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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.05.2002
Aktenzeichen: 4 WF 50/02
Rechtsgebiete: FGG, BGB, KostO


Vorschriften:

FGG § 19
FGG § 50
FGG § 50 Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 50 Abs. 2 Ziffer 1
BGB § 1796
BGB § 1909
BGB § 1629 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 3
KostO § 30 Abs. 2 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

4 WF 50/02

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schrübbers sowie die Richter am Oberlandesgericht Pamp und Blank

am 7. Mai 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 16.11.2001 (Bl. 101 GA) gegen den ihren Antrag auf Entpflichtung der Verfahrenspflegerin der K. St. zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 8.10.2001 (Bl. 78 GA) - 42 F 164/01 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig. Die ablehnende Entscheidung auf Entpflichtung eines Verfahrenspflegers im Sorgerechtsverfahren kann von den Eltern des Kindes grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden.

Gemäß § 50 Abs. 1 FGG bestellt das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Die Vorschrift soll es ermöglichen, dass das Gericht dem Kind immer dann einen Verfahrenspfleger zur Seite stellt, wenn dieses in einer für sein weiteres Schicksal bedeutsamen Angelegenheit in einem schwerwiegenden Interessengegensatz zu einem oder beiden Elternteilen oder zum sonstigen gesetzlichen Vertreter steht. Nach § 50 Abs. 2 Ziffer 1 FGG ist die Bestellung in der Regel erforderlich, wenn das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht. Aufgrund des § 50 FGG ist es möglich, dass das mit der Sache befasste Gericht im Rahmen eines Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter den Voraussetzungen des § 50 FGG ohne gesonderte Entziehung der Vertretungsmacht und Bestellung eines Ergänzungspflegers unmittelbar einen Pfleger für das gerichtliche Verfahren bestellt. Von dieser Möglichkeit hat das Familiengericht gemäß Beschluss vom 1.08.2001 (Bl. 41 GA) Gebrauch gemacht. Mit Schriftsatz vom 5.09.2001 (Bl. 55 GA) hat die Antragstellerin die Entpflichtung der Verfahrenspflegerin beantragt. Diesen Antrag hat sie in der nicht-öffentlichen Sitzung vom 8.10.2001 (Bl. 78 GA) wiederholt, worauf das Familiengericht den Antrag in der gleichen Sitzung zurückgewiesen hat (Bl. 78 GA).

Hiergegen richtet sich die unzulässige Beschwerde der Antragstellerin.

§ 50 FGG enthält keine Bestimmung über die Anfechtbarkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers bzw. sonstiger Anträge, die mit seiner Bestellung eines Verfahrenspflegers - wie hier seine Entpflichtung - in Zusammenhang stehen. Es gilt insoweit der Grundsatz des § 19 FGG. Danach sind zwar erstinstanzliche Verfügungen und Beschlüsse anfechtbar; es ist jedoch allgemein anerkannt, dass dies nur für Entscheidungen gilt, die die Instanz abschließen. Zwischenentscheidungen unterliegen dagegen grundsätzlich keiner Beschwerde. Eine Ausnahme wird nur für den Fall angenommen, dass eine Zwischenentscheidung erheblich in die Rechte eines Betroffenen eingreift (vgl. hierzu u. a. OLG Celle, FamRZ 1999, 1589 f).

Nach Auffassung des Senates handelt es sich bei der den Antrag auf Entpflichtung ablehnenden Entscheidung des Familiengerichtes - wie auch bei der Bestellung - nicht um eine die Instanz abschließende Entscheidung, sondern um eine verfahrensleitende Verfügung des Gerichts im Rahmen des die Person eines Minderjährigen betreffenden Verfahrens. Entgegen der Auffassung des 19. Zivilsenates des Kammergerichts (vgl. u.a. KG NJW 2000, 2596) ist die Anordnung der Verfahrenspflegerbestellung oder Entpflichtung nach Ansicht des Senates keine Endentscheidung, da hierdurch die Instanz nicht abgeschlossen wird. Nicht entscheidend kann es insoweit darauf ankommen, ob in der Bestellung eines Verfahrenspflegers bereits ein Eingriff in das durch Artikel 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht liegt. Auch bei Zwischenverfügungen kann in die Rechte der am Verfahren Beteiligten eingegriffen werden. Insoweit stellt sich dann die Frage, ob dieser Eingriff so schwerwiegend ist, dass er isoliert angefochten werden kann.

Entscheidend für die Frage der Anfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Entpflichtung eines Verfahrenspfleger ist es daher, ob die Verfügung mit einem so erheblichen Eingriff in die Rechte eines Verfahrensbeteiligten verbunden ist, dass diesem ermöglicht werden muss, die Verfügung unverzüglich vom Beschwerdegericht überprüfen zu lassen, oder ob es hingenommen werden kann, dass er die (angebliche) Fehlerhaftigkeit der Aufrechterhaltung der Pflegerbestellung erst im Rahmen eines gegen die Entscheidung eingelegten Rechtsmittels rügen kann.

Hierzu werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten (vgl. zum Meinungsstreit Engelhardt, "offene Fragen zum Verfahrenspfleger für das Kind", FamRZ 2001, 525, 528 m. w. N.).

Die Befürworter einer Anfechtbarkeit solcher Entscheidungen begründen ihre Ansicht damit, dass durch die Bestellung in die Rechte der am Verfahren beteiligten Eltern eingegriffen und damit deren Recht und Pflicht zur elterlichen Verantwortung eingeschränkt werde, weil während des familiengerichtlichen Verfahrens der Verfahrenspfleger an die Stelle der gesetzlichen Vertreter trete und ein Teilbereich der elterlichen Sorge nicht mehr von den allein vertretungsberechtigten Eltern allein wahrgenommen werden könne. Die durch das Kindschaftsrecht geschaffene Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers für das Kind sei nicht anders zu beurteilen als die Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB und wie diese anfechtbar. Schließlich wird noch angeführt, nicht zuletzt wegen der Kosten müsse den Eltern die Anfechtung ermöglicht werden (vgl. u. a. OLG Hamm (2. Zivilsenat), FamRZ 1999, 41; OLG Dresden FamRZ 2000, 1296; 14. ZS OLG Köln, OLG-Report 2000,111).

Dagegen vertritt der Senat mit der Gegenmeinung die Auffassung, dass die Bestellung eines Verfahrenspflegers und damit zusammenhängende Fragen wie dessen Entpflichtung keinen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Eltern darstellen. Sie dienen der sachgerechten Wahrnehmung der grundrechtlich geschützten Interessen des minderjährigen Kindes und sollen dessen Stellung im Verfahren stärken. Diese Stärkung ist zwar zwangsläufig mit einem Eingriff in die Rechte der Eltern verbunden. Ihnen bleibt jedoch die Möglichkeit, weiterhin die vermeintlichen Interessen ihres Kindes zur Geltung zu bringen. Dabei nimmt das OLG Celle (vgl. OLG Celle FamRZ a. a. O.) an, die Eltern verlören das Recht zur Vertretung des Kindes im Verfahren. Das OLG Brandenburg (vgl. FamRZ 2000, 1295) vertritt dagegen die Auffassung, dass das Kind allein materiell, aber nicht formell am Verfahren beteiligt bleibe, während der Verfahrenspfleger aus eigenem Recht formell Beteiligter des Verfahrens werde.

Ob insoweit der Auffassung des OLG Celle oder der des OLG Brandenburg zu folgen ist, kann nach Auffassung des Senates dahinstehen, jedenfalls wird durch die Bestellung eines Pflegers für das Kind der Schutzbereich des Elternrechtes nicht so stark berührt, dass dies zur grundsätzlichen Anfechtbarkeit der genannten Entscheidungen führen müsste. Der Eingriff in das Elternrecht wirkt sich tatsächlich kaum aus, wenn zusätzlich eine allein auf die Kindesinteressen verpflichtete Person diese im Hinblick auf das dem Kind zu gewährende rechtliche Gehör in einem Verfahren geltend macht, an dem es zwar materiell, aber nicht formell beteiligt ist. Den Eltern bleibt es gleichwohl unbenommen, für das Kind vorzutragen, was sie für erforderlich halten. Ihnen ist insoweit nicht die Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs. 2 , 1796 BGB entzogen und diese ist nicht auf einen Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB übertragen worden. Die Bestellung des Pflegers, die im Interesse des Kindes dessen Rechtsstellung verstärkt und daher ausschließlich dem Kindeswohl dient, rechtfertigt deshalb den dadurch bedingten Eingriff in das Elternrecht. Eine etwaige künftige Belastung mit Kosten des Verfahrenspflegers ist nicht entscheidend, weil die Beeinträchtigung nur wirtschaftlicher Interessen eine materielle Beschwer nicht zu begründen vermag (so Engelhardt in FamRZ a. a. O. m. w. N.). Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Bestellung oder Nichtbestellung sowie die Entpflichtung oder Nichtentpflichtung eines Verfahrenspflegers grundsätzlich nicht mit einer isolierten Beschwerde sondern nur mit der Beschwerde gegen die Endentscheidung angefochten werden kann.

Etwas anderes muss nach Auffassung des Senates nur dann gelten, wenn sich die Entscheidung des Familiengerichts als evident fehlerhaft und damit offensichtlich rechtswidrig darstellt. Dann muss nach Auffassung des Senates den in ihren Rechten getroffenen Eltern wegen der Schwere der Rechtsverletzung die Möglichkeit der außerordentlichen Beschwerde eröffnet werden. Diese Voraussetzungen sind aber vorliegend nicht erfüllt. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Familiengericht bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung eine Entpflichtung der Verfahrenspflegerin unterlassen hätte, obwohl diese durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht hätte, dass ihre Tätigkeit unter objektiven Gesichtspunkten nicht der sachgerechten Wahrnehmung der rechtlich geschützten Interessen des minderjährigen Kindes diente, sondern sie einseitig unter Missachtung dieser Interessen andere Interessen - etwa die eines Elternteils - verfolgt hätte. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wie sich insbesondere auch aus dem Bericht der Verfahrenspflegerin vom 26.09.2001 ergibt (vgl. Bl. 63 bis 70 GA). Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Verfahrenspflegerin ihre Stellung im Verfahren zu weit ausgedehnt hat. Jedenfalls hat der Senat keine Zweifel daran, dass die Tätigkeit der Verfahrenspflegerin stets am Kindeswohl ausgerichtet war. Die Verfahrenspflegerin hat weder einseitig die Interessen der Kindesmutter noch die des Kindesvaters in den Vordergrund gestellt. Vielmehr hat sie stets zum Ausdruck gebracht, dass es für die positive geistige und seelische Entwicklung von K. von entscheidender Bedeutung ist, dass sie auch Umgang mit dem Kindesvater hat, und versucht darauf hinzuwirken, dass dieser Umgang K. ermöglicht wird. Die Verfahrenspflegerin hat in ihrem Bericht vom 26. September 2001 die Kontakte zwischen ihr, K., ihren Eltern und den Großeltern mütterlicherseits im einzelnen geschildert, ohne dass hieraus eine einseitige Bevorteilung einer der genannten Personen zum Nachteil von K. ersichtlich wäre. Dass sie bei ihrem Bemühen, die Interessen K.'s wahrzunehmen, versucht hat, eine vermittelnde Stellung zwischen den zerstrittenen Eltern einzunehmen, kann insoweit nicht beanstandet werden. Von einer offensichtlich fehlerhaften Entscheidung des Familiengerichts, eine Entpflichtung der Verfahrenspflegerin abzulehnen, kann somit nicht gesprochen werden, ohne dass auf die einzelnen Tätigkeiten der Verfahrenspflegerin näher eingegangen werden müsste.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Gegenstandswert der Beschwerde: 1.000,00 DM (entsprechend 511,29 €) gemäß § 30 Abs. 3, 2 KostO a. F.).

Ende der Entscheidung

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