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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 4 WF 12/03
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, BGB


Vorschriften:

RpflG § 11 Abs. 1
RPflG § 11 Abs. 2
RpflG § 14 Abs. 1
ZPO §§ 114 ff.
ZPO § 127
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2, Hs. 1
ZPO §§ 567 ff.
BGB § 1630 Abs. 1
BGB § 1638
BGB § 1640
BGB § 1640 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1802
BGB § 1975
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4 WF 12/03

OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Familiensenat auf die am 13. Dezember 2002 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 12. Dezember 2002 gegen den ihr am 28. November 2002 zugestellten Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 20. November 2002 (41 FH 46/00 PKH), durch den der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist,

durch den Richter am Oberlandesgericht Pamp als Einzelrichter

nach Eingang der Akten beim Oberlandesgericht am 10. Februar 2003

am 19. Februar 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Das gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2, Hs. 1 ZPO als sofortige Beschwerde statthafte und auch im übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegte Rechtsmittel muss in der Sache selbst erfolglos bleiben. Zu Recht hat der Rechtspfleger den erst mit Schriftsatz vom 6. August 2002 gestellten Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt; das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung:

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war der Rechtspfleger, weil das hier betroffene Verfahren nach § 1640 BGB ein gemäß § 3 Nr. 2 a, § 14 Abs. 1 RpflG ihm übertragenes Geschäft darstellt, hinsichtlich dessen der Rechtspfleger grundsätzlich alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat (§ 4 Abs. 1 RpflG). Gegen die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags ist daher unter den Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 ZPO, die der Senat hier - insbesondere im Hinblick auf das Erfordernis des zweiten Halbsatzes der Vorschrift - für gegeben erachtet, die sofortige Beschwerde eröffnet, über die nach Nichtabhilfeprüfung des Rechtspflegers (§ 572 Abs. 1 ZPO) das Oberlandesgericht als das in Familiensachen zuständige Beschwerdegericht zu befinden hat. Für die in der vorliegenden Sache im Anschluss an die Nichtabhilfeentscheidung des Rechtspflegers erfolgte Vorlage an die Abteilungsrichterin beim Familiengericht und deren eigene Entscheidung über das Rechtsmittel, wie sie hier mit richterlichem Beschluss vom 3. Januar 2003 (Bl. 12 des PKH-Hefts) erfolgt ist, war demgegenüber auf der Grundlage von § 11 RpflG i. d. F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6. August 1998 (BGBl. I S. 2030) kein Raum mehr. Danach ist gemäß § 11 Abs. 1 RpflG grundsätzlich gegen die Entscheidung des Rechtspflegers - nur - das Rechtsmittel gegeben, dass nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist, in Prozesskostenhilfeangelegenheiten also die sofortige Beschwerde nach §§ 127, 567 ff. ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung. Demgegenüber ist die sog. Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG denjenigen Fällen vorbehalten, in denen gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften kein Rechtsmittel gegeben ist. Um einen solchen Fall handelt es sich hier indessen nicht. Soweit daher vorliegend die Abteilungsrichterin eine eigene Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Kindesmutter getroffen und im übrigen - insoweit der Bitte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 23. Januar 2003 folgend - die Beschwerde dem unzuständigen Landgericht vorgelegt hat, gehen diese Maßnahmen ins Leere.

In der Sache selbst hat der Rechtspfleger die Beschwerde der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht (mehr) gegeben sind. Zwar handelt es sich vorliegend um ein gerichtliches Verfahren, in dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe (nicht: Beratungshilfe) nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die Antragstellerin hat den Bewilligungsantrag indessen verspätet, nämlich erst nach Beendigung des Verfahrens gemäß § 1640 BGB gestellt.

Wenngleich die §§ 114 ff. ZPO keine Frist für das Prozesskostenhilfegesuch vorsehe, ist doch allgemein anerkannt, dass Prozesskostenhilfe nur für ein bevorstehendes oder (noch) laufendes Verfahren bewilligt werden kann (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 117 Rdn. 2 a). Das ergibt sich aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe, einer Partei, die dazu aus finanziellen Gründen sonst nicht in der Lage wäre, die Führung eines Rechtsstreits - in der Regel unter Hinzuziehung eines für sie tätigen Rechtsanwalts - zu ermöglichen. Hat eine Partei bzw. ein Beteiligter das Verfahren geführt und ist für sie ein Rechtsanwalt tätig geworden, so kann, wenn erst anschließend ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt wird, der Zweck der Prozesskostenhilfe nicht erreicht werden, soweit die Partei für die Zukunft keinen Anwalt mehr benötigt. Es ist nämlich nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, einer Partei, die ohne staatliche Hilfe das Verfahren geführt hat, nachträglich Verfahrenskosten zu erstatten oder einem Rechtsanwalt, der keinen Vorschuss von seiner Partei verlangt hat oder der seinen Honoraranspruch ggfls. nicht gegen die Partei realisieren kann, nachträglich einen Anspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 1287, 1288).

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend auf den erst im August 2002 gestellten Bewilligungsantrag keine Prozesskostenhilfe mehr gewährt werden, weil das zugrundeliegende Verfahren bereits seit dem Jahre 2001 abgeschlossen und mit seiner Fortsetzung nicht mehr zu rechnen ist. Gegenstand des vorliegenden familiengerichtlichen Verfahren ist nämlich ausschließlich die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 1640 Abs. 1 Satz 1 BGB durch die Antragstellerin als alleinsorgeberechtigte Mutter des minderjährigen P. Diese Verpflichtung des Elternteils entsteht aufgrund des Vermögensanfalls beim Minderjährigen ohne gerichtliche Aufforderung Kraft Gesetzes. Das Familiengericht erfährt hiervon - wie vorliegend (vgl. Bl. 1 d. A.) - durch eine Mitteilung des zuständigen Standesamts über den Tod des (anderen) Elternteils (vgl. Palandt/Diderichsen, BGB, 62. Aufl., § 1640 Rn. 5). Soweit danach die Antragstellerin nach dem Tode des Vaters des minderjährigen P, Herrn H, verpflichtet war, das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erworben hat, zu verzeichnen, das Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen und dem Familiengericht einzureichen, ist diese Verpflichtung mit der Anordnung der Nachlassverwaltung über den Nachlass des H durch Beschluss des Amtsgericht Viersen vom 18. Mai 2001 (8 VI 248/01), Bl. 45 d. A., beendet worden. Die Inventarisierungspflicht nach § 1640 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nämlich allgemeiner Auffassung zufolge nicht, soweit den Eltern die Vermögenssorge und damit die Verwaltung über das anfallende Vermögen nicht uneingeschränkt zusteht. Das gilt unter den in § 1638 BGB geregelten Voraussetzungen für die dort genannten Fälle, ist aber auch im übrigen anzunehmen, wenn und soweit die aus der Vermögenssorge abgeleitete Verwaltungsbefugnis der Eltern ruht, entzogen, beschränkt oder beendet ist (vgl. RGRK/Adelmann, BGB, 12. Aufl., § 1640 Rdn. 3, Soergel/Strätz, BGB, 12. Aufl., § 1640 Rdn. 3; Staudinger/Engler, BGB, 13. Bearbeitung § 1640 Rdn. 5). Soweit - wie hier - über den Nachlass, hinsichtlich dessen das Kind Miterbe geworden ist, Nachlassverwaltung angeordnet wurde, besteht keine Verwaltungsbefugnis der Eltern mehr. Im Falle der Nachlassverwaltung wird nämlich der Nachlass der Verwaltung des Erben - bei minderjährigen Erben also der Sache nach der Verwaltung der Eltern - völlig entzogen. Die Verwaltung des Nachlasses, die Verfügung über die Nachlassgegenstände und die Berichtigung der Schulden aus dem Nachlass werden vielmehr ganz in die Hände des Nachlassverwalters als eines amtlichen Absonderungsverwalters gelegt (§ 1984 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. auch Staudinger/Marotzke a. a. O. § 1975 Rdn. 5). Insoweit gilt mit Eintritt der Nachlassverwaltung nichts anderes als bei der Vermögensverwaltung durch einen Testamentsvollstrecker (§ 2205 BGB), die gleichfalls zu einer entsprechenden Beschränkung der Vermögenssorge der Eltern führt (vgl. Staudinger/Engler a. a. O. § 1638 Rn. 1; RGRK/Adelmann a. a. O. § 1638 Rn. 2), oder in Bezug auf Vermögen, zu dessen Verwaltung nach § 1630 Abs. 1 BGB ein Pfleger bestellt worden ist; denn nach der Legaldefinition des § 1975 BGB ist die Nachlassverwaltung eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger, weshalb, soweit gesetzlich nichts abweichend bestimmt ist, die Vorschriften über die Pflegschaft Anwendung finden (vgl. Staudinger/Marotzke a. a. O. § 1975 Rdn. 18).

Da das minderjährige Kind P - und damit letztlich die Antragstellerin als allein sorgeberechtigte Kindesmutter - mit der Anordnung der Nachlassverwaltung das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Nachlass verloren hatte, bestand ab diesem Zeitpunkt keine Inventarisierungspflicht der Kindesmutter gemäß § 1640 BGB mehr. Die Aufzeichnungspflicht nach dieser Vorschrift, die sich lediglich auf das vom Kind neu erworbene Vermögen bezieht (vgl. MünchKomm/Peter Huber, BGB, 4. Aufl., § 1640 Rdn. 3), wird vielmehr der Sache nach abgelöst durch die eigene Verpflichtung des Nachlassverwalters, nach § 1802 BGB ein Nachlassverzeichnis einzureichen, das ihm der Erbe vorzulegen hat. Insoweit ist hier nach Aktenlage bereits ein Rechtsstreit der Nachlassverwalterin gegen die Miterbin des Kindes anhängig.

Die Beendigung des vorliegenden Verfahrens ist daher aufgrund der Anordnung der Nachlassverwaltung unmittelbar von Rechts wegen eingetreten, ohne dass es hierfür nach außen keiner entsprechenden Mitteilung an die Antragstellerin bedurfte. Der erstmals mit Schriftsatz vom 6. August 2002 eingereichte Prozesskostenhilfeantrag kommt daher zu spät, um hinsichtlich der in der Vergangenheit entfalteten Tätigkeit von Rechtsanwältin G nachträglich noch Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dass das Verfahren nach § 1640 BGB, wie die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. September 2002 selbst ausführt, für sie so kompliziert "war", dass sie anwaltliche Hilfe benötigte, kann keine abweichende Betrachtung rechtfertigen. Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift vom 12. Dezember 2002 im übrigen darauf hinweist, es sei noch nicht gesagt, dass das Erbe des Kindes in irgendeiner Weise festgestellt bzw. gesichert worden sei, sind die damit verbundenen Fragen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern betreffen die Nachlassverwaltung und damit das beim Amtsgericht Viersen geführte Verfahren, in dem ausweislich der hiesigen Akten ein selbständiger Prozesskostenhilfeantrag gestellt wurde.

Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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