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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: 4 WF 11/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1671
BGB § 1687
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 WF 11/02

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat auf die am 6. November 2001 bei Gericht eingegangene, als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Beklagten vom 5. November 2001 gegen den ihr am 31.10.2001 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Bonn (45 F 35/01) vom 18. Oktober 2001

am 30. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Bonn vom 18. Oktober 2001 (45 F 35/01) mit der Maßgabe abgeändert, daß aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Bonn vom 3. Juli 2001 von der Beklagten 773,90 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 3. August 2001 an den Kläger zu erstatten sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Gründe:

Die mit Rücksicht auf den Beschwerdewert (§ 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO) als sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG zu behandelnde, form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung der Beklagten - bei der eine (Nicht-) Abhilfeentscheidung, wie sie vorliegend der Rechtspfleger mit Verfügung vom 10. Januar 2002 getroffen hat, nach § 577 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen ist - hat auch in der Sache Erfolg. Zu Recht beanstandet die Beklagte den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß, soweit darin zu erstattende Gerichtskosten in einer den Betrag der einfachen Verfahrensgebühr (175,00 DM) übersteigenden Höhe von 525,00 DM festgesetzt worden sind.

Gemäß Nr. 1211 b) des Kostenverzeichnisses (KV) Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG i. d. F. des GvKostRNeuOG vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 623), der Nr. 1202 b) KV in der bisherigen Nummerierung entspricht, ermäßigt sich die dreifache Gebühr für das Verfahren im allgemeinen nach Nr. 1210 KV (Nr. 1201 KV a. F.) unter anderem dann auf die einfache Gebühr, wenn das gesamte Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet wird. Dieser Tatbestand ist hier erfüllt, nachdem das Amtsgericht die Beklagte - ihrem Anerkenntnis gemäß - mit Urteil vom 3. Juli 2001 entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung vom selben Tage zuletzt gestellten Klageantrag zur Unterhaltszahlung verurteilt hat. Das gilt auch dann, wenn man im Hinblick auf das von der Beklagten im Termin übergebene und vom Amtsgericht als Anlage zur Sitzungsniederschrift genommene Schreiben ("Anerkenntnis im Rahmen des Schriftsatzes vom 02. 07. 2001 unter Verwahrung gegen die Kostenlast, da außergerichtlich das Errichten einer vollstreckbaren Unterhaltsurkunde nicht verlangt wurde") dem zu Protokoll erklärten - über den vorbezeichneten Schriftsatz hinausgehenden - Anerkenntnis ebenfalls einen entsprechenden Kostenvorbehalt nach § 93 ZPO beimißt.

Allerdings ist es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob auch das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast zur Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 KV (Nr. 1202 KV a. F.) führt. Von einem Teil der Judikatur (vgl. OLG Hamburg MDR 2000, 111 = JurBüro 2001, 317) und des rechtswissenschaftlichen Schrifttums (Zöller/Herget, ZPO 22. Aufl. § 93 Rdn. 7; Zöller/Greger aaO § 253 Rdn. 27; Zöller/Vollkommer aaO § 307 Rdn. 12; Musielak/Wolst, ZPO 2. Aufl. § 91a Rdn. 62; Musielak/Musielak aaO § 307 Rdn. 22 [anders ders. in MünchKommZPO, 2. Aufl. § 307 Rdn. 30]; Lappe NJW 1996, 1185, 1186; Herget MDR 1995, 785, 1097) wird diese Frage verneint. Zur Begründung wird im wesentlichen darauf verwiesen, daß das Gericht bei einem Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kosten in seinem Urteil - mit einer Begründung und insoweit beschwerdefähig (§ 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO) - über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden müsse. Dieser Sachverhalt sei vergleichbar mit dem von der Gebührenermäßigung ausdrücklich ausgenommenen Kostenbeschluß nach § 91a ZPO. Demgegenüber stehen der überwiegende Teil der Rechtsprechung (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 1997, 399; OLG München MDR 1998, 242; OLG Bremen JurBüro 2001, 373; LG Münster JurBüro 1999, 94) sowie zahlreiche Stimmen in der Literatur (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO 21. Aufl. § 307 Rdn. 40; Hartmann, Kostengesetze 31. Aufl. KV 1211 Rdn. 14; Seutemann MDR 1995, 1096; ders. MDR 1996, 555, 556 m. w. N.; Jungbauer JurBüro 2001, 230, 232) auf dem Standpunkt, daß der Ermäßigungstatbestand auch im Falle des unter Verwahrung gegen die Kosten erklärten Anerkenntnisses anzuwenden sei.

Der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Für sie spricht vor allem der Wortlaut der streitigen Regelung, dem im Interesse klarer und möglichst einfacher Handhabung der Kostenvorschriften durch die Gerichtspraxis vorliegend maßgebliche Bedeutung zukommen muß. Nr. 1211 b) KV stellt nämlich - wie bereits die gleichlautende bisherige Regelung in Nr. 1202 b) KV - allein auf die Entscheidung als solche ("durch Anerkenntnisurteil"), nicht aber auf den Inhalt der prozessualen Erklärung und daher insbesondere nicht darauf ab, ob das Anerkenntnis mit einem Kostenvorbehalt versehen wurde. Dem läßt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast führe wegen der vom Gericht nach § 93 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung nicht zur "Beendigung des gesamten Verfahrens" im Sinne von Nr. 1211 KV (so aber OLG Hamburg aaO). Denn die Kostenentscheidung ist Bestandteil des Anerkenntnisurteils, so daß mit dessen Verkündung bzw. Zustellung das Verfahren grundsätzlich im ganzen beendet ist (vgl. OLG Bremen aaO, LG Münster aaO). Daß beim Anerkenntnisurteil, anders als bei dem in Nr. 1211 b) KV ebenfalls angeführten Verzichtsurteil, die Entscheidung im Kostenpunkt - generell - der isolierten Anfechtung gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt, rechtfertigt keine abweichende Betrachtung allein und gerade in bezug auf das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kosten. Das gilt umso mehr, als der - grundsätzlich auslegungsbedürftige (vgl. Zöller/Herget aaO § 93 Rdn. 6 Stichwort "Verwahrung gegen die Kosten") - Kostenprotest in der Regel nur den Hinweis der beklagten Partei auf die gemäß § 308 Abs. 2 ZPO ohnehin von Amts wegen zu prüfende gesetzliche Kostenfreistellung nach § 93 ZPO darstellt (vgl. Musielak/Musielak aaO § 307 Rdn. 8); daß im Streitfall der Erklärung der Beklagten ein anderer Bedeutungsgehalt beizumessen wäre, ist nicht ersichtlich. Demgegenüber kann der - in den veröffentlichten Beiträgen zu der in Rede stehenden Streitfrage wiederholt kontrovers erörterten - Überlegung, ob die Prüfung des § 93 ZPO "einfacher" ist als die in Anwendung von § 91a ZPO zu treffende Kostenentscheidung (vgl. OLG Karlsruhe aaO, OLG München aaO) oder aber im Gegenteil eine vergleichbare Auseinandersetzung mit dem Streitstoff erfordert, keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Denn die kostenrechtliche Privilegierung einzelner verfahrensbeendender Prozeßhandlungen durch Nr. 1211 KV (Nr. 1202 KV a. F.) steht nicht in einem zweifelsfreien Verhältnis zum "Arbeitsaufwand" des Gerichts und stellt auch nicht durchgehend darauf ab, ob und ggfls. in welchem Umfang materiell-rechtliche Fragen seitens des Gerichts zu prüfen waren (vgl. LG Münster aaO).

Im Streitfall war daher den außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht die dreifache Verfahrensgebühr (525,00 DM), sondern lediglich die ermäßigte einfache Gebühr (175,00 DM) zuzusetzen, so daß sich die insgesamt gegen die Beklagte festzusetzende Hauptsumme um 350,00 DM auf (598,90 DM + 175,00 DM =) 773,90 DM reduziert. In diesem Umfang war der angefochtene Beschluß auf das Rechtsmittel der Beklagten abzuändern; im übrigen verbleibt es bei der angefochtenen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Kosten der erfolgreichen Beschwerde waren dem Beklagten als Beschwerdegegner ungeachtet dessen aufzuerlegen, daß er in seinem Schriftsatz vom 3. Dezember 2001 von einer Stellungnahme zu dem Rechtsmittel abgesehen hat. Denn der unterlegene Beschwerdegegner hat die Kosten grundsätzlich auch dann zu tragen, wenn er der Beschwerde nicht entgegengetreten ist (vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 141, 141 f.; Musielak/Wolst aaO § 104 Rdn. 37). Ob letzteres auch bei einem bloßen Berechnungsfehler des Gerichts (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 362) oder bei einer Beschwerde des Erstattungsberechtigten, dem im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß zu wenig zugesprochen wurde (vgl. OLG Nürnberg aaO; LG Halle MDR 2000, 480; Zöller/Herget aaO §§ 103, 104 Rdn. 21 Stichwort "Kostentragung"), zu gelten hat, kann vorliegend auf sich beruhen, weil einer dieser Fälle hier nicht gegeben ist.

Beschwerdewert: 350,00 DM (178,95 €)

Ende der Entscheidung

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