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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 3 U 8/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15.12.2004 - 12 O 277/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger brachte im Februar oder März 2004 seinen PKW BMW 750i in die KFZ-Werkstatt des Beklagten, um dort u.a. einen Ölwechsel durchführen zu lassen. Der Beklagte fuhr anschließend mit dem Fahrzeug von der Werkstatt des Beklagten zum Autobahnkreuz B., das sich in einer Entfernung von etwa 5,5 km befindet, und kehrte von dort aus wegen einer von ihm festgestellten Minderleistung des Motors umgehend wieder in die Werkstatt zurück.

Nach dem Vortrag des Klägers wurden in der Werkstatt des Beklagten statt der erforderlichen 8 l Öl zunächst nur 3 - 3,5 l Öl eingefüllt. Nach Rückkehr in die Werkstatt sei die Minderölmenge festgestellt und Öl nachgefüllt worden.

Es verblieb allerdings bei der Minderleistung des Motors, deren Ursache auch nach weitergehenden Überprüfungen des Beklagten sowie der Fa. BMW L. und nach Einbau zweier neuer Katalysatoren nicht behoben werden konnte.

Der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten eingeschaltete Sachverständige Vogel stellte später einen Schaden am Kurbelwellenlager und einen weiteren Schaden an der Zylinderkopfdichtung des Fahrzeugs fest, der schon zu einer erheblichen Beschädigung zweier Zylinder geführt hatte.

Der Kläger wandte sich sodann an den Sachverständigen G., der in seinem Gutachten vom 17.5.2004 feststellte, dass der Schaden an der Zylinderkopfdichtung und den Zylindern nicht auf die Ölmindermenge zurückzuführen sei. Hinsichtlich des Lagerschadens sei eine Verursachung durch einen Schmiermittelmangel allerdings nachvollziehbar.

Der Kläger beziffert seinen Schaden im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Reparatur des Kurbelwellenschadens notwendigen Kosten auf 5.968,76 € und verlangt daneben den Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von 1.060,72 € und den Ersatz von Sachverständigenkosten in Höhe von 491,91 €.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Parteien und des Sachverständigen Vogel abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch bereits deshalb nicht zu, weil feststehe, dass das Fahrzeug an der Zylinderkopfdichtung bereits vorgeschädigt gewesen sei, was der Kläger als Sachverständiger auch habe erkennen müssen. Außerdem könne nicht festgestellt werden, dass die im Gutachten G. genannten umfangreichen Arbeiten eine wirtschaftliche Maßnahme zur Schadensbehebung darstellten.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, er habe den Schaden an der Zylinderkopfdichtung nicht feststellen können, zumal gar nicht feststehe, dass dieser Schaden erst später entstanden sei.

Der Kläger beantragt,

das am 15.12.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 12 O 277/04 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.354,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Angesichts der massiven Vorschädigung habe sich eine Reparatur des Fahrzeugs unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten verboten. Außerdem stehe nicht fest, dass der Schaden an der Kurbelwellenlagerung auf die Ölmindermenge zurückgehe.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen C. und Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 20.2.2006 und das Sitzungsprotokoll vom 22.8.2006 Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz eines Fahrzeugschadens in Höhe von 5.968,76 €, der Mietwagenkosten in Höhe von 1.060,72 € und der Sachverständigenkosten in Höhe von 461,91 € gemäß § 280 Abs.1 BGB zu.

Denn es steht bereits nicht fest, dass die zunächst in der Werkstatt des Beklagten in den PKW des Klägers eingefüllte Ölmindermenge zu einem Schaden an der Kurbelwellenlagerung des Fahrzeugs geführt hat.

Die Beweislast dafür, dass zwischen der Pflichtverletzung, hier dem Einfüllen von zu wenig Öl, und dem Schaden, hier an der Kurbelwellenlagerung des Fahrzeugs, ein Kausalzusammenhang besteht, trifft den Geschädigten (Palandt, BGB, 65.Aufl., 2006, § 280, Rdnr. 38). Diesen Beweis konnte der Kläger nicht führen.

Der Sachverständige C. hat in seinem überzeugenden Gutachten vom 20.2.2006, dem sich der Senat nach Überprüfung anschließt, festgestellt, dass der Schaden an der Kurbelwellenlagerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs seiner Art nach grundsätzlich auf einem Ölmangel beruhen kann. Er hat aber auch festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Ölmindermenge als Ursache nicht mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen ist. Eine Verursachung des Kurbelwellenschadens durch fehlendes Schmiermittel setzt voraus, dass der Motor Luft statt Öl ansaugt. In diesem Zusammenhang liegen zunächst keine zuverlässigen Daten vor, ab welcher Ölmenge bei einem Fahrzeug wie dem streitgegenständlichen überhaupt die Gefahr besteht, dass durch das Ölsieb Luft angesaugt wird, da der Hersteller BMW hierzu keine Auskünfte erteilt. Der Sachverständige hat hierzu aber überzeugend dargelegt, dass vorliegend bereits die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass über einen ausreichenden Zeitraum Luft angesaugt wurde und der Schmierfilm gerissen ist; von seiner Anlage her muss das Ölsieb bereits recht tief in das Motoröl eintauchen, wenn man berücksichtigt, dass im Fahrbetrieb bis zu einem Liter Öl verbraucht werden kann und das Öl auch unter normalen Umständen insbesondere bei Kurvenfahrten hin und herschwappt. Berücksichtigt man hier, dass der Kläger nach dem Ölwechsel nur eine Strecke von rund 11 km zurückgelegt hat und auf der befahrenen Strecke zudem lediglich weitläufige Kurven im Bereich des B. Autobahnkreuzes zu durchfahren sind, ist wenig wahrscheinlich, dass bei der in Rede stehenden Ölmindermenge Luft angesaugt wurde. Zusätzlich ist aber auch von Bedeutung, dass der Schaden an den Lagern an sich nur bei zügiger Kurvenfahrt auf einem hohen Drehzahlniveau eingetreten sein kann. Eine solche Drehzahl ist auf der zurückgelegten Strecke bei einem Fahrzeug wie dem des Klägers, nämlich einem mit einem Automatikgetriebe ausgestatteten Zwölfzylinderfahrzeug, recht untypisch. Daneben ist auch der Zustand der Lager vor dem Ölwechsel nicht bekannt. Bei einer deutlichen Vorschädigung kann zwar durch auch nur kurzfristigen Ölmangel ein endgültiger Lagerschaden entstehen. Andererseits kann es angesichts der Laufleistung des Fahrzeugs von rund 180.000 km nicht ausgeschlossen werden, dass der Lagerschaden bereits zuvor eingetreten war. Es kann damit im Ergebnis nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Ölmindermenge, dem allenfalls kurzzeitigen Schmiermittelmangel und dem Lagerschaden besteht.

Der Sachverständige hat im Termin vom 22.8.2006, in dem er sein Gutachten mündlich erläutert hat, zur Wahrscheinlichkeit der Verursachung klargestellt, dass der Schaden an der Kurbelwellenlagerung des Fahrzeugs des Klägers unter Berücksichtigung der konkreten Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht auf dem nur kurzfristig fehlenden Motoröl beruht.

Der Kläger kann sich daher auch nicht auf eine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins berufen. Ein Erfahrungssatz, nach dem bei Einfüllen einer Menge von 3 - 3,5 Liter Öl statt der erforderlichen 8 Liter auch bei nur kurzer Fahrtstrecke von rund 11 km bei einem Fahrzeug wie dem des Klägers ein massiver Kurbelwellenschaden auftritt, existiert nicht. Im Gegenteil ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass nach den konkreten Umständen des Schadenseintritts und angesichts der Laufleistung des Fahrzeugs mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit die Verursachung des Lagerschadens durch die Ölmindermenge ausscheidet.

Dem Kläger steht auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs.1 BGB zu. Denn auch bezüglich eines solchen Anspruchs müsste der Kläger als Geschädigter die Ursächlichkeit des Einfüllens einer zu geringen Ölmenge für den eingetretenen Lagerschaden darlegen und beweisen (vgl. Palandt, BGB, 65.A., 2006, § 823, Rdnr. 80).

Auf die Frage, ob angesichts einer Vorschädigung des Motors durch den Schaden an der Zylinderkopfdichtung und den hieraus resultierenden Schäden am 1. und 2. Zylinder eine Reparatur des Lagerschadens überhaupt wirtschaftlich gewesen wäre, kommt es danach nicht an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert: 7.354,08 €

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