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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.03.2002
Aktenzeichen: 4 UF 9/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 1361
BGB § 1579 Nr. 7
BGB § 1579 Nr. 1
BGB § 1361 Abs. 3
ZPO § 114
ZPO § 707
ZPO § 719 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 UF 9/02

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers, die Richterin am Oberlandesgericht Bourmer und den Richter am Oberlandesgericht Blank

am 18. März 2002

beschlossen:

Tenor:

1.) Der Antrag des Beklagten, ihm zur Durchführung der Berufung Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt M. beizuordnen, wird zurückgewiesen.

2.) Der Antrag des Beklagten, die Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil und der einstweiligen Anordnung vom 20.09.2001 ohne Sicherheit, hilfsweise gegen Sicherheitsleistungen, die auch durch Bankbürgschaft gestellt werden kann, einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten war zurückzuweisen, weil der beabsichtigten Berufung die gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht fehlt.

Der Beklagte wehrt sich zu Unrecht dagegen, in dem angefochtenen Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Brühl vom 19. Dezember 2001 - 32 F 320/01 - zur Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt in Höhe von 1.000,00 DM an die Klägerin verurteilt worden zu sein. Der Trennungsunterhaltsanspruch aus § 1361 BGB ist nicht gemäß § 1579 Nr. 1 bzw. Nr. 7 BGB verwirkt.

Der Beklagte ist leistungsfähig. Er bezieht Renten von insgesamt 2.185,00 DM. Da er mietfrei im eigenen lastenfreien Haus wohnt, sind Abzüge von seiner Rente nicht gerechtfertigt. Da dem Beklagten als Rentner kein Erwerbstätigenbonus zugute kommt, steht der Klägerin als Trennungsunterhalt die Hälfte des Nettoeinkommens zu, so dass sie jedenfalls die ausgeurteilten Unterhaltszahlungen von 1.000,00 DM monatlich beanspruchen kann. Auch im Hinblick auf die Schwerbehinderung des Beklagten können keine weiteren Abzüge von seinem Einkommen gemacht werden. Besondere Aufwendungen hatte er auch in der Vergangenheit - insbesondere vor seiner Heirat mit der Klägerin - nicht dargelegt.

Die Beklagte ist auch bedürftig. Als Rentnerin kann sie nicht darauf verwiesen werden, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie verfügt derzeit über kein eigenes Einkommen. Allerdings wohnt sie ebenfalls mietfrei im eigenen Haus. Im Hinblick auf die beiderseitigen beschränkten Lebensverhältnisse und die Tatsache, dass die Beklagte durch die Wiederverheiratung ihre Witwenrente verloren hat, erscheint es angemessen, das mietfreie Wohnen beider Parteien gleichermaßen zu bewerten, so dass insgesamt keine Kürzung des Bedarfs bei der Klägerin vorzunehmen ist.

Die Klägerin hat ihren Trennungsunterhaltsanspruch auch nicht verwirkt. Zum einen kann der Klägerin im Rahmen des § 1579 Nr. 1 BGB die kurze Ehezeit nicht als Verwirkungsgrund entgegengehalten werden. § 1579 Nr. 1 BGB ist, wie sich aus § 1361 Abs. 3 BGB ergibt, auf Trennungsunterhaltsansprüche nicht anwendbar. Insoweit scheidet auch eine Umgehung dieses Verwirkungsausschlusses über § 1579 Nr. 7 BGB aus.

Auch aus anderen Gründen, die ebenso schwerwiegend wie die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe sind, ist der Trennungsunterhaltsanspruch der Klägerin nicht gemäß § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt. Insbesondere reicht es nicht aus, dass die Klägerin beim Beklagten ausgezogen ist. Grundsätzlich steht der Klägerin das Recht frei, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben. Vorliegend erscheint der Auszug auch nicht völlig grundlos. Dem Auszug ist ein Streit zwischen den Parteien vorangegangen, bei dem der Beklagte der Klägerin vorgehalten hat, sie könne ja ausziehen.

Ein böswilliges Verlassen im Sinne des "Im-Stich-lassens" liegt nicht vor. Auch nach dem Vortrag des Beklagten hatte sich die Klägerin anfangs durchaus bemüht, ihn zu versorgen. Soweit der Beklagte sich auf eine Äußerung der Klägerin gegenüber seinem Sohn im Februar 2001 beruft, wonach die Klägerin diesem gegenüber geäußert haben soll, sie würde keinesfalls beim Beklagten bleiben, der Beklagte komme dann ans Zahlen, steht diese Äußerung völlig isoliert; nicht erkennbar ist der Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen sein soll. Dabei fällt auf, dass diese Äußerung für den Sohn des Beklagten keinen Anlass gab, diesen hiervon zu unterrichten. Schon von daher muss an der Ernsthaftigkeit dieser Äußerung im Sinne eines lange gehegten Plans, der nicht in die Tat umgesetzt wurde, gezweifelt werden. Zweifelhaft ist die Ernsthaftigkeit gerade deshalb, weil die Äußerung keine unmittelbaren Folgen hatte. Die Klägerin blieb noch bis zum Sommer 2001 - der Auszug erfolgte aufgrund der vorgenannten Streitigkeit im August 2001 - beim Beklagten. Auch wenn der Beklagte der Klägerin vorwirft, die Versorgung ihm gegenüber durch diese sei immer schlechter geworden, fehlt diesem Vortrag jegliche Substanz.

Bei dieser Sachlage kann zur Überzeugung des Senates nur davon ausgegangen werden, dass sich die Parteien in kurzer Zeit auseinander gelebt haben, dass der Beklagte möglicherweise andere Vorstellungen von der Versorgungsleistung der Klägerin ihm gegenüber hatte. Andererseits ergibt der vom Beklagten selbst vorgetragene Sachverhalt gerade kein böswilliges Verlassen der Klägerin ihm gegenüber. Der bloße Auszug reicht dagegen für eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 7 BGB nicht aus.

Im Rahmen der Geltendmachung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt kann der Klägerin jedenfalls nicht vorgeworfen werden, dass sie sich angeblich mittlerweile die Witwenrente hat auszahlen lassen. Grundsätzlich ist zunächst der Beklagte darauf zu verweisen, dass die wiederauflebende Witwenrente nachrangig auf Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau anzurechnen ist. Eine Anrechnung kommt allenfalls über § 242 BGB in Betracht. Ob dies für einen eventuell geltend gemachten nachehelichen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten gilt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Jedenfalls kann im Rahmen der Geltendmachung des Trennungsunterhaltanspruches der Klägerin die Auszahlung der Witwenrente nicht entgegengehalten werden. Solange die Klägerin nicht rechtskräftig geschieden ist, hat sie nämlich keinen Anspruch auf Witwenrente. Vielmehr ist sie auf die Unterhaltszahlungen ihres Ehemannes angewiesen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der beabsichtigten Berufung des Beklagten keine Erfolgsaussicht zukommen kann mit der Folge, dass die beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zu verweigern war.

II.

Aus dem gleichen Grunde ist auch der Antrag des Beklagten auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß §§ 719 Abs. 1 Satz 1, 707 ZPO zurückzuweisen. Im Rahmen der Prüfung, ob die Zwangsvollstreckung aus dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vorläufig einzustellen ist, ist nämlich zunächst neben der Zulässigkeit des Rechtsmittels auch dessen Erfolgsaussicht zu prüfen. Wie oben dargelegt kann aber die Erfolgsaussicht der Berufung nicht bejaht werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die obigen Ausführungen zu I. des vorliegenden Beschlusses.

Ende der Entscheidung

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