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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.05.2009
Aktenzeichen: 5 U 113/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 287
ZPO § 288
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. Mai 2008 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln (25 O 202/06) unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Klagabweisung im übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.424,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 79 % und der Beklagte zu 21 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus übergegangenem Recht ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.424,55 Euro wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers zu.

1.

Dem Beklagten ist bei der Behandlung der Zeugin N-O im Januar 2003 ein Behandlungsfehler dahin unterlaufen, dass er bei einer orthopädisch veranlassten Injektion mit der Spritze in die linke Niere der Zeugin gestochen und dadurch dort ein Nierenhämatom ausgelöst hat. Dies hat der Beklagte dadurch zumindest deklaratorisch anerkannt, dass er der Zeugin noch im Januar 2003 zur Schadenswiedergutmachung wegen seines Behandlungsfehlers 5.000 Euro in bar gezahlt hat. Hiervon ist der Senat aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme überzeugt. Denn die Zeugin F N-O und deren Tochter, die Zeugin G H, haben im Kern übereinstimmend ausgesagt, dass der Beklagte der Zeugin N-O am 27. Januar 2003 einen Betrag in Höhe von 5.000 Euro in bar zur Schadenswiedergutmachung übergeben hat. Der Senat hält beide Zeuginnen für glaubwürdig und ist von der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen überzeugt. Denn sie haben beide in sich schlüssig, detailreich und gut nachvollziehbar die fraglichen Vorgänge am 27. Januar 2003 geschildert, wobei ihre Aussagen im wesentlichen Kern übereinstimmen. Die Aussagen der Zeuginnen weichen zwar in einem Einzelpunkt voneinander ab, weil die Zeugin N-O ausgesagt hat, dass sie nach dem Besuch beim Beklagten ihrer im Auto wartenden Tochter das Geld übergeben habe, während die Zeugin H bekundet hat, dass ihre Mutter ihr das Geld nicht unmittelbar gegeben sondern gesagt habe, dass sie das Geld zu dem von der Tochter beabsichtigten Autokauf beisteuern werde, was sie denn auch kurze Zeit später getan habe. Dieser Umstand schränkt aber die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen nicht zuletzt deshalb nicht ein, weil es zum einen gut nachvollziehbar ist, dass die Erinnerung daran, wann und wie genau die Mutter der Tochter den Betrag von 5.000 Euro für den Autokauf zur Verfügung gestellt hat, in der langen zwischenzeitlich vergangenen Zeit verblasst ist, und weil zum anderen die Divergenz der Aussagen in diesem Punkt den Eindruck des Senats bestätigt hat, dass die Zeuginnen die fraglichen Vorgänge jeweils aus ihrer eigenen Erinnerung geschildert und ihre Aussagen nicht abgesprochen haben.

2.

Der somit dem Grunde nach gegebene Anspruch der Klägerin konnte aber nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zugesprochen werden. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen inwiefern die Untersuchungen und Behandlungen der Zeugin N-O, die sie ausweislich der Klageschrift beigefügten Aufstellung für die Zeugin im Rahmen des Krankenversicherungsverhältnisses bezahlt hat, auf den Behandlungsfehler des Beklagten und das dadurch verursachte Hämatom der linken Niere der Zeugin zurückzuführen sind. Und aus den von der Klägerin in Kopie ohne schriftsätzliche Aufbereitung zu den insgesamt 15 Positionen der genannten Aufstellung vorgelegten Rechnungen ergibt sich nur hinsichtlich eines relativ geringfügigen Teils der Einzelpositionen ein Bezug zu dem Nierenhämatom mit der Folge, dass die Klageforderung lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 1.424,55 Euro zugesprochen werden kann, der sich wie folgt ermittelt:

Zu Position/Beleg 1:

Die hierzu vorgelegte Rechnung bezieht sich ebenso wie die Rechnung zu Position 6 auf einen Krankenhausaufenthalt im Juni 2002, wobei in der Rechnung zu Position 6 als Diagnose neben einem Hämatom in der linken Niere zwei weitere Umstände aufgeführt sind, wobei aufgrund der Angaben zu den Einzelpositionen in den Belegen eine Halbierung des Rechnungsbetrages angemessener erscheint als eine Drittelung. Somit zu berücksichtigen: (660,27 Euro : 2 =) 330,14 Euro.

Zu Position/Beleg 2:

Die hierzu vorgelegte Rechnung über 1.224,99 Euro bezieht sich auf Untersuchungen eines Strahleninstituts im Juli 2002. Dieser Rechnungsbetrag kann nicht berücksichtigt werden, weil der Beklagte unbestritten vorgetragen hat, dass es sich insoweit um diejenigen Untersuchungen handele, die er empfohlen habe, und die ohnehin auch unabhängig von der Frage eines Behandlungsfehlers hätten durchgeführt werden müssen.

Zu Positionen 3 und 4:

Diese Positionen mit Beträgen von 9,15 Euro und 13,98 Euro können nicht berücksichtigt werden, weil insoweit keinerlei Belege vorgelegt worden sind.

Zu Position/Beleg 5:

Der Betrag in Höhe von 440,43 Euro aus der hierzu vorgelegten Rechnung ist in vollem Umfang zu berücksichtigen, weil er eine radiologische Untersuchung wegen eines Hämatoms der linken Niere betrifft.

Zu Position/Beleg 6:

Aus den oben zu Position/Beleg 1 ausgeführten Gründen kann der Betrag in Höhe von 363,24 Euro aus der zu dieser Position vorgelegten Rechnung zur Hälfte berücksichtigt werden. Somit zu berücksichtigen: (363,24 Euro : 2 =) 181,62 Euro.

Zu Position/Beleg 7:

In der zu dieser Position vorgelegten Rechnung, die sich auf urologische Untersuchungen bezieht, sind als Diagnose neben einem Hämatom der linken Niere zwar zwei weitere Umstände aufgeführt. Die Diagnose Nierenzyste fällt aber im Vergleich zu den beiden anderen Diagnosen nicht wesentlich ins Gewicht mit der Folge, dass eine Halbierung des Rechnungsbetrages angemessener ist als eine Drittelung. Somit zu berücksichtigen: (232,03 Euro : 2 =) 116,02 Euro.

Zu Position/Beleg 8:

Die zu dieser Position vorgelegte Rechnung bezieht sich auf ambulante ärztliche Krankenhausleistungen in der Zeit vom 13. Juni bis 19. September 2002 und kann lediglich zu 10 % berücksichtigt werden. Denn in der Rechnung sind neben einem Nierenhämatom drei weitere Diagnosen aufgeführt, wobei sich aber die abgerechneten Einzelleistungen im Wesentlichen auf die als Diagnose angegebene Kachexie bei exokriner Pankreasinsuffizienz beziehen, während die weiteren Diagnosen, nämlich die arterielle Hypertonie, das Nierenhämatom, die Nierenzyste rechts eine eher untergeordnete Rolle spielen mit der Folge, dass eine prozentuale Aufteilung der Rechnung 70 % : 10 % : 10 % : 10 % als angemessen erscheint. Somit zu berücksichtigen: (10 % von 893,98 Euro =) 89,40 Euro.

Zu Position/Beleg 9:

Die hierzu vorgelegte Rechnung bezieht sich auf radiologische Untersuchungen am 11. September 2002 und ist zu einem Drittel zu berücksichtigen. Denn in der Rechnung sind etwa ebenso viele Einzeldiagnosen wie abgerechnete Einzelleistungen angegeben, wobei ein Schwerpunkt schwer festzulegen und die Zuordnung der abgerechneten Einzelleitungen zu den einzelnen Diagnosen schwierig ist. Da sich aber mehrere Diagnosen auf die Nieren beziehen und ein Zusammenhang mit dem Hämatom nicht ausgeschlossen ist, erscheint es im Rahmen einer Schätzung entsprechend § 287 ZPO als angemessen, ein Drittel zu berücksichtigen. Somit zu berücksichtigen: (649,97 Euro : 3 =) 216,66 Euro.

Zu Position/Beleg 10:

Die zu dieser Position vorgelegte Rechnung betrifft eine radiologische Untersuchung am 8. Oktober 2002 und kann insgesamt nicht berücksichtigt werden. Denn der Beklagte hat zu dieser Rechnung unbestritten vorgetragen, dass es sich bei den Auftrag gebenden Ärzten um HNO-Ärzte handele mit der Folge, dass ein Zusammenhang der Untersuchung mit dem Nierenhämatom nicht festgestellt werden kann.

Zu Position/Beleg 11:

Die zu dieser Position vorgelegte Rechnung bezieht sich auf eine urologische Behandlung im September 2002 und kann zur Hälfte berücksichtigt werden. Denn als Diagnosen sind ein Nierenhämatom links und eine Nierenzyste rechts angegeben, wobei es als angemessen erscheint, den Rechnungsbetrag im Rahmen einer Schätzung zu halbieren, weil die Zuordnung der abgerechneten Einzelpositionen zu den beiden Diagnosen schwierig ist. Somit zu berücksichtigen: (100,56 Euro : 2 =) 50,28 Euro.

Zu Position/Beleg 12:

Die zu dieser Position vorgelegte Rechnung betrifft ambulante ärztliche Krankenhausleistungen in der Zeit vom 4. November 2002 bis 11. Dezember 2002 und kann insgesamt nicht berücksichtigt werden. Zwar ist das Nierenhämatom links als eine der Diagnosen angegeben. Aber zum einen ist nicht ersichtlich, welche der abgerechneten Einzelleistungen sich hierauf beziehen könnten, und zum anderen ist als Schwerpunkt der abgerechneten Leistungen die Bronchoskopie mit operativem Eingriff einschließlich der damit zusammenhängenden weiteren Maßnahmen (Beratung, Lokalanästhesie etc.) anzusehen.

Zu Position/Beleg 13:

Die zu dieser Position vorgelegte Rechnung betrifft internistische Behandlungen in der Zeit vom 21. Oktober 2002 bis zum 3. Dezember 2002 und kann nicht berücksichtigt werden. Denn das Nierenhämatom ist als Diagnose nicht ausdrücklich genannt; genannt sind lediglich drei Diagnosen, die sich zwar auf Nieren beziehen, aber ihrer Art nach und auch hinsichtlich des zeitlichen Abstandes zu der umstrittenen Behandlung (Juni 2002, d. h. vier bis sechs Monate vor den hier abgerechneten Leistungen) wohl eher nicht mit dem Hämatom in Verbindung zu bringen sind.

Zu den Positionen/Belegen 14 und 15:

Die zu diesen Positionen vorgelegten Belege, nämlich die Laborrechnung (Beleg 14) und die Abrechnung einer internistischen Behandlung (Beleg 15) stehen in Zusammenhang mit den internistische Behandlungen in der Zeit vom 21. Oktober 2002 bis zum 3. Dezember 2002 gemäß Beleg 13 und können aus den oben zu Position/Beleg 13 ausgeführten Gründen insgesamt nicht berücksichtigt werden.

Zusammenfassung:

Insgesamt ergibt sich dementsprechend der zuzusprechende Betrag von [330,14 Euro (Position 1) + 440,43 Euro (Position 5) + 181,62 Euro (Position 6) + 116,02 Euro (Position 7) + 89,40 Euro (Position 8) + 216,66 Euro (Position 9) + 50,28 Euro (Position 11) =] 1.424,55 Euro.

Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf § 288 ZPO.

3.

Prozessuale Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO hierfür nicht vorliegen. Die entscheidungserheblichen Fragen sind solche des Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 6.739,39 Euro

Ende der Entscheidung

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