 ZPO die Zahlung eines erhöhten Elementarunterhaltes ab dem 1. Februar 2000 in Höhe von 1.779,00 DM verlangen. Hinsichtlich des weitergehenden Klagebegehrens ist die Berufung zurückzuweisen.

1.

Durch das Urteil des OLG Köln vom 1. Dezember 1995 ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt in Höhe von 1.756,00 DM, davon 1.307,00 DM Elementarunterhalt, 289,00 DM Altersvorsorgeunterhalt und 160,00 DM Krankenvorsorgeunterhalt als Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zu zahlen. Das OLG hat ein Bruttoeinkommen des Beklagten von jährlich 145.600,00 DM zugrundegelegt. Hinzuzurechnen seien eine Bonifikation von 26.400,00 DM und ein Fahrtkostenzuschuss von 11.400,00 DM. Auf dieser Grundlage hat es unter Berücksichtigung steuerrechtlich relevanter Abzüge ein zu versteuerndes Einkommen von 101.895,00 DM errechnet und davon die Einkommenssteuer und den Solidaritätszuschlag mit 31.661,00 DM und 2.375,00 DM ermittelt. Das Nettoeinkommen wird in dem Urteil mit 111.564,00 DM (monatlich 9.297,00 DM) angegeben. Dies ergibt sich, wenn man von dem Bruttoeinkommen in Höhe von 145.600,00 DM die Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlagsbeträge abzieht. Die Bonifikation und den Fahrtkostenzuschuss hat das Oberlandesgericht - offensichtlich aus Versehen - bei der Ermittlung des Nettoeinkommens nicht mehr berücksichtigt. Für die Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens wurden von dem monatlichen Nettoeinkommen von 9.297,00 DM abgezogen: 453,60 DM Krankenversicherung, 203,30 DM Zusatzversicherung, 978,90 DM Renten- und Arbeitslosenversicherung, 385,00 DM Versorgungskasse, 258,00 DM Direktlebensversicherung, 1.150,00 DM Kosten für Fahrten zur Arbeitsstelle, 1.274,76 DM Kosten für Dienstfahrten und 338,63 DM Verpflegungskosten. Daraus errechnete sich ein bereinigtes Nettoeinkommen von 4.255,00 DM, wovon 160,00 DM für die Krankenzusatzversicherung der Klägerin abgesetzt wurden, so dass 4.095,00 DM verblieben. Als Einkommen der Klägerin wurde eine fiktive Vergütung für eine halbschichtige Tätigkeit in Höhe von 700,00 DM netto im Monat veranschlagt. Bei der Unterhaltsberechnung wurde im ersten Schritt nach der Anrechnungsmethode ein Elementarunterhalt von 1.155,00 DM und ein monatlicher Gesamtunterhaltsanspruch von 1.560,00 DM (1.155,00 DM + 245,00 DM Altersvorsorgeunterhalt und 160,00 DM Krankenvorsorgeunterhalt) ermittelt. Nach Hinzurechnung eines dem Beklagten anzurechnenden steuerlichen Vorteils von 355,00 DM wurde der Elementarunterhalt aus einem bereinigten Einkommen von 4.095,00 DM + 355,00 DM wie folgt berechnet: 4.450,00 DM x 3/7 = 1.907,00 DM - 700,00 DM x 6/7 = 1.307,00 DM. Das ergab einen Gesamtunterhalt von 1.756,00 DM (1.307,00 DM + 289,00 DM + 160,00 DM).

2.

Nach § 323 Abs. 1 ZPO kann eine Abänderung des Urteils verlangt werden, wenn eine wesentliche Abänderung derjenigen Verhältnisse eingetreten ist, die für die Verurteilung zu Entrichtung der Leistung maßgebend waren. Das Abänderungsverfahren ermöglicht weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits im Ersturteil eine Bewertung erfahren haben. Vielmehr besteht die Abänderung in einer unter Wahrung der Grundlage des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung an veränderte Verhältnisse. Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser durch Auslegung zu ermittelnden Grundlage hat der Richter im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (st. Rspr. vgl. BGH FamRZ 1994, 1100, 1101 = NJW-RR 1994, 1155; NJW-RR 1992, 1091, 1092 jew. m.w.N.). Bei Unterhaltsansprüchen wird in der Regel eine Änderung als wesentlich angesehen, die die Größenordnung von 10% überschreitet (vgl. BGH FamRZ 1992, 539 = NJW 1992, 1621; Zöller/Vollkommer, ZPO 22. Aufl. § 323 Rnr. 33; Thalmann in: Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Auflage § 8 Rnr. 158). Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen des § 323 ZPO erfüllt.

a)

Allerdings liegt eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse nicht darin, dass der Beklagte, als er im Dezember 1998 aus dem Arbeitsverhältnis bei dem G. K. ausschied, eine Nettoabfindung in Höhe von 240.000,00 DM bis 250.000,00 DM erhielt. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich hierbei nicht um ein Einkommen, das eheprägend war. Nach ständiger Rechtsprechung können Veränderungen nach der Scheidung nur ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn ihnen eine Entwicklung zugrundeliegt, die aus der Sicht des Scheidungszeitpunktes mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, und wenn diese Entwicklung die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung bereits mitgeprägt hat, indem die Ehegatten ihnen erkennbar schon im voraus und noch während der Ehe einen prägenden Einfluss auf ihre Lebensverhältnisse eingeräumt haben (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 60. Auflage, § 1578 Rnr. 20 m. w. N.).

Dies trifft auf die Abfindung nicht zu. Die Klägerin hat auch im Berufungsverfahren nicht substantiiert dargetan, dass die Abfindung ihre Grundlage in den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt habe. Ihrer Behauptung, es habe sich um eine Abfindung nach § 89 b HGB gehandelt, auf die schon während der Ehezeit eine Anwartschaft bestanden habe, ist der Beklagte damit entgegengetreten, dass er nicht Handelsvertreter sondern Angestellter gewesen sei; die Abfindung sei mithin nicht nach § 89 b HGB gezahlt worden. Der Grund für sein Ausscheiden aus dem Berufsleben und damit für die Abfindung sei eine 1997 / 1998 aufgetretene Herzerkrankung gewesen. Die Höhe der Abfindung beruhe auch auf seinem Verhandlungsgeschick. Diesem Vorbringen hat die Beklagte keinen substantiierten Vortrag entgegengesetzt.

Abgesehen davon wäre die Abfindung nicht auf die Zeit vom 1.01.1999 bis zur Vollendung des dreiundsechzigsten Lebensjahres des Beklagten im Februar 2001 umzulegen. Zwar könnte er zu diesem Zeitpunkt bereits die Altersrente beantragen. Dazu ist er unterhaltsrechtlich indes nicht verpflichtet, weil ihm dadurch Nachteile in der Rentenhöhe entstünden. Legt man die Abfindung aber auf den Zeitraum bis zur Vollendung des fünfundsechzigsten Lebensjahres des Beklagten um, so ergibt sich ein monatlicher Betrag, der bereinigt um die Versicherungsbeträge in einer Größenordnung von 4.100,00 DM liegt und damit nicht höher ist als das vom Oberlandesgericht zugrundegelegte Nettoeinkommen.

b)

Der Beklagte ist daher - wovon auch das Amtsgericht zutreffend ausgeht - fiktiv so zu behandeln, als übte er seine Erwerbstätigkeit weiter aus (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Auflage, Rnr. 655). Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben am 31.12.1998 ist sein bereinigtes Nettoeinkommen auf ein Niveau angestiegen, dass sich der Elementarunterhalt um deutlich mehr als 10 % erhöht. Damit ist insoweit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 323 Abs. 1 ZPO eingetreten.

aa)

Das Amtsgericht hat der Einkommensberechnung die Verdienstabrechnung des Beklagten für den Monat Dezember 1998 (Blatt 15 d.A.) zugrundegelegt und unter Abzug von Lohnsteuer, Solidaritätsbeitrag, Renten- und Arbeitslosenversicherung ein Nettoeinkommen von 9.248,67 DM ermittelt. Die in der Abrechnung aufgeführte Bonifikation von 925,00 DM hat es unberücksichtigt gelassen. Dies ist für die Ermittlung der Wesentlichkeitsschwelle nach § 323 Abs. 1 ZPO richtig, weil die Abänderungsklage nicht zur Beseitigung von Rechtsfehlern, sondern zur Berücksichtigung der Änderung derjenigen Verhältnisse bestimmt ist, die für die frühere Verurteilung maßgebend waren (BGH NJW-RR 1992, 1091, 1092; Zöller/Vollkommer § 323 Rnr. 41). Von dem angeführten Betrag hat das Amtsgericht zu Recht die monatlichen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 217,24 DM und 472,18 DM sowie die Beiträge zur Direktlebensversicherung in Höhe von monatlich 325,70 DM in Abzug gebracht. Ferner muss das Einkommen des Beklagten, wenn er weiterhin als Erwerbstätiger behandelt wird, um die Fahrt- und Verpflegungskosten (1.150,00 DM, 1.274,67 DM und 338,63 DM) bereinigt werden. Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen hat das Amtsgericht damit zutreffend auf 5.470,22 DM errechnet.

Nicht zu folgen ist dem Amtsgericht dagegen, soweit es hiervon die Beträge für den Altersvorsorgeunterhalt und den Krankenvorsorgeunterhalt in Höhe von 160,00 DM und 245,00 DM in Abzug gebracht hat. Das entspricht einer zweistufigen Berechnung des Elementarunterhaltes. Im Regelfall ist der Betrag des Vorsorgeunterhaltes von dem bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abzusetzen und aus dem verbleibenden Einkommen anhand der maßgebenden Quote ein neuer (endgültiger) Elementarunterhalt zu bestimmen, um sicherzustellen, dass nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen von dem Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard abgewichen wird. In Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse bedarf es der zweistufigen Berechnung des Elementarunterhaltes indessen nicht, weil der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann, ohne dass deshalb der Halbteilungsgrundsatz verletzt wird. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Elementarunterhaltsbedarf nicht nach einer Quote, sondern nach dem konkreten Bedarf ermittelt wird oder wenn der Altersvorsorgeunterhalt aus früher zur Vermögensbildung verwendeten Einkünften aufgebracht werden kann. Dass zu Lasten des Unterhaltspflichtigen über die Halbteilung hinausgegangen wird, ist aber auch dann nicht zu besorgen, wenn von der Unterhaltsquote tatsächlich vorhandene oder fiktiv anzurechende Einkünfte des Unterhaltsberechtigten abgezogen werden, durch die die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt worden sind, wie es bei der Anwendung der Anrechnungsmethode der Fall ist. Denn in Höhe des angerechneten Einkommens wird das die ehelichen Lebensverhältnisse bestimmende Einkommen des Unterhaltspflichtigen zwischen den Ehegatten nicht verteilt, sondern verbleibt ihm allein, so dass er entlastet wird. Das hat zur Folge, dass er Altersvorsorgeunterhalt bis zu der Höhe des angerechneten Einkommens zusätzlich zu dem Elementarunterhalt leisten kann, ohne dass ihm weniger als die ihm an sich zustehende Quote des für die ehelichen Lebensverhältnisse maßgebenden Einkommens verbleibt (BGH FamRZ 1999, 372, 374 = NJW - RR 1999, 297; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rnr. 357; Gutdeutsch in : Wendl/Staudigl, § 4 Rnr. 484). Dies gilt gleichermaßen für den Krankenvorsorgeunterhalt (Gutdeutsch a. a. O., § 4 Rnr. 517).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Das fiktive Einkommen der Klägerin, das im Wege der Anrechnungsmethode von dem unterhaltspflichtigen Einkommen des Beklagten abgezogen worden ist, liegt über dem geschuldeten Vorsorgeunterhalt, so dass der Elementarunterhalt einstufig ermittelt werden kann. Das entspricht hinsichtlich des Altersvorsorgeunterhalts auch der Berechnungsweise in dem abzuändernden Urteil. Im übrigen ist das abändernde Gericht an die Berechnungsmethode des Ausgangsgerichts nicht gebunden (BGH FamRZ 1994, 1100, 1101 = NJW - RR 1994, 1156 FamRZ 1997, 281, 283 = NJW 1997, 795; Zöller/Vollkommer, § 323 Rnr. 42; Thalmann, in : Wendl/Staudigl, § 8 Rnr. 162 b und c).

Für die Berechnung des Elementarunterhalts ist daher ein bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten von 5.470,22 DM pro Monat zugrundezulegen. Auf den Anteil der Klägerin von 3/7 = 2.344,39 DM ist nunmehr, weil keine Lohnsteuer mehr anfällt, unter Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus von 1/7 ein monatliches Nettoeinkommen von 780,00 DM anzurechnen, so dass sich der monatliche Elementarunterhalt auf 1.564,39 DM erhöht. Dies liegt etwa 20 % über dem tenorierten Elementarunterhalt und überschreitet die Wesentlichkeitsschwelle von etwa 10 % deutlich.

bb)

Ist somit eine wesentliche Änderung des Verhältnisse auch ohne Berücksichtigung der Bonifikation gegeben, so ist bei der vorzunehmenden Abänderung des Ausgangsurteils der Fehler, der darin liegt, dass die Bonifikation versehentlich nicht in die Unterhaltsberechnung eingeflossen ist, zu berichtigen. Denn wurde im Erstverfahren ein Fehler bei der Feststellung des unterhaltsrechtlichen Einkommens gemacht, das sich nachträglich erheblich ändert, so kann dieser Fehler beseitigt werden (Graba, Die Abänderung des Unterhaltstiteln, 2. Auflage, Rnr. 361; ferner BGH FamRZ 1984, 374 = NJW 1984, 1458; Thalmann a. a. O., § 8 Rnr. 162 b). Dies gilt hier um so mehr, als das Oberlandesgericht in dem abzuändernden Urteil die Bonifikation als Bestandteil des unterhaltspflichtigen Einkommens behandeln wollte.

In der Verdienstabrechnung des Beklagten vom Dezember 1998 ist die Bonifikation mit 925,00 DM ausgewiesen. Unter Berücksichtigung der anfallenden Steuern und der Tatsache, dass die Bonifikation von Monat zu Monat variierte, schätzt der Senat die anzurechenden Nettobonifikation auf 500,00 DM monatlich (§ 287 ZPO). Daraus errechnet sich ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von 5.970,22 DM und der Elementarunterhalt auf (gerundet) 1.779,00 DM (5.970,25 DM x 3/7 minus 780,00 DM).

3.

In diesem Umfange ist die Berufung begründet. Eine darüber hinausgehende Anhebung des Elementarunterhalts steht der Klägerin nicht zu. Das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten ist nicht um einen Realsplittingsvorteil zu erhöhen. In dem gemäß der letzten Verdienstabrechnung vom Dezember 1998 zugrundegelegten Einkommen ist der Realsplittingvorteil schon berücksichtigt, weil - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - nach der Auskunft des Arbeitgebers des Beklagten vom 14.04.2000 (Bl. 131 d.A.) die zuletzt zu zahlende Lohnsteuer deshalb so gering war, weil der vom Beklagten geltend gemachte Freibetrag die zu zahlende Unterhaltsleistung bereits umfasste. Die Klägerin kann den Beklagten auch nicht darauf verweisen, dass er sein Einkommen nach der Steuerklasse III/0 versteuere. Der Beklagte war bei der letzten Gehaltsabrechnung im Dezember 1998 in der Steuerklasse IV/0 eingeordnet. Dass ist die "normale" Steuerklasse. Die Klägerin kann als Unterhaltsberechtigte nicht verlangen, dass der wiederverheiratete Unterhaltsschuldner die Steuerklasse III wählt, denn das ginge zu Lasten des neuen Ehepartners (vgl. OLG Köln, FamRZ 1989, 65; OLG Bamberg FamRZ 1996, 628; Kalthoener/Büttner/Niepmann Rnr. 862 f.; Haußleiter in : Wendl/Staudigl, § 1 Rnr. 470 f.).

4.

Die Klägerin kann auch keinen weitergehenden Unterhalt verlangen, weil sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sei, einen Teilzeiterwerbstätigkeit nachzugehen. In dem abzuändernden Urteil ist ihr ein Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zu erkannt worden. Grundlage für einen Anspruch auf Unterhalt wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit wäre § 1572 BGB. Einsatzzeitpunkt für einen solchen Unterhalt wäre der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe der Parteien am 31.05.1994. Zwar können gesundheitliche Störungen, die erst nach der Ehescheidung zur Erwerbsunfähigkeit führen, einen Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB begründen, wenn sie schon im Zeitpunkt der Scheidung bestanden und sich nachher erheblich verschlimmert haben (BGH FamRZ 1987, 684 = NJW 1987, 2229; Kalthoener/Büttner/Niepmann Rnr. 422). Nach dem in dem ursprünglichen Verfahren vom Oberlandesgericht eingeholten Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. W. waren bei der Klägerin radiologisch leichtgradige Veränderungen am Skelettsystem und den Gelenken festzustellen. Außerdem litt sie an vegetativ bedingten Beschwerden, wobei ein nervöser Erschöpfungszustand mit einer depressiven Verstimmung hinzukam. Den von der Klägerin im vorliegenden Verfahren eingereichten ärztlichen Bescheinigungen lässt sich nicht entnehmen, dass ihre jetzigen Beschwerden bloß eine Verschlimmerung des vom Sachverständigen W. festgestellten Zustandes sind. Dabei zu berücksichtigen, dass seit der Begutachtung durch den Sachverständigen ein Zeitraum von fast sechs Jahren verstrichen ist. Außerdem vermögen in der Anlage vorhandene Krankheiten, die sich zu dem Einsatzzeitpunkt noch nicht ausgewirkt haben, keinen Anspruch auf Krankheitsunterhalt zu begründen, wenn sie erst nach nachhaltiger Sicherung des Unterhalts durch Erwerbstätigkeit auftreten (OLG Hamm, FamRZ 1999, 230, 231; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 233; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rnr. 422; Büttner, NJW 1999, 2315, 2320). Eine nachhaltige Sicherung des nicht schon durch die Unterhaltsleistungen des Beklagten gesicherten Unterhaltsbedarfs der Klägerin durch deren Teilzeittätigkeit ist anzunehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfange die Klägerin einer derartigen Teilzeitbeschäftigung tatsächlich nachgegangen ist. Denn selbst fiktive Arbeitseinkünfte können zu einer (ebenfalls fiktiven) nachhaltigen Sicherung führen; sonst käme es zu einer ungerechtfertigten Besserstellung desjenigen, der seine Erwerbsobliegenheit verletzt (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Rnr. 436). Dass die Klägerin in dem Zeitraum nach Erlass des Ersturteils ihrer Erwerbsobliegenheit in der gebotenen Weise nachgekommen sei, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 8, 711, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 27.088,00 DM (6.772,00 DM Rückstand + (3.000 minus 1.307) x 12), ab teilweiser Rücknahme der Berufung am 31. Januar 2001: 14.316,00 DM (2.500,00 DM minus 1.307,00 DM) x 12).

Ende der Entscheidung

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