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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.04.2002
Aktenzeichen: 4 WF 40/02
Rechtsgebiete: ZPO, BSHG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 4
BSHG § 76 Abs. 1
BGB § 1612 b Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 WF 40/02

In der Familiensache

pp.

hat der 4. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richterin am Oberlandesgericht Bourmer und den Richter am Oberlandesgericht Blank

am 12. April 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" der Antragstellerin vom 16. Februar 2002 (Bl. 56 GA) gegen den Ratenzahlungen anordnenden Abänderungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 30. Januar 2002 - 40 F 73/99 - (Bl. 52, 52 R GA) wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Ratenzahlungsanordnung entfällt.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - als sofortige Beschwerde zu behandelnde "Beschwerde" der Antragsstellerin hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsstellerin derart geändert hätten, dass eine Ratenzahlungsanordnung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO gerechtfertigt wäre.

Das Amtsgericht hat das zur Finanzierung des vorliegenden Rechtstreites zur Verfügung stehende Einkommen der Antragsstellerin nicht zutreffend ermittelt. Zu Unrecht hat es den vom Kindesvater an die Kindesmutter (Antragsstellerin) gezahlten Kindesunterhalt sowie das volle an die Antragstellerin ausgezahlte Kindergeld deren Einkommen zugerechnet.

Zunächst kann dem Einkommen der Antragsstellerin nicht der vom Kindesvater gezahlte Kindesunterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder zugerechnet werden, da Unterhaltszahlungen Einkommen des Kindes darstellen, welche nicht dem Vermögen des betreuenden Elternteils zugerechnet werden können, sondern nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 115 I 3 Nr. 2 ZPO) lediglich auf den Kindesfreibetrag anzurechnen sind.

Nach Auffassung des Senates ist aber bei der Bedürftigkeitsprüfung nach § 115 ZPO in den Fällen der Unterhaltszahlung an im Haushalt der Prozesskostenhilfe begehrenden Parteien lebende Kinder das Kindergeld hälftig dem Einkommen der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei, die das volle Kindergeld erhält, hinzuzurechnen. Der Ansatz des staatlichen Kindergeldes als Einkommen entspricht dem Sozialhilferecht, dem das System der Prozesskostenhilfe zuzurechnen ist. Die Definition des Einkommens nach § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO entspricht derjenigen in § 76 Abs. 1 BSHG. Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Das staatliche Kindergeld steht nicht den Kindern selbst zu, sondern soll die Unterhaltslast der Eltern erleichtern. Der Unterhaltslast als solcher wird unabhängig vom Kindergeldbezug dadurch Rechnung getragen, dass für sie Kinderfreibeträge angesetzt werden (so OLG Frankfurt/Main FamRZ 2002, 402 m. w. N.). Etwas anderes muss aber nach Auffassung des Senates dann gelten, wenn - wie hier - beide Elternteile durch Betreuung bzw. Barunterhalt für die Kinder aufkommen. § 1612 b Abs. 1 BGB regelt in diesem Fall, dass das Kindergeld im Ergebnis beiden unterhaltspflichtigen Elternteilen hälftig zu Gute kommen soll. Der Barunterhalt des Kindes wird um die Hälfte des Kindergeldes gekürzt. Das hat zur Folge, dass der vom barunterhaltspflichtigen Elternteil gezahlte tatsächliche Unterhalt (Zahlbetrag) niedriger liegt als der tatsächlich geschuldete Tabellenunterhalt. Würde dann das volle Kindergeld dem Einkommen des betreuenden Elternteils zugerechnet werden, stünde dem unterhaltsberechtigten Kind ein geringerer, seinen tatsächlichen Bedarf nicht deckender Unterhaltsbetrag zur Verfügung. Damit kann aber dieser hälftige Kindergeldbetrag nicht bei dem betreuenden Elternteil verbleiben, sondern ist an das Kind auszukehren, damit dieses einen bedarfsdeckenden Unterhaltsbetrag erhält. Die Antragsstellerin kann danach nur über die Hälfte des Kindergeldes frei verfügen, nur dieser Teil ist ihr demnach auch anzurechnen.

Danach ergeben sich folgende Einkommensverhältnisse der Antragsstellerin:

1.) Nettoeinkommen der Antragsstellerin von monatsdurchschnittlich 2.600,00 DM = 1.329,36 €

2.) zusätzlich hälftiges Kindergeld für 2 Kinder 2 x 77,00 € = 154,00 €

Gesamteinkommen im Monatsdurchschnitt 1.483,36 €

3.) Abzüge wie Amtsgericht: Miete 1.134,00 DM Versicherung 12,00 DM Sonstiges 885,00 DM 2.031,00 DM

Das ergibt in € 1.038,43 €

4.) Damit verbleibt bei der Klägerin ein Resteinkommen von 444,93 €

5.) Hiervon abzuziehen ist zunächst der Eigenbehalt der Antragstellerin von 353,00 €

6.) Abzuziehen ist weiterhin der um die Unterhalts- zahlungen verminderte Freibetrag für die Kinder wie folgt:

Kindesunterhalt gesamt: 894,00 DM (1.434,- DM ./. 540,- DM) je Kind (: 2) = 447,00 DM = 228,55 €

Der Kindesfreibetrag beträgt 248,00 € je Kind.

Damit liegt der Kindesfreibetrag um 19,45 € je Kind höher als der tatsächlich gezahlte Kindesunterhalt. Damit sind 2 x 19,45 € Kindesfreibetrag noch in Abzug zu bringen, was 38,90 € ausmacht.

7. Resteinkommen der Antragsstellerin somit: 53,03 €.

Aber auch dieses Resteinkommen braucht die Antragsstellerin nicht zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, da sie erwerbstätig ist und ihren eigenem Selbstbehalt noch den Erwerbstätigenbonus zurechnen kann, der bei dem hier gegebenen Erwerbseinkommen der Antragsstellerin jedenfalls höher liegt als 53,03 €. Der Höchstbetrag des Erwerbstätigenbonus liegt bei 143,68 €. Selbst wenn man vorliegend nicht diesen vollen Betrag in Ansatz bringen würde, würde jedenfalls das Resteinkommen der Antragstellerin bei dem anzusetzenden Betrag so vermindert, dass ihr kein zur Führung des Prozesses einzusetzendes Einkommen mehr verbliebe.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Beschwerde der Antragsstellerin Erfolg hat.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.

Ende der Entscheidung

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