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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.03.2004
Aktenzeichen: 4 W 3/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 887
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 W 3/04

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers als Einzelrichter

am 26. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die am 27.01.2004 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Schuldners vom gleichen Tage wird der ihm am 13.01.2004 zugestellte Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 19.12.2003 - 10 O 166/03 - aufgehoben. Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin vom 07.11.2003 wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Gläubigerin.

Gründe:

Die gemäß § 793 ZPO statthafte und in formeller Hinsicht bedenkenfreie sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die durch den angefochtenen Beschluss ausgesprochene Ermächtigung der Gläubigerin zur Ersatzvornahme und die Verurteilung des Schuldners auf Vorschusszahlung gemäß § 887 Abs. 1 und 2 ZPO liegen nicht vor.

Es kann dahingestellt bleiben (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 253 Rn. 10 "Ausnahmen"), ob es, wie der Beschwerdeführer meint, schon am Rechtsschutzbedürfnis der Gläubigerin fehlt, aus dem rechtskräftigen Versäumnisurteil des Landgerichts vom 12.05.2003 die Zwangsvollstreckung zu betreiben, etwa weil die Gläubigerin derzeit kein schutzwürdiges Interesse an einer Vollstreckung nach § 887 ZPO hat (vgl. dazu Zöller/Stöber, a.a.O., vor § 704 Rn. 17). Jedenfalls fehlt es an der sachlichen Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO, dass der Schuldner die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, nicht erfüllt hat. Durch das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 12.05.2003 ist der Schuldner verurteilt worden, die Gläubigerin von der im Urteilstenor konkret bezeichneten gemeinsamen Darlehensschuld bei der Sparkasse C in Höhe einer damals noch bestehenden Restschuld von 9.095,90 € freizustellen. Der Freistellungsanspruch war in der Klageschrift der Gläubigerin auf den Scheidungsfolgenvergleich der Parteien vom 19.09.2002 gestützt worden, in der es u.a. heißt: "Es besteht Einigkeit zwischen den Parteien das im Hinblick auf die ehebedingten Schulden, die vom Antragsgegner weiter bedient werden, derzeit nachehelicher Ehegattenunterhalt nicht geltend gemacht wird. Die Parteien gehen dabei davon aus, daß noch eine Restschuld auf diese Darlehensverpflichtungen in einer Größenordnung von 12.000,- Euro besteht." Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung waren die Parteien wegen zwei aufeinander folgender rückständiger Darlehensraten von Seiten der Sparkasse C gemahnt worden, die zugleich angekündigt hatte, das Darlehen zu kündigen, wenn der Rückstand nicht innerhalb von 14 Tagen ausgeglichen werde. Unstreitig kam es seinerzeit sodann nach Zustellung des Versäumnisurteils vom 12.05.2003 an den Beschwerdeführer zwischen ihm und der Sparkasse zu Verhandlungen über die weitere Bedienung des Darlehens, die mit einer Vereinbarung über die Fortsetzung von Ratenzahlungen auf das Darlehen durch ihn abgeschlossen wurden. Hierüber hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 04.06.2003 und 01.08.2003 die Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin unterrichtet. Aus einem mit der sofortigen Beschwerde des Schuldners im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schreiben der Sparkasse C vom 26.01.2004 geht hervor, dass der Schuldner seit dem 19.08.2003 die vereinbarten Raten zahlt und die Sparkasse bei pünktlicher Ratenzahlung den Schuldner nicht auf Rückzahlung des Darlehens in einer Summe in Anspruch nehmen wird. Die mit dem Schuldner getroffene Vereinbarung, so heißt es im Schreiben der Sparkasse weiter, gelte auch mit Wirkung zugunsten von Frau I Q (der hiesigen Gläubigerin) und sei der Höhe nach zunächst bis zum 30.07.2004 befristet; man behalte sich das Recht vor, nach Ablauf dieser Frist mit Herrn Q eine neue Vereinbarung über die Ratenhöhe zu treffen.

Hieraus folgt, dass bei Eingang des Vollstreckungsantrags der Gläubigerin bei Gericht am 07.11.2003 der Schuldner seine Verpflichtung, die Gläubigerin von der Darlehensschuld freizustellen, durch eine Fortsetzung der "Bedienung" des Darlehens, zu der er sich im Scheidungsfolgenvergleich vom 19.09.2002 verpflichtet hatte, erfüllte und, da Gegenteiliges nicht vorgetragen und auch nicht anderweitig ersichtlich ist, bis heute weiter erfüllt.

Soweit das Landgericht im angefochtenen Beschluss ausführt, der Schuldner habe durch die mit der Sparkasse C getroffene Ratenzahlungsvereinbarung den titulierten Befreiungsanspruch nicht erfüllt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die durch das Versäumnisurteil vom 12.05.2003 titulierte Freistellung von der Darlehensschuld im Innenverhältnis ist entsprechend dem auf den Scheidungsfolgenvergleich vom 19.09.2002 gestützten Klagevorbringen so zu verstehen, dass der Beschwerdeführer die Gläubigerin in der Weise von der Darlehensschuld befreit, dass er das Darlehen allein weiter "bedient", was in erster Linie bedeutete, die Darlehensraten regelmäßig und pünktlich zu zahlen, und dass er erst bei einer Fälligstellung des gesamten Restdarlehens nach einer Kündigung seitens der Sparkasse eine Tilgung in einer Summe vorzunehmen hatte. Eine Freistellung durch sofortige Tilgung des Restdarlehens in einer Summe hätte dem Scheidungsfolgenvergleich nicht entsprochen und eine entsprechende Verurteilung des Schuldners wäre über den anhand des Klagevorbringens der Gläubigerin auszulegenden Klageantrag hinausgegangen. Es entspricht im übrigen höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, dass gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein geschiedener Ehegatte vom anderen Befreiung von einer während noch intakter Ehe eingegangenen Gesamtschuld verlangt, die Geltendmachung des Befreiungsanspruchs Einschränkungen unterliegt, die sich als Nachwirkung der Ehe sowie nach Treu und Glauben ergeben und daraus folgen, dass die gesamtschuldnerische Verbindlichkeit in der ehelichen Lebensgemeinschaft wurzelt (s. BGH, Urteil vom 5.4.1989 - IV b ZR 35/88 -, veröffentlicht u.a. in NJW 1989, 1920 ff. und FamRZ 1989, 835 ff.). Eine derartige Einschränkung des Befreiungsanspruchs kann insbesondere auch darin bestehen, dass dem freistellungsverpflichteten Ehegatten die Rückführung der Verbindlichkeit im Rahmen eines vernünftigen, seine Möglichkeiten berücksichtigenden Tilgungsplanes eingeräumt wird (BGH a.a.O.), wie es im vorliegenden Fall sogar ausdrücklich in dem Scheidungsfolgenvergleich vom 19.09.2002 geregelt war. Diesen Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung widerspräche es, wenn die Freistellung der Gläubigerin in der Weise erfolgen müsste, dass die Restschuld trotz bestehender und zur Zeit vom Schuldner eingehaltener Ratenzahlungsvereinbarung mit der Sparkasse in einer Summe getilgt wird, sei es durch den Schuldner unmittelbar oder durch Zahlung eines entsprechenden Vorschusses an die zur Ersatzvornahme nach § 887 ZPO ermächtigten Gläubigerin, wie es hier durch den angefochtenen Beschluss des Landgerichts geschehen ist.

Der Gläubigerin bleibt es unbenommen, im Wege der Zwangsvollstreckung auf diese Weise Freistellung durchzusetzen, wenn der Schuldner seiner Ratenzahlungsverpflichtung nicht mehr nachkommt und die Restdarlehensschuld durch die Sparkasse C in einer Summe fällig gestellt wird (vgl. auch OLG Celle, OLG-Report 1998, 58 f.).

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 788, 91 ZPO.

Beschwerdewert: bis 7.000,- €

Ende der Entscheidung

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