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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.07.2001
Aktenzeichen: 3 U 217/00
Rechtsgebiete: VVG, HGB, KVO, BGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

VVG § 67
HGB § 413
HGB §§ 407 ff
HGB § 352
HGB § 353
HGB § 412
HGB § 407 Abs. 2
HGB § 390 a. F.
KVO § 39
BGB § 398
BGB § 282
AGBG § 9
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 217/00

Anlage zum Protokoll vom 10.07.2001

Verkündet am 10.07.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf, den Richter am Oberlandesgericht Blank und den Richter am Landgericht Juffern

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. August 2000 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 91 O 23/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien bleibt nachgelassen, eventuell zu erbringende Sicherheitsleistungen auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Volks- oder Raiffeisenbank zu leisten.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Transportversicherer der Firma M.. Diese fragte bei der Beklagten Luftfrachtraten für einen Transport von 3620 Kartons V.-Karten im Gesamtgewicht von 21.750/19.298 kg von H. nach K. an. Die Beklagte bot der Firma M. gemäß Fax-Message vom 12.01.1998 (Blatt 14 GA) eine Rate von 22,50 H. Dollar/kg bei Transport mit K. oder C. an. Die Firma M. beauftragte die Beklagte daraufhin mit der Importabwicklung. Wegen des genauen Inhalts des Auftrages wird auf das Fax der Firma M. vom 16.01.1998 Bezug genommen (Blatt 12 GA).

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind zwei Transporte bezüglich dieser V.-Karten. Diese wurden am 17.02.1998 und 13.03.1998 durchgeführt. Auf die Luftfrachtbriefe der K.-C. wird Bezug genommen (Blatt 16, 13 GA).

Aus dem Luftfrachtbrief vom 17.02.1998 ergibt sich, dass die Sendung aus 127 Kartons im Gesamtgewicht von 643 kg bestand (Blatt 16 GA). Am 20.02.1998 gelangten 77 Kartons im Gesamtgewicht von 390 kg in vorübergehende zollamtliche Verwahrung. Auf die "vorübergehende Verwahrungsanzeige" vom 20.02.1998 wird Bezug genommen (Blatt 18 GA).

Die zweite Sendung bestand nach dem H. der Firma A.Express in H. aus 253 Kartons. In dem H. war ein Gesamtgewicht von 1.768 kg angegeben (vgl. Blatt 22 GA). Im K.-Luftfrachtbrief war das Gesamtgewicht der Sendung mit 1.300 kg angegeben. Die Luftfracht kam am 17.03.1998 in D. an. Laut D.S. Report des C.-Service-Center wurde die aus 253 C. bestehende Sendung neu verwogen. Das festgestellte Gesamtgewicht betrug 1.350 kg. Die genaue Beschädigung der Verpackung kann dem D.S. Report nicht entnommen werden. Eine Beschädigung des Inhalts der Sendung war gemäß dem Report nicht feststellbar. Die Schadensfeststellung war bei Übergabe erfolgt.

Die Sendung wurde am Flughafen D. zwischengelagert und zollamtlich behandelt. Nach dem Umschlag im Frachtflughafenbereich übernahm die Firma N.-U. im Auftrag der Beklagten den Landtransport von D. nach K.. Diese beauftragte hierzu einen Unterfrachtführer, der die Fracht, bestehend aus 7 Euro-Paletten, auf denen die 253 C.s transportiert wurden, von D. nach E. verbrachte. Dies geschah mit einem Aufliegerfahrzeug. In E. wurde dann der Auflieger auf ein anderes Aufliegerfahrzeug geladen und nach K. zur Empfängerin (der Firma L.) gebracht. Der in D. ausgestellte Frachtbrief für den Transport von D. nach K. ist in großen Teilen unleserlich (vgl. Blatt 29 GA). Es war durch die Beklagte nicht mehr zu ermitteln, welcher Frachtführer und welcher Fahrer in D. die Ware übernommen hatte. In E. wurde dann die Ware von einer Firma Betrans, Meissen, Triftweg übernommen und bei der Firma L. GmbH abgeliefert. Von dieser wurde nach Ablieferung der Ware eine Fehlmenge von 2.092 Karten gemeldet. Wegen der näheren Einzelheiten der Fehlmengenmeldung wird auf den Inhalt der Abladeliste (Bl. 24 GA), des Protokolls vom 18.03.1998 (Bl. 25 GA) und vom 19.03.1998 (Bl. 64 GA) verwiesen.

Die Beklagte stellte den ersten Transport am 27.02.1998 mit 5.373,54 DM und den zweiten Transport am 19.03.1998 mit 10.673,95 DM in Rechnung. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Rechnungen verwiesen (Bl. 58, 59 GA).

Die Klägerin hat behauptet, beim ersten Transport am 17.02.1998 seien 1970 Stück V.-Karten in Verlust geraten. Diese hätten einen Wert von 117.471,10 DM.

Bezüglich der zweiten Sendung hat die Klägerin erstinstanzlich behauptet, diese habe in H. ein Gesamtgewicht von 1.768 kg gehabt. Die Eintragung im K.-Luftfrachtbrief sei falsch gewesen. Dies ergebe sich schon daraus, dass nach dem D.S. Report des C.-Service-Center ein Gesamtgewicht von 1.350 kg ermittelt worden sei. In Verlust geraten während der Luftfracht seien 2092 Karten. Hieraus resultiere ein Fehlgewicht von 417,5 kg. Die fehlenden Karten hätten einen Wert von 124.745,96 DM.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, auf eine reine Quittung der Empfängerin in K. könne sich die Beklagte nicht berufen. Diese habe sich lediglich auf eine Sendung von 7 Euro-Paletten bezogen. Es habe ein verdeckter Schaden vorgelegen, der sofort nach Erhalt am 18.03.1998 festgestellt und am 23.03.1998 der Beklagten gemeldet worden sei.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung gewesen, die Beklagte sei Fixkostenspediteurin gewesen.

Sie hat behauptet, der Verlust sei auf dem Lufttransport eingetreten.

Sie hat gemeint, die Beklagte hafte daher gemäß § 413 HGB i.V.m. Art. 18, 25, 25 a WA. Auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 22 WA könne sich die Beklagte nicht berufen. Sie sei ihrer Aufklärungsobliegenheit nicht nachgekommen. Diese betreffe auch Umstände bei ihrem Unterfrachtführer. Dafür, dass nach Art. 22 WA bei der Entstehung des Schadens ein leichtfertiges Verhalten ausgeschlossen sei, könne keine Rede sein.

Die Klägerin hat weiter behauptet, die Firma M. habe ihr die ihr zustehenden Ansprüche am 24.06.1998 abgetreten. Laut Entschädigungsquittung der Firma M. habe diese Entschädigungen von 119.260,00 DM und 124.745,96 DM erhalten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 242.217,06 DM nebst 5 % Zinsen aus 117.471,10 DM seit dem 14.08.1999 und 5 % aus weiteren 124.745,96 DM seit dem 22.08.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Die Firma M. habe dieser nur Ansprüche gegen den Frachtführer K., nicht gegen sie, die Beklagte, abtreten wollen.

Eine Spedition zu festen Kosten sei nach ihrer Auffassung nicht vereinbart worden. Sie sei nur speditionell tätig geworden und habe der Firma M. auf deren Anfrage Raten der Luftfahrtgesellschaft mitgeteilt.

Hierzu hat sie behauptet, die Transporte seien von dem Luftfrachtführer K. durchgeführt worden. Sie habe gegenüber der Firma M. die Beförderungskosten nach Maßgabe der Abrechnung der K. als Frachtauslagen abgerechnet. Speditionsentgelt habe sie für weitere Tätigkeiten berechnet.

Bei dem ersten Transport habe die K. nur 77 Kartons nach D. befördert. Bei der zweiten Sendung seien alle 253 Kartons von dem C.-Service-Center mit insgesamt 1.350 kg verwogen worden. Schäden an den Kartons seien dabei nicht festgestellt worden. Für diese 253 Kartons sei in K. eine reine Quittung erteilt worden. Wie der Firma M. bekannt gewesen sei, arbeite sie ausschließlich auf der Basis der A. Eine Haftung ihrerseits sei daher nicht gegeben, im übrigen berufe sie sich auf Verjährung.

Das Landgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 03.05.2000 Beweis durch Vernehmung der Zeugen D., W. und P. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 21.06.2000 Bezug genommen (vgl. Blatt 90-94 GA).

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange aus § 413 HGB i.V.m. Art. 18, 25 WA stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretungserklärung ihrer Versicherungsnehmerin (Firma M.) vom 24.06.1998 aktivlegitimiert sei. Durch die Vorlage der Entschädigungsquittung der Firma M. habe die Klägerin darüber hinaus nachgewiesen, dass sie die Versicherungsleistung an die Firma M. erbracht habe, so dass Ansprüche auch gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergegangen seien. Bezüglich der näheren Begründung des Landgerichts zur Aktivlegitimation der Klägerin wird auf Seite 4 des Urteils, 1. Absatz der Entscheidungsgründe verwiesen (Blatt 103 GA).

Das Landgericht hat sodann weiter ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass zwischen der Firma M. und der Beklagten Speditionsaufträge über die Frachtbeförderung von H. nach K. zustande gekommen seien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Firma M. Importeurin von Unterhaltungselektronik aus F. sei. Sie stehe in jahrelanger Geschäftsverbindung zur Beklagten. Die Beklagte verstehe sich ersichtlich als Spediteurin im Sinne von § 2 a A. a. F.. Es sei unter diesen Umständen davon auszugehen, dass die "Spediteure" im Zweifel die ihnen erteilten Aufträge als Speditionsaufträge im Sinne der §§ 407 ff HGB verstünden. Ein Selbsteintritt der Beklagten im Sinne von § 412 HGB liege nicht vor. Die Firma A., Agentin der Beklagten in H., habe den Luftfrachtbrief nicht als Luftfrachtführer sondern als Absender ausgestellt. Es sei aber zwischen der Beklagten und der Firma M. eine Fixkostenspedition im Sinne des § 413 HGB vereinbart worden. Die Beklagte habe der Firma M. auf deren Anfrage eine Frachtrate pro kg mitgeteilt. Darin sei, wie der Zeuge P. und der Zeuge W. bekundet hätten, der Verdienst der Beklagten enthalten gewesen. Zwar habe die Beklagte die in Frage kommenden Luftfahrtgesellschaften benannt, die genauen Preisabsprachen zwischen der Beklagten und den Gesellschaften seien aber der Firma M. verborgen geblieben. Diese habe nur davon ausgehen können, dass die Beklagte ihren Verdienst ausschließlich aus einer mit dem Frachtführer vereinbarten Provision ziehe. Damit liege eine Fixkostenspedition vor.

Die Haftung der Beklagten bestimme sich nach Art. 18 ff WA. Die in den A. vorgesehenen Haftungsausschlüsse und -beschränkungen würden insoweit nicht durchgreifen. Dies gelte jedenfalls für den Lufttransport von H. nach D., auf dem der Teilverlust der Sendungen eingetreten sei.

Die Beklagte hafte gemäß Art. 25 WA auf vollen Schadensersatz. Auf Art. 22 WA könne sie sich nicht berufen. Sie treffe nämlich ein qualifiziertes Verschulden an dem Verlust der Ware. Zwar müsse grundsätzlich die Klägerin die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden darlegen und beweisen. Andererseits treffe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dahin, im einzelnen ihre Vorsichtsmaßnahmen darzulegen, die zur Verhinderung des Schadenseintritts getroffen worden seien. Dieser Darlegungslast sei die Beklagte nicht nachgekommen. Von daher sei die Klägerin des Nachweises, dass der Warenverlust auf einem dem Vorsatz gleichstehenden Verschulden des Luftfrachtführers beruhe, enthoben.

Bei dem Transport am 16.02.1998 seien von 127 Kartons nur 77 Kartons in D. in vorläufige Zollverwahrung genommen worden. Aus den zu den Akten gereichten Urkunden ergebe sich die Fehlmenge und der Verlust während des Lufttransportes. Hieraus resultiere ein Schaden in Höhe von 117.471,10 DM.

Bei dem Transport vom 13.03.1998 sei ein Verlust von 2092 Karten eingetreten. Zwar habe die Beklagte eine Abladeliste der Abnehmerin Firma L. GmbH in K. vorweisen können, nach der 10100 Stück V.-Karten an zwei verschiedenen Abladestationen abgeladen worden seien. Diese Liste sei nach dem Protokoll über Mengenabweichungen vom 18.03.1998 auf 8008 Stück berichtigt worden. Die Beklagte könne sich auf die reine Quittung nicht berufen, da schon vorher, nämlich am 17.03.1998, durch das C.-Service-Center in D. ein Gesamtgewicht der transportierten 253 Kartons festgestellt worden sei. Aus dieser Feststellung ergebe sich, dass das im Luftfrachtbrief genannte Gesamtgewicht von 1.300 kg unzutreffend gewesen sei. Die Richtigkeitsvermutung des Frachtbriefs gemäß Art. 11 WA sei damit widerlegt. Die Klägerin habe überzeugend dargelegt, dass sich bei einem Gewicht von 0,175 kg/VGA-Karte aus einem Verlust von 2092 Karten zusätzlich eines Gewichtsverlustes durch Beschädigung der Kartons das im Hausfrachtbrief der A.Express genannte Gesamtgewicht der Sendung von 1.768 kg errechnen lasse. Damit sei der Versicherungsnehmerin der Klägerin ein Schaden von 124.745,96 DM entstanden, der dieser auch ersetzt worden sei.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.09.2000, der bei Gericht am 11.09.2000 eingegangen ist, Berufung eingelegt (Blatt 112 GA), nachdem ihr das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 02.08.2000 (Blatt 100-106 GA) zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 09.08.2000 zugestellt worden war (Blatt 107 GA). Der 11.09.2000 war ein Montag. Mit bei Gericht am 10.10.2000 eingegangenem Schriftsatz vom 09.10.2000 (Blatt 119 GA) hat die Beklagte beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 11.11.2000 zu verlängern. Diese Frist ist antragsgemäß verlängert worden (Blatt 123 GA). Mit Schriftsatz vom 08.11.2000 - bei Gericht am gleichen Tage eingegangen - ist die Berufung begründet worden (Blatt 124 GA).

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag zum behaupteten Verlust der Ware betreffend die erste Teilbeförderung am 17./20.02.1998.

Bezüglich der zweiten Teilbeförderung behauptet die Beklagte zum angeblichen Verlust von 2092 V.-Karten nunmehr, nachdem die Klägerin ihren Sachvortrag aus erster Instanz auf Hinweis des Gerichts zu den widersprüchlichen Gewichtsangaben bezüglich der beförderten Ware geändert hat, dass der angebliche Verlust, wenn überhaupt auf dem Landtransport von D. nach K. aufgetreten sei. Hierauf deute hin, dass in D. gewichtsmäßig in etwa die gleiche Warenmenge angekommen sei wie in H. abgesandt. Dies trage die Klägerin nunmehr in ihrem Schriftsatz vom 07.03.2001 (Blatt 164 ff GA) selbst vor.

Sie ist der Ansicht, dass sie lediglich der Klägerin nach Speditionsrecht hafte. Ihre Haftung sei nach Maßgabe der A. beschränkt.

Es sei ungeklärt und auch in dem bisherigen Rechtsstreit nicht aufgeklärt, wie es zu den behaupteten Differenzen gekommen sei.

Sie habe auch nicht eingeräumt, sie sei von der Firma M. mit den Transporten von H. nach K. als Frachtführerin beauftragt worden. Ihrer Ansicht nach ergebe sich schon aus der Formulierung im Schreiben der Firma M. vom 16.01.1998 "Oben genannten Import möchten wir gerne über Ihr Unternehmen abwickeln", dass im Zweifel eine geschäftsbesorgende und damit speditionelle Tätigkeit ihr in Auftrag gegeben worden sei. Lediglich der Kostenanteil der Flugfracht sei fixiert worden. Wegen des Landtransportes habe die Beklagte dagegen den Transport als Spediteurin abwickeln sollen, ohne an feste Kosten gebunden zu sein.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass wegen des Grundsatzes der rechtlichen Selbständigkeit jede Teilstrecke rechtlich gesondert zu werten sei. Hieraus folge, dass ein Lufttransport zu festen Kosten vereinbart worden sei, wenn das Hauptentgelt festgelegt sei. Wenn danach für die per Luftfracht zu erledigende Teilstrecke feste Kosten vereinbart worden seien, dann schlüge diese Vereinbarung aber nicht automatisch auf den anschließenden Landtransport durch. Dieser sei nach ganz anderen technischen und kaufmännischen Regeln abzuwickeln. Demgemäß sei hier mangels einer Fixkostenvereinbarung für die Teilstrecke Landtransport das Speditionsrecht anzuwenden.

Die Beklagte behauptet, die Fehlmenge bei den 253 Kartons mit den insgesamt 10100 V.-Karten sei bei dem oder im Zusammenhang mit dem Landtransport eingetreten. Dies sei ihrer Meinung nach unstreitig, wie sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 07.03.2001 unter Hinweis auf den "D.S. Report" ergebe.

Wenn nämlich bei Übergabe der K. an die Leute der Beklagten die Sendung noch vollständig gewesen sei, könne der Verlust nur während der Vorbereitung des folgenden Landtransportes oder auf dem Landtransport oder nach der Auslieferung an den Empfänger eingetreten sein. Es sei nicht ersichtlich, dass hier noch eine Haftung nach dem Warschauer Abkommen in Betracht komme.

Ihrer Auffassung nach sei aber ihre Spediteurhaftung nach § 51 A. a. F. ausgeschlossen. Tatsachen, die ein grobes Verschulden im Sinne von § 51 b A. a. F. begründen könnten, lägen nicht vor. Es ei also hypothetisch zu prüfen, welche Rechtslage gelten würde, wenn nur ein Transport für die Teilstrecke Land vereinbart worden wäre. Hier sei sie aber nicht Fixkostenspediteurin sondern reine Spediteurin.

Die Beklagte behauptet weiter, der behauptete Verlust an den V.-Karten sei auch nicht während des Landtransportes eingetreten, sondern vielmehr bei der Empfängerin, der Firma L. GmbH. Dies ergebe sich ihrer Meinung nach aus dem Frachtbrief, in welchem diese die Annahme der Ware bestätigt habe. Nach der Abladeliste habe sie 10100 Stück V.-Karten verpackt auf insgesamt 7 Euro-Paletten in insgesamt 253 Kartons entgegengenommen.

Darüber hinaus behauptet die Beklagte, dass sich die Angaben über die angebliche Fehlmenge stark widersprächen. Die Firma M. habe wohl aufgrund vorangegangener Unterrichtung der Firma L. GmbH über die Anlieferung vom 18.03.1998 gegenüber der Beklagten eine Fehlmenge von 974 Stück V.-Karten behauptet. Das Schreiben der Firma M. an die Beklagte datiere vom 20.03.1998. Es berichte über das Ergebnis einer angeblichen Überprüfung, nachdem die Ware am 18.03.1998 in Empfang genommen und rein quittiert worden sei. Es solle wohl den Stand vom 19.03. oder 20.03.1998 wiedergeben. Dagegen heiße es in dem angeblich am 18.03.1998 gefertigten "Protokoll über Qualitäts- und andere Mängelabweichungen" der Firma L. GmbH, dass eine Differenz von 2092 Stück festgestellt worden sei. Wenn aber die Meldung vom 20.03.1998 zutreffe, dann müsse das Protokoll, das angeblich vom 18.03.1998 stamme, nachgefertigt worden sein. Hieraus folge, dass vermutlich die Karten bei der Firma L. GmbH nach der Anlieferung verschwunden und der später festgestellte Verlust auf den Zeitpunkt der Anlieferung, den 18.03.1998, zurückbezogen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 02.08.2000 - 91 O 23/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag bezüglich des Verlustes bei der ersten Teillieferung.

Bezüglich des Verlustes bei der zweiten Teillieferung behauptet sie, dass - wie aus dem "D.S. Report" ersichtlich - dieser Verlust nicht auf dem von der K. durchgeführten Lufttransport selbst eingetreten sei, da auf dem Flughafen bei Übergabe durch die K. an die Leute der Beklagten noch das volle Gewicht von 1.300 kg (und sogar 50 kg mehr) vorhanden gewesen sei. Der Verlust müsse damit offensichtlich nach Übergabe durch das C.-Service-Center an die Leute der Beklagten erfolgt sein. Leute der Beklagten hätten sich offensichtlich die Tatsache zu nutze gemacht, dass alle Kartons mit beschädigter Verpackung angekommen seien, so dass sich nach Übernahme vom C.-Service-Center nicht mehr abgrenzen ließe, wo der Verlust eingetreten sei. Die Kartons seien sowieso beschädigt gewesen, so dass der Diebstahl von 2092 V.-Karten keine weiteren Spuren hinterlassen habe.

Nach Auffassung der Klägerin hafte die Beklagte für diesen Schaden nach Art. 18 Abs. 1 WA i.V.m. mit Art. 18 Abs. 3 Satz 2 WA.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte nach Frachtrecht. Hätten die Parteien nämlich lediglich feste Kosten über die Hauptstrecke und nicht über die gesamte Strecke vereinbart, so sei der Spediteur zu festen Kosten als Frachtführer anzusehen. Entscheidens sei, dass der Großteil der Kosten vorher vereinbart worden sei.

Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass auch für die Strecke von D. nach K. hätten feste Kosten vereinbart werden müssen, so ist die Klägerin der Auffassung, dass auch in diesem Fall eine Fixkostenspedition vorgelegen habe. Ihre Versicherungsnehmerin habe aufgrund der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien damit rechnen dürfen, dass die Beklagte für die Besorgung des Transportes von D. nach K. keine Spediteurvergütung/Provision berechnen werde. Sie habe weiter davon ausgehen können, dass die Beklagte eine eigene Rechnung für diesen Transportanteil vorlege, welche pauschaliert sei, wobei die Pauschale unterschiedlich angesetzt werde je nach der Menge der beförderten Waren.

Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die Beklagte habe den Transportablauf nicht im einzelnen darlegen können. Sie sei ihrer Aufklärungsobliegenheit nicht nachgekommen. Ganz offensichtlich habe sich die Beklagte ausschließlich auf die von der Klägerin vorgelegten Papiere gestützt und eigene Ermittlungen dazu, wie der Transport abgelaufen sei, nicht angestellt.

Die Beklagte habe, so behauptet die Klägerin, an den von ihr eingesetzten Unterfrachtführer nicht mehr die Ware vollständig übergeben. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, was nach der Übernahme der Ware durch Leute der Beklagten mit der Ware geschehen sei, wann diese Ware das Flughafengelände verlassen habe, wer diese Ware übernommen habe und wie die Ware palettiert worden sei.

Nach Auffassung der Klägerin habe damit die Beklagte noch nicht einmal den Nachweis erbracht, dass sie für den eingetretenen Schaden nicht nach Warschauer Abkommen hafte.

Es sei Aufgabe, so die Meinung der Klägerin, der Beklagten, nachzuweisen, dass sie den ihr erteilten Transportauftrag ordnungsgemäß erfüllt habe. Im übrigen seien die Schäden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Beklagten als Frachtführerin herbeigeführt worden, so dass schon deswegen ein Erlöschen gemäß § 39 KVO ausgeschlossen sei, wenn man denn im Ergebnis zur Anwendung der KVO käme.

Die Klägerin behauptet weiter, am 18.03.1998 habe bei der Firma L. GmbH eine Überprüfung der angelieferten Ware stattgefunden und es sei eine Fehlmenge von 2092 V.-Karten festgestellt worden. Die Ware sei in zwei verschiedenen Werken angeliefert worden. Im Werk 2 sei die Sendung nicht nur am 18.03., sondern auch ein zweites Mal am 19.03.1998 überprüft worden. Von daher würden sich die unterschiedlichen Fehlmengenangaben erklären.

Zudem ist die Klägerin der Auffassung, soweit der Schaden nicht im Gewahrsam der Beklagten eingetreten sein sollte und sie für den Schaden nach Warschauer Abkommen (WA) nicht hafte, soweit sie sich weiter erfolgreich auch auf die A. berufen könne, hatte sie jedenfalls wegen Regressvereitelung in voller Höhe hafte. Die Beklagte habe der Versicherungsnehmerin der Klägerin stets mitgeteilt, der Schaden sei auf dem Lufttransport eingetreten. Die Beklagte habe weder die von ihr eingesetzten Unterfrachtführer für haftbar gehalten, noch habe sie je den Verlustort aufgeklärt. Ansprüche, welche die Versicherungsnehmerin der Klägerin somit gegen die Unterfrachtführer gehabt haben könnte, seien wegen der fehlenden Haftbarhaltung durch die Beklagte erloschen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweis- und Auflagenbeschluss vom 27.03.2001 - 3 U 217/00 - (Blatt 172, 172 R GA) durch Vernehmung der Zeugen J., G. und Z..

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes - insbesondere wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme - wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst in Bezug genommener Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 29.05.2001 (Blatt 213-223 GA: Vernehmung der vorgenannten Zeugen vor dem Senat), das Sitzungsprotokoll vom 21.06.2000 (Blatt 90-93 GA: Vernehmung der Zeugen D., W. und P. gemäß Beweisbeschluss vom 03.05.2000 des Landgerichts Köln in erster Instanz, Blatt 84/85 GA) sowie den Inhalt des von der Beklagten angegriffenen Urteils des Landgerichts Köln vom 02.08.2000 (Blatt 100-106 GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete - Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 242.217,06 DM nebst 5 % kaufmännischer Fälligkeitszinsen an die Klägerin aus abgetretenem bzw. übergegangenem Recht verurteilt.

Der Klägerin steht gemäß §§ 413 HGB a. F., 398 BGB, 67 VVG i.V.m. Art. 18, 25 WA gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 117.471,10 DM wegen des Teilverlustes von 1970 V.-Karten bei der ersten Teilbeförderung vom 17.02.1998 zu.

Die Klägerin ist aufgrund der Abtretungserklärungen der Firma M. vom 24.06.1998 aktivlegitimiert, was in der Berufung von der Beklagten auch nicht mehr thematisiert wird. Durch Vorlage der Entschädigungsquittung der Firma M. hat die Klägerin darüber hinaus nachgewiesen, dass sie die Versicherungsleistung an die Firma M. erbracht hat, so dass Ansprüche auch gemäß § 67 VVG auf die Klägerin übergangen sind.

Die Abtretungserklärungen der Firma M. sind dahin auszulegen, dass Ansprüche gegen denjenigen an der Beförderung Beteiligten abgetreten werden, der für den Schaden haftet. Welche rechtlichen Vorstellungen die Firma M. insoweit hatte, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls steht auch zur Überzeugung des Senates aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fest, dass die für die Firma M. tätige Zeugin D. insoweit keine konkreten Vorstellungen hatte. Für die Zeugin war nur von Interesse, dass es während des Transportes zu einem Verlust von Ware gekommen war. Sie hatte sich deswegen an die Beklagte als ihren Anspruchpartner gewendet und darüber hinaus die Leistung der Klägerin als Transportversicherer beansprucht. Die Klärung der Haftungsfrage war nach der deutlich zum Ausdruck gekommenen Vorstellung der Zeugin nicht ihre Sache. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Beklagte erstinstanzlich gemeint hat - die Firma M. der Klägerin nur Ansprüche gegen die Firma K. habe abtreten wollen.

Zwischen der Firma M. und der Beklagten ist ein Speditionsauftrag über die Frachtbeförderung von H. nach K. zustande gekommen, und zwar ist die Beklagte zumindest für die Luftfrachtbeförderung Fixkostenspediteurin gemäß § 413 HGB a. F.. Auch zur Überzeugung des Senates steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fest, dass die Firma M. Importeurin von Unterhaltungselektronik aus F. ist. Sie steht in jahrelanger Geschäftsverbindung zur Beklagten. Die Beklagte versteht sich ersichtlich als Spediteurin im Sinne von § 2 a A. a. F.. Es ist unter diesen Umständen davon auszugehen, dass die "Spediteure" im Zweifel die ihnen erteilten Aufträge als Speditionsaufträge im Sinne der §§ 407 ff HGB verstehen (vgl. BGH NJW-RR 1998, 1723). Ein Selbsteintritt der Beklagten im Sinne von § 412 HGB liegt nicht vor. Die Firma A., Agent der Beklagten in H., hat den Luftfrachtbrief nicht als Luftfrachtführer sondern als Absender ausgestellt. Es ist aber zwischen der Beklagten und der Firma M. - jedenfalls für die Luftfracht - eine Fixkostenspedition im Sinne des § 413 HGB vereinbart worden. Die Sendung sollte mit verschiedenen Transportmitteln durchgeführt werden. Damit handelte es sich um einen multimodalen Transport. Verträge des multimodalen Transportes kommen im Allgemeinen in drei Varianten vor: Beim einfachen kombinierten Transport verpflichtet sich der Erst- bzw. Hauptbeförderer, das Gut zum Bestimmungsort zu verbringen; er schaltet abschnitts- bzw. transportmittelweise andere Beförderer als Unterfrachtführer, das heißt als seine Erfüllungsgehilfen ein. Beim unechten Durchfrachtvertrag befördert der Erstbeförderer als Kontrahent des Absenders das Gut nur auf seiner Teilstrecke; er ist aber verpflichtet, wie ein Spediteur für Weitertransport und Umladung zu sorgen. Hier liegt also eine Kombination von Fracht- und Speditionsvertrag vor. Es handelt sich also um einen sogenannten gebrochenen Verkehr. Beim gemeinschaftlichen Durchfrachtvertrag schließlich verpflichten sich mehrere Transportunternehmer von vornherein gemeinschaftlich, den Transport abzuwickeln, allerdings mit der Maßgabe, dass jeder nur für seine Wegstrecke verantwortlich zeichnet (vgl. Koller, Transportrecht, 3. Aufl. 1995, Einl. Rdnr. 10; Koller, a.a.O., Teil D, multimodaler Verkehr Rdnr. 1).

Ob vorliegend die Beklagte im Rahmen eines echten multimodalen Transportvertrages als Fixkostenspediteurin für die gesamte Strecke von H. nach K. tätig geworden ist, kann dahinstehen, weil sie jedenfalls aufgrund eines "unechten Durchfrachtvertrages" als Erstbeförderer - und zwar als Fixkostenspediteurin - das Gut von H. zum Flughafen D. zu befördern hatte. Die Beklagte hatte der Firma M. auf deren Anfrage eine Frachtrate pro kg mitgeteilt. Darin war, wie der Zeuge P. und der Zeuge W. glaubhaft bekundet haben, der Verdienst der Beklagten enthalten. Zwar hatte die Beklagte die in Frage kommenden Luftfahrtgesellschaften benannt, die genauen Preisabsprachen zwischen ihr und den Gesellschaften blieben der Firma M. aber verborgen. Diese konnte davon ausgehen, dass die Beklagte ihren Verdienst ausschließlich aus einer mit dem Frachtführer vereinbarten Provision zieht, so dass jedenfalls für den Lufttransport von H. nach D. (bei dem jedenfalls der erste Teilverlust bei der ersten Teilbeförderung aufgetreten war) die Voraussetzungen einer Fixkostenspedition vorlagen.

Die Haftung der Beklagten bestimmt sich demnach nach Art. 18 ff WA, die in den A. vorgesehenen Haftungsausschlüsse und -beschränkungen greifen insoweit nicht durch.

Die Beklagte haftet gemäß Art. 25 WA auf vollen Schadensersatz, ohne sich auf die Haftungsbeschränkungen des Art. 22 WA berufen zu können. Da für den ersten Teilverlust feststeht, dass der Verlust der Ware in einem Bereich eingetreten ist, der der Beklagten zuzurechnen ist, trifft diese gemäß § 282 BGB die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden nicht die Folge eines von ihr zu vertretenden Umstandes ist.

Die Beklagte hatte die Ware in H. vollständig übernommen. Auf dem Flughafen D. stellte man dann den Teilverlust fest. Sie muss folglich während des Lufttransportes verlorengegangen sein. Deswegen hatte sich die Beklagte zu entlasten.

Bei der Beweislastverteilung ist auf die Art der verletzten Pflicht abzustellen. Ist ein bestimmter Erfolg geschuldet, muss sich der Schuldner in Form des Nichteintrittes entlasten, das heißt, er muss beweisen, dass das Ausbleiben des Erfolges nicht von ihm zu vertreten ist. Erfolg kann auch die Vermeidung z. B. eines Transportverlustes sein. Ist nur ein bestimmtes Verhalten geschuldet, hat der Gläubiger nur die Verletzung der Verhaltenspflicht zu beweisen und deren Kausalität für den Schaden.

Da der Verlust der Ware in dem der Beklagten zurechenbaren Herrschaftsbereich erfolgt ist, ohne dass die näheren Umstände aufklärbar sind, spricht zunächst eine tatsächliche Vermutung für ein grobes Verschulden der Beklagten hinsichtlich der sie treffenden Obliegenheitspflichtverletzungen. Der Frachtführer ist wie der Spediteur gehalten, die konkret eingerichteten Kontrollen so detailliert darzulegen und zu beweisen, dass für den Geschädigten und das Gericht erkennbar wird, wie die einzelnen Maßnahmen in der Praxis geordnet, überschaubar und zuverlässig ineinander greifen und welche Maßnahmen getroffen worden sind, um sicherzustellen, dass die theoretisch vorgesehenen Organisationsmaßnahmen auch praktisch durchgeführt werden (so OLG Köln, Urteil vom 27.03.2001, 3 U 183/00, S. 7, 8).

Die Klägerin konnte zu den näheren Umständen des Teilverlustes der Ladung beim ersten Transport nicht näher vortragen, da sie keinen Einblick in die Umstände der Lufttransporte, auf denen es zum Verlust der Ladung gekommen war, hat. Es oblag nunmehr der Beklagten, die von ihr bzw. ihren Erfüllungsgehilfen vorgenommenen Vorsichtsmaßnahmen zur Verhinderung von Transportverlusten darzutun. Insofern teilt der Senat die Auffassung des Landgerichtes, dass diese vom BGH in ständiger Rechtsprechung verlangten Darlegungen auch im Anwendungsbereich international vereinheitlichten Rechtes, wie der CMR oder des WA geboten ist (vgl. OLG München NJW-RR 1998, 898; Koller, a.a.O., Art. 25 WA Rdnr. 9).

Die Bestimmungen des Warschauer Abkommens (WA) sind lückenhaft. Soweit das Abkommen keine besonderen Regelungen enthält, ist nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechtes auf das Recht zurückzugreifen, welches zwischen den Parteien gelten soll. Gemäß Art. 27, 28 EGBGB ist auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Firma M. deutsches Recht anwendbar. Die Vertragsparteien sind in Deutschland ansässig. Zwar ist die Anwendung deutschen Rechtes nicht ausdrücklich vereinbart, aber aus den Gesamtzusammenhängen ergibt sich, dass die Parteien - wie vorliegender Rechtsstreit zeigt - deutsches Recht anwenden wollen. Von daher sind auch auf das Warschauer Abkommen (WA) die von der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast im Transportrecht anwendbar.

Trotz Aufforderung des Landgerichts und weiteren Hinweises des Senates hat die Beklagte keine näheren konkreten Ausführungen zum Ablauf des Lufttransportes und zu den Kontrollmaßnahmen beim Umschlag in H. und D. gemacht. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die Beklagte zum konkreten Organisationsablauf nicht näher vortragen kann. Ihr bisheriger Vortrag reicht nicht aus, um sich zu entlasten.

Denn der Spediteur wie auch der Frachtführer ist gehalten, die konkret eingerichteten Kontrollen so detailliert darzulegen, dass für den Anspruchsteller und das Gericht erkennbar wird, wie die einzelnen Maßnahmen in der Praxis geordnet, überschaubar und zuverlässig ineinander greifen und welche Maßnahmen getroffen worden sind, um sicherzustellen, dass die theoretisch vorgesehenen Organisationsmaßnahmen auch praktisch durchgeführt werden (vgl. BGH TransportR 1998, 262, 263 m.w.N.). Mangels näherer Angaben zum von der Beklagten veranlassten Sicherungssystems an den genannten Flughäfen ist daher zur Überzeugung des Senates davon auszugehen, dass entweder von der Beklagten überhaupt keine Schutzmaßnahmen vorgesehen waren oder aber dass das von der Beklagten vorgesehene und vorgenommene Kontrollsystem kein tatsächlich funktionierendes, sondern lediglich ein nur theoretisch bestehenden Sicherungssystem darstellt. Es spricht daher eine tatsächliche Vermutung dafür, dass schwerwiegende Lücken in der Organisation der Beklagten vorliegen. Dabei kann die Beklagte nicht entlasten, dass gemäß dem Wiegeprotokoll des Flughafens H. die vollständige Ladung an die K. übergeben wurde, dass aber gemäß dem Wiegeprotokoll in D. zum Zeitpunkt des Wiegevorgangs der Verlust bereits eingetreten war. Entscheidender Gesichtspunkt ist, dass die Beklagte nicht in der Lage war, den konkreten Transportvorgang darzulegen und ihre getroffenen Maßnahmen zu benennen, um einen Verlust der Ware auf dem Transportwege zu verhindern. Es reicht gerade nicht aus, wenn die Beklagte beiläufig vorträgt, die K. müsse den Verlust wohl zu vertreten haben. Entscheidend ist vielmehr, dass der Verlust nicht näher aufklärbar war. Insbesondere steht nicht fest, dass die Beklagte Vorkehrungen getroffen hätte, um einen solchen Verlust möglichst auszuschließen.

Die Beklagte trifft ein qualifiziertes Verschulden im Sinne des Art. 25 WA an dem Verlust der ersten Teillieferung, so dass die Haftungsbeschränkung auf Art. 22 WA nicht eingreift.

Zwar trifft grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die tatsächlichen Umstände, die zum Eintritt der verschärften Haftung nach Art. 25 WA führen, nach allgemeiner Meinung den Anspruchsteller (vgl. BGH Transportrecht 1995, 253, 255). Eine hiervon abweichende Beurteilung ist auch nicht deswegen geboten, weil ein Anspruchsteller in erhebliche Beweisschwierigkeiten geraten kann, wenn er das grobe Eigenverschulden des Spediteurs bzw. Frachtführers nachweisen und damit Vorgänge aufklären soll, die sich ausschließlich in dessen Verantwortungsbereich abgespielt haben. Diese Schwierigkeiten treten in besonderem Maße in den Fällen auf, in denen die näheren Umstände des Verlustes ungeklärt bleiben. Lediglich die Erwägung, dass eine Partei über die besseren Aufklärungsmöglichkeiten verfügt und einer Schadensursache näher steht, ist jedoch nicht geeignet, Abweichungen von der an sich geltenden Gesetzes- oder Vertragslage bezüglich der Beweislast zu rechtfertigen. Denn die von den beteiligten Kreisen gewollte Beschränkung der Haftung würde wirkungslos werden, wenn bei verbleibenden Zweifeln am Schadensverlauf immer der Spediteur bzw. Frachtführer zu einer qualifizierten Haftung herangezogen werden könnte. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Spediteur bzw. Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstandes der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen aus seinem Betriebsbereich eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach Einzelumständen der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH TransportR 1995, 253, 255 m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Wie oben dargestellt hat die Beklagte keinerlei näheren Umstände zu den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen für den Lufttransport dargelegt und auch keinerlei Angaben zu den näheren Einzelheiten des Teilverlustes bezüglich der ersten Teillieferung machen können. Von daher spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte zumindest leichtfertig und in dem Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gehandelt hat. Wären nämlich geeignete Vorkehrungen getroffen worden, hätte die Beklagte hierzu sicherlich näher vorgetragen. Der Senat ist daher der Überzeugung, dass effektive Sicherheitsvorkehrungen seitens der Beklagten zur Sicherung des Gutes überhaupt nicht getroffen worden sind. Es oblag dem Zufall, ob die Ware vollständig in D. ankam oder Verluste eintraten. Die Beklagte nahm das Verlustrisiko bewusst in Kauf. Hierfür spricht auch, dass der Verlust lediglich beim Wiegevorgang festgestellt wurde. Nicht geklärt werden konnte, ob die eingewogene volle Sendung überhaupt in H. abgesandt wurde. Über die Verpackung der einzelnen C.s (Pakete) ist nichts näher dargelegt. Weiter fehlen jegliche Angaben dazu, ob gegebenenfalls geeignete Nachforschungsmaßnahmen hätten getroffen werden können und ob solche eingeleitet wurden.

All diese fehlenden Angaben sprechen nach der allgemeinen Lebenserfahrung dafür, dass geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Gutes unterlassen wurden und bewusst das Risiko des Verlustes in Kauf genommen wurde. Diese tatsächliche Vermutung konnte die Beklagte nicht widerlegen, so dass sie in vollem Umfang für den Teilverlust bei der erste Teillieferung einzustehen hat.

Dieser Schaden beläuft sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, auf 117.471,10 DM. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angegriffenen Entscheidung gemäß § 543 Abs. 1 ZPO verwiesen (Blatt 105 GA).

Auch für den Teilverlust betreffend die zweite Teilbeförderung vom 13.03.1998 haftet die Beklagte der Klägerin gemäß §§ 413 HGB, 398 BGB, 67 VVG i.V.m. Art. 18, 25 WA in Höhe von 124.745,96 DM. Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass der Verlust bei der zweiten Teillieferung während des Landtransportes erfolgte und sie somit nur unter speditionsrechtlichen Gesichtspunkten gehaftet hätte.

Nach dem Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates zunächst fest, dass während des Transportes von D. nach K. 2092 V.-Karten im Werte von 142.745,96 DM in Verlust geraten sind.

Die vom Senat gehörten Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass diese Teillieferung auf 7 Euro-Paletten angeliefert worden sei. Sie sei in unbeschädigtem Zustand abgeladen worden. Insgesamt seien auf den 7 Euro-Paletten 253 C.s verpackt gewesen. Hierbei habe es sich um 252 C.s à 40 Stück und um einen C. à 20 Stück gehandelt.

Wie der Zeuge J. sodann glaubhaft bekundet hat, ist die Warenlieferung zunächst auf die äußere Unversehrtheit und Vollständigkeit überprüft worden. Hierbei seien Mängel nicht festgestellt worden. Die Abladung sei an einem zentralen Punkt in K. auf dem Werksgelände der Firma L. GmbH erfolgt. Die Verpackung sei intakt gewesen, so dass Anhaltspunkte für eine Fehlmenge nicht bestanden hätten.

Dies hat auch der Zeuge G. bestätigt. Dieser hat sodann bekundet, dass er in zeitlich nahem Zusammenhang mit der Anlieferung noch am 18.03.1998 die Ware auf Vollständigkeit überprüft und dabei die Fehlmenge von 2092 V.-Karten festgestellt habe. An der Richtigkeit dieser Zeugenaussage bestehen keine Zweifel. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass nach Öffnen der Verpackung und Überprüfung der Menge auf dem Gelände der Firma L. GmbH die Ware abhanden gekommen ist. Hierzu bestand insbesondere aufgrund der zeitnahen Überprüfung durch den Zeugen G. und der von ihm vorgefundenen intakten Verpackung keine Gelegenheit.

Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Senat von den Zeugen J. und G. hatte, bestehen an deren Glaubwürdigkeit keine Zweifel.

Die genannten Zeugen konnten auch den vermeintlichen Widerspruch aufklären, der darin zu bestehen schien, dass verschiedene Mängelprotokolle mit unterschiedlichen Abfassungsdaten und unterschiedlichen Fehlmengen bei der Firma L. GmbH gefertigt wurden. Dieser Umstand ist für den Senat plausibel damit erklärt worden, dass nach der zentralen Anlieferung in K. die Sendung auf zwei verschiedene Werksbereiche der Firma L. GmbH verteilt wurde. Der Zeuge G. hatte am 18.03.1998 die Gesamtmenge überprüft und den Gesamtverlust festgestellt. Danach wurden zur Weiterfabrikation die V.-Karten auf die beiden Werke der Firma L. GmbH verteilt. Der Zeuge Z. hat sodann die für das Werk der Firma L. GmbH, in dem er beschäftigt war, zugeteilte Teilmenge erneut kontrolliert und den auf diese Teilmenge entfallenden Verlust noch mal festgestellt. Dies war am 19.03.1998.

Damit ergibt sich auch kein Widerspruch daraus, dass am 19.03.1998 eine geringere Teilfehlmenge als am 18.03.1998 festgestellt wurde. Denn es wurden verschiedene Mengen überprüft. Am 18.03.1998 die Gesamtmenge und am 19.03.1998 nur eine Teilmenge, die auf das Werk II der Firma L. GmbH entfiel.

Steht aber fest, dass während des multimodalen Transportes der Verlust aufgetreten ist, so ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die näheren Umstände des Verlustes, insbesondere hat sie darzulegen und zu beweisen, in welchem Teilbereich der Verlust aufgetreten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie - wie vorliegend - sich darauf beruft, der Verlust sei während des Landtransportes aufgetreten und für diesen Transport würde sie nur unter speditionellen Gesichtspunkten haften.

Zuzugestehen ist der Beklagten allerdings, dass im multimodalen Verkehr nicht eine einheitliche Haftungsordnung für die gesamte Beförderungsstrecke gilt. Der Gesichtspunkt der Gesamtbetrachtung rechtfertigt vorliegend nämlich nicht die Anwendung einer solchen einheitlichen Haftungsordnung. Hat der erteilte Transportauftrag von vornherein eine Beförderung mit verschiedenen Beförderungsmitteln (hier Luftfahrzeug und Lkw) zum Gegenstand, erscheint eine Gesamtbetrachtung nicht angebracht. In solchen Fällen versagt der Gesichtspunkt der Gesamtbetrachtung immer schon dann, wenn ein Schwerpunkt der Beförderung, ein "überwiegender" Beförderungsabschnitt, nicht gegeben ist. Gleiches gilt, wenn im Hinblick auf die eingesetzten Beförderungsmittel für die verschiedenen Teilstrecken unterschiedliche Haftungsordnungen - hier das Warschauer Abkommen für den Lufttransport - zwingend vorgeschrieben sind. Aber auch wenn das nicht der Fall ist, kann auf den Gesichtspunkt der Gesamtbetrachtung bei mit verschiedenen Beförderungsmitteln ausgeführten Transporten nicht abgestellt werden. Im kombinierten (multimodalen) Verkehr wie hier kann gerade nach dem Auftrag bei einer Gesamtbetrachtung von einer einheitlichen Beförderung nicht ausgegangen werden. Gegenstand des Auftrages ist zwar auch hier die Beförderung des Gutes über die gesamte Strecke vom Absende- zum Empfangsort. Jedoch soll diese Beförderung, worüber zwischen den Parteien bei einem im kombinierten Verkehr auszuführenden Transport von Anfang an Klarheit besteht, in verschiedenen Etappen und mit unterschiedlichen Beförderungsmitteln bewirkt werden. Für eine Gesamtbetrachtung in dem vorerörterten Sinne ist dabei kein Raum. In den Fällen des kombinierten Verkehrs richtet sich daher die Ersatzpflicht des mit der Beförderung über die gesamte Strecke beauftragten Frachtführers - in den Fällen der §§ 412, 413 HGB die Ersatzpflicht des Spediteurs - stets nach der für das jeweilige Beförderungsmittel geltenden Haftungsordnung (vgl. BGHZ 101, 172, 176 ff.). Damit ist entscheidend für die Haftung der Beklagten, ob der Verlust der Ware während des Lufttransportes - hier haftet sie als Frachtführerin - oder während des Landtransportes - hier haftet sie möglicherweise lediglich als Spediteurin - aufgetreten ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin es im Berufungsverfahren nicht unstreitig gestellt, dass der Verlust bezüglich der zweiten Teilbeförderung während des Landtransportes erfolgt ist. Die Klägerin hat lediglich gemeint, dass aufgrund der Wiegeprotokolle feststünde, dass während des eigentlichen Lufttransportes durch die K. der Verlust nicht aufgetreten sein könne. Ob diese Vermutung tatsächlich zutreffend ist, kann letztendlich dahinstehen. Denn damit war der Lufttransport nicht abgeschlossen.

Gemäß Art. 18 WA haftet der Luftfrachtführer - hier die Beklagte als Fixkostenspediteurin - für Güterschäden, die durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck oder von Gütern entsteht, wenn das Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde, während der Luftbeförderung eingetreten ist (Abs. 1). Gemäß Abs. 2 diese Vorschrift umfasst der Ausdruck "Luftbeförderung" im Sinne des vorstehenden Absatzes den Zeitraum, während dessen das Reisegepäck oder die Güter sich auf einem Flughafen, an Bord eines Luftfahrzeuges oder bei Landung außerhalb eines Flughafens an einem beliebigen Ort unter der Obhut des Luftfrachtführers befinden. Damit haftete die Beklagte als Fixkostenspediteurin gemäß dem Warschauer Abkommen (WA) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die Ware an den Frachtführer zu Lande vollständig übergeben hatte. Eine solche vollständige Übergabe kann nicht festgestellt werden. Hierfür trägt die Beklagte die Beweislast. Nach den allgemeinen Regeln des Beweisrechtes hat zwar der im Prozess als Kläger auftretende Gläubiger die rechtsbegründenden Tatsachen zu beweisen, der als Schuldner in Anspruch Genommene dagegen diejenigen Umstände, die dem Anspruch entgegenstehen. Die Beweislast trifft also - ebenso wie die Darlegungslast - den Gläubiger für die rechtsbegründenden, den Schuldner für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen. Will der Gläubiger seinerseits Einwendungen, die durch solche (rechtshindernden usw.) Tatsachen ausgefüllt werden, entkräften, ist wiederum er für das Vorliegen von Gegennormen beweispflichtig (vgl. BGHZ a.a.O., 179 m.w.N.). Dabei ist für die Frage, ob eine Norm, eine Einwendung oder eine Gegennorm in dem vorerörterten Sinne vorliegt, entscheidend, wer jeweils einen Regelfall und wer eine Ausnahme davon behauptet.

Diesem Verhältnis von Norm, Einwendung und Gegennorm entspricht es, dass der Spediteur, den nach den §§ 407 Abs. 2, 390 HGB a. F. eine Haftung für vermutetes Verschulden trifft, für Verluste und Beschädigungen des Gutes nach Übergabe an ihn verantwortlich ist, wenn er nicht beweist, dass diese Verluste oder Beschädigungen auf Gründen beruhen, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnten. Das bedeutet, dass der Auftraggeber den Abschluss des Speditionsvertrages und die Tatsache des Schadenseintritts nach Übergabe des Gutes in die Obhut des Spediteurs darlegen und im Streitfall beweisen muss, der Spediteur, dass der Verlust und Beschädigungen nicht auf einem Verschulden (dem seiner Erfüllungsgehilfen) beruhen, gegebenenfalls erst nach Übergabe an den Frachtführer (oder sonstigen Empfänger) eingetreten sind. Führt der Spediteur diesen Beweis durch den Nachweis, dass er das Gut, so wie er es erhalten hat, dem Frachtführer zur Beförderung übergeben hat, ist er von der Haftung frei. Für spätere ohne sein Zutun verursachte Schäden haftet er nicht. Seine Aufgabe ist die Besorgung der Beförderung für Rechnung des Auftraggebers, nicht die Beförderung selber. Dies liegt nach dem Speditionsvertrag außerhalb seines Verantwortungsbereichs. Das gilt auch für die Besorgung einer Beförderung durch den Spediteur im multimodalen Verkehr.

Anders liegt es aber dann, wenn ein Frachtführer oder - in den Fällen der §§ 412, 413 HGB - ein Spediteur zur Ausführung einer Beförderung im multimodalen Verkehr - sei es mit, sei es ohne Heranziehung von Unterfrachtführern - verpflichtet ist. Bei einer solchen Vertragslage entspricht es dem Regelfall des Gesetzes, dass der Frachtführer (Spediteur-Frachtführer) im Rahmen der vom Gesetz gezogenen Grenzen in voller Höhe für Schäden am Frachtgut Ersatz zu leisten hat (so z. B. Art. 18 WA). Haftungsfreistellungen oder -beschränkungen bilden demgegenüber die Ausnahme. Auf eine solche beruft sich aber der Frachtführer, wenn er geltend macht, dass der Ort des schädigenden Ereignisses unbekannt sei und dass deshalb das ihm günstigste Recht Anwendung finden müsse, weil die Möglichkeit bestehe, dass der Schaden auf einem diesem Recht unterfallenden Beförderungsabschnitt eingetreten sei. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Frachtführer die durchgehende Beförderung des Gutes über die Gesamtstrecke vom Absender bis zum Empfangsort - hier Übernahme des Gutes durch den Landfrachtführer - übernommen hat und dass ihn deshalb auch für den gesamten Transport die Verantwortung trifft, der er sich im Schadensfall entlasten muss. Dies gilt in den Fällen der §§ 412, 413 HGB a. F. auch für den Spediteur. Es ist daher ein aus den allgemeinen Regeln des Beweisrechts abzuleitendes Gebot, den Frachtführer bzw. den Spediteur-Frachtführer im multimodalen Verkehr die Folgen der Beweislosigkeit tragen zu lassen und ihn damit der dem Auftraggeber günstigsten Haftungsordnung zu unterstellen, wenn offen bleibt, wo der Schaden eingetreten ist (vgl. BGHZ a.a.O., 180, 181 m.w.N.).

Unzumutbar belastet wird dadurch zur Überzeugung des Senates der Frachtführer nicht. Im Hinblick darauf, dass er den Transport des Gutes im Rahmen einer Gesamtbeförderung übernommen hat und der Schaden aus Anlass einer solchen Beförderung, also in seinem Organisations- und Pflichtbereich, eingetreten ist, steht dieser näher am Beweis als der Geschädigte.

Diesen Beweis hat die Beklagte nicht erbracht. Fest steht, dass auf dem Transport von H. nach K. der Verlust eingetreten ist. Nicht fest steht allerdings der genaue Ort. Vielmehr spricht alles dafür, dass der Verlust während des eigentlichen Lufttransportes jedenfalls aber noch auf dem Flughafen D. bei der Umladung eingetreten ist. Aufgrund des überreichten D.S. Reports steht fest, dass die Sendung bezüglich der zweiten Teilbeförderung beschädigt in D. angekommen ist. Auch wenn der D.S. Report nicht im einzelnen festhält, worin die Beschädigungen bestanden haben, spricht einiges dafür, dass diese entweder aus Anlass des Abhandenkommens der 2092 V.-Karten entstanden sind oder dass aber unbekannt gebliebene Personen - sei es aus dem Bereich der Beklagten, seien es unbeteiligte Dritte - sich die Beschädigungen zu nutze gemacht haben, um V.-Karten zu entwenden. Da die in D. angekommenen C.s sodann wohl auf 7 Euro-Paletten verpackt wurden und diese 7 Euro-Paletten unbeschädigt in K. ankamen, spricht alles dafür, dass der Verlust - wenn nicht auf dem eigentlichen Lufttransport durch die K. - jedenfalls bei der Zwischenlagerung auf dem Flughafen D. vor Übergabe der Sendung an den Landfrachtführer aufgetreten ist. Jedenfalls konnte die Beklagte Gegenteiliges nicht beweisen. Geeignete Beweismittel hat sie auch nicht angeboten.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beweislastregelung, wie sie danach für Frachtführer und Spediteur-Frachtführer bei multimodalen Transporten gilt, mit den allgemeinen Spediteurbedingungen (A.) nicht in Einklang steht. Denn bei Zugrundelegung dieser Bedingungen trifft die Beweislast nicht den Frachtführer (Spediteur-Frachtführer) sondern den Geschädigten, wenn unklar ist, wo der Schaden nach Übergabe des Gutes an den ersten der die Beförderung ausführenden Frachtführer eingetreten ist.

Nach § 51 a Satz 4 A. a. F. hat der Spediteur, was im Rahmen der gesetzlichen Regelung liegt, zu beweisen, dass er das Gut, so wie er es erhalten hat, an den Frachtführer oder sonstigen Adressaten abgeliefert hat. Gelingt ihm dieser Beweis oder ist eine solche Ablieferung unstreitig, ist er - abgesehen von den hier außer Betracht zu lassenden Fällen des § 52 b A. a. F. - von der Haftung frei. In Ansehung von Schäden, die bei Frachtführern oder sonstigen Dritten eingetreten sind, ist der Spediteur nach § 52 a A. a. F. lediglich zur Abtretung etwaiger ihm zustehender Ansprüche gegen die Dritten verpflichtet, die nicht seine Erfüllungsgehilfen sind.

Trifft aber den Spediteur nach ordnungsgemäßer Übergabe des Gutes an den Frachtführer keine Haftung, ist er - ebenso wie nach der gesetzlichen Beweislastverteilung - insoweit auch nicht beweisbelastet. § 51 a Satz 5 A. a. F. bestätigt das. Nach dieser Bestimmung ist zwar der Spediteur verpflichtet, durch Einholung von Auskünften und Beweismitteln für die Feststellung zu sorgen, wo der geltend gemachte Schaden eingetreten ist. Eine Beweisbelastung des Spediteurs dahin, dass er das non liquet der Unaufklärbarkeit des Schadensortes tragen müsste, ergibt sich daraus aber nicht. Erfüllt der Spediteur seine Verpflichtungen aus § 51 a Satz 5 A. a. F., haftet er auch dann nicht, wenn seine Tätigkeit insoweit nicht zur Feststellung des Schadensortes führt.

Diese Regelung gilt nach § 52 c Halbsatz 1 A. a. F. - mit dem Vorbehalt aus Halbsatz 2 dieser Bestimmung - auch für den Spediteur, den die Rechte und Pflichten eines Frachtführers treffen (§§ 412, 413 HGB a. F.). Daraus folgt, dass der Spediteur-Frachtführer - die Regelung in § 52 c Halbsatz 2 A. a. F. an dieser Stelle außer Betracht gelassen - nicht hinsichtlich solcher Schäden haftet und beweisbelastet ist, die erst nach Übergabe des Gutes an den Landfrachtführer eingetreten sind, wenn dieser nicht Unterfrachtführer im Rahmen einer Fixkostenspedition ist. Diese gelten nicht als Erfüllungsgehilfen des Spediteurs (§ 52 a Satz 2 A. a. F.).

Der Vorbehalt in § 52 c Halbsatz 2 A. a. F. steht der Erstreckung der für den Spediteur geltenden Regelung von § 51 a A. a. F. auf den Spediteur-Frachtführer nach § 52 c Halbsatz 1 A. a. F. in Fällen wie hier nicht entgegen. Mit der Bestimmung, dass § 2 c A. a. F. unberührt bleibt, trägt § 52 c Halbsatz 2 A. a. F. der Tatsache Rechnung, dass den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen gegenüber den zwingenden Vorschriften der Kraftverkehrsordnung oder der CMR oder des WA keine Rechtswirkung zukommt. Dies enthält aber keine Bestimmung, die die hier in Rede stehende Beweislastregelung der §§ 51 a, 52 c A. a. F. außer Kraft setzte. Aus ihr ergibt sich zwar, dass der Spediteur-Frachtführer bei internationalen Lufttransporten der Haftung nach dem WA und der insoweit maßgebenden Beweislastregelung unterfällt, wenn der Verlust oder die Beschädigung des Gutes, was nach Art. 18 WA für eine Inanspruchnahme des Frachtführers nach diesem Abkommen voraussetzt, während der Luftbeförderung eingetreten ist. Steht dies aber nicht fest, ist streitig, ob der Schaden während der Obhutszeit des WA-Frachtführers oder bei anderer Gelegenheit entstanden ist, steht das WA der Geltung innerstaatlicher Regelungen oder der Wirksamkeit von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sonstigen Parteivereinbarungen, die die Beweislast für diesen Fall in bestimmter Weise verteilen, nicht entgegen.

Jedoch trifft aus anderen Gründen die Beweislast hinsichtlich des Schadensortes den Frachtführer bzw. den Spediteur-Frachtführer (§§ 412, 413 HGB a. F.) entsprechend den allgemeinen Regeln des Beweisrechts im kombinierten (multimodalen) Verkehr wie hier auch dann, wenn den Vertragsbeziehungen die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen zugrunde liegen.

Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Im kaufmännischen Verkehr wie hier sind Beweislastregelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht schon kraft Gesetzes unwirksam (vgl. BGH a.a.O., 183).

Indessen hält die in Rede stehende Beweislastverteilung der Inhaltskontrolle nach § 9 AGB nicht stand, weil sie zu einer Beweislastumkehr führt, die den Auftraggeber des Spediteurs jedenfalls unangemessen benachteiligt, wenn - wie im Streitfall - der Spediteur-Frachtführer hinsichtlich der Beförderung auf einer Teilstrecke einer zwingenden Haftungsordnung unterworfen ist. Wie es wäre, wenn die Haftung nach den für die einzelnen Beförderungsabschnitte in Betracht zu ziehenden Haftungsordnung insgesamt abdingbar wären, kann im Streitfall offen bleiben. Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich vorliegend nicht. Hier geht es darum, dass der Spediteur-Frachtführer hinsichtlich eines Teilabschnitts der Gesamtbeförderung unabdingbar haften würde, wenn der Schaden auf diesem Beförderungsabschnitt eingetreten wäre. Jedenfalls in einem solchen Fall (oder dann, wenn mehrere in Betracht zu ziehende zwingende Haftungsordnungen den Frachtführer/Spediteur-Frachtführer in unterschiedlichem Umfang haften ließen) ist es - im kaufmännischen wie im nicht kaufmännischen Verkehr - mit § 9 AGBG nicht zu vereinbaren, dass die Nachteile, die sich aus der Unbeweisbarkeit des Schadensortes ergeben, durch Beweislastregelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Auftraggeber auferlegt werden.

In ständiger Rechtsprechung - auch schon vor Inkrafttreten des AGBG - hat der Bundesgerichtshof auch und vor allem für den kaufmännischen Verkehr ausgesprochen, dass es nicht als angemessen und zumutbar angesehen werden könne, wenn dem Auftraggeber im Rahmen der Vereinbarung Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Beweis der Umstände übertragen werde, die im Verantwortungsbereich des Verwenders lägen. Von dieser Rechtsprechung ist zur Überzeugung des Senates auch in vorliegender Sache auszugehen. Erfüllt der Frachtführer bzw. der Spediteur in den Fällen der §§ 412, 413 HGB a. F. seine Beförderungspflicht in der Weise, dass er den Transport durch Dritte ausführen lässt, würde der Auftraggeber im Schadensfall bei unbekanntem Schadensort und mehreren in Betracht kommenden Schädigern seine hinsichtlich eines Teils der Beförderungsstrecke unabdingbaren Ersatzansprüche vielfach nicht verwirklichen können, wenn es dem Frachtführer (Spediteur-Frachtführer) gestattet wäre, sich bei Unbeweisbarkeit des Schadensortes auf seine Vereinbarung zu berufen, die die Beweislast insoweit dem Auftraggeber auferlegt. Eine solche Vertragslage würde in einer Vielzahl von Fällen auf einen Wegfall der dem Auftraggeber hinsichtlich eines Teils der Beförderungsstrecke unabdingbar zustehenden Ersatzansprüche und damit praktisch auf eine Rechtlosstellung des Auftraggebers hinauslaufen. Mit Treu und Glauben wäre das nicht zu vereinbaren. Zwar ist nicht zu verkennen, dass sich bei einem Transport verpackter Güter oder von Gut in Containern Verluste und Schäden regelmäßig erst am Bestimmungsort herausstellen. Auch ist eine Untersuchung des Gutes während der Beförderung, etwa bei Übergabe von einem Frachtführer an den anderen, aus tatsächlichen Gründen oft nicht möglich. Jedoch rechtfertigen solche Umstände Beweislastregelungen der in Rede stehenden Art für Fälle wie hier nicht. Insoweit ist entscheidend, dass der Auftragnehmer die Pflichten eines Frachtführers für die gesamte Luftbeförderungsstrecke übernommen hat und dem entsprechend seine Vergütung berechnet. Es kann nicht als billig und gerecht angesehen werden, dass er sich diesem Pflichtenkreis im Ergebnis durch eine ihn begünstigende Beweislastregelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen entzieht. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Frachtführer (Speditions-Frachtführer) dem Gut tatsächlich näher steht als der Absender. Durch eine entsprechende Auswahl seiner Vertragspartner kann er jedenfalls mittelbar und bis zu einem gewissen Grade der Entstehung von Schäden vorbeugen. Solche Möglichkeiten stehen dem Auftraggeber nicht zur Verfügung. Unter diesen Umständen kann der Beweislastumkehr nach den §§ 51 a, 52 c A. a. F. für Fälle der vorliegenden Art keine Geltung beigelegt werden (§ 9 AGBG).

Wie oben dargelegt spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der während des Lufttransportes aufgetretene Verlust der 2092 V.-Karten auf qualifiziertes Verschulden der Beklagten im Sinne von Art. 25 WA zurückzuführen ist, so dass die Haftungsbeschränkungen des Art. 22 WA nicht durchgreifen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum qualifizierten Verschulden der Beklagten bezüglich des ersten Teilverlustes verwiesen werden. Auch vorliegend hat die Beklagte nicht konkret dargelegt, welche Schutzmaßnahmen sie ergriffen hat, um einen Verlust der von ihr transportierten Ware zu vermeiden. Gerade wegen der fehlenden ausreichenden Schutzmaßnahmen der Beklagten ist das Abhandenkommen von Teilen der Sendung nicht mehr aufklärbar. Von daher haftet die Beklagten auch bezüglich des zweiten Teilverlustes auf den vollen Schaden. Die Höhe des Schadens beträgt 124.745,96 DM. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des angegriffenen landgerichtlichen Urteils zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 543 Abs. 1 ZPO verwiesen werden.

Die Zinsentscheidung ist begründet aus §§ 352, 353 HGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist begründet aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 242.217,06 DM.

Ende der Entscheidung

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