Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: 4 UF 90/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1684 Abs. 1
BGB § 1684 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 UF 90/03

In der Familiensache

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richter am Oberlandesgericht Schlemm und Blank

am 14. Dezember 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 27.02.2003 - 42 F 157/02 - teilweise abgeändert.

Dem Antragsteller wird alle 14 Tage ein begleitetes Umgangsrecht mit seinem Sohn A, geb. am 28.02.1996, und zwar zunächst längstens von 10 Uhr bis 18 Uhr am Tage in Abwesenheit der Antragsgegnerin eingeräumt.

Das für A zuständige Jugendamt des Rhein-Sieg-Kreises, Jugendhilfezentrum für N und X, vermittelt die nähere Ausgestaltung des betreuten Umgangs in zeitlicher und örtlicher Hinsicht durch eine geeignete Einrichtung (z. B. den Kinderschutzbund) oder eine geeignete Person, soweit sich die Kindeseltern nicht auf eine Begleitperson einigen können.

Der Antragsteller ist verpflichtet, das Jugendamt des Rhein-Sieg-Kreises, Jugendhilfezentrum für N und X, und die Kindesmutter mindestens zwei Wochen im voraus darüber zu informieren, wann er sein Umgangsrecht erstmalig ausüben möchte.

Danach findet die Ausübung des Umgangsrechtes in regelmäßigen 14-tägigen Abständen zu den zuvor genannten Zeitpunkten statt.

Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, dem Antragsteller - ggfls. unter Einschaltung des Jugendamtes oder der betreuenden Einrichtung bzw. Person - den Sohn A zu den festgelegten Terminen zum begleiteten Umgang herauszugeben.

Die Antragsgegnerin ist darüber hinaus verpflichtet, telefonische Kontakte zwischen A und dem Antragsteller zu ermöglichen, indem sie Telefonanrufe des Antragstellers an A weiterleitet.

Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren findet nicht statt.

Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind seit Dezember 2001 geschieden. Seit September 2000 lebten sie getrennt. Aus ihrer Ehe ist der am 28.02.1996, heute fast neun Jahre alte Sohn A hervorgegangen. Die elterliche Sorge steht der Verfahrensbeteiligten zu 2. zu.

Laut Jugendamtbericht vom 25.03.2002 (vgl. Bl. 20, 21 der beigezogenen Beiakte 42 F 24/02 AG Bonn, im Folgenden BA bezeichnet) praktizierten die Verfahrensbeteiligten zu 1. und 2. bis Mitte Januar 2002 eine Umgangsregelung, die 14-tägige Besuche von A bei seinem Vater, jeweils samstags zwischen 10 Uhr und 16 Uhr, vorsah. Nach einer Auseinandersetzung der Eltern verbot die Verfahrensbeteiligte zu 2. den Umgang des Antragstellers mit A. In der Folgezeit war sie lediglich bereit, dem Antragsteller ein begleitetes Umgangsrecht einzuräumen.

In dem im Dezember 2001 eingeleiteten Sorgerechtsverfahren (42 F 24/02 BA) einigten sich die Verfahrensbeteiligten zu 1. und 2. vor dem Amtsgericht Bonn dahin, dass Kontakte zwischen Vater und Sohn zunächst als begleitete Umgangskontakte stattfinden sollten. Sie sollten im Rahmen des Kinderschutzbundes stattfinden, es sei denn, dass es sich ergebe, dass es noch andere Möglichkeiten für die begleiteten Umgangskontakte im Rhein-Sieg-Kreis gebe. Bezüglich der näheren Ausgestaltung dieses Umgangsrechtes wird auf den Inhalt des "Vergleichs" vom 7. Mai 2002 verwiesen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 7. Mai 2002, Bl. 39 BA).

Mit Schriftsatz vom 30.08.2002 (Bl. 12 f. GA) teilte der Antragsteller mit, er habe nach dem am 07.05.2002 geschlossenen Vergleich das Kind regelmäßig in den Räumen des Kinderschutzbundes im Beisein von Frau Q vom Kinderschutzbund C gesehen, und zwar entsprechend dem Vergleich 14-tägig. Zunächst hätten die Besuchskontakte 1 1/2 Stunden gedauert. Dann seien sie auf Wunsch des Kindes und des Antragstellers ausgedehnt worden. Im Anschluss an diese Darstellung äußerte der Verfahrensbeteiligte zu 1. den Wunsch, in Zukunft mit dem Kind auch nach draußen gehen zu können, was auch dem Wunsche des Kindes entspreche. Auch solle der Umgang auf eine Zeit von über zwei Stunden ausgedehnt werden.

Nachdem der Verfahrensbeteiligte zu 1. nur noch einen unbegleiteten Umgang ausüben wollte, die Verfahrensbeteiligte zu 2. dies aber ablehnte, fanden bis auf Treffen im November 2002 und Ostern 2003 keine Kontakte mehr zwischen Vater und Sohn statt. Der Verfahrensbeteiligte zu 1. meint, es lägen keine Gründe vor, die es rechtfertigen würden, ihm nur ein begleitetes Umgangsrecht einzuräumen. Von daher greift er die familiengerichtliche Entscheidung an, wonach, da er kategorisch ein begleitetes Umgangsrecht abgelehnt hat, der Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechtes insgesamt abgewiesen worden ist.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren verfolgt der Antragsteller in erster Linie seinen Antrag dahingehend weiter, ihm ein Umgangsrecht mit seinem Sohn A 14-tägig von Freitagabend bis Sonntagabend einzuräumen und ihm ein Umgangsrecht mit seinem Sohn A in den Sommerferien des Landes Nordrhein-Westfalen von drei Wochen einzuräumen. Nachdem der Senat das Kind A am 5. März 2004 angehört hat und in der Sache am 19. März 2004 unter Mitteilung des Ergebnisses der Anhörung mit den Verfahrensbeteiligten zur Sache verhandelt hat, hat der Antragsteller sich dahin geäußert, dass er - insbesondere auch unter Berücksichtigung des Kindeswunsches und der aufgrund des lange Zeit nicht ausgeübten Umgangsrechtes eingetretenen Entfremdung zwischen ihm und seinem Sohn hilfsweise auch für eine Übergangszeit bereit sei, ein begleitetes Umgangsrecht zu akzeptieren.

Grundsätzlich vertritt er weiterhin die Auffassung, dass keine Gründe vorliegen, seinem Hauptanliegen nicht zu entsprechen. Insbesondere bestünde nicht die Gefahr, dass er seinen Sohn nach Marokko entführen würde. Hierzu trägt er vor, dass er hierzu allein schon deswegen nicht die Gelegenheit habe, weil er über keinen Kinderpass für A verfüge. Sein marokkanischer Pass sei im Übrigen abgelaufen. Ein neuer Pass sei nicht auf ihn ausgestellt. Im Übrigen verfüge er in Deutschland über solche sozialen Bindungen, dass er langfristig in Deutschland bleiben wolle. Er sei deutscher Staatsbürger. Zudem habe er geheiratet. Seine marokkanische Ehefrau lebe mit ihm zusammen. Den Familienunterhalt bestritten er und seine Ehefrau von seinem Einkommen aus einer festen Anstellung in der Gastronomie, die er seit Mitte 2004 innehabe.

Die Verfahrensbeteiligte zu 2. ist dem Beschwerdebegehren des Antragstellers zum Hauptantrag entgegengetreten. Sie meint, dem Verfahrensbeteiligten zu 1. könne allenfalls ein begleitetes Umgangsrecht eingeräumt werden. Es bestehe nämlich, so behauptet sie, die konkrete Gefahr, dass dieser ein nicht begleitetes Umgangsrecht dazu ausnutzen würde, um den gemeinsamen Sohn A nach Marokko zu verbringen. Darüber hinaus bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verfahrensbeteiligte zu 1. in Stresssituationen seinen Sohn körperlich züchtigen könnte.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des marokkanischen und deutschen Reisepasses des Antragstellers. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Vermerk zur Kindesanhörung vom 5. März 2004 (Bl. 100-102 GA), die Sitzungsniederschrift vom 19. März 2004 (Bl. 103-110 GA) sowie den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst in Bezug genommener Urkunden - insbesondere der Kopie des deutschen Reisepasses sowie der deutschen Übersetzung des marokkanischen Reisepasses (Bl. 151 bis 154 GA) - verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO statthafte, insbesondere in der richtigen Form und Frist eingelegte befristete Beschwerde des Verfahrensbeteiligten zu 1. hat auch in der Sache teilweise Erfolg, nämlich soweit ihm durch die familiengerichtliche Entscheidung nicht ein 14-tägiges begleitetes Umgangsrecht in der Zeit von 10 Uhr bis 18 Uhr eingeräumt worden ist. Der weitergehende Umgangsrechtsantrag des Verfahrensbeteiligten zu 1. ist dagegen unbegründet.

Nach § 1684 Abs. 1 BGB ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Nach Abs. 4 Satz 1 dieser Bestimmung kann das Familiengericht unter anderem das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Das Umgangsrecht des Umgangsberechtigten mit seinem leiblichen Kind kann aber nur dann vollständig ausgeschlossen werden, wenn dies als äußerste Maßnahme zur Abwendung einer konkreten Gefährdung der körperlichen und geistig-seelischen Entwicklung des Kindes unabwendbar ist und keine anderen Mittel zum Schutze des Kindes verfügbar sind (vgl. u. a. OLG Köln FamRZ 1997, 1097).

Eine solche konkrete Gefährdung kann allerdings nicht festgestellt werden.

Soweit die Verfahrensbeteiligte zu 2. die Behauptung aufstellt, der Vater könne das Kind nach Marokko entführen, reicht dies alleine nicht aus, um einen vollständigen Ausschluss des Umgangsrechtes zu rechtfertigen. Die Antragsgegnerin (Verfahrensbeteiligte zu 2.) trägt zunächst wenig Konkretes dazu vor, was die dringende Gefahr anbelangt, der Vater werde das Umgangsrecht dazu missbrauchen, seinen Sohn dem sorgeberechtigten Elternteil, der Antragsgegnerin, zu entziehen. Bereits mit Hinweis des Senates vom 22.10.2003 (Bl. 55 bis 56 R GA) ist der Verfahrensbeteiligten zu 2. mitgeteilt worden, dass sich nach der Aktenlage wenig Konkretes dafür ergebe, dass der Antragsteller ein nichtbegleitetes Umgangsrecht dazu missbrauchen werde, seinen Sohn A nach Marokko zu entführen. Auch die Beiziehung der Sorgerechtsakten haben konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller beabsichtigt, sein Kind auf Dauer nach Marokko zu verbringen, nicht ergeben. Allerdings hat der Gang des weiteren Verfahrens den Senat nicht vollständig zu der Überzeugung gelangen lassen, dass eine solche Entführungsgefahr vollständig ausgeschlossen ist. Auch wenn der Antragsteller deutscher Staatsbürger ist und seine Stellung in Deutschland sozial verfestigt erscheint, ist nicht zu übersehen, dass der Antragsteller auch in Marokko noch über starke familiäre Bindungen verfügt und nicht auszuschließen ist, dass gerade die besondere Stellung eines Sohnes im arabischen Kulturkreis und hier insbesondere in der arabischen Familie ein gewisses Risiko eröffnet, den Sohn endgültig an die Familie zu binden. Auch die Tatsache, dass der Kindesvater mittlerweile in Deutschland verheiratet ist, lässt zum derzeitigen Zeitpunkt die Entführungsgefahr nicht vollständig zurücktreten. Schließlich ist die Ehefrau des Antragstellers marokkanische Staatsangehörige. Auch wenn sie gewillt ist, sich in Deutschland zu integrieren, wie ihr Bemühen, die deutsche Sprache zu lernen, zeigt, verbleibt es auch insoweit bei einer starken familiären Verhaftung der Ehefrau des Antragstellers wie seiner selbst im marokkanischen Kulturkreis.

Der Senat verkennt nicht, dass der Verfahrensbeteiligte zu 1. bis Anfang 2002 ein nicht begleitetes Umgangsrecht ausgeübt hat, ohne dass es hierbei zu schwerwiegenden Beanstandungen gekommen ist. Erst aufgrund von Streitigkeiten der Verfahrensbeteiligten zu 1. und 2. wohl im Zusammenhang mit dem mittlerweile eingeleiteten Sorgerechtsverfahren kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien über die Ausübung des bis dahin nicht streitigen Umgangsrechtes. Dieses bis dahin weitgehend problemlose Verhalten des Antragstellers gegenüber seinem Sohn A spricht sicher gegen eine Entführungsgefahr. Gleichwohl kann der Senat auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes ein gewisses Restrisiko nicht verneinen.

Dieses Restrisiko sieht der Senat auch deswegen begründet, weil die Äußerungen des Antragstellers im laufenden Verfahren zumindest ungenaue Angaben über die in seinem Besitz befindlichen Pässe und deren Gültigkeit gemacht hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf seinen marokkanischen Reisepass, der erst Ende März 2004 abgelaufen ist. Der Antragsteller hatte aber bereits zuvor behauptet, dass er über keinen gültigen marokkanischen Reisepass mehr verfüge. Dies ist so nicht richtig gewesen und mag das Misstrauen der Antragsgegnerin schüren.

Auch die Berichte des Jugendamtes vom 25.03.2002 (Bl. 20 ff. BA) und vom 07.11.2002 (Bl. 54 ff. BA), die stets auf die Befürchtungen der Kindesmutter bezüglich einer Kindesentführung hingewiesen haben, stets aber auch betont haben, dass die konkrete Berechtigung solcher Befürchtungen nicht verifizierbar sei, rechtfertigt zum Gefährdungsrisiko nach Auffassung des Senates keine andere Beurteilung, da sie die oben aufgeführten Verdachtsmomente nicht völlig ausschließen können.

Unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände erscheint nach Auffassung des Senates die Ausgestaltung des Umgangsrechtes unter Beachtung der Voraussetzungen des § 1684 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB dahin geboten, dass zur Zeit dem Antragsteller nur ein begleitetes Umgangsrecht im tenorierten Umfang einzuräumen ist. Entsprechend diesen Grundsätzen hat sich die konkrete Ausgestaltung des Umgangsrechtes am Kindeswohl zu orientieren. Entgegen der Auffassung des Verfahrensbeteiligten zu 1. entspricht es derzeit nicht dem Kindeswohl am besten, wenn die Ausübung des ihm zustehenden Umgangsrechtes derzeit unbeschränkt im beantragten Umfang gewährt wird.

Bei seiner am Kindeswohl orientierten Entscheidung hat der Senat neben den oben aufgezeigten Gründen, die bereits für die Einräumung eines lediglich begleiteten Umgangsrechtes sprechen, auch den geäußerten Kindeswillen entscheidend mit zu berücksichtigen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Wille des Kindes im Rahmen seines wohlverstandenen Interesses und das Interesse des um die Regelung nachsuchenden Elternteils gegeneinander abzuwägen sind. Die Gründe für die Einstellung des Kindes sind zu ermitteln und in die gerichtliche Entscheidung einzubeziehen. Bei der Entscheidung über die Ausgestaltung des Umgangsrechtes eines Elternteils ist bedeutsam, ob die Einstellung des Kindes auf subjektiv beachtlichen oder verständlichen Beweggründen beruht. Soll daher ein der Ausübung des Umgangsrechtes entgegenstehender Kindeswille Beachtung finden, muss daher in jedem Einzelfall zunächst geprüft werden, ob die Entwicklung seiner Persönlichkeit bereits soweit fortgeschritten ist, dass eine dem Willen des Kindes zuwider laufende Ausübung des Umgangsrechts eine - konkrete und gegenwärtige - Gefährdung seiner Entwicklung bedeuten könnte. Danach sind die Gründe zu prüfen, die das Kind zu seiner Haltung veranlassen. Diese Gründe müssen aus der Sicht des Kindes berechtigt sein (vgl. hierzu u.a. Senatsbeschluss vom 20. Mai 2003 - 4 UF 138/02 OLG Köln = 21 F 129/99 Amtsgericht Aachen m.w.N.).

Nach Auffassung des Senates kann nach Anhörung des Kindes A davon ausgegangen werden, dass dieser bereits in der Lage ist, seinen Willen klar zu äußern und auch zu begründen. Das Kind hat in seiner Anhörung am 05.03.2004 geäußert, dass er gerne wieder zu seinem Vater Kontakt haben möchte. Er konnte sich auch noch an die früheren Kontakte mit ihm erinnern; äußerte dann aber, dass er lieber noch einen anderen mit dabei haben wolle, wenn er mit seinem Vater zusammen sei. Dies hat er unter anderem damit begründet, dass frühere alleinige Kontakte nicht sehr abwechslungsreich verlaufen seien. Vielmehr habe der Vater ihn vor den Fernseher gesetzt und sei dann selbst eingeschlafen. Der Sohn A äußerte dann bei seiner Anhörung zwar ein gewisses Verständnis dafür, dass sein Vater mit ihm allein sein wolle. Auf ein Ausprobieren eines alleinigen Umgangsrechtes wollte er sich dann aber nicht einlassen. Zur Begründung führte er an, dass dies die Mutter nicht wolle, er aber auch nicht, wie er schnell anfügte. Im Folgenden berichtete A dann auf Befragen auch, dass sein Vater mehrmals gesagt habe, er wolle mit ihm nach Marokko fahren, dieser wolle, dass seine Mutter ihn nicht sehe. Der Vater habe auch geäußert, Marokko sei sehr schön. Im Anschluss hieran berichtete A über Tätlichkeiten des Vaters gegenüber seiner Mutter und äußerte schließlich den Wunsch, dass er aufgrund der gesamten Umstände lieber mit einer weiteren Person, am besten mit einem Freund, den Vater besuchen wolle.

Aufgrund der Anhörung konnte der Senat sich die Überzeugung verschaffen, dass A durchaus Kontakt zu seinem Vater haben will, dass andererseits aufgrund der eingetretenen Umstände, so auch die lange Unterbrechung der Kontakte zwischen ihm und dem Vater, der ernsthafte Wille besteht, zunächst keine unbegleiteten Kontakte mit diesem zu haben. Dieser Wille ist durchaus ernst zu nehmen. Zwar mag er unter anderem darin begründet sein, dass - wie der Senat sich bei der Anhörung der Beteiligten im Termin am 19. März 2004 selbst überzeugen konnte - die Antragsgegnerin ihre Ablehnung eines unbegleiteten Umgangs gegenüber A geäußert hat. Dies schließt aber nicht aus, dass A selbst gewisse Ängste und Vorbehalte gegenüber dem Vater hegt. Diese sind auch darin begründet, dass er ihn gewalttätig gegenüber seiner Mutter erlebt hat.

Die Beurteilung der derzeitigen Situation durch A ist aus seiner Sicht nicht unvernünftig. Vielmehr sprechen durchaus beachtenswerte Überlegungen jedenfalls zum derzeitigen Stand der Dinge für A Entscheidung. Aufgrund der doch längere Zeit ausgebliebenen Kontakte zwischen ihm und seinem Vater ist es ohne Zweifel zu einer Entfremdung zwischen diesen beiden gekommen. Die persönlichen Bindungen haben sich entscheidend gelockert.

Das gegen den Kindeswillen zu setzende Recht des Kindesvaters auf unbegleiteten Umgang hat daher gegenüber dem wohlverstandenen Interesse des Kindes hintan zu stehen. Bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen erscheint es unter Beachtung der verfassungsmäßig geschützten Rechte aller Beteiligten durchaus angemessen, wenn zunächst die vom Senat getroffene Umgangsrechtsregelung praktiziert wird. Die zeitweilige Einschränkung der Rechte des Verfahrensbeteiligten zu 1.) erscheint zumutbar und damit hinnehmbar. Wichtig ist, dass die durch die länger ausgebliebenen Umgangskontakte zwischen A und dem Verfahrensbeteiligten zu 1.) aufgetretene Entfremdung zwischen ihnen allmählich abgebaut werden kann und sich zwischen Sohn und Kindesvater im Laufe der Zeit ein neues inniges Vertrauensverhältnis entwickelt. A wird dabei die Möglichkeit haben, auch zur neuen Ehefrau des Antragstellers eine Beziehung aufzubauen.

Darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob sich die sozialen Bindungen des Antragstellers in Deutschland weiter verfestigen. Dadurch können im Laufe der Zeit auch die Ängste der Kindesmutter abgebaut werden, zumal der Antragsteller in der Vergangenheit jedenfalls nach außen hin nie in Zweifel gezogen hat, dass A grundsätzlich bei der Mutter leben und von dieser betreut werden soll. So hat er den Sorgerechtsbeschluss des Amtsgerichts vom 22.11.2002 auch hingenommen.

Weitere Umstände, die einen vollständigen Ausschluss des Umgangsrechtes rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Verfahrensbeteiligte zu 2.) in ihren Schriftsätzen auch die Möglichkeit angedeutet hat, der Verfahrensbeteiligte zu 1.) könne in Stresssituationen den gemeinsamen Sohn körperlich misshandeln, ergeben sich konkrete Hinweise auf eine solche Gefahr nicht. So sprechen die Berichte des Jugendamtes eindeutig davon, dass der Antragsteller bei Ausübung des Umgangsrechts sich liebevoll und einfühlsam um seinen Sohn A gekümmert hat.

Auch die Verfahrensbeteiligte zu 2.) wird in Zukunft darauf hinzuwirken haben, dass möglichst bald dem Verfahrensbeteiligten zu 1.) ein unbegleitetes Umgangsrecht eingeräumt werden kann, soweit er die oben gezeigten Gefahrrisiken ausschließen kann. Mit Hilfe der Kindesmutter sind aufgrund der Entfremdungsdefekte bestehende Übergangsschwierigkeiten auszuräumen. Die Kindesmutter wird zu bedenken haben, dass für eine positive Entwicklung von A auch ein unbelasteter Umgang mit seinem Vater unbedingt erforderlich ist. Sie wird die wohl immer noch bestehenden persönlichen Aversionen gegen ihren geschiedenen Mann zurückstellen müssen und A behutsam auf einen auch unbegleiteten Umgang mit seinem Vater vorzubereiten haben. Gerade in dieser für sie schwierigen Situation wird sie ihre Erziehungsfähigkeit und Bereitschaft unter Beweis stellen können. Zum Wohle ihres Kindes wird sie ihre eigenen Interessen hinter dem wohl verstandenen Interesse ihres Kindes zurück zu stellen haben. Hier ist die Einsichtsfähigkeit beider Elternteile gefordert, ihren Sohn in der gegebenen schwierigen Situation nicht zu überfordern.

Da zur Überzeugung des Senates lediglich ein begleitetes Umgangsrecht in dem eingeräumten Umfang zur Zeit gerechtfertigt ist, wäre es auch verfrüht, bereits jetzt ein Umgangsrecht in dem vom Verfahrensbeteiligten zu 1.) gewünschten Umfang in Bezug auf gemeinsame Ferienaufenthalte zuzubilligen. Hier wäre A aufgrund der bestehenden Entfremdung zwischen Vater und Sohn überfordert. Sollte sich in der Zukunft die Ausübung des begleiteten Umgangsrechtes problemlos darstellen, wozu auch gehört, dass der Verfahrensbeteiligte zu 1.) sich zuverlässig an Absprachen hält, müsste eine Ausdehnung des Umgangsrechtes auch ohne die erneute Einschaltung der Gerichte möglich sein.

Die Kostenentscheidung für beide Instanzen folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 3.000,00 Euro.

Ende der Entscheidung

Zurück