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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.08.2008
Aktenzeichen: 4 UF 101/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1578
BGB § 1578b
BGB § 1579
BGB § 1579 Nr. 2
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 14.05.2008 - 32 F 387/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Antrag war unabhängig von den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers, die vor allem im Hinblick auf die verschiedenen Darlehen nicht geklärt sind, als unbegründet zurückzuweisen.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat den Antragsteller zu Recht gem. §§ 1570, 1578 BGB auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von 177 € monatlich ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt. Auf die zutreffenden Gründe im Urteil des Familiengerichts (S. 8 bis 10 unter III.) wird Bezug genommen.

1.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers führt die Neuregelung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 nicht dazu, dass der geschiedene Ehegatte nach dem dritten Lebensjahr eines gemeinschaftlichen Kindes sofort vollschichtig arbeiten muss, selbst wenn entsprechende Möglichkeiten der Kinderbetreuung vorhanden sind. Auch nach neuem Recht ist von einem stufenweisen, an den Kriterien von § 1570 BGB orientiertem Übergang in die Vollerwerbstätigkeit auszugehen (Palandt/Brudermüller, Nachtrag zur 67. Aufl. 2008, § 1570 BGB Rn 11). Dabei kommt unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes aus kindbezogenen und elternbezogenen Gründen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008 - XII ZR 109/05 -, in Juris eingestellt).

Im vorliegenden Falle hat das Amtsgericht zu Recht auf den Umstand abgestellt, dass die Antragsgegnerin 2 Schulkinder im Alter von 9 und 11 Jahren zu betreuen hat. Neben den rein schulischen Hilfen durch die Mutter kommen weitere Aufgaben durch das Engagement beider Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht auf ihren Freundeskreis hinzu, die - was der Antragsteller einräumt - auch bereits während der Ehe vorhanden und angelegt waren und vom Antragsteller ausdrücklich erwünscht sind und gefördert werden. Allein die dabei geforderte zeitliche, physische und psychische Beanspruchung der Antragsgegnerin lässt eine weitergehende Erwerbstätigkeit als tatsächlich ausgeübt nicht zu, ist jedenfalls nicht zumutbar und wäre überobligatorisch.

Es kommt vorliegend noch hinzu, dass die Antragsgegnerin im Schichtdienst und teilweise auch am Wochenende arbeitet. Die Antragsgegnerin muss deshalb an den arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und dem arbeitsfreien Wochenende die Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder intensivieren, um den Ausfall an den anderen Tagen und dem Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren. Es ist allgemein anerkannt, dass neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen ein Anteil an der Betreuung und Erziehung der Kinder verbleibt, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann (vgl. BGH, aaO = Juris Rn 103). Auch die Inanspruchnahme der überwiegend vom Jugendamt der Stadt X bezahlten Kinderfrau ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin neben ihrer 2/3-Stelle als Schwimmmeisterhelferin persönlich immer wieder gefordert ist und für ihre beiden Kinder "da sein" muss.

2.

Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts gem. § 1578b BGB hat das Amtsgericht ebenfalls zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt.

Insbesondere wegen der Pflege und Erziehung der beiden gemeinschaftlichen Kinder kommt eine Herabsetzung oder Begrenzung des Scheidungsunterhaltes nicht in Betracht. Durch den zugesprochenen Unterhalt in Höhe von 177 € monatlich kommt die Antragsgegnerin nicht auf ein Einkommen, welches ihr bei vollschichtiger Tätigkeit ohne Betreuung der Kinder möglich wäre. Dem Antragsteller verbleibt mit 1325 € ebenfalls ein ausreichendes Einkommen, so dass eine Unbilligkeit nicht vorliegt.

3.

Schließlich liegen auch die Voraussetzungen von § 1579 Nr. 2 BGB nicht vor. Es liegt bereits keine verfestigte Lebensgemeinschaft der Antragsgegnerin mit Herrn C vor. Die Beziehung besteht erst seit April 2007 und damit weniger als 2 Jahre. Nachdem die Antragsgegnerin im Sommer 2007 mit ihrem (älteren) Sohn für etwa sechs Wochen zu ihm nach O gezogen ist, lebt sie seit September 2007 wieder in X mit beiden Kindern. Auch wenn die Beziehung zwischen den beiden nicht beendet ist und der neue Partner sich mehrere Tage in der Woche im Haushalt der Antragsgegnerin in X aufhalten sollte, kann man noch nicht von einer Lebensgemeinschaft sprechen, die sich verfestigt hat. Das dauernde Zusammenleben in O im Sommer 2007 hat ganz offensichtlich nicht funktioniert. Der neue Partner hat sich noch nicht nach X umgemeldet. Ein dauernder Aufenthalt hier dürfte auch angesichts der Arbeitstätigkeit von Herrn C und des Umstandes, dass er ein eigenes Haus in O hat, sehr unwahrscheinlich sein. Derzeit liegen die Voraussetzungen von § 1579 BGB jedenfalls nicht vor.

4.

Soweit der Antragsteller nunmehr in dem Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 16.06.2008 erstmals vorträgt, er habe in Erfahrung bringen können, dass die Antragsgegnerin im Sommer 2007 ein von ihrem Vater geerbtes Haus in P verkauft habe, ist zum einen fraglich, ob dieses neue Vorbringen nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO berücksichtigt werden kann; zum anderen kann dem neuen Vorbringen nicht schlüssig entnommen werden, ob sich durch den Verkauf der Immobilie, sollte er tatsächlich stattgefunden haben, am bisherigen Umfang der unterhaltsrechtlichen Bedürftigkeit der Antragsgegnerin etwas geändert hat. Der Antragsteller trägt selbst vor, dass er über die Höhe des Verkaufserlöses und seine Verwendung keine Kenntnisse habe.

Ende der Entscheidung

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