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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.06.2001
Aktenzeichen: 3 U 17/00
Rechtsgebiete: StVG, BGB, RVO, SGB VII, ZPO


Vorschriften:

StVG § 7 Abs. 1
StVG § 8
StVG § 18 Abs. 1 S. 2
BGB § 831
BGB § 823 Abs. 1
RVO § 637 Abs. 1
RVO § 539 Abs. 2
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1
SGB VII § 105 Abs. 1
SGB VII § 105
SGB VII § 2 Abs. 3
SGB VII § 106 Abs. 2 3. Alternative
SGB VII § 106 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 17/00

Anlage zum Protokoll vom 5. Juni 2001

Verkündet am 5. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf, den Richter am Oberlandesgericht Blank und den Richter am Landgericht Juffern

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1999 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 8 O 238/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete - Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zurecht hat das Landgericht Aachen Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten verneint.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1) weder ein Schadensersatzanspruch aus § 18 Abs. 1 S. 2 StVG noch aus § 823 Abs. 1 BGB zu, da dem Beklagten zu 1) das Haftungsprivileg des § 105 Abs. 1 S. 1, 2 SGB VII zugute kommt. Danach sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten "desselben Betriebs" verursachen, diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben.

Die beiden letztgenannten Voraussetzungen für eine Nichtanwendbarkeit des Haftungsprivilegs aus § 105 Abs. 1 SGB VII liegen unzweifelhaft nicht vor.

Der Beklagte zu 1) ist auch als Nichtarbeitnehmer der Klägerin jedoch in die Haftungsfreistellung gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII mit einbezogen.

§ 105 SGB VII beinhaltet im Hinblick auf die frühere Regelung in § 637 Abs. 1 RVO eine Erweiterung des Personenkreises, denen als Schädiger die Haftungsfreistellung des § 105 SGB VII zugute kommen soll. Die Haftungsfreistellung nach § 637 Abs. 1 RVO, die vor Inkrafttreten des SGB galt, bezog sich auf Schädiger, die "Betriebsangehörige des Unfallbetriebes" waren. Das waren über die Arbeitnehmer des Betriebes hinaus diejenigen, die dem Weisungsrecht und der Fürsorgepflicht des Betriebsinhabers des Unfallbetriebes nach Art eines Arbeitnehmers unterlagen. Dies bedingte eine gewisse Eingliederung in den Betrieb wie etwa bei einem Leiharbeitsverhältnis. Eine vorübergehende Tätigkeit des Schädigers ohne dies genügte nicht für dessen Haftungsfreistellung, es genügte insbesondere nicht eine "Wie-Beschäftigung" gemäß § 539 Abs. 2 RVO, um als Betriebsangehöriger im Sinne von § 637 Abs. 1 RVO angesehen werden zu können. Die Haftungsfreistellung nach § 105 Abs. 1 SGB VII reicht - wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt - weiter. Es kommt nicht mehr darauf an, ob der Schädiger "Betriebsangehöriger" ist oder nicht. Von der Haftung freigestellt sind jetzt vielmehr alle "Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebes verursachen". Entscheidend ist jetzt, ob es eine "betriebliche Tätigkeit" ist, durch die eine Person einen Versicherungsfall (von Versicherten desselben Betriebs) verursacht. Die "betriebliche Tätigkeit" kann namentlich eine "Wie-Beschäftigung" (§ 2 Abs. 2, 6 SGB VII, früher § 539 Abs. 2 RVO) sein, die nach altem Recht nicht zur Haftungsfreistellung des Schädigers führte. Im Ergebnis bestehen damit jetzt gleiche Voraussetzungen für die Haftungsfreistellung des Schädigers einerseits und für den mit der Haftungsfreistellung des Schädigers verbundenen Versicherungsschutz des "Versicherten desselben Betriebs" andererseits (vgl. Wannagat, SGB, Kommentar zum Recht des SGB, 46. Lieferung zum Gesamtwerk, zugleich 5. Lieferung SGB VII, "Gesetzliche Unfallversicherung", Oktober 1998, § 105 SGB VII Rn. 4 bis 6 m.w.N.).

Ziel der Vorschrift ist es, da jeder im Betrieb Tätige durch eine Unachtsamkeit insbesondere einem Arbeitskollegen erheblichen Schaden zufügen kann, diesen von den Folgen dieses Risikos weitgehend freizustellen. Denn das Risiko, deshalb einer unter Umständen hohen privatrechtlichen Schadensersatzforderung ausgesetzt zu sein, kann ihm vor dem Hintergrund der Unfallversicherung genommen werden: Der versicherte Geschädigte erhält Leistungen der Unfallversicherung, die seinen Schaden bis auf evtl. "Schadensspitzen" decken. Das erlaubt die Haftungsfreistellung des Schädigers, denn der Geschädigte hat einen, zudem liquiden Schuldner. Jeder im Betrieb Tätige kann zum Geschädigten und zum Schädiger werden. Wird ihm das Haftungsrisiko abgenommen, kann er für den Fall der Schädigung bereit sein, auf zivilrechtlichen Schadensersatz zu verzichten.

Die Unterscheidung nach altem Recht zwischen Schädiger und Geschädigtem bezüglich der Betriebseingliederung trug diesem Spannungsverhältnis nicht genügend Rechnung. Es liegen keine vernünftigen Gründe dafür vor, den Geschädigten bezüglich seiner Zuordnung zum geschädigten Betrieb anders zu behandeln als den Schädiger. In gleicher Weise wie der Geschädigte Versicherungsschutz beanspruchen kann, soll auch der Schädiger von dem Versicherungsschutz profitieren (vgl. Wannagat, a.a.O., Rn. 31).

Nach neuem Recht kann daher auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die der BGH zu § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO zur "Wie-Beschäftigung" für den Geschädigten entwickelt hat. Danach hängt die Haftungsprivilegierung des Beklagten zu 1) davon ab, dass er "wie" ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB VII für den Unfallbetrieb tätig geworden ist. Dies bedeutet, dass die Regelung den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstreckt, die in einem inneren Zusammenhang mit den Aufgaben des Unternehmens stehen, seinen Interessen also dienen. Entscheidend für die Annahme der Haftungsfreistellung ist mithin, ob der Betroffene mit der zum Unfall führenden Tätigkeit die Interessen des in Frage stehenden Unternehmens gefördert hat. Hingegen ist es für diesen Versicherungsschutz ohne Belang, ob sich der Betroffene dem Unternehmer "untergeordnet" hat; eine Beziehung zu dem Unfallbetrieb, die arbeitsrechtlich als die eines Arbeitnehmers zu qualifizieren ist, ist nicht erforderlich, insbesondere muss auch kein Abhängigkeitsverhältnis wirtschaftlicher oder persönlicher Art zum Unfallbetrieb vorliegen (vgl. BGH NJW 1987, 1643, 1644).

Die oben ausgeführte Auffassung des Senats steht auch in Übereinstimmung zur neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Haftungsprivilegierung gemäß § 106 Abs. 2 3. Alternative SGB VII. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 17.10.2000 - VI ZR 67/00 - (veröffentlicht in MDR 2001, 155, 156) zur Haftungsprivilegierung nach § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII ausgeführt, dass zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "gemeinsame Betriebsstätte" eine vermittelnde Auffassung zugrundezulegen sei. Die in § 106 Abs. 3 SGB VII vorausgesetzte "gemeinsame Betriebsstätte" sei jedenfalls mehr als "dieselbe Betriebsstätte", die in § 105 Abs. 1 SGB VII vorausgesetzt werde. Nach Auffassung des Senats können daher die Überlegungen des BGH in der genannten Entscheidung unter Berücksichtigung der in der Literatur vertretenen Auffassungen jedenfalls auch zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "desselben Betriebs" in § 105 Abs. 1 SGB VII mit herangezogen werden. Durch seine weitere Entscheidung vom 23.01.2001 - VI ZR 70/00 - (MDR 2001, 570, 571) hat der BGH an diese Grundsätze angeknüpft und bestätigend ausgeführt, dass der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte am ehesten ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf meint; ein rein zufälliges Aufeinandertreffen von Tätigkeiten entspreche dem nicht.

Wie der BGH (a.a.O.) ausgeführt hat, ist ein Teil des Schrifttums der Auffassung, dass § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII die bisherige Rechtslage nicht verändert habe. Nach dieser Meinung erfasst die Neuregelung wie das bisherige Recht die Fälle, in den Unternehmen in Form einer Arbeitsgemeinschaft kooperieren (vgl. Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Auflage 1997, Anhang II Rn. 26; sowohl auch Otto, NZV 1996, 473, 477).

Nach anderer Auffassung setzt die Anwendung des § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII zwar nicht eine Arbeitsgemeinschaft der beteiligten Unternehmen, wohl aber über den zeitlichen und räumlichen Kontakt der betrieblichen Tätigkeiten hinaus ein gemeinsames Ziel der Unternehmen (so Hauck/Nehls, SGB VII, § 106 Rn. 16), die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks (so Maschmann, SGB 1998, 54, 59) oder die Unterhaltung einer Betriebsstätte in gemeinsamer Organisation und Verantwortung voraus (so Ricke in Kasseler Kommentar, 2. Auflage 1999, § 106 SGB VII Rn. 5).

Diesen engen Gesetzesauslegungen steht die Meinung derer gegenüber, die es ausreichen lassen, dass ein zeitlicher und räumlicher Kontakt von neben- oder nacheinander stattfindenden Verrichtungen besteht (Geigel/Kolb, Der Haftpflichtprozess, 22. Auflage 1997, Kapital 31 Rn. 84; Kater in Kater-Leube, SGB VII, § 106 Rn. 19; Westhoff a.E. in Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht Teil 2 I Rn. 91 f.; Saarländisches OLG r + s 1999, 374 f.; LG Kassel VersR 1999, 1552; LG Kiel SB 1999, 306 f.), wobei jede betriebliche Tätigkeit eine "Betriebsstätte" begründet (Jahnke, NJW 2000, 265 f.; VersR 2000, 155 f.; SB 1999, 307 f.; Stern-Krieger/Arnau, VersR 1997, 408, 411). Für die geforderte "Gemeinsamkeit" der Betriebsstätte genüge jede, wenn auch lose Verbindung zwischen den einzelnen Verrichtungen; nur ein zufälliges Aufeinandertreffen reiche nicht aus (Jahnke, NJW 2000, 265 f.). Nach einer noch weitergehenden Meinung ist sogar nur eine Tätigkeit auf "derselben" Betriebsstätte zu fordern (Stern/Krieger-Arnau, VersR 1997, 413).

Dazwischen bewegt sich eine vermittelnde Auffassung. Nach ihr verlangt § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII weder eine rechtliche Verfestigung der Kooperation der beteiligten Unternehmen noch die Verfolgung eines gemeinsamen Ziels und Zwecks oder eine gemeinsame Organisation oder Verantwortung. Andererseits reiche für die Normanwendung aber ein bloßes Nebeneinander der Tätigkeiten nicht aus, vielmehr sei zumindest ein Miteinander im Sinne einer Verknüpfung einzelner Leistungen zu fordern (so Lemcke, r + s 1999, 376; ZAP Heft 23, 199, 211 f.; wohl auch Schmitt, SGB VII, § 106 Rn. 9; Waltermann NW 1997, 3401, 3403; Wannagat/Waltermann, SGB, SGB VII § 106 Rn. 5; ferner OLG Braunschweig r + s 1999, 459, 462).

Der Senat vermag im Hinblick auf den Wortlaut sowohl in § 105 SGB wie auch in § 106 SGB den Auffassungen, die die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft oder die Vereinbarung eines gemeinsamen Ziels und Zwecks der Aktivitäten oder eine gemeinsamen Organisation und Verantwortung verlangen, nicht zu folgen. Diese Auffassungen sind zwar mit dem Wortlaut jedenfalls des § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII durchaus vereinbar, unterscheiden sich aber von der bisherigen Rechtslage, nach der bereits in den Fällen der Arbeitsgemeinschaft die Haftungsfreistellung einsetzte, nicht oder nur graduell. Es kann indes nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Einführung einer eigenständigen Regelung unter Verwendung des in diesem Zusammenhang neuartigen Begriffs der "gemeinsamen Betriebsstätte" den bisherigen Rechtszustand lediglich festschreiben oder nur geringfügig ausdehnen wollte. Vielmehr lässt die Vorschrift trotz der Unauffälligkeit ihrer Position im Gefüge des § 106 Abs. 3 SGB VII und trotz der Unergiebigkeit der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204, 100) durch die Besonderheit des Norminhalts die gesetzgeberische Intention erkennen, die Haftungsfreistellung des Schädigers in den Fällen der Beteiligung mehrerer Unternehmen im Vergleich zum bisherigen Recht deutlich zu erweitern. Hinter dieser Zielsetzung bleibt eine derart enge Auslegung des Begriffs der gemeinsamen Betriebsstätte in nicht hinnehmbarer Weise zurück.

Auf der anderen Seite vernachlässigt die weite Auffassung, nach der schon eine Schädigung bei einem bloßen lokalen Nebeneinander zweier Unternehmensaktivitäten zu einer Haftungsbefreiung des Schädigers führen soll, die weitgehend akzeptierte Erkenntnis, dass die vom Gesetz vorausgesetzte "gemeinsame Betriebsstätte" jedenfalls mehr ist als dieselbe Betriebsstätte. Mit dem in diesem Normzusammenhang ungewöhnlichen Postulat der Gemeinsamkeit der Betriebsstätte bezweckt der Gesetzgeber offensichtlich zugleich, den Kreis der Schadensfälle nicht ausufern zu lassen, in denen eine Haftungsbefreiung einsetzen soll, wenn das Zusammentreffen der Risikosphären mehrerer Betriebe zum Schadensfall führt.

Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung trägt bei einem unbefangenen Gesetzesverständnis am ehesten eine Auslegung des Begriffs der gemeinsamen Betriebsstätte Rechnung, nach der § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf meint, das zwar nicht nach einer rechtlichen Verfestigung oder auch nur ausdrücklichen Vereinbarung verlangt, sich aber zumindest tatsächlich als ein aufeinanderbezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. Die Haftungsfreistellung aus § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII erfasst damit über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Dieses Gesetzesverständnis wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber die gemeinsame Betriebsstätte in § 106 Abs. 3 SGB VII in Parallelität zum Zusammenwirken von Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder des Zivilschutzes regelt und damit Kooperationsformen ins Auge fasst, in denen im faktischen Miteinander die Tätigkeit der Mitwirkenden aufeinander bezogen oder zumindest verknüpft oder auf gegenseitige Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet ist (vgl. hierzu auch Lemcke, r + s 1999, 376).

Ob für § 105 Abs. 1 für das Tatbestandsmerkmal "derselbe Betrieb" diese vermittelnde Auffassung oder eine Zuordnung zum Betrieb i. S. der weiten Auffassung zugrundezulegen ist, kann letztendlich dahinstehen, da auch unter Heranziehung der vermittelnden Auslegung für den Beklagten zu 1) das Haftungsprivileg aus § 105 Abs. 1 S. 1, 2 SGB VII greift. Der Beklagte zu 1) war "wie" ein Beschäftigter in den Betrieb der Klägerin eingegliedert, als er den Zeugen M. zur Hilfe kam. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Hilfeleistung um eine Gefälligkeit handelte. Entscheidend ist, ob der Beklagte zu 1) eine "Wie-Beschäftigung" ausübte, um als Betriebsangehöriger der Klägerin angesehen werden zu können. Ob diese Tätigkeit nur vorübergehend, unentgeltlich und aus Gefälligkeit ausgeübt wurde, ist dabei unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich bei der ausgeübten Tätigkeit um eine ernsthafte Arbeit handelte, die dem Unternehmen der Klägerin diente (vgl. BGH NJW 1987, 1643).

Von daher ist es auch unbeachtlich, dass der Beklagte zu 1) nur spontan und punktuell für den Unfallbetrieb seine Tätigkeit erbracht hat (vgl. BGH VersR 1987, 384, 385; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 22. Auflage 1997, Rn. 46; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht - Gesamtdarstellung -, 14. Auflage 1996, Rn. 2617).

Auch spontane Hilfeleistungen können demnach der Förderung der Aufgaben des geschädigten Betriebes dienen. Sie fallen mithin in die betriebliche Sphäre dieses Unternehmens. Dass der Beklagte zu 1) von seinem Betrieb, der Beklagten zu 2), nicht den Auftrag hatte, diese Hilfeleistung zu erbringen, er sie vielmehr spontan aufgrund eigenen Entschlusses erbracht hat, steht der Annahme der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin damit nicht entgegen (vgl. BGH VersR 1983, 855, 856; BGH MDR 2001, 155, 156). Ob dabei der Beklagte zu 1) auch für die Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Pannenhilfe für die Klägerin tätig geworden ist, ist somit nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Selbst wenn man nämlich auch ein Tätigwerden im Interesse der Beklagten zu 2) annähme, wäre der Beklagte zu 1) nicht von der Haftungsprivilegierung nach § 105 SGB VII ausgeschlossen - wie auch ein Vergleich mit § 106 Abs. 3 SGB VII zeigt -. Ist nämlich der Betroffene - hier der Beklagte zu 1) - in den Risikosphären mehrerer Unternehmen tätig geworden, ist die Abgrenzung des Versicherungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrnehmung zu sehen. Unfallversicherungsrechtlich ist der Betroffene dem Unternehmen zuzuordnen, dessen Interesse zu fördern seine Tätigkeit bestimmt war. Die Hilfeleistung diente aber ganz überwiegend der Förderung der Interessen der Klägerin. Für sie war von entscheidender Bedeutung, dass ihr Lkw wieder einsatzbereit war. Die rein theoretische Möglichkeit einer Behinderung des Betriebs der Beklagten zu 2) - wenn sie denn überhaupt gegeben war - tritt daher vollkommen zurück. Erkennbar ging es dem Beklagten zu 1) darum, spontan Hilfe zu leisten. Dass er daran gedacht hätte, auch seiner Arbeitgeberin zu helfen, wird nicht einmal ansatzweise dargetan.

Allein die objektive Möglichkeit, dass seine Hilfstätigkeit auch der Beklagten zu 2) geholfen haben könnte, rechtfertigt von daher nicht die Annahme, den Beklagten zu 1) von der Haftungsprivilegierung des § 105 Abs. 1 S. 1, 2 SGB VII auszuschließen.

Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte zu 2) keine Schadensersatzansprüche.

Eine Halterhaftung aus § 7 Abs. 1 StVG ist wegen § 8 StVG ausgeschlossen. Danach greift die Gefährdungshaftung des Halters nicht ein, wenn das Unfallereignis bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges eingetreten ist, welches nach seiner Bauart nicht in der Lage ist, eine höhere Geschwindigkeit als 20 km/h zu fahren. Der vom Beklagten zu 1) gefahrene unfallverursachende Radlader war ein solches Fahrzeug im Sinne des § 8 StVG, wie die Beweisaufnahme ergeben hat. Nach den nicht angegriffenen schriftlichen Zeugenaussagen der Zeugen G., d. W. und We. (Bl. 183 bis 186 GA) handelte es sich bei dem eingesetzten Radlader um einen solchen der Firma C. vom Typ 312 SL. Gemäß dem nicht angegriffenen schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. vom 27.02.2001 (Bl. 202 bis 206 GA) steht fest, dass der unfallursächliche Radlader nicht schneller als 20 km/h fahren kann.

Liegen aber die Voraussetzungen des § 8 StVG vor, scheidet eine Gefährdungshaftung der Beklagten zu 2) nach § 7 Abs. 1 StVG aus.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 831 BGB zu. Bei der spontanen Hilfstätigkeit war der Beklagte zu 1) nicht Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 2). Die Tätigkeit lag ganz außerhalb seines Tätigkeitsbereiches für die Beklagte zu 2). Allein die Tatsache, dass durch das Liegenbleiben des klägerischen Lkw die Zufahrt zum C.hof versperrt war, reicht nicht für die Annahme aus, dass der Beklagte zu 1) bei der spontanen Pannenhilfe Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 2) war. Dem Vortrag der Klägerin kann nämlich nicht entnommen werden, dass es sich bei der versperrten Zufahrt um die einzige Zufahrt zum C.hof gehandelt hat und somit die Beseitigung der Sperre auch im Interesse der Beklagten zu 2) lag. Zum anderen wird die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte bauunternehmerische Tätigkeit der Beklagten zu 2) nicht näher erläutert. Ob hier konkret der verfahrensgegenständliche Zufahrtsweg auch von der Beklagten zu 2) und in welchem Umfang gebraucht wurde, ist in keiner Weise ersichtlich. Gerade der Umstand, dass dem Zeugen M. eine Zufahrt besonders zugewiesen wurde, rechtfertigt die Annahme, dass mehrere Zufahrtswege zum C.hof vorhanden waren. Jedenfalls war der Einsatz des Radladers, welcher von dem Beklagten zu 1) gesteuert wurde, durch das Liegenbleiben des Lkws der Klägerin nicht behindert. Eine konkrete Behinderung der Tätigkeiten der Beklagten zu 2) kann somit nicht festgestellt werden. Von daher diente die Hilfe des Beklagten zu 1) nahezu (ausschließlich) dem Interesse der Klägerin. Ein konkretes Tätigwerden im Interesse der Beklagten zu 2) kann dagegen nicht erkannt werden.

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der oben begründeten Auffassung des Senates, wonach der Beklagte zu 1) für "denselben Betrieb" - nämlich den der Klägerin - tätig wurde wie der Geschädigte.

Musste somit die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben, so waren ihr gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 14.624,68 DM.



Ende der Entscheidung

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