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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.08.2009
Aktenzeichen: 4 WF 88/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird die Sache unter Aufhebung des Vorlage- und nicht Abhilfebeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 20.07.2009 - 11 F 116/09 - an das Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückverwiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache auch insoweit Erfolg, als sie den Senat dazu veranlasst, die Sache zur erneuten Entscheidung im Abhilfeverfahren an das Familiengericht zurückzuverweisen.

Das Abhilfeverfahren leidet an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel. Es ist nämlich der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs der Beklagten verletzt worden.

Das Amtsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör durch die Nichtberücksichtigung des Beschwerdevorbringens verletzt. Zudem ist durch diese Verfahrensweise dem Zweck des Abhilfeverfahrens, Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg zu erledigen, nicht Rechnung getragen worden (vgl. hierzu OLG Köln, OLG-Report 2005, 582; OLG Hamm, MDR 2004, 412; Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, § 572 Rdnr. 16).

Der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss des Familiengerichts genügt nämlich nicht einmal ansatzweise den Anforderungen an einen nachprüfbaren Nichtabhilfebeschluss. Die in dem vorgenannten Beschluss enthaltene Begründung, dass die Einwände gegen den angefochtenen Beschluss nicht durchgreifend erscheinen, so dass nicht abzuhelfen, sondern die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorzulegen sei, ist formelhaft und nichtssagend und lässt nicht erkennen, dass sich das Familiengericht mit dem Beschwerdevorbringen in der Sache auseinandergesetzt hat.

Es ist aber allgemein anerkannt, dass nicht Abhilfebeschlüsse zu begründen sind, wenn die Beschwerde begründet wird. Das Gericht hat die Beschwerdegründe im Einzelnen zu prüfen und darzulegen, dass und aus welchen Gründen das Beschwerdevorbringen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung nicht rechtfertigt. Zweck des Abhilfeverfahrens ist es, Beschwerden auf einem möglichst einfachen Weg zu erledigen (vgl. insoweit OLG Köln a. a. O.; OLG Koblenz FamRZ 2008, 288, 289; Münchner Kommentar zur ZPO, a. a. O.). Diesem Zweck wird nicht genügt, wenn ohne oder nur mit formelhafter Begründung Beschwerdevorbringen unberücksichtigt bleibt. Solches von vornherein nicht unerhebliche Beschwerdevorbringen hat die Beklagte in ihrer Beschwerdeschrift dargetan. Zum Einen hat sie nochmals darauf hingewiesen, dass - worauf der ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 04.06.2009 - 11 F 116/09 - (Blatt 60 R GA) nicht eingegangen ist, der gemeinsame volljährige Sohn der Parteien nicht mehr unterhaltsberechtigt ist. Weiter hat sie nochmals vorgetragen, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten erwerbstätig ist. Jedenfalls für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ist dieser Vortrag ausreichend.

Neu im Beschwerdeverfahren ist aber insbesondere die Tatsache vorgetragen worden, dass der Kläger seit Juli 2009 nicht mehr kurzarbeitet und somit die dem Unterhaltsvergleich zugrunde liegenden Umstände sich nicht (mehr) verändert haben. Gerade im Hinblick auf die Tatsache, dass das Familiengericht selbst dem Kläger Prozesskostenhilfe nur für die Zeit ab Mai 2009 bewilligt hat, kommt diesem Umstand aber wesentliche Bedeutung zu. Im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung ist nämlich der Kläger gehalten, kurzfristige Einkommenseinbußen zu überbrücken. Eine Abänderung des Unterhaltsvergleiches kommt dann nur in Betracht, wenn sich die Einkommenseinbußen nachhaltig verfestigt haben.

Insgesamt lässt somit die die Prozesskostenhilfe verweigernde Entscheidung des Familiengerichts nicht erkennen, inwieweit die Vergleichsgrundlagen entfallen sind.

Für die Darlegung und den Beweis solcher veränderten Vergleichsgrundlagen ist aber der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Eine Abänderung eines Unterhaltsvergleiches ist nämlich nur nach den Grundsätzen über den Wegfall bzw. die Änderung der Geschäftsgrundlage möglich. So obliegt es dem Kläger im Einzelnen vorzutragen, was Grundlage des abgeschlossenen Trennungsunterhaltsvergleiches war und inwieweit sich hier gravierende Änderungen ergeben haben. Dies kann der Fall sein, wenn sich dauerhaft die Einkommensverhältnisse des Klägers zu seinem Nachteil geändert haben. Zu den Voraussetzungen, wann dies der Fall sein könnte, wird auf das oben Gesagte verwiesen.

Des weiteren wird auch abzuklären sein, inwieweit eine "eingeschränkte Erwerbstätigkeit" beim Abschluss des Trennungsunterhaltsvergleiches mit Vertragsgrundlage geworden ist. Schließlich wird zu hinterfragen sein, ob und in welchem Umfang Leistungen des Klägers an den volljährigen Sohn bei der Berechnung des Unterhaltsvergleiches mit berücksichtigt worden sind. In der Sache dürfte nämlich der Kläger seinem volljährigen Sohn nicht mehr unterhaltspflichtig sein. Dieser ist volljährig und hat sich selbst zu unterhalten. Gegebenenfalls hat er die Leistungen der Sozialhilfeträger in Anspruch zu nehmen. Sollten bei der Berechnung des Trennungsunterhaltes Unterhaltszahlungen an den Sohn berücksichtigt worden sein, wird die Höhe abzuklären sein und die Frage, ob die Beklagte sich diese Leistungen noch in Ansehung an ein eventuell vermindertes Einkommen des Klägers anrechnen lassen muss. Sollte sich nämlich ergeben, dass sich die Geschäftsgrundlage, die dem Abschluss des Vergleiches zugrunde lag, geändert hat, ist nämlich eine interessengerechte Anpassung vorzunehmen. Dies kann zur Folge haben, dass eventuell freiwillige Leistungen an den Sohn, die im Unterhaltsvergleich mitberücksichtigt wurden, nunmehr unberücksichtigt zu bleiben haben.

Die obigen Ausführungen des Senates zeigen, dass zu all diesen ungeklärten Fragen die Parteien noch Gelegenheit haben müssen, Stellung zu nehmen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass nach Klärung dieser Fragen, eine andere Sachentscheidung ergeht. Dabei wird weiter zu berücksichtigen sein, dass das summarische Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht dazu geeignet ist, die Hauptsacheentscheidung vorwegzunehmen.

Um den Parteien keine zweite Instanz zu nehmen, erschien es dem Senat sachdienlich, die Sache zur erneuten Entscheidung im Abhilfeverfahren an das Familiengericht zurückzuverweisen, welches insbesondere die Frage zu klären haben wird, ob der Kläger überhaupt noch Kurzarbeitergeld bezieht.

Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.

Eine Beschwerdegebühr wird nicht erhoben.

Ende der Entscheidung

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