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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 11.04.2006
Aktenzeichen: 4 UF 218/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 UF 218/05

Anlage zum Protokoll vom 11. April 2006

Verkündet am 11. April 2006

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat auf die mündliche Verhandlung vom 21.03.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richter am Oberlandesgericht Schlemm und Blank

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 02.11.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht Bonn - 42 F 706/04 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels und Klageabweisung im Übrigen dahin abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird,

1. an die Klägerin für die Zeit von Juli 2004 bis einschließlich März 2006 rückständigen Unterhalt in Höhe von 3.089,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2005 sowie

2. laufenden Trennungsunterhalt ab April 2006 in Höhe von monatlich 200,00 € zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10 sowie die des Berufungsverfahrens die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - Berufung des Beklagten hat auch in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg, nämlich soweit er sich mit der Berufung dagegen wehrt, in der Zeit von Juli 2004 bis Dezember 2004 zu höheren Unterhaltsleistungen als monatlich 670,00 €, in der Zeit von Januar 2005 bis Juni 2005 zu höheren Unterhaltsleistungen als monatlich 589,00 € sowie ab Juli 2005 zu höheren Unterhaltsleistungen als monatlich 200,00 € verpflichtet zu sein, wobei auf die geschuldeten Unterhaltsleistungen die vom Beklagten geleisteten Unterhaltszahlungen von 455,00 € monatlich in der Zeit von August 2004 bis einschließlich Januar 2005 und ab Februar 2005 in Höhe von 347,00 € monatlich anzurechnen waren. Eine Verrechnung ab Juli 2005 zuviel gezahlter Unterhaltsbeträge findet jedoch nicht statt.

Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 1361 BGB.

A. In Höhe der genannten Unterhaltsbeträge ist der Beklagte leistungsfähig.

I.

Zu Recht wehrt sich der Beklagte mit der Berufung dagegen, dass zur Ermittlung seines unterhaltsrelevanten Einkommens der Dreijahresdurchschnittswert aus den dem Unterhaltszeitraum vorangegangenen drei Jahren zugrunde gelegt worden ist. Nach Auffassung des Senates ist bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten dessen tatsächlich im Unterhaltszeitraum erzieltes Jahreseinkommen in Ansatz zu bringen. Der Beklagte ist nicht als sogenannter "verkappter Selbständiger" zu behandeln. Das wäre dann der Fall, wenn der Beklagte, der gemeinsam mit seinem Bruder geschäftsführender Gesellschafter der von ihnen betriebenen GmbH ist, sein Geschäftsführergehalt entsprechend den jeweiligen Gewinnen und Verlusten unmittelbar an diese angepasst hätte und somit wie ein selbständiger Kaufmann oder Freiberufler den jeweiligen Jahresgewinn des Betriebes bzw. der Kanzlei oder Praxis als Einkommen zur Bedarfsdeckung verwendet hätte. Dies kann vorliegend gerade nicht festgestellt werden. Zwar hat der Beklagte, nachdem die von ihm und seinem Bruder betriebene GmbH in die Verlustzone geraten war, sein Geschäftsführergehalt reduziert. Diese Herabsetzung geschah - wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erklärt hat - aus wirtschaftlich Erwägungen und unter dem "Druck" der kreditgebenden Banken. Die Reduzierung des Geschäftsführergehaltes ist aber nicht unmittelbar an die geminderten Gewinne bzw. Verluste der GmbH gekoppelt. Möglicherweise wäre ansonsten eine erheblich höhere Reduzierung des Gehaltes erfolgt. Der Beklagte hat auch im Einzelnen in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass und in welcher Weise die kreditgebenden Banken Einfluss auf die Gestaltung der Geschäftsführergehälter nehmen, um das gewünschte Betriebsergebnis zu erzielen. Die GmbH müsse eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen. Hiernach würden unter anderem die langfristigen Ziele auf Rückführung der Kredite ausgerichtet. Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich das Geschäftsführergehalt zwar an der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH orientiert, aber nicht automatisch entsprechend den Gewinnen und Verlusten angepasst wird. So ist auch keine direkte Anpassung des Gehaltes nach oben erfolgt, nachdem sich die wirtschaftliche Situation der GmbH etwas stabilisiert hatte.

II.

Fiktiv hinzuzurechnen ist dem Einkommen des Beklagten allerdings der Steuervorteil, den er seit Juli 2004 dadurch hätte erzielen können, dass er sich entsprechend seinen freiwilligen Unterhaltszahlungen einen Steuerfreibetrag hätte eintragen lassen können. Es besteht nämlich die unterhaltsrechtliche Obliegenheit, Steuervorteile zu nutzen, und zwar unter Umständen auch durch Eintragung von Freibeträgen für den laufenden Veranlagungszeitraum. Gründe, die gegen eine Eintragung dieses Freibetrages sprechen, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte zahlte von August 2004 bis einschließlich Januar 2005 freiwillig monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 455,00 € und ab Februar 2005 in Höhe von 347,00 €. Danach hätte der Beklagte sich für das Trennungsjahr (2004) noch einen Freibetrag von 2.275,00 € (5 x 455,00 €) und für das Jahr 2005 einen solchen von 4.272,00 € (455,00 € + 11 x 347,00 €) eintragen lassen können. Entsprechend waren die Steuern bezogen auf den unstreitigen Jahresbruttolohn von 76.808,52 € ab 2004 fiktiv zu berechnen.

III.

1.) Weiter hin zuzurechnen ist dem Einkommen des Beklagten der ihm zurechenbare Wohnvorteil, den er dadurch erzielt, dass er gemeinsam mit seinen Kindern mietfrei in dem vormaligen Familienheim lebt, welches im gemeinsamen Eigentum der Parteien steht. Der Senat schätzt diesen Wohnvorteil auf monatlich 600,00 €. Dabei ist in der Trennungszeit nicht der volle Wohnwert des Hauses bei der Bemessung des Wohnvorteiles zugrunde zu legen. Während der Trennungszeit ist auf den angemessenen Wohnwert abzustellen, der nach den tatsächlichen Verhältnissen zu ermitteln ist. Der Wohnwert des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten ist mit dem Betrag anzusetzen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für die Anmietung einer den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen kleineren Wohnung aufwenden müsste (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9. Auflage 2004, Rn. 775). Lebt wie hier der Unterhaltspflichtige in dem ehemals gemeinsamen Familienhaus, so ist während der Trennungsphase zu beachten, dass nach dem Auszug eines Ehegatten der Wohnwert der Immobilie nur noch eingeschränkt zum Tragen kommt. Denn der einem Ehegatten zuzuschreibende Nutzungsvorteil wird nach dessen Auszug nicht mehr gezogen, es entsteht sogenanntes "totes Kapital".

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist dem Amtsgericht zunächst dahin zu folgen, dass nach dem Zuschnitt des Familienheims ein uneingeschränkter Wohnwert von 1.200,00 € / Monat angenommen werden kann. Der Senat meint, dass der tatsächlich vom Beklagten nach der Trennung der Parteien gezogene Nutzungsvorteil, den er zieht, etwa der Hälfte des vollen Wohnwertes entspricht, also einem Betrag von 600,00 €. Dies erscheint den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen. Zu berücksichtigen war auch, dass der Beklagte mit seinen drei aus der Ehe stammenden Kindern gemeinsam im Familienhaus wohnt. Darüber hinaus liegt das Familienheim in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte, so dass es nicht zumutbar erscheint, dass der Beklagte schon während der Trennungszeit sich den vollen objektiven Mietwert zurechnen lassen muss, den er unter Umständen nur durch eine Räumung und Fremdvermietung des Hauses realisieren könnte.

2.) Gegenzurechnen sind dem zuzurechnenden Wohnvorteil die ihn treffenden Hauslasten, die er alleine trägt. Berücksichtigungsfähig sind insoweit sowohl die Zins- wie auch die Tilgungsleistungen. Die Immobilie steht im gemeinschaftlichen Eigentum beider Parteien. Somit kommen die von dem Beklagten allein getragenen Lasten insgesamt der Vermögensmehrung beider Ehegatten zugute. Daher ist der Auffassung der Klägerin, dass die Tilgungsleistungen nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages nicht mehr abzusetzen sind, nicht zu folgen. Dies trifft nur dann zu, wenn der Ehegatte, der die Zins- und Tilgungsleistungen erbringt, Alleineigentümer der Immobilie ist, da in diesem Falle die Tilgungsleistungen allein seiner Vermögensmehrung dienen ( vgl. Wendl/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 1 Rn 347, 349 ).

3.) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch die den Wohnwert übersteigenden Belastungen berücksichtigungsfähig. Dies gilt jedenfalls solange eine Obliegenheit zur Verwertung nicht besteht. Eine Obliegenheit zur Verwertung ist nach Auffassung des Senates - wie oben dargelegt - derzeit nicht gegeben, auch wenn der Scheidungsantrag mittlerweile rechtshängig ist.

4.) Danach ergeben sich folgende den Beklagten treffende Hauslasten:

a. Für das Jahr 2004 gilt:

aa. erstes Hausdarlehen 980,15 €

bb. zweites Hausdarlehen 153,53 €

cc. Grundbesitzabgaben 112,83 €

dd. Versicherungen 22,10 €

Gesamtbelastung 1.268,61 €.

ee. abzüglich Wohnvorteil 600,00 €

ff. Restbelastung 668,61 €

b. Ab 2005 gilt:

Die zuvor genannte Belastung von 153,53 € erhöht sich auf 168,00 €, so dass die Gesamtbelastung damit 683,08 € beträgt.

IV.

Darüber hinaus treffen den Beklagten weitere Belastungen, die von seinem Einkommen abzuziehen sind.

1. im Jahre 2004 ergeben sich folgende Belastungen:

a. Kreditraten

aa. PKW-Kredit (bis Juni 2005) 239,00 €

bb. Firmenkredit 326,16 €

b. Krankenversicherung 514,66 €

c. Zusatz-Kranken- und Unfallversicherung für die Kinder 87,00 €

d. Private Altersvorsorge (ab November 2004) auf den Unterhaltszeitraum Juli 2004 bis Dezember 2004 umgerechnet: 2 x 450,00 € : 6 = 150,00 €

Gesamtlasten im Jahre 2004 ohne Hauslasten von 1.316,82 €

e. zuzüglich Hauslasten von gerundet 668,61 € ergeben sich Gesamtlasten von 1.985,43 €.

Soweit die Klägerin die Notwendigkeit des Firmendarlehens bezweifelt sowie anmerkt, dass dies unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig sei, weil dieser Kredit nicht der Ehe zugute gekommen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen war auch dieser Kredit eheprägend. Zum anderen diente er der Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit der GmbH. Damit wurde auch das Familieneinkommen gesichert.

Da die private Altersvorsorge erst ab November 2004 wieder betrieben wurde, war diese auf den Unterhaltszeitraum, wie oben geschehen, umzurechnen.

2. Die Belastungen von Januar 2005 bis Juni 2005 beziffern sich wie folgt:

Nunmehr ist die private Altersvorsorge mit dem vollen monatlichen Betrag von 450,00 € in Ansatz zu bringen, so dass sich die Gesamtbelastungen ohne die Hauslasten

a. auf 1.616,82 € belaufen.

b. Zuzüglich Hauslasten von 683,08 € ergeben sich

c. Gesamtlasten von 2.299,90 €.

3. Ab Juli 2005 ergeben sich folgende Belastungen:

Nunmehr ist die Kreditrate von 239,00 € weggefallen. Damit vermindert sich die monatliche Gesamtbelastung auf 2.060,90 €.

V.

Im Jahre 2004 hat der Beklagte eine Steuerrückerstattung von 2.051,99 € für das Jahr 2003 erhalten. Auf den Monat umgerechnet ergibt das einen dem Monatseinkommen hinzuzurechnenden Betrag von 171,00 €.

Der Senat geht davon aus, dass diese Steuerrückerstattung auch im Jahre 2005 für das Jahr 2004 erzielbar war, da sich - jedenfalls für den Senat nicht erkennbar - die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten nicht nennenswert geändert haben.

VI.

Aus der Ehe der Parteien sind drei Kinder hervorgegangen. Der Beklagte schuldet seinen Kindern Kindesunterhalt, der vorweg abzuziehen ist, wie folgt:

1. Der Sohn S ist mittlerweile volljährig und hatte von Juli 2004 bis in den Sommer 2005 eine Lehrstelle. Sein anrechenbares Einkommen betrug 541,17 € (Nettoeinkommen) - 76,67 € (Abzug für berufsbedingte Aufwendung) = 464,50 €. Damit konnte er seinen eigenen Bedarf decken. Er war einkommensmäßig nicht mehr zu berücksichtigen.

2. Der Sohn N ist am 23.08.1988 geboren, der Sohn O am 06.11.1990. Der Bedarf beider minderjährigen Söhne ist damit der dritten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ( DT ) zu entnehmen.

Den vom Einkommen vorab abzuziehenden Kindesunterhalt hat der Senat der jeweiligen Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entnommen. Eine Herabstufung des Beklagten war nicht geboten, da dem Sohn S kein Unterhalt mehr geschuldet wird, da er seinen Unterhaltsbedarf selbst decken kann.

VII.

Allerdings war dem Beklagten ein Betreuungsbonus gutzuschreiben, da er in seinem Haushalt zwei minderjährige Kinder betreut und erzieht und die Beklagte keinen Barunterhalt leistet. Da der Sohn O bei der Trennung der Parteien 13 1/2 Jahre alt und der Sohn N fast 16 Jahre alt waren, sind die vom Beklagten zu erbringenden Betreuungsleistungen schon erheblich reduziert. Der Senat meint daher, dass mit einem Betreuungsbonus von insgesamt 100,00 € die noch zu erbringende Betreuungsleistung angemessen berücksichtigt ist. Dabei ist weiter zu beachten, dass der Senat den Bedarf der Kinder, der von den Verhältnissen der Eltern abzuleiten ist, vom Einkommen des Beklagten entsprechend seiner Einkommensgruppe als Barunterhalt abzieht. Insoweit ergibt sich ein gewisser Ausgleich, da die Klägerin, selbst wenn sie vollschichtig arbeiten würde, allenfalls Barunterhalt in Höhe des Regelbetrages schulden würde.

VIII.

Andererseits kann der Beklagte nicht damit gehört werden, dass seine Erwerbstätigkeit teilweise überobligationsmäßig ist. Der betreuende Elternteil, der während des Bestandes der Ehe vor der Trennung durch seine Erwerbstätigkeit die Familie weitgehend unterhalten hat, kann sich nicht darauf zurückziehen, nunmehr wegen der Betreuung der Kinder, nur noch eingeschränkt arbeiten zu müssen. Vielmehr hat seine Erwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt. Mehrbelastungen sind durch angemessene Abzüge vom Einkommen auszugleichen, was der Senat, wie oben ausgeführt, berücksichtigt hat.

B. Erwerbsobliegenheit und zurechenbares Einkommen der Klägerin.

I.

1.) Der Senat ist der Auffassung, dass während des Trennungsjahres (Juli 2004 bis Juni 2005) der Klägerin kein eigenes Erwerbseinkommen zuzurechnen ist. Soweit die Klägerin in diesem Zeitraum geringfügig hinzuverdient hat - in Rede steht hier ein Betrag von ca. 131,00 € - braucht sie sich dies nach Auffassung des Senates die Klägerin nicht zurechnen zu lassen. Dieser Betrag ist so gering, dass er gerade die Aufwendungen deckt, die die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Erwerbstätigkeit hatte. Hierzu hat die Klägerin insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung nochmals ihre wirtschaftliche Situation während dieses Zeitraums erläutert.

2.) Die Klägerin traf im ersten Trennungsjahr auch keine Erwerbsobliegenheit. Ihr war eine gewisse Orientierungsphase zuzubilligen. Auch wenn sie selbst die eheliche Gemeinschaft verlassen hat, war ihr diese zunächst einzuräumen. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass die Klägerin während der Ehe weitgehend nur hausfraulichen Tätigkeiten nachgegangen ist. Sie war dem Berufsleben weitgehend entfremdet, auch wenn sie bereits vor der Trennung Umschulungsmaßnahmen ergriffen hatte. Ihr war somit ausreichende Gelegenheit zu geben, sich am Arbeitsmarkt zu orientieren. Insbesondere konnte sie zunächst prüfen, inwieweit sie in ihren erlernten Berufen eine Anstellung finden konnte.

3.) Diese Orientierungsphase war nach Auffassung des Senats allerdings spätestens im Juli 2005 abgeschlossen. Bis dahin musste sie auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres ausreichende Bemühungen anstellen, um spätestens nach dessen Ablauf eine vollschichtige Tätigkeit aufnehmen zu können. Dass solche ausreichenden Erwerbsbemühungen stattgefunden hätten, kann der Senat nicht feststellen. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin keine ausreichenden Anstrengungen ihrerseits dargelegt, um eine ihr zumutbare vollschichtige Tätigkeit zu erhalten. Die Klägerin hat zwei erlernte Berufe. Zudem hat sie eine Umschulung als Fußpflegerin erfolgreich abgeschlossen. Leider scheiterte eine weitere Fortbildung zur Kosmetikerin. Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, dass die heute 44 jährige Klägerin nicht mehr in eine vollschichtige Erwerbstätigkeit vermittelbar ist. Sie kann sich nicht darauf zurückziehen, bei der Firma M in Teilzeitbeschäftigung zu arbeiten. Notfalls muss sie neben der Tätigkeit bei der Firma M eine weitere Nebentätigkeit ausüben, die es ihr ermöglicht, ihren Lebensbedarf zumindest weitgehend selbst zu decken. Dabei weist der Senat auch darauf hin, dass gerade aufgrund der Ausbildung der Klägerin als Friseurin wie auch als Fußpflegerin durchaus auch freiberufliche Nebentätigkeiten zumutbar sind.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Klägerin den Senat nicht dahin überzeugen konnte, dass sie alles getan hat, um eine ihr zumutbare, angemessen vergütete vollzeitige Tätigkeit zu erlangen oder eine weitere selbständige Nebentätigkeit aufzunehmen.

II.

Insoweit ist der Klägerin ab Juli 2005 ein (teilweise) fiktives Einkommen zuzurechnen. Der Senat meint, dass auch unter Berücksichtigung der beruflichen Vorbildung der Klägerin es ihr möglich gewesen sein müsste, eine vollschichtige Tätigkeit zu erhalten, bei der sie brutto 1.600,00 € im Monat verdienen kann. Entsprechend der Berechnung des Amtsgerichts auf S. 13 des angefochtenen Urteils (Bl. 307 GA) ergibt dies ein monatliches Nettoeinkommen von 1.086,93 €. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die Brutto/Netto/Berechnung des Amtsgerichtes.

C. Ausgehend von diesen Überlegungen ergeben sich folgende Unterhaltsberechnungen:

I. Juli 2004 bis Dezember 2004

1. Einkommen des Beklagten

Bruttolohn 76.808,52 € (eingetragener Freibetrag: 2.275,00 €)

Einkommenssteuer (Steuerklasse 2, 3 Kinderfreibeträge) 23.165,00 €

Solidaritätszuschlag 842,82 €

Kirchensteuer (9 %) 1.379,16 €

Nettoeinkommen 51.421,54 €

monatliches Nettoeinkommen (51.421,54 € : 2) 4.285,13 €

abzüglich Belastungen 1.985,43 €

abzüglich Betreuungsbonus (Kinder) 100,00 €

zuzüglich Steuerrückerstattung 171,00 €

verbleibendes Einkommen des Beklagten 2.370,70 €

abzüglich Kindesunterhalt (Düsseldorfer Tabelle Einkommensgruppe 7) 2 x 404,00 € 808,00 €

Für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Resteinkommen des Beklagten 1.562,70 €

2. Unterhaltsanspruch der Klägerin

3/7 x 1562,70 € (gerundet) 670,00 €.

Damit liegt der geschuldete Unterhalt unterhalb der ausgeurteilten Beträge. Die Berufung des Beklagten hat damit für diesen Zeitraum teilweise Erfolg. Gezahlt hat der Beklagte in dem genannten Zeitraum ab August 2004 monatlich 455,00 €, sodass für die Zeit Juli bis Dezember 2004 noch zu zahlen sind:

6 x 670,00 € - 5 x 455,00 € = 1.745,00 €.

II.. Januar 2005 bis Juni 2005

1. Einkommen des Beklagten

Bruttolohn 76.808,52 € (eingetragener Freibetrag: 4.272,00 €)

Einkommenssteuer bei Steuerklasse 2 und 3 Kinderfreibeträgen 22.267,00 €

Solidaritätszuschlag 793,43 €

Kirchensteuer (9 %) 1.298,34 €

Nettoeinkommen 52.449,75 €.

Monatsnettoeinkommen (52.449,75 : 12) 4.370,81 €.

abzüglich Belastungen 2.299,90 €

abzüglich Betreuungsbonus 100,00 €

zuzüglich Steuererstattung 171,00 €

verbleibendes Einkommen des Beklagten 2.141,91 €.

Kindesunterhalt (Düsseldorfer Tabelle Einkommensgruppe 6) 2 x 384,00 € 768,00 €.

Für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Resteinkommen des Beklagten 1.373,91 €

2. Unterhaltsanspruch der Klägerin 3/7 x 1.373,91 € (gerundet) 589,00 €.

Damit liegt der geschuldete Unterhalt unter dem ausgeurteilten Betrag von 766,56 €. Die Berufung des Beklagten hat auch hier teilweise Erfolg. Gezahlt hat der Beklagte für diesen Zeitraum 5 x 347,00 € + 455,00 € = 2.190,00 €. Zu zahlen sind noch 6 x 589,00 € - 2.190,00 € = 1.344,00 €.

III. Ab Juli 2005 ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

1. Nettoeinkommen des Beklagten.

Wie oben erwähnt ist die Rate bzw. die Kreditbelastung Pkw in Höhe von 239,00 € weggefallen, sodass sich das Nettoeinkommen des Beklagten von 2.141,96 € um 239,00 € auf 2.380,96 € erhöht.

Damit ist der Beklagte in die 7. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzustufen. Er schuldet N und O Kindesunterhalt von 2 x 414,00 € = 828,00 € für Unterhaltszwecke steht damit zur Verfügung 1.552,96 €.

2. Nettoeinkommen der Klägerin 1.086,93 €

3. Differenzeinkommen der Parteien 466,03 €

IV. Unterhaltsanspruch der Klägerin 3/7 x 466,03 € (gerundet) 200,00 €.

Auch dieser Betrag liegt unter den ausgeurteilten Beträgen. Die Berufung des Beklagten hat auch insoweit Erfolg. Der Beklagte hat ab Juli 2005 mehr als den geschuldeten Unterhalt, nämlich 347,00 € monatlich gezahlt, so dass er in diesem Zeitraum monatlich 147,00 € zuviel gezahlt hat.

D. Wegen der Überzahlung ab Juli 2005 erscheint eine Verrechnung mit den Rückständen für die Zeit von Juli 2004 bis Juni 2005 von insgesamt 3.089,00 € nicht angemessen, zumal der gezahlte Unterhalt verbraucht sein dürfte und die Klägerin aufgrund ihres relativ niedrigen Einkommens dringend auf den Unterhalt angewiesen ist.

E. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288, 286 BGB. Da das Amtsgericht für den laufenden Unterhalt, der nach der letzten mündlichen Verhandlung anfällt, keine Zinsregelung getroffen hat, ein solcher Antrag auch nicht gestellt war und die Klägerin das amtsgerichtliche Urteil auch nicht angegriffen hat, war nur bezüglich der Rückstände bis einschließlich März 2006 eine Zinsentscheidung zu treffen. Die Zinshöhe ergibt sich aus dem Gesetz. Aus Vereinfachungsgründen hat der Senat den mittleren Zinslauf für die Zeit zwischen November 2004 und Juni 2005 genommen. Rückständiger Unterhalt für die Zeit ab Juli 2005 besteht nicht.

F. Nebenentscheidungen:

I. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO und diejenige für die Berufungsinstanz aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist begründet aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

G. Der Streitwert des Berufungsverfahrens errechnet sich wie folgt:

I.

Bis zum 21.03.2006 (Rücknahme der Anschlussberufung).

1. Berufung des Beklagten (vgl. Senatsbeschluss Bl. 353 GA): 7.434,98 €

2. Anschlussberufung der Klägerin

a) Rückstände (Juli bis Oktober 2004) 6.428,00 € - 3.241,60 € = 3.186,40 €.

b) Laufender Unterhalt

aa) 2 x 1.720,00 € = 3.440,00 €

bb) 10 x 1.677,00 € = 16.770,00 €

cc) Laufender Unterhalt insgesamt 20.210,00 €.

c) Gesamtstreitwert der Anschlussberufung 23.396,40 €.

3. Gesamtstreitwert von Berufung und Anschlussberufung 30.831,38 €.

II.

Ab dem 21.03.2006 verbleibt es nach Rücknahme der Anschlussberufung bei dem Berufungsstreitwert zur Berufung des Beklagten.

Ende der Entscheidung

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