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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.05.2004
Aktenzeichen: 3 U 136/03
Rechtsgebiete: VVG, RBerG


Vorschriften:

VVG § 67
RBerG Art. 1 § 5 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 136/03

Anlage zum Protokoll vom 18.05.2004

Verkündet am 18.05.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf, die Richterin am Oberlandesgericht Caesar und den Richter am Landgericht Ahlmann für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.09.2003 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 44 O 12/01 - wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Frachtführerin aus abgetretenem Recht der Empfängerin, der Firma G.M.D. GmbH in B., auf Schadensersatz wegen des Verlustes eines Pakets mit Speichermodulen auf dem Transportweg von Frankreich nach Deutschland in Höhe von 30.733,96 € nebst Zinsen in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Aachen im angefochtenen Urteil vom 15.09.2003 (Bl. 211 ff. der Akte) Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei gemäss Art. 17 Abs. 1 CMR zur Zahlung des zuerkannten Betrages verpflichtet. Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung der Firma G.M.D. GmbH gemäss Art. 13 CMR aktivlegitimiert. Die Abtretung sei nicht gemäss § 134 BGB wegen Verstosses gegen § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig. Es sei bewiesen, dass das auf dem Transportweg verlorengegangene Paket 480 Module enthalten habe; denn es seien drei Pakete mit insgesamt 2000 Modulen versandt worden, so dass anzunehmen sei, das in dem in Verlust geratenen Paket bis zu 1/3 der Gesamtmenge gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Sie hält daran fest, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, da die Abtretung gemäss § 134 BGB, Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig sei. Ferner habe das Landgericht zu Unrecht den von der Klägerin behaupteten Paketinhalt als erwiesen angesehen. Es sei nicht das geringste dafür ersichtlich, dass alle drei Pakete in etwa die gleiche Anzahl von Modulen enthalten hätten.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen und meint, das Landgericht habe hinsichtlich des Paketinhalts eine nach § 287 ZPO zulässige Schadensschätzung vornehmen dürfen.

Der Senat hat gemäss dem Beweisbeschluss vom 13.01.04 (Bl. 191) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.04.04 (Bl. 314 f.) Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.)

Das Landgericht hat zu Recht die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Soweit sie den Schaden in Höhe von 50.000,- DM reguliert hat, ist sie gemäss § 67 VVG aktivlegitimiert. Der Zeuge T. hat glaubhaft bestätigt, dass die Klägerin als alleiniger Versicherer der Empfängerin 50.000,- DM im Wege der Verrechnung geleistet hat. Bezüglich des 50.000,- DM übersteigenden Restbetrages von 10.110,40 DM ist die Klägerin aufgrund der Abtretungserklärung der Empfängerin vom 12.07.99 aktivlegitimiert. Die Abtretung ist nicht gemäss § 134 BGB wegen Verstosses gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig. Insoweit schliesst sich der Senat den überzeugenden Ausführungen des OLG Oldenburg in seinem Urteil vom 11.10.2001 (Transportrecht 03, 76 ff.) an, wonach die Einziehung von abgetretenen Schadensersatzansprüchen durch den Transportversicherer des jeweils materiell Ersatzberechtigten gemäss Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz erlaubnisfrei ist. Denn diese Rechtsbesorgung steht mit einem Geschäft des Gewerbebetriebes des Versicherers in unmittelbarem Zusammenhang und stellt sich insoweit als eine untergeordnete Hilfstätigkeit dar, die eine sachgerechte und beschleunigte Abwicklung des Versicherungsgeschäfts und die Regulierung eingetretener Schäden ermöglicht. Der BGH hat die Annahme der Revision gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 15.08.02 abgelehnt. Auch das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 09.10.02 (Transportrecht 03, 107 f.) Assekuradeure, die insbesondere an den Seeplätzen Hamburg und Bremen mit weitreichenden Zeichnungsvollmachten für die von ihnen vertretenen Versicherungsunternehmen ausgestattet sind, für berechtigt angesehen, aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmer erlaubnisfrei gemäss Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz vorzugehen. Dem gegenüber vertritt das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 12.02.03 - 18 U 265/00 - die Auffassung, die Einziehung von seitens ihrer Versicherungsnehmer abgetretener Schadensersatzforderungen sei wegen Verstosses gegen das Rechtsberatungsgesetz unzulässig, soweit die Versicherung keine Versicherungsleistungen erbracht habe. Auch in der Kommentarliteratur wird teilweise die Auffassung vertreten, Versicherungsmakler seien nicht berechtigt, für ihre Kunden deren Schadensersatzansprüche gegen Dritte geltend zu machen (s. Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 5 Rdnr. 38 f., 41 f.; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 5 Rdnr. 546 ff.; - vgl. auch BGH NJW 01, 70 ff., der im Rahmen eines Bauträgermodells nur die ausschliessliche oder hauptsächliche rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs für erlaubnispflichtig hält). Im vorliegenden Fall steht die Einziehung der eigenen gemäss § 67 VVG übergegangenen Forderung im Vordergrund, während die Einziehung des Restbetrages für den Versicherungsnehmer durch die Klägerin nur ein untergeordnetes Hilfsgeschäft darstellt. Insofern durfte sie gemäss Art. 1 § 5 Rechtsberatungsgesetz erlaubnisfrei tätig werden.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung die Anspruchvoraussetzungen des Art. 17 CMR und eines groben Verschuldens gemäss Art. 29 CMR bejaht und ein Mitverschulden des Versenders wegen unterlassener Wertdeklaration verneint. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung auch nicht, wie sie in der mündlichen Verhandlung vom 09.12.03 ausdrücklich klar gestellt hat.

Es ist auch erwiesen, dass in dem verlorengegangenen Paket 480 Speichermodule enthalten waren. Dem Landgericht kann allerdings nicht gefolgt werden, soweit es diesbezüglich unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 24.10.02 (Transportrecht 03, 156 ff.) von einem Anscheinsbeweis ausgeht. Da insgesamt drei Pakete versandt worden sind, für die es keine einzelnen Lieferscheine gibt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Waren in etwa gleicher Anzahl auf die einzelnen Packstücke verteilt waren. In dem Bodero ist nur von drei Paketen mit insgesamt 75 kg die Rede; Angaben zum Gewicht und zur Grösse der einzelnen Pakete fehlen. Zum Inhalt des in Verlust geratenen Packstücks bedurfte es daher weiterer Aufklärung.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das abhanden gekommene Paket 480 Module enthielt. Die Zeugin S. hat glaubhaft bekundet, es seien nur zwei Kartons mit insgesamt 1.520 Modulen bei der Empfängerin angekommen. Die Zahl sei nach mehrmaligem Zählen, bei dem sie mitgewirkt habe, exakt ermittelt worden. Die Zeugin hat auch bestätigt, den entsprechenden Vermerk auf den Lieferschein vom 06.04.99 (Anlage K 3) gesetzt zu haben. Da ausweislich des Lieferscheins und der Lieferrechnung insgesamt 2000 Speichermodule versandt worden sind, ist somit davon auszugehen, dass sich in dem verlorengegangenen Paket 480 Module befanden.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision sieht der Senat ab. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO. Soweit es um die Frage geht, ob ein Versicherer mit der Geltendmachung von durch seinen Versicherungsnehmer abgetretenen Schadensersatzansprüchen gegen das Rechtsberatungsgesetz verstösst, war der BGH hiermit bereits befasst; er hat die Annahme der Revision gegen das Urteil des OLG Oldenburg abgelehnt (Transportrecht 03, 76).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.733,96 €.

Ende der Entscheidung

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