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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.05.2000
Aktenzeichen: 3 W 39/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 528 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 127 a
ZPO § 620 Nr. 9
ZPO § 621 f Abs. 1
BGB § 1360 a Abs. 4
BGB § 528 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

3 W 39/00 8 O 5/00 LG Aachen

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

pp.

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lampenscherf, die Richterin am Oberlandesgericht Caesar und den Richter am Oberlandesgericht Blank am 26.05.2000

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 03.04.2000 (Blatt 108 GA) gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 21. März 2000 - 8 O 5/00 - (Blatt 90 bis 93 GA) wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Aachen den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage mangels Bedürftigkeit zurückgewiesen (§ 114, 115 ZPO).

Dabei kann im Ergebnis letztendlich dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin ihre Bedürftigkeit schuldhaft mit der Folge herbeigeführt hat, dass ihr Prozesskostenhilfe zu verweigern war, weil es nicht Aufgabe des Staates sein kann, der "prozessarmen" Partei die Führung eines Prozesses zu finanzieren, wenn diese in Ansehung eines drohenden Prozesses ihr Vermögen in vorwerfbarer Weise schmälert. Die Antragstellerin ist nicht bedürftig im Sinne der §§ 114, 115 ZPO, wobei zu berücksichtigen ist, dass auf ihrer Seite maximal ca. 6.000,-- DM Prozesskosten anfallen.

Nach Auffassung des Senates kann der Antragstellerin nämlich gem. § 528 Abs. 1 ZPO gegen ihre Tochter ein Rückforderungsanspruch wegen Notbedarfs zustehen, mit der Folge, dass es der Antragstellerin zumutbar ist, sich zunächst an ihre Tochter zu halten, um die Mittel zur Finanzierung des Prozesses zu erhalten. Erst wenn feststeht, dass solche Ansprüche - aus welchen Gründen auch immer - nicht durchsetzbar sind, könnte von einer "Prozessarmut" auf Seiten der Antragstellerin ausgegangen werden.

Der Antragstellerin steht gegen ihre Tochter der Rückforderungsanspruch aus § 528 Abs. 1 BGB zu, da nach Vollziehung der Schenkung die Antragstellerin außer Stande ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Zum angemessenen Unterhalt gehört auch die Führung eines Prozesses in eigenen Angelegenheiten, insbesondere dann, wenn es sich im weitesten Sinne um Familienangelegenheiten handelt. Dies zeigt bereits die Existenz des § 127 a ZPO. Danach steht dem Unterhaltsberechtigten gegen den Unterhaltsverpflichteten ein Prozesskostenvorschuss zu. Auch die §§ 620 Nr. 9 ZPO und 621 f Abs. 1 ZPO sowie der § 1360 a Abs. 4 BGB regeln die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenvorschusses durch den Unterhaltsschuldner in Ehe- und Familiensachen sowie persönlichen Angelegenheiten. All dies zeigt, dass es auch zum angemessenen Unterhaltsbedarf gehört, in höchstpersönlichen Angelegenheiten einen Gerichtsprozess führen zu können. Anderenfalls würde einem Unterhaltsberechtigten kein Anspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten auf Tragung der Prozesskosten zustehen.

Die Antragstellerin ist aufgrund einer (gemischten) Schenkung außer Stande, ihren angemessenen Unterhalt voll umfänglich zu bestreiten. Dies zeigt der Umstand, dass sie nicht in der Lage ist, den von ihr beabsichtigten Prozess zu führen.

In der Übertragung des Hausgrundstückes von der Antragstellerin auf ihre Tochter liegt eine gemischte Schenkung zugunsten der Tochter. Denn die Tochter hat gewolltermaßen das Hausgrundstück weit unter Wert erhalten. Der tatsächliche Wert des Hausgrundstücks beläuft sich auf 370.000,00 DM. Die Tochter der Antragstellerin hat aber lediglich Verbindlichkeiten i. H. v. 150.000,00 DM, welche auf dem Grundstück lasteten, abgelöst bzw. übernommen. Die Wertdifferenz von 220.000,00 DM ist nicht ausgeglichen worden. Insbesondere stellt die Einräumung des Wohnrechtes zugunsten der Antragstellerin keinen Wertausgleich dar, da dieses Wohnrecht entgeltlich ist und die Antragstellerin gemäß dem notariellen Übertragungsvertrag vom 5. September 1997 vor dem Notar W. in Eschweiler - UR-Nr.: 1107/1997 - gemäß D. 2. als Entgelt für das Wohnrecht die ortsübliche Miete zu zahlen hat (vgl. Blatt 24 bis 33; 31 GA = K 8).

Da nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die Führung des vorliegenden Prozesses erst nach Abschluss des Übertragungsvertrages erkennbar und notwendig geworden ist, ist ihre Bedürftigkeit nach der Vollziehung der Schenkung mit der Folge eingetreten, dass sie einen Rückforderungsanspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB wegen Notbedarfs hat. Dabei kann der Beschenkte die Herausgabe des Geschenkes durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abwenden, dies wären vorliegend die Prozesskosten.

Dieser Herausgabeanspruch der Antragstellerin gegen ihre Tochter ist Vermögensbestandteil des Vermögens der Antragstellerin. Sie ist gehalten diesen Anspruch zu realisieren, und den Prozess zu finanzieren.

Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin möglicherweise ihr Hausgrundstück zur Finanzierung des Prozesses nicht hätte einsetzen müssen. Veräußerte sie das Grundstück, so ist sie gehalten, die erzielten Geldmittel einzusetzen. Im übrigen hätte sie der Antragstellerin Wohnwert des Hauses und Mietwert der Einliegerwohnung anrechnen lassen müssen. Nach alldem steht nach Auffassung des Senates fest, dass der Antragstellerin aus wirtschaftlichen Gründen die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verweigern war.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.

Beschwerdegebühr: 50,00 DM.

Ende der Entscheidung

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