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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.12.2005
Aktenzeichen: 4 W 10/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 887
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 W 10/05

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Richtter am Oberlandesgericht Blan als Einzelrichter

am 30. Dezember 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den seinen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Bonn vom 29. November 2005 - 18 U 72/05 - wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 793 ZPO zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Gläubigers hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner abgelehnt.

Allerdings konnte das Landgericht seinen Beschluss nicht darauf stützen, dass dem Schuldner die Erfüllung der von ihm gemäß Ziffer 3. des gerichtlichen Vergleichs vom 27. Mai 2005 - 18 0 72/05 Landgericht Bonn - geschuldete Verpflichtung derzeit nicht möglich sei. So scheitert die Festsetzung eines Zwangsgeldes bereits daran, dass es vorliegend nicht um die Vollstreckung einer nicht vertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO, sondern um die einer vertretbaren Handlung gemäß § 887 ZPO geht.

Gemäß Ziffer 3. des vorgenannten gerichtlichen Vergleichs hat sich der Schuldner verpflichtet, auf der Brüstung seiner Dachterrasse, die parallel zum Balkon des Klägers im zweiten Obergeschoss verläuft, ein Rankgitter von 1 m Höhe aufzusetzen und dieses mit einer immergrünen Kletterpflanze zu begrünen. Weiter heißt es in Ziffer 3 des Vergleiches: "Das Rankgitter soll in der gesamten Länge des Balkons des Klägers errichtet werden. Dieses Rankgitter und die für den Sichtschutz nötigen Rankpflanzen immergrüner Art müssen bis zum 31.08.2005 errichtet bzw. eingepflanzt sein."

Es kann nach Auffassung des Senates - worauf dieser den Gläubiger auch mit Verfügung vom 21.12.2005 hingewiesen hat - keinem Zweifel unterliegen, dass es sich bei der vom Schuldner übernommenen Verpflichtung um eine vertretbare Handlung handelt. Vertretbare Handlungen sind solche, die von einem Dritten anstelle des Schuldners selbständig ohne dessen Mitwirkung vorgenommen werden können. Es muss vom Standpunkt des Gläubigers aus wirtschaftlich gleichgültig sein, durch wen die Handlung vorgenommen wird, und vom Standpunkt des Schuldners aus muss es rechtlich zulässig sein, dass ein anderer als er selbst die Handlung vornimmt (vgl. Zöller-Stöber, 25. Aufl., 2005, § 887 Rdnr. 2 m. w. N.). Vorliegend geht es um die Anbringung eines Sichtschutzes, der von jeder dritten Person errichtet werden kann, ohne dass die Mitwirkung des Schuldners erforderlich wäre. Es ist zudem eine Handlung betroffen, die weder in einer Geldzahlung noch in der Herausgabe oder Leistung von Sachen oder Abgabe einer Willenserklärung besteht. Soweit der Gläubiger in seinem Schriftsatz vom 22.12.2005 (Bl. 137 GA) vorbringt, dass es sich schon wegen der Art der Bepflanzung, deren Auswahl dem Schuldner überlassen sei, nicht um die Vornahme einer vertretbaren Handlung handeln könne, kann dem nicht gefolgt werden. Ziffer 3 des gerichtlichen Vergleiches ist so genau bestimmt, dass es gerade nicht dem Schuldner überlassen bleibt, jeden beliebigen Sichtschutz zu errichten. Aber selbst wenn lediglich vergleichsweise geregelt worden wäre, dass der Schuldner geeignete Maßnahmen zum Sichtschutz durch eine entsprechende Bepflanzung vorzunehmen habe, würde dies nicht die geschuldete Handlung zu einer unvertretbaren machen. Entscheidend ist, dass der Gläubiger entsprechend dem Inhalt des Vergleiches die geeigneten Maßnahmen im Rahmen der Vollstreckung durch Ersatzvornahme nach § 887 ZPO selbst treffen kann. Je bestimmter der Vergleich ist, desto pauschaler kann die Bezugnahme in der Anordnung der Ersatzvornahmebefugnis sein. Ist der Titel nur bestimmbar, muss in der Ersatzvornahmebefugnis der genaue Umfang der Ersatzvornahme entsprechend einem ordnungsgemäßen Antrag des Gläubigers festgelegt werden (vgl. hierzu OLG Köln NJW-RR 1990, 1087 f.).

Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Terrasse, auf der der Sichtschutz anzubringen ist, zum Wohnbereich des Schuldners gehört. Soweit er den Sichtschutz entsprechend seinen eigenen Vorstellungen gestalten will, bleibt es ihm unbenommen, die Zwangsvollstreckung dadurch abzuwenden, dass er die geeigneten Sichtschutzmaßnahmen vornimmt. In diesem Falle könnte er gemäß § 767 ZPO durch eine Vollstreckungsabwehrklage Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers für unzulässig erklären lassen, soweit er seine übernommenen Verpflichtungen aus dem Vergleich erfüllt hat.

Allein der Vergleich des Gläubigers zwischen einem Sichtschutz durch Anbringung einer undurchsichtigen Glaswand und durch die vom Kläger übernommene Verpflichtung zur Anbringung eines Sichtschutzes durch geeignete Bepflanzung zeigt, dass kein substantieller Unterschied zwischen den genannten Möglichkeiten eines Sichtschutzes gegeben ist. Die Parteien haben sich auf eine bestimmte Art des Sichtschutzes geeinigt, ohne dass dadurch die Möglichkeit beseitigt worden wäre, dass dieser Sichtschutz auch durch Dritte errichtet werden kann.

Dies führt auch zu praktikablen Ergebnissen. Ist der Gläubiger gemäß § 887 ZPO ermächtigt, die Bepflanzung vorzunehmen, hat der Schuldner grundsätzlich diese Maßnahmen zu dulden. Gerade diese Lösung führt zur schnellen Streitbeilegung und zur Sicherung des Rechtsfriedens. Von daher ist dem Senat nicht verständlich, wenn der Gläubiger am Schluss seines Schriftsatzes vom 22.12.2005 die Auffassung vertritt, dass die Annahme einer geschuldeten vertretbaren Handlung dem Rechtsfrieden zwischen den Parteien nicht dienen würde. Der Gläubiger hat einen bestimmten Titel. Diesen kann er durchsetzen. Der Schuldner hat jederzeit das Recht seine Leistungen noch zu erfüllen, bis die Vollstreckung beendet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Beschwerdewert: bis 2.000,00 € (geschätzte Kosten für die Errichtung des geschuldeten Sichtschutzes)

Ende der Entscheidung

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