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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 29.03.2005
Aktenzeichen: 4 UF 119/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1684 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 UF 119/04

In der Umgangsrechtssache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richter am Oberlandesgericht Schlemm und Blank

am 29. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn - vom 30. April 2004 - 40 F 247/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Ausübung seines Umgangsrechts mit seinem Sohn E zunächst bis zum 31.12.2006 ausgesetzt wird.

Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung der ersten Instanz wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller zu 4/5 und die Antragsgegnerin zu 1/5.

Gründe:

Die gemäß § 621 e Abs. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Ebenfalls unbegründet ist die in zulässiger Weise eingelegte Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin.

I.

Im Ergebnis zu Recht hat das Familiengericht derzeit ein Umgangsrecht des Antragstellers ausgeschlossen. Allerdings war der Ausschluss bis zum 31.12.2006 zu begrenzen. Es muss abgewartet werden, ob sich auch durch ein geändertes Verhalten des Antragstellers die derzeitige Situation dahin verändert, dass E angstfrei und gefahrlos seinem Vater begegnen kann.

Mit Recht hat das Amtsgericht entschieden, dass derzeit ein Umgangsrecht wegen der ablehnenden Haltung von E, der sich jeglichem Kontakt mit dem Antragsteller widersetzt, nicht durchführbar ist. Der Senat nimmt insoweit zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen des Familiengerichtes in der angegriffenen Entscheidung. Die Ausführungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren sind nicht geeignet, die zutreffenden Erwägungen des Familiengerichts, dass Umgangskontakte zwischen dem Antragsteller und E jedenfalls derzeit mit dem Kindeswohl unvereinbar sind, zu entkräften.

Gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB kann eine Entscheidung, die das Umgangsrecht eines Elternteils für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, nur ausnahmsweise ergehen, wenn nämlich andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Auch ein für längere Zeit angeordneter Ausschluss des Umgangsrechts stellt einen tiefgreifenden Eingriff in das unter dem Schutz von Artikel 6 Abs. 2 GG stehende Elternrecht dar. Davon abgesehen liegt es grundsätzlich im Interesse des Kindes und dient seinem Wohl, wenn die Beziehung zu einem Elternteil durch persönliche Kontakte gepflegt wird. Der Ausschluss des persönlichen Umgangs mit einem Elternteil für längere Zeit oder auf Dauer darf daher nur angeordnet werden, um eine konkrete, gegenwärtig bestehende Gefährdung der körperlichen oder geistig- seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden (vgl. u.a. OLG Köln, FamRZ 1997, 1097; OLG Schleswig, FamRZ 2000, 48, 49).

Zudem ist Voraussetzung, dass keine anderen - milderen - Mittel zum Schutze des Kindes verfügbar sind, der konkreten Gefährdung also nicht durch eine bloße vorübergehende Einschränkung des Umgangsrechts oder dessen sachgerechter Ausgestaltung begegnet werden kann (vgl. u.a. BGH FamRZ 1994, 158, 160; OLG Köln, a.a.0.; OLG Saarbrücken FamRZ 2001, 369; Palandt-Diederichsen, BGB, 64. Aufl. 2005, § 1684, Rdnr. 31). Bei der Prüfung, ob eine Gefährdung des Kindeswohls in diesem Sinne gegeben ist, hat auch der Wille des Kindes Berücksichtigung zu finden. Das Persönlichkeitsrecht des Kindes erfordert es, dass sein Wille im Rahmen seines wohlverstandenen Interesses zur Geltung kommt. Da allerdings dem Willen des Kindes zwar Gewicht, aber nicht ohne weiteres ein Vorrang beizumessen ist, gilt es, die Individualität des Kindes und die aus dem Elternrecht fließenden Belange des Kontakt suchenden Elternteils gegeneinander abzuwägen (vgl. OLG Schleswig a.a.0., 49 mit Bezug auf BGH FamRZ 1980, 131,133). Dabei ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der den Kontakt suchende Elternteil die Möglichkeit einer "Familienzusammenführung" erreichen können muss (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 173, 174, 175 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGHMR). Diese Möglichkeit wird dem Elternteil grundsätzlich verwehrt, wenn ihm der Aufbau jeglicher Kontakte mit seinem Kind versagt bleibt. Ein Ausschluss des Umgangsrechts ist daher auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es grundsätzlich dem Kindeswohl entspricht, die familiären Beziehungen aufrecht zu erhalten, da der Abbruch solcher Beziehungen die Trennung des Kindes von seinen Wurzeln bedeutet, nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt (so BVerfG a.a.0.).

Nach diesen Grundsätzen erscheint nach Auffassung des Senats ein zeitweiliger Ausschluss von Umgangskontakten dann geboten, wenn das Kind Kontakte mit dem (nicht sorgeberechtigten) Elternteil ablehnt und aufgrund seiner derzeitigen Verfassung und Einstellung nicht in der Lage ist, die Konfliktsituation, der es durch Besuchskontakte ausgesetzt wäre, zu bewältigen. Die Ablehnung von Kontakten muss dabei auf einer inneren Ablehnung beruhen, der tatsächliche oder auch eingebildete, nicht sachgerecht verarbeitete Ereignisse zugrunde liegen. In einem derartigen Fall würde die Auferlegung von Umgangskontakten mit deren Zweck im Allgemeinen ebenso unvereinbar sein wie mit dem Persönlichkeitsrecht des Kindes (so OLG Celle, FamRZ 1998, 1458; OLG Hamm FamRZ 2000, 45).

Die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Umgangsrechts für längere Zeit liegen vor. E verweigert derzeit aus beachtenswerten Gründen jeglichen Umgangskontakt zu seinem Vater. E hat über eine längere Zeit verbale und körperliche Gewalttätigkeiten seines Vaters aus nächster Nähe miterlebt. Auch das derzeitige Verhalten des Antragstellers ist nach Auffassung des Senates nicht geeignet, die hierdurch bedingten Ängste seines Sohnes E zu vermindern. Die Kindeseltern waren von 1992 bis etwa Februar 2002 miteinander befreundet und lebten zusammen. Im Februar 2002 kam es zur Trennung der Kindeseltern. Der Antragsteller zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Ursprünglich waren sich die Kindeseltern einig, dass der Antragsteller seinen Sohn sonntags sehen konnte. Zunächst schien der Antragsteller die Trennung zu akzeptieren und die Umgangskontakte liefen ohne Beanstandungen ab. Nach kürzerer Zeit kam es dann aber zu Drohungen des Antragstellers gegenüber seiner ehemaligen Freundin, der Antragsgegnerin, und auch gegenüber seinem Sohn sowie zu Auseinandersetzungen mit der Kindesmutter.

Im Verlaufe einer solchen Auseinandersetzung packte der Antragsteller einmal in E's Beisein die Antragsgegnerin an den Hals und schleuderte sie gegen einen Schrank. Dies war in der ehemals gemeinsamen Wohnung.

Am 16.07.2002 holte dann der Antragsteller E abredewidrig von der Schule ab. Vor der Schule traf er auf die Antragsgegnerin. Der Antragsteller veranlasste die Antragsgegnerin mit ihm und dem Sohn zur Wohnung der Antragsgegnerin zu fahren. Als diese dem Antragsteller den Zutritt zur Wohnung zwecks Aussprache verweigerte, wurde dieser gegenüber der Antragsgegnerin massiv gewalttätig, was Nachbarn dazu veranlasste, die Polizei zu rufen. Wegen dieses Vorfalls erging am 19.07.2002 durch das Amtsgericht - Familiengericht - Bonn gegen den Antragsteller eine einstweilige Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz (vgl. Bl. 7 - 10 BA 40 F 294/02).

Trotz dieser einstweiligen Verfügung kam es in der Folgezeit wiederholt zu Verstößen des Antragstellers gegen diese einstweilige Verfügung. Immer wieder sprach er Drohungen gegen die Antragsgegnerin und seinen Sohn aus. Dies hatte zur Folge, dass ein Umgang des Antragstellers mit seinem Sohn von der Antragsgegnerin nicht mehr gestattet wurde. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.11.2002 bestätigte der Antragsteller im dortigen einstweiligen Verfügungsverfahren, "dass die einstweilige Anordnung zuträfe". Mit Beschluss vom 26.11.2002 (Bl. 41/42 BA 40 F 294/02) wurde die "einstweilige Anordnung" bestätigt.

Bereits im September 2002 hatte sich der Antragsteller an das Familiengericht gewandt, um ein Umgangsrecht zu erstreiten (vgl. Bl. 1 BA 40 F 380/02). Gemäß dem im dortigen Verfahren eingeholten Jugendamtsbericht vom 23.01.2003 (Bl. 6/7 BA 40 F 380/02) wurde zum damaligen Zeitpunkt ein Umgangsrecht des Antragstellers nicht befürwortet, da E Kontakt zu seinem Vater aus Angst vor diesem ablehne und ein erzwungenes Umgangsrecht negative Folgen für E's weitere Entwicklung hätte.

Am 06.03.2003 wurde E im dortigen Umgangsrechtsverfahren gehört. Der richterliche Vermerk (Bl. 16 BA 40 F 380/02) gibt das Ergebnis der Kindesanhörung dahin wieder, dass E erhebliche Angst vor seinem Vater habe, die E mit den diversen Gewaltanwendungen und Drohungen des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin begründet habe. Auch seien Drohungen ihm, E, gegenüber ausgesprochen worden. Einmal habe der Vater ihn im Verlauf einer Auseinandersetzung mit der Mutter zur Seite geschleudert. E habe eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er den Antragsteller nicht sehen wolle. Mit Beschluss vom 13.03.2003 - 40 F 380/02 - (Bl. 20 f. BA) wurde der Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechts durch das Familiengericht mit der Begründung zurückgewiesen, derzeit könne nicht verantwortet werden, dass E mit seinem Vater zusammenkomme. Es sei allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich in nächster Zeit die Situation stabilisiere und möglicherweise dann mit einem begleiteten Umgangsrecht begonnen werden könne.

Bereits mit Schriftsatz vom 04.06.2003 (Bl. 1 ff. GA) hat der Antragsteller dann erneut einen Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechts gestellt. Der Antragsteller hält die von E geäußerte Angst ihm gegenüber für von der Kindesmutter eingeredet. Er liebe seinen Sohn und würde diesem niemals etwas antun. Er wolle von seinem Sohn persönlich hören, dass dieser ihn nicht sehen wolle. Schuld an allem sei nur die Kindesmutter. Über sie wolle er seinem Sohn die Wahrheit sagen.

Im Wesentlichen ist der Gegenstand des hiesigen Sorgerechtsverfahrens identisch mit dem Sachverhalt, wie er sich aus den beiden Vorverfahren bereits ergibt.

Nach wie vor trägt die Kindesmutter vor, dass E wegen der vielfältigen Drohungen und Gewalttätigkeiten des Antragstellers ihr gegenüber Angst vor diesem habe und ihn nicht sehen wolle. Im übrigen habe der Antragsteller seinen früheren Kontakt zu E nicht sinnvoll gestaltet. Man sei gemeinsam in Spielhallen gegangen oder er habe E vor den Fernseher gesetzt. Auch von daher sei es verständlich, dass E nicht zum Vater wolle.

Nach Auffassung des Senats ergibt sich aufgrund der gesamten oben geschilderten Umstände ein Sachverhalt, der es plausibel macht, dass E derzeit jedenfalls keinen Kontakt mit seinem Vater haben will, einen solchen vielmehr kategorisch ablehnt. Beachtenswerte Gründe hierfür stellen die erheblichen Gewalttätigkeiten des Vaters gegenüber seiner Mutter und seine ständigen Drohungen ihr gegenüber dar, die E jedenfalls teilweise mitbekommen hat. Gerade in seiner Anhörung vor dem Senat am 15. Februar 2005 hat E noch einmal anschaulich geschildert, wie er seinen Vater erlebt hat und warum er diesen jedenfalls derzeit nicht sehen wolle. Dabei ist nicht zu verkennen, dass E eine sehr enge Beziehung zur Mutter hat und stark darunter leidet, dass er diese durch den Antragsteller, seinen Vater, bedroht sieht. Sicher mag auch das Verhalten der Kindesmutter dazu beitragen, dass E's Ablehnung gegenüber seinem Vater noch verstärkt wird. Der Senat hat aber bei der Kindesanhörung bzw. bei der Anhörung der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.02.2005 keine Anhaltspunkte dafür erhalten, dass die Kindesmutter bewusst und gezielt gegen den Vater agiert und vermeintliche Wünsche des Kindes auf Umgang mit dem Vater hintertreibt. So hat E in seiner Anhörung vor dem Senat auch nochmals hervorgehoben, dass seine Mutter ihn sogar dazu ermuntert, doch mal mit dem Vater Kontakt aufzunehmen, das könne er, E, doch ihr zu Liebe tun. Gleichwohl lehnt er dies ab und widersetzt sich somit dem geäußerten Willen seiner Mutter.

Bei E handelt es sich um ein aufgewecktes Kind, das bei seiner Anhörung bei den Antworten gelegentlich etwas altklug wirkte. Gleichwohl vermittelte er dem Senat den Eindruck, dass er seinen eigenen, freien Willen zum Ausdruck brachte. So äußerte er zu Beginn seiner Anhörung spontan auf die Frage, er wisse doch, warum er hier sei: "ja, aber er verstehe nicht, warum man ihm nicht glaube. Er sei schon mehrfach gehört worden. Immer habe er das gleiche gesagt. Er könne nichts anderes sagen, das sei die Wahrheit."

Der Antragsteller vermeidet es auch, eine gewisse Beruhigung der Situation herbeizuführen. So äußerte er E gegenüber die Wahrheit über seine Mutter sagen zu müssen. Auch im Gespräch mit der Verfahrenspflegerin hat er Drohungen geäußert. So hat er erklärt, dass er seinen Sohn sowieso in Kürze - auch ohne positive Entscheidung des Gerichts - sehen werde. Auch sind Morddrohungen gegen die Kindesmutter geäußert worden. In der Folgezeit hat der Antragsteller auch mehrfach versucht, seinen Sohn zu treffen, obwohl ein Umgangsrecht ausgeschlossen ist. Das Alles lässt jegliche selbstkritische Haltung des Antragstellers vermissen.

So hat auch die Verfahrenspflegerin in ihrer Stellungnahme im Schriftsatz vom 12.01.2003 (Bl. 19 - 21 GA) ein Verhalten des Antragstellers geschildert, welches nicht geeignet ist, die Vorbehalte seines Sohnes ihm gegenüber abzuschwächen. So hatte die Verfahrenspflegerin E mit seinem Vater telefonieren lassen. Aus dem Mitgehörten war zu schließen, dass der Antragsteller massiv auf E eindrang, ihn doch sehen zu können, ohne in irgendeiner Weise kindgerecht auf E's Vorbehalte einzugehen und diesen zum Weinen brachte. Sein diesbezügliches Verhalten zeigt, dass er völlig unkritisch sich selbst gegenüber ist und die Schuld für die verfahrene Situation nur bei anderen sucht. Dies mag mit ein Grund für das bei ihm vorhandene erhebliche Gewaltpotential sein.

Der Senat ist der Auffassung, dass derzeit gerade auch wegen dieser Gewaltbereitschaft des Antragstellers eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohles vorliegt, die es rechtfertigt, dem Antragsteller die Ausübung seines Umgangsrechtes bis Ende 2006 zu entziehen. Hier hat der Sachverständige Prof. Dr. Q in seinem Gutachten vom 11.03.2004 (Bl. 48 - 55 GA) sehr anschaulich und für den Senat überzeugend ausgeführt, dass der Antragsteller unter einer aggressiven Persönlichkeitsstörung leide, die behandlungsbedürftig sei und die dazu führte, dass derzeit ein Umgangsrecht wegen Kindesgefährdung nicht befürwortet werden könne. Die emotionale Einstellung des Vaters, wie sie bei der Exploration erfasst werden könne, weise, so der Sachverständige, eine erhebliche Persönlichkeitsstörung auf, die dringend psychotherapeutisch aufgearbeitet werden müsse. Diese Persönlichkeitsstörung umfasse auch Verhaltensanteile, die als aggressive Akte andere Mitmenschen gefährden. Insbesondere bestehe die große Gefahr, dass sich dieses aggressive Verhalten des Vaters gegen die Mutter richte. Aber auch eine Gefährdung des Kindes selbst sei nicht auszuschließen. Aus dem Grunde müssten weitere Überlegungen, ob ein Umgangsrecht realisiert werden könne, zurückgestellt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt an einem Gutachten zum Umgangsrecht zu arbeiten, mache keinen Sinn. So lange der Antragsteller mit seiner aggressiven Persönlichkeitsstörung ein derartiges Gefahrenpotential für andere - insbesondere die Mutter des Kindes und das Kind - darstelle, könne nicht weiter über eine Prüfung des Umgangsrechts nachgedacht werden. Der Sachverständige empfahl sodann (vgl. Seite 7 seines vorgenannten Gutachtens, Bl.54 GA), eine Entscheidung über das Umgangsrecht solange zurückzustellen, bis der Vater in erfolgreicher psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung seine Persönlichkeitsstörung überwunden habe. Ein entsprechender Zeitpunkt sei nicht abzusehen; insbesondere solange nicht, wie eine Krankheitseinsicht beim Antragsteller selbst nicht vorliege.

Der Sachverständige hat in seiner Anhörung vor dem Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.02.2005 (Bl. 143 - 145 GA) diese seine Feststellungen nochmals bestätigt und anhand der von ihm mit dem Antragsteller gemachten Erfahrungen im Einzelnen erläutert. Danach handelt es sich bei den ausgesprochenen Morddrohungen nicht um gänzlich unkontrollierte emotionale Ausbrüche in psychischen Grenzsituationen. Vielmehr sind die Äußerungen durchaus wohl überlegt. Dabei ist nicht zu verkennen, dass die gesamte Situation den Antragsteller durchaus psychisch stark erregt. Dennoch kann festgestellt werden, dass der Antragsteller seine Drohungen durchaus ernst meint.

Auch aufgrund des eigenen Eindruckes, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Antragsteller gewonnen hat, teilt der Senat die Einschätzung des Sachverständigen. Bei der Anhörung des Antragstellers fiel dem Senat auf, dass der Antragsteller nicht einsichtsfähig ist. Vielmehr sucht er die Schuld an der gesamten Misere bei den Anderen. Insbesondere die Kindesmutter soll dafür verantwortlich sein, dass E ihn nicht sehen will. In keiner Weise hinterfragt er kritisch seine eigene Rolle, insbesondere sein Verhalten zur Kindesmuter über lange Zeit hinweg und den Einfluss hierdurch auf E. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Antragsteller sich in E's Gedankenwelt überhaupt nicht hineinversetzen kann und will. Anderenfalls müsste ihm die Einsicht kommen, dass gerade aufgrund seines, des Antragstellers, Verhaltens die Ängste E's nur zu verständlich sind.

So lange der Antragsteller nicht selbst an sich arbeitet und wie der Sachverständige sagt, Einsichtsfähigkeit in seine Krankheit zeigt, wird die Einräumung eines Umgangsrechtes nicht zu rechtfertigen sein. Der Antragsteller ist gehalten, sich ärztlich behandeln zu lassen. Sollte von ärztlicher Seite bestätigt werden, dass er nicht (mehr) als Gefährdung angesehen werden kann, wird man Versuche unternehmen können und müssen, um den Kontakt zwischen Vater und Sohn wieder aufzunehmen. Dies wird behutsam geschehen müssen. So hat auch der Sachverständige dargelegt, dass bei E aufgrund der fehlenden Beziehung zum Vater bereits eine Schädigung seiner Identitätsbildung eingetreten sei, die auch dringend entsprechender Maßnahmen bedürfe. Einerseits könne dies durch eine Neuanbahnung der Kontakte zum Vater erfolgen oder aber durch eine psychotherapeutische Maßnahme. Letztere sollte man zum Wohl des Kindes am besten sofort einleiten. Der für alle Beteiligten wünschenswerte Weg wäre es allerdings, wenn der Antragsteller nach erfolgreicher Behandlung seine feindselige Haltung gegenüber der Kindesmutter aufgeben würde, so dass die von E massiv erlebte Bedrohungssituation sich auflöst und E's Ängste beseitigt werden könnten. All dies kann aber nur mit psychologischer oder ärztlicher Hilfe auf Seiten des Antragstellers erfolgen. Hier muss er Behandlungsbereitschaft zeigen. Er muss erkennen, dass er sich nur selbst dadurch helfen kann, dass er endlich auch innerlich die Trennung von der Kindesmutter akzeptiert und einseitige Schuldzuweisungen unterlässt, es insbesondere unterlässt, solche vor dem Kind zu äußern.

Für wünschenswert hält es der Senat auch, wenn die Kindesmutter ihre Situation, insbesondere ihre Haltung zum Kindesvater, psychologisch aufarbeitet. Es ist nicht zu verkennen, dass die erheblichen Gewalteinwirkungen, die sie durch den Kindesvater erlebt hat, Spuren hinterlassen haben. Gleichwohl ist es im Interesse des Kindeswohls erforderlich, dass die Kindeseltern zu einem "normalen" Umgang miteinander finden. Dies wäre die beste Voraussetzung dafür, dass E ein natürliches Verhältnis zu beiden Elternteilen findet. Die Kindesmutter muss erkennen, dass die Beziehung zum Vater für die Entwicklung E's sehr wichtig ist. Von daher sollte sie alle Anstrengungen unternehmen, um eine solche natürliche Entwicklung mit herbeizuführen.

Sollte der Antragsteller sich umgehend in Behandlung begeben und nachweisen, dass eine Kindeswohlgefährdung von ihm nicht (mehr) ausgeht, so kann auch vor dem 31.12.2006 über eine Umgangsrechtsregelung nachgedacht werden. Entscheidend ist, dass eine Gefährdung des Kindeswohles ausgeschlossen werden kann.

II.

Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin war zurückzuweisen. Bei der gebotenen Sachlage, erscheint es nicht mutwillig, dass der Antragsteller bereits relativ kurze Zeit nach der ersten abschlägigen Entscheidung über die Einräumung eines Umgangsrechtes erneut die Gerichte mit der Frage eines Umgangsrechtes befasst hat. Es ist die absolute Ausnahme, dass ein Umgangsrecht völlig ausgeschlossen wird. Diese Maßnahme ist so einschneidend, dass der Elternteil, der kein Umgang mit seinem Kind haben darf, die Möglichkeit haben muss, in relativ kurzer Zeit ein solches erneut gerichtlich einzufordern. Der Gang des erstinstanzlichen Verfahrens zeigt auch, dass es zunächst für nicht von vornherein ausgeschlossen gehalten wurde, dass die Entscheidung aus dem ersten Verfahren revidiert würde. Immerhin sollte ein psychologisches Gutachten zum Umgangsrecht unter Einbeziehung der Eltern erstattet werden. Dies zeigt bereits, dass das Begehren des Antragstellers nicht von vornherein aussichtslos war. Unter Billigkeitsgesichtspunkten erscheint es daher nicht gerechtfertigt, gemäß § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG dem Antragsteller die gesamten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. Vielmehr hatte es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu verbleiben.

III.

Die Kostenentscheidung bezüglich des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Beide Rechtsmittel, Beschwerde des Antragstellers und Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin, hatten in der Sache keinen Erfolg. Entsprechend waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu quoteln.

Beschwerdewert:

1.) Beschwerde des Antragstellers: 3.000 € (§ 30 Abs. 3 S. 2 KostO a. F.)

2.) Anschlussbeschwerde: bis 600 € (Kosteninteresse)

Ende der Entscheidung

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