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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 25.08.2009
Aktenzeichen: 4 UF 24/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1607 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 12. Dezember 2008 - 45 F 156/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Unterhaltsrente, fällig bis zum 3. Werktag eines Monats, beginnend mit September 2008 bis Dezember 2008 in Höhe von 130,00 € abzüglich freiwillig gezahlter 115,00 € und ab Januar 2009 eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 120,00 €, abzüglich freiwillig gezahlter 83,00 € zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist, soweit sie nach ihrer teilweisen Rücknahme im Verhandlungstermin noch aufrecht erhalten blieb, begründet.

Der Beklagte schuldet der Klägerin ab Aufnahme ihres Studiums im September 2008 Ausbildungsunterhalt.

Da sie seit diesem Zeitpunkt einen eigenen Haushalt unterhält, beträgt ihr Bedarf nach den Kölner Unterhaltsleitlinien monatlich 640,00 €.

Davon sind 356,00 € an Bafög-Leistungen abzusetzen, sowie das volle Kindergeld von zunächst 154,00 € und ab Januar 2009 von 164,00 €. Ihr Bedarf beträgt somit ab September 2008 130,00 €, ab Januar 2009 120,00 € monatlich.

Für diese Beträge ist der Beklagte auch leistungsfähig.

Hinsichtlich der Höhe des ihm zuzurechnenden Einkommens verweist der Senat in vollem Umfang auf seine Feststellungen und Berechnungen im vorangegangenen Verfahren 4 UF 80/08 (=45 F 255/07 AG Bonn) und sein dort ergangenes Urteil zum Trennungs- und Kindesunterhalt vom 23.09.2008, das Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Danach hat sich der Beklagte aus unterhaltsrechtlicher Sicht in vorwerfbarer Weise selbst die Grundlagen für seine selbstständige Tätigkeit entzogen. Dieses leichtfertige Verhalten rechtfertigt es, den Beklagten weiterhin so zu behandeln, als erziele er auch in Zukunft die früher aus selbstständiger Tätigkeit erwirtschafteten Einkünfte von monatlich netto 3.998,00 €.

Der Beklagte hat in diesem Verfahren keinerlei Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen könnten. Insbesondere gibt es keinen Grund, im Verhältnis zu der wegen ihres Studiums unterhaltsberechtigten Tochter andere Maßstäbe anzulegen als gegenüber der getrennt lebenden Ehefrau (vgl. z. B. Wendl/Staudigl/Klinkhammer, "Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis", 7. Auflage, § 2 Rd.Nr. 413 f. m. w. N.).

Vom fiktiven Einkommen des Beklagten von monatlich 3.998,00 € sind vorweg abzuziehen 336,00 € für den Unterhalt für Nicole, die minderjährige Halbschwester der Klägerin, sowie der titulierte Trennungsunterhalt in Höhe von 1.193,00 €, so dass 2.469,00 € als hier zu berücksichtigendes unterhaltspflichtiges Einkommen des Beklagten verbleiben.

Der Unterhalt für Max, den volljährigen Bruder der Klägerin ist nicht vorweg abzusetzen, weil die Klägerin und Max gleichrangig sind.

Nach Abzug des angemessenen Selbstbehalts von 1.100,00 €, der gegenüber volljährigen Kindern zu berücksichtigen ist, verbleiben dem Beklagten 1.369,00 €, so dass der Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Bedarf von zunächst 130,00 €, ab Januar 120,00 €, ebenso decken kann wie den Unterhalt für Max in ähnlicher Höhe.

Eine rechnerische Beteiligung der Mutter der Klägerin am Unterhalt für die Klägerin kommt in diesem Verfahren nicht in Betracht.

Zwar haben sich mit Volljährigkeit eines Kindes grundsätzlich beide Eltern im Verhältnis ihrer jeweiligen Einkommen anteilig am Unterhalt des volljährigen Kindes zu beteiligen.

Die Mutter der Klägerin ist aber nicht leistungsfähig. Aus ihrer halbschichtigen Tätigkeit erzielt sie nämlich nur ein Einkommen von monatlich 950,00 € netto, das somit unterhalb des angemessenen, gegenüber volljährigen Kindern zu verbleibenden Selbstbehalts von 1.100,00 € monatlich liegt.

Der Mutter der Klägerin kann auch nicht in diesem Verfahren nur zur Berechnung des - dann anteiligen - vom Beklagten aufzubringenden Unterhalts für die Klägerin ein fiktives Einkommen aus einer vollschichten Erwerbstätigkeit zugerechnet werden.

Es ist zwar richtig, dass grundsätzlich auch die Mutter der Klägerin unterhaltsrechtlich dieser gegenüber verpflichtet ist, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit auszuüben. Eine etwaige Verletzung dieser Erwerbsobliegenheit hätte jedoch allein die Mutter der Klägerin zu vertreten, nicht die Klägerin selbst.

Deshalb kann sie dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 Satz 1 BGB folgend allein den Beklagten in Anspruch nehmen. Nach der genannten Vorschrift kann nämlich ein Unterhaltsberechtigter sogar einen nachrangig Haftenden in Anspruch nehmen, wenn die Rechtsverfolgung gegenüber dem vorrangig haftenden ausgeschlossen oder erschwert ist. Dem Beklagten hingegen bleibt es unbenommen, zu versuchen, gegen die Mutter der Klägerin Regress zu nehmen (vgl. Wendl/Standigl a.a.O. § 2 RdNr. 4 a.O; Palandt/Diederichs, BGB, 68. Auflage § 1607 RdNr. 11; OLG Hamm, FamRZ 2006, 1479; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 396, § 1607 Abs. 2 Satz 2 BGB analog). Deshalb bedarf es hier auch keiner Erörterung, ob die Mutter der Klägerin im Verhältnis zur Klägerin tatsächlich ihrer frühestens ab September 2008 entstandenen Erwerbsobliegenheit nicht genügt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungswert: 1.565,00 € eingangs (bereits festgesetzt) 356,00 € ab der Berufungsrücknahme im Termin vom 14.07.2009 (4 x 130,00 € - 115,00 € + 8 x 120,00 € - 83,00 €)

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