Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 4 UF 135/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 620 Nr. 1
ZPO § 620 c Satz 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 g
BGB § 1671 Abs. 1
BGB § 1671 Abs. 2. Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 4. Juni 2004 42 F 416/04 - wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird mangels Erfolgsaussicht der Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe: Die gemäß §§ 620 c Satz 1, 620 Nr. 1, 621 g, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen hat das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame minderjährige Kind der Parteien, T, im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über die Hauptsache einstweilen auf den Antragsgegner übertragen und zwar in Übereinstimmung mit dem ausdrücklich bekundeten Willen des Kindes. Das Beschwerdevorbringen erfordert keine abweichende Entscheidung. Für die einstweilige Anordnung zur vorläufigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrecht besteht hier ein Regelungsbedürfnis, weil sich die Parteien nicht darüber verständigen können, bei welchem der beiden Elternteile T leben soll, in der Sache selbst aber wegen weiteren Aufklärungsbedarfs über die Erziehungsfähigkeit der Eltern noch nicht endgültig entschieden werden kann (vgl. Geißler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 3. Auflage, S. 74; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Auflage, § 620 Rn. 5). Gemäß § 1671 Abs. 1, Abs. 2. Nr. 1 BGB ist einem Elternteil auf seinen Antrag hin ein Teil der elterlichen Sorge allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung des in Frage stehenden Teils der elterlichen Sorge und deren Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am Besten entspricht. Insoweit unterliegt die Regelung eines Teilbereichs der elterlichen Sorge den gleichen Voraussetzungen wie die Regelung der elterlichen Sorge insgesamt. Mit dem Amtsgericht ist der Senat der Auffassung, dass wegen der Uneinigkeit der Eltern über den auch nur vorläufigen Aufenthalt von T ein dringendes Bedürfnis zur einstweiligen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts besteht und dieses Recht dem Antragsgegner zu übertragen ist. Der Senat ist bei der im Rahmen der einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Betrachtung der Verhältnisse der Auffassung, dass es dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn sich der jetzt fast 12 Jahre alte T jedenfalls vorläufig beim Vater aufhält und diesem mangels Konsensfähigkeit der Eltern deswegen das Aufenthaltsbestimmungsrecht bis zur Entscheidung in der Hauptsache übertragen wird. Anders als die Antragstellerin meint, ergibt sich aus der Stellungnahme des Jugendamtes nicht, dass der Aufenthalt beim Vater das Kindeswohl gefährdet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass T unter der Uneinigkeit der Eltern leidet und seine Aggressivität in der Schule im wesentlichen darauf zurückzuführen ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich sein Verhalten oder seine schulischen Leistungen verschlechtern könnten, wenn er beim Vater lebt, sind nicht erkennbar. Dass der Vater früher einmal Drogen zu sich genommen hat, stellt seine Erziehungseignung heute nicht grundsätzlich in Frage, zumal er sich unter der Aufsicht des Jugendamtes bereitwillig einem Drogenscreening unterzieht. Die Tatsache, dass der Vater als Selbständiger einen Hausmeisterservice betreibt und sich so seine Zeit frei einteilen kann, ist auch eher positiv zu sehen, da er sich nach Ts Bedürfnissen richten kann. Zu Recht hat das Amtsgericht den ausdrücklich geäußerten Wunsch des Kindes, beim Vater bleiben zu wollen, mitentscheidend berücksichtigt. Schon das Persönlichkeitsrecht des Kindes erfordert es, dass sein Wille im Rahmen seines wohlverstandenen Interesses Gehör findet, wobei die Entwicklung seiner Persönlichkeit und die Gründe, die das Kind zu seiner Haltung veranlassen, zu prüfen sind. T ist fast 12 Jahre alt und nach den Feststellungen des Jugendamtes ein "pfiffiger, aufgeschlossener, recht selbständig wirkender Junge". Zum einen ist unter diesen Umständen sein ausdrücklich geäußerter Wille durchaus ernst zu nehmen, zum anderen ist kaum anzunehmen, dass sich eine Entscheidung gegen seinen Willen problemlos wird durchsetzen lassen, zumal beide Eltern in der Nähe seiner Schule wohnen. Dies sieht wohl auch die Mutter so,da sie sich gegenüber dem Jugendamt dahin geäußert hat, das Kind nicht zwingen zu wollen. Außerdem hat er durchaus nachvollziehbare Gründe für seine Entscheidung vorgebracht, insbesondere verstehe er sich nicht gut mit dem Lebensgefährten der Mutter, der ihn auch schlage, was dieser eingestanden hat. Demgegenüber ist Ts Verhältnis zu seinem Vater immer gut gewesen, was seine Mutter bestätigt hat. Jedenfalls zur Zeit kann nicht festgestellt werden, dass der geäußerte Wille des Kindes sich hier nicht mit dem Kindeswohl vereinbaren lässt. Falls sich die negativen Befürchtungen z. B. bzgl. der schulischen Leistungen des Kindes der Antragstellerin bewahrheiten, wird sich dies bald zeigen und kann bei der bevorstehenden Begutachtung berücksichtigt werden. Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung ist auch zu bedenken, dass in jedem Fall ein überflüssiges und schädliches Hin- und Her-Gezerre vermieden wird. T ist aus freien Stücken zum Vater gewechselt und sollte dort in Ruhe das Ergebnis der Begutachtung abwarten, so dass in jedem denkbaren Fall höchstens ein weiterer Wechsel erforderlich werden kann.

Ende der Entscheidung

Zurück