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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.11.2001
Aktenzeichen: 27 WF 194/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 793
ZPO § 888
ZPO § 575
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Beschluss

27 WF 194/01

In Sachen

hat der 27.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Koall und der Richter am Oberlandesgericht Schmitz und Dr. Küpper

am 2.11.2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 19.9.2001 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heinsberg vom 18.9.2001 - 7 F 75/00 - teilweise abgeändert.

Gegen den Schuldner wird wegen Nichterteilung der Auskunft über die in der Zeit vom 1.4.1960 bis zum 31.3.1966 von ihm erworbenen Rentenanwartschaften bei dem Istituto Nazionale Previdentia Sociale (INPS) gem. Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heinsberg vom 14.9.2001 - 7 F 75/00 - die Zwangshaft für die Dauer von zehn Tagen angeordnet.

Wegen des Antrages auf Erlass eines Haftbefehls wird die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 793 ZPO an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch wie erkannt Erfolg.

Im Beschluss vom 14.9.2001 hat das Amtsgericht gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 DM, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft für die Dauer von zehn Tagen festgesetzt, um den Schuldner anzuhalten, die ihm mit Teil-Beschluss des Amtsgerichts vom 13.7.2000 auferlegte Verpflichtung zur Auskunft über die in der Zeit vom 1. 4.1960 bis zum 30.6.1989 von ihm erworbenen Rentenanwartschaften bei dem im Tenor bezeichneten italienischen Versorgungsträger zu erteilen. Das Zwangsgeld konnte bisher nicht beigetrieben werden. Ein Vollstreckungsversuch der Gläubigerin am 15.9.2001 bei einem Besuch des Schuldners aus Anlass des Geburtstages seiner Mutter in Deutschland blieb ausweislich des Vollstreckungsprotokolls des Gerichtsvollziehers vom 15.9.2001 fruchtlos. Damit sind die Voraussetzungen für die Anordnung der Ersatzhaft erfüllt. An den Nachweis der Nichtbeitreibbarkeit eines bereits verhängten Zwangsmittels sind nicht so strenge Maßstäbe anzulegen, dass die dem Gläubiger nach § 888 ZPO zur Durchsetzung seiner Ansprüche gesetzlich zuerkannten Zwangsmittel ihre Eignung zur raschen und unmittelbaren Einwirkung auf den Willen des Schuldners verlieren (OLG Düsseldorf, Juristisches Büro 1989,278 ; OLG Zweibrücken, Beschl. vom 3.8.1998 - 5 WF 69/98 -; KG NJW 1963, 2082). Die Nichtbeitreibbarkeit muss nicht in einer jeden Zweifel ausschliessenden Weise objektiv feststehen. Einem Gläubiger kann ein begründetes Rechtsschutzinteresse für seinen Antrag auf Festsetzung einer weiteren Beugestrafe nicht abgesprochen werden, wenn er das seinerseits erforderliche getan hat, um die verhängte Strafe gegen den Schuldner durchzusetzen (OLG Zqweibrücken a.a.O.). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Gläubigerin hat vergeblich versucht, das festgesetzte Zwangsgeld gegen den Schuldner zu vollstrecken. Dass der Schuldner, der seit vielen Jahren seinen Wohnsitz in Italien hat und dort beruflich tätig war, in Deutschland der Zwangsvollstreckung unterworfenes Vermögen hat, ist nicht ersichtlich und wird von den Parteien auch nicht vorgetragen. Die Gefahr, dass das Zwangsmittel seine Eignung zur raschen und unmittelbaren Einwirkung auf den Willen des Schuldners verlieren würde, bestünde indessen, wenn man vor der Anordnung der Ersatzhaft von der Gläubigerin die fruchtlose Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners in Italien verlangte. Es kommt daher nicht entscheidend darauf an, ob der Zwangsgeldbeschluss in Italien für vollstreckbar erklärt und die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden könnte, was zumindest zweifelhaft erscheint. Denn die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EUGVÜ) auf Entscheidungen über den Versorgungsausgleich scheidet nach Art. 1 Nr.3 aus (Zöller- Geimer. ZPO, 22.Aufl., Anh.I Art.1 Rn.10; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3.Aufl.,Anh.I § 40 Rn. 27; Schlosser, EuGVÜ, Art.1 Rn.22 ). Ebensowenig findet die Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betr. die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten Anwendung, da dies nach Nr. 10 der Art.1 vorangestellten Gründe ausdrücklich ausgeschlossen ist. Ob der Zwangsgeldbeschluss nach dem deutsch-italienischem Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9.3.1936 (RGBl. II 1937,145) für vollstreckbar erklärt werden würde, ist zweifelhaft, da eine Entscheidung der freiwilligen Gerichtsbarkeit, um die es hier dem Grunde nach geht, vom Abkommen nicht erfasst sind (MüKo/Gottwald, dt.-ital. Abk. Art.2 Rn 2), jedenfalls muss die Gläubigerin mit solchen Schwierigkeiten rechnen (Luther, ZHR 127 (1964),145), dass ein effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet erscheint. Der Senat entnimmt zudem dem Beschwerdeschriftsatz der Gläubigerin, dass es dieser darum geht, den Schuldner mit der Anordnung und der Drohung der Vollstreckung der Zwangshaft in Deutschland zur Auskunft zu veranlassen, nicht aber durch die von ihr selbst als ausserordentlich schwierig und langwierig eingeschätzte Vollstreckung in Italien unter Druck zu setzen.

Obwohl das Amtsgericht bereits im Beschluss vom 14.9.2001 für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit des Zwangsgeldes die Ersatzzwangshaft angeordnet hat, hält es der Senat aus Gründen der Klarstellung für geboten, diese Anordnung zu wiederholen, weil das Amtsgericht die Voraussetzungen der Ersatzzwangshaft zu Unrecht verneint und mit dem angefochtenen Beschluss konkludent den Antrag der Gläubigerin, einen Haftbefehl gegen den Schuldner zu erlassen, abgelehnt hat.

Da die Gläubigerin auch nach ihrer Auffassung für die Zeit ab 1.4.1966 die begehrte Auskunft erhalten hat, ist der Schuldner nur noch zur Erteilung der Auskunft für die im Tenor bezeichnete Zeit anzuhalten.

Die Bedenken des Amtsgerichts gegen die Anordnung der Ersatzzwangshaft teilt der Senat nicht. Die Tatsache, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in Italien hat und bei einer Inhaftierung in Deutschland möglicherweise Schwierigkeiten hätte, die für die Auskunftserteilung erforderlichen Belege beizubringen, steht der Anordnung der Ersatzzwangshaft nicht entgegen. Schon durch die Anordnung der Ersatzzwangshaft wird auf den Schuldner Druck ausgeübt, die geschuldete Auskunft zu erteilen, weil er anderenfalls damit rechnen muss, bei einem Besuch in Deutschland inhaftiert zu werden. Um dem zu entgehen, mag er bereits vor einer Inhaftierung die geschuldete Auskunft erteilen. Die Einwendungen des Schuldners in der Beschwerdeerwiderung rechtfertigen nicht die Ablehnung der Anordnung der Ersatzzwangshaft. Nach dem Teilbeschluss vom 13.7.2000 obliegt es dem Schuldner, die begehrte Auskunft zu erteilen. Dass die Gläubigerin sich unabhängig hiervon unmittelbar bei dem italienischen Versorgungsträger um die Auskunft bemüht, lässt ihr Rechtsschutzinteresse nicht entfallen, zumal ihre Bemühungen bisher erfolglos geblieben sind und offen ist, ob sie mit ihren Bemühungen Erfolg haben wird.

Der Schuldner kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der italienische Versorgungsträger möglicherweise längere Zeit benötigt, um die Auskunft zu erteilen. Der Teilbeschluss, durch den der Schuldner zu Auskunft verpflichtet worden ist, ist bereits am 13.7.2000 erlassen worden. Der Schuldner hatte daher ausreichend Zeit, sich mit Nachdruck um die Auskunft bei dem italienischen Versorgungsträger zu bemühen. Er hat nicht substantiiert dargelegt, dass er zwar solche Bemühungen entfaltet hat, dass diese aber vergeblich gewesen sind.

Es mag sein, dass der Schuldner derzeit noch keine Rente des italienischen Versorgungsträgers bezieht und daher die Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich insoweit nicht gegeben sind. Dieser Einwand hätte schon im Verfahren auf Auskunftserteilung geltendgemacht werden müssen. Im vorliegenden Verfahren ist er mit diesem Einwand wegen der Rechtskraft des Auskunftstitels ausgeschlossen, zumal der Gläubigerin ein Interesse an der begehrten Auskunft im Hinblick auf den zukünftigen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nicht abgesprochen werden kann. Ebensowenig steht der Anordnung der Zwangshaft entgegen, dass die Gläubigerin ihrerseits keine Auskunft über ihre Rentenanwartschaften in Italien erteilt hat. Will die Gläubigerin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich bei Vorliegen seiner Voraussetzungen durchführen, gehört es zur Schlüssigkeit des Antrags darzulegen, welche Anwartschaften sie selbst erworben hat.

Der Erlass des von der Gläubigerin beantragten Haftbefehls wird aus Zweckmässigkeitsgründen dem Amtsgericht gem. § 575 ZPO übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Beschwerdewert: 1.000,00 DM

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