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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 5 U 211/01
Rechtsgebiete: MB/KK 94


Vorschriften:

MB/KK 94 § 1 (2)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 211/01

Anlage zum Protokoll vom 14.1.2004

Verkündet am 14.1.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Rosenberger, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schmitz-Pakebusch und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Thurn

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11.9.2001 (10 O 589/98) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, bei der sie privat krankenversichert ist, Erstattung von Behandlungskosten sowie Feststellung der Erstattungspflicht für künftige Behandlungen. Bei der Klägerin wurde im Jahre 1994 ein Mammakarzinom im Stadium II festgestellt und behandelt. Die Krebsbehandlung selbst erfolgte über mehrere Jahre mit dem Hormonpräparat Tamoxifen. Seit Oktober 1996 befindet sich die Beklagte in Behandlung bei dem Gynäkologen und Bäderarzt Dr. L, der die Klägerin im Rahmen einer als ganzheitlich aufgefassten Therapie vor allem mit einer geschlossenen Kohlendioxidbehandlung, mit vaginalen Moorpackungen sowie mit Infusionen und Injektionen mit Mineralien und Vitaminen therapiert. Zweck dieser Behandlung ist nach dem Vortrag der Klägerin die Steigerung der Immunabwehr, die Verbesserung der Stoffwechsellage und die Bekämpfung von Nebenwirkungen des Medikaments Tamoxifen. Die Beklagte hat die medizinische Notwendigkeit der Kohlendioxidbehandlung, der vaginalen Moorpackungen und der Injektionen/Infusionen bestritten und die von der Klägerin eingereichten Rechnungen entsprechend gekürzt. Die Klägerin führt die Tatsache, dass sie trotz denkbar schlechter Prognose bislang rezidivfrei geblieben sei, ausschließlich auf die Behandlung von Dr. L zurück und vertritt die Auffassung, diese Behandlung sei medizinisch notwendig.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.930,91 DM (8.656,64 Euro) nebst 4% Zinsen seit dem 19.1.1999 zu zahlen,

2.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren künftig entstehenden Kosten der geschlossenen CO²-Gastherapie sowie der vaginalen Mooranwendungen zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Kammer hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die durchgeführte Behandlung sei in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. C als medizinisch notwendig anzusehen, da sie jedenfalls der Linderung der Grunderkrankung (Brustkrebs) gedient habe. Da es keine schulmedizinische Behandlungsmethode gebe, die sichere Heilung garantieren könne, habe sich die Klägerin auch alternativer Behandlungsmethoden bedienen können. Diese sei auch grundsätzlich geeignet gewesen und nicht etwa als Außenseitermethode anzusehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Sie rügt, die Kammer habe die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme medizinischer Notwendigkeit verkannt. Soweit es um die Nachbehandlung des Brustkrebses gehe, stünden sehr wohl schulmedizinische Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung, auf die die Klägerin hier bewusst verzichtet habe. Die angewandten naturheilkundlichen Maßnahmen seien selbst nach Auffassung des Sachverständigen Dr. C nicht wissenschaftlich nachweisbar wirksam, erst recht nicht der Schulmedizin überlegen. Die bloße Tatsache, dass die Behandlung sich günstig auf die Lebensqualität der Klägerin auswirke, genüge nicht. Auch dürfe nicht auf die Tatsache abgestellt werden, dass die Klägerin bislang glücklicherweise rezidivfrei geblieben sei. Im übrigen bleibe ein Zusammenhang zwischen der Rezidivfreiheit und der Behandlung durch Dr. L bestritten. Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 11.9.2001 (10 O 589/98) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Anschluss an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12.3.2003 (VersR 2003, 581 ff.) vertritt sie die Auffassung, Kostenargumente könnten nunmehr keine Rolle mehr spielen. Die medizinische Notwendigkeit ergebe sich bereits daraus, dass die Behandlung geeignet sei, ihre Beschwerden zu lindern.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Prof. Dr. N vom 6.8.2003 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2003 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und in der Sache auch gerechtfertigt. Die Klage ist hinsichtlich des Zahlungsantrages und hinsichtlich des Feststellungsantrages unbegründet (hinsichtlich des Feststellungsantrages daneben wohl auch unzulässig), denn die Klägerin kann die Erstattung der geltend gemachten Krankheitskosten nicht von der Beklagten beanspruchen.

1.

Nach § 1 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 MBKK gewährt der Versicherer im Versicherungsfall Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen. Dabei ist Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Medizinisch notwendig ist eine Behandlungsmaßnahme nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Ober- und Instanzgerichte sowie nahezu einhelliger Literaturansicht, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen (vgl. etwa BGH VersR 1996, 1224; OLG Köln VersR 1993, 1514; Schoenfeldt/Kalis in Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl.2002, § 1 MBKK Rn. 42 m.z.w.N.). Es ist danach nicht maßgebend, ob der behandelnde Arzt die Behandlung für medizinisch notwendig hält (BGH VersR 1978, 271, 272; NJW 1979, 1250). Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit hat vielmehr ausschließlich objektiv zu erfolgen (BGH aaO, Schoenfeldt/Karis in Bach/Moser § 1 MBKK Rn. 41 m.z.w.N.). Vertretbar ist die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung, wenn sie sowohl in begründeter und nachvollziehbarer wie wissenschaftlich fundierter Vorgehensweise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet (BGH VersR 1996, 1224 ff.; OLG Köln VersR 1995, 1177, ebenfalls ständige Rechtsprechung). Eine adäquate, geeignete Therapie kann dabei durchaus eine sog. "alternative" Heilmethode sein, insbesondere ein Naturheilverfahren. Medizinische Notwendigkeit ist keineswegs nur bei Methoden der sog. Schulmedizin zu bejahen. Allerdings muss es sich dabei grundsätzlich um Verfahren handeln, die den Nachweis klinischer Wirksamkeit erbringen können. Außenseitermethoden, die auf spekulativen Denkmodellen beruhen und den wissenschaftlichen Nachweis ihrer Wirksamkeit nicht erbringen können, sind hiervon abzugrenzen. Sie stellen grundsätzlich keine adäquate, geeignete Therapie dar und sind nicht erstattungsfähig. Die Frage schließlich, ob Kostenaspekte für die Erstattungspflicht des Versicherers eine Rolle spielen dürfen, was nach herkömmlicher Auffassung der Fall war, nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VersR 2003, 581 ff.) aber nur unter engen Voraussetzungen möglich ist, stellt sich erst, wenn die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme feststeht.

2.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann der Senat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, soweit sie überhaupt noch in Streit stehen (also vaginale Moorbehandlung, CO2-Gastherapie sowie Infusionen und Injektionen mit diversen homöopathischen Präparaten), nicht feststellen.

Für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit ist anzuknüpfen an die Krankheit, deren Heilung oder Linderung die Behandlung dienen soll.

a)

Die Klägerin macht vor allem geltend, die Behandlungen stünden im mehr oder minder direkten Zusammenhang mit der erlittenen Brustkrebserkrankung. Sie dienten über eine Stärkung der Immunabwehr und des allgemeinen körperlichen und seelischen Wohlbefindens der Vermeidung eines Rezidivs. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Rezidivgefahr angesichts der Schwere ihrer Erkrankung statistisch gesehen außerordentlich hoch sei und das Risiko, diese schwere Form des Brustkrebses um mehr als 10 Jahre nicht zu überleben, bei 100% liege. Festzuhalten ist, dass die Behandlungen bei Dr. L damit keine unmittelbare Krebsbehandlung darstellen. Der Krebs selbst ist derzeit erfolgreich bekämpft. Zur eigentlichen Nachsorge hat die Klägerin unstreitig über viele Jahre das Medikament Tamoxifen eingenommen, dessen Erstattung hier nicht im Streit ist. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, wonach bei inkurablen Erkrankungen (und hier insbesondere bei schulmedizinisch austherapierten Krebspatienten) auch Methoden mit geringer oder wissenschaftlich ungesicherter Heilungswahrscheinlichkeit als medizinisch notwendig angesehen werden können (BGH VersR 1996, 1224 ff.), finden hier demzufolge keine Anwendung.

Zur Frage, inwieweit die Behandlungen des Dr. L medizinisch notwendig war, um die Rezidivgefahr zu vermindern, hat der Sachverständige Prof. Dr. N ausgeführt, dass die Prognose der Klägerin, die Krebserkrankung um 10 Jahre zu überleben, unter Einnahme von Tamoxifen bei statistisch gesehen 24 - 27% liege (also die von der Klägerin behauptete Sterblichkeit von 100% nicht der Wahrheit entspreche), dass es überaus zahlreiche Publikationen über Forschungen mit diversen Immuntherapien gebe, und dass in diesen insgesamt bislang nicht habe der Nachweis geführt werden können, dass sie von irgendeiner klinischen Relevanz seien. Alle biologischen Therapien hätten sich bislang als wirkungslos erwiesen. Die von Dr. L durchgeführten Behandlungen seien als experimentell anzusehen. Sie beruhten letztlich darauf, dass der Patientin suggeriert werde, über eine ganzheitliche, d.h. alle Beschwerden erfassende und diese beseitigende oder lindernde Behandlung, verbunden mit der Zuwendung eines Arztes ihres Vertrauens, würden innere Kräfte des Organismus gegen die Krebserkrankung mobilisiert. Insoweit sei es durchaus möglich, dass der Klägerin tatsächlich zumindest insoweit geholfen worden sei, als ihr die Angst vor dem Krebs genommen oder vermindert worden sei. Eine tatsächlich heilende (oder lindernde) Wirkung sei allerdings nicht festzustellen. Hierzu erläutert der Sachverständige im einzelnen, wie die Wirksamkeit von onkologischen Therapien geprüft wird und legt dar, dass es im Hinblick auf die These der alternativen Mediziner von der Wirkung der Steigerung von Immunkräften an all diesen Kriterien fehlt.

Diese Feststellungen sind eindeutig. Sie sind auch für den Senat in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend. Sie werden nicht durch die Ausführungen des erstinstanzlich tätigen Gutachters Dr. C in ihrer Überzeugungskraft relativiert oder entwertet. Dieser hat zwar im Ergebnis die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen wegen ihrer die Lebensqualität der Klägerin verbessernden Wirkung bejaht. Er hat dies aber letztlich nur mit der Wirkungslosigkeit der Standardmethoden im Hinblick auf die 10-Jahres-Prognose begründet und im übrigen zu erkennen gegeben, dass er von der Wirksamkeit einer ganzheitlichen, insbesondere auch die psychischen Kräfte stärkenden Behandlung, wie sie Dr. L durchführe, überzeugt sei. Wissenschaftlich nachvollziehbare Begründungen für die Wirksamkeit der Behandlungen von Dr. L kann er demgegenüber nicht anführen. Studien, die entgegen den Aussagen von Prof. Dr. N die Wirksamkeit belegen könnten, zeigt er nicht auf. Der Aussage des Sachverständigen N (und zuvor des außerprozessual tätigen Sachverständigen Prof. Dr. T), wonach es keine Studien gibt, die die Wirksamkeit der Moorbehandlung und der Gastherapie bei Krebserkrankungen belegen, widerspricht er nicht, sondern bestätigt sie letztlich ausdrücklich (S. 14 seines Gutachtens, Bl. 108 d.A.). Er kann sich vielmehr nur umgekehrt darauf berufen, dass auch die Unwirksamkeit der Methoden von Dr. L nicht feststehe, was allerdings auch der Sachverständige N seinerseits nicht etwa behauptet, und was rechtlich ohne Bedeutung ist. Ferner kann er nur darauf verweisen, dass die positiven psychischen Aspekte aus seiner Sicht den Einsatz der Behandlungen medizinisch rechtfertigen. Letzteres deckt sich allerdings gerade nicht mit dem rechtlichen Begriff der "medizinischen Vertretbarkeit", der nachweisbare Wirksamkeit erfordert und nicht lediglich ungewisse psychische Effekte (Placeboeffekt) genügen lässt.

b)

Die Klägerin macht weiter geltend, die Behandlungen dienten der Bekämpfung der Nebenwirkungen der eigentlichen Krebsbekämpfung durch das Medikament Tamoxifen. Nebenwirkungen eines Medikaments können zwar durchaus eine Krankheit im Sinne des § 1 MBKK darstellen, nämlich einen anomalen Körper- oder Geisteszustand, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher und geistiger Funktionen bewirkt (BGH VersR 1987, 278 f.). Aber auch insoweit kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die medizinische Notwendigkeit der Behandlung durch Dr. L nicht begründet werden. Die Klägerin (insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. C) selbst sieht als Nebenwirkung der Tamoxifen-Einnahme vor allem die atrophische Kolpitis an, gegen die gezielt die vaginalen Mooranwendungen eingesetzt würden. Dem hat allerdings der Sachverständige Prof. Dr. N eindeutig widersprochen. Danach stelle eine atrophische Kolpitis (Austrocknung der Scheidenschleimhaut) gerade keine Folge von Tamoxifen dar. Dies werde auch in der Literatur nirgendwo beschrieben, vielmehr sei - so der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Anhörung - eher das Gegenteil zu erwarten. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei der diagnostizierten Kolpitis um eine Folge des Hormondefizits in den Wechseljahren handele. Auch die von der Klägerin selbst vorgelegte Gebrauchsinformation des Medikaments bestätigt die Ausführungen des Gutachters. Eine Austrocknung der Scheidenwand wird auch dort nicht beschrieben. Die gegenteilige Auffassung von Dr. C vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Da er den Zusammenhang zwischen Kolpitis und Tamoxifeneinnahme in keiner Weise begründet oder nur problematisiert, seine beiläufige Feststellung vielmehr den Eindruck unkritischer und nicht hinterfragter Übernahme der ihrerseits ungesicherten Vermutungen Dritter erweckt, kann dieser Auffassung kein Beweiswert zukommen.

Die Klägerin (bzw. Dr. L) sieht ferner die Hautausschläge als (mögliche) Folge der Tamoxifen-Einnahme an. Auch dies hat indes der Sachverständige Prof. Dr. N nicht zu bestätigen vermocht, wenn er es auch nicht völlig hat ausschließen können. Er hat ausgeführt, es sei unwahrscheinlich, dass die Hautveränderungen auf Tamoxifen zurück zu führen seien, da die Klägerin jahrelang unter einer Hautkrankheit leide bei einer bestehenden Neigung zu Allergien. Jedenfalls aber sei eine Wirksamkeit der CO2-Gastherapie und der Injektionen bzw. Infusionen diesbezüglich nicht feststellbar und nicht begründbar. Auch dem folgt der Senat, zumal die Klägerin selbst hiergegen nichts Erhebliches vorbringt. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung, sei es der Kohlendioxid-Therapie, sei es der Infusionen und Injektionen, ist unter diesem Gesichtspunkt jedenfalls ebenfalls nicht zu begründen.

Soweit in den Rechnungen des Dr. L eine Vielzahl weiterer Diagnosen aufgeführt ist, stellen diese auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin (und wohl auch nach der Auffassung von Dr. L) von vornherein keine Nebenwirkungen des Mittels Tamoxifen dar, so dass unter diesem Aspekt auch keine medizinische Notwendigkeit der Behandlung zu begründen ist.

c)

Eine medizinische Notwendigkeit ist schließlich aber auch nicht mit den sehr unterschiedlichen allgemeinen Beschwerden zu rechtfertigen, die Dr. L diagnostiziert hat (Palladiumintoxikation, Allergien, Schmerzen im Bereich LWS und HWS, orthopädische Probleme nach einseitiger Mastektomie, Lymphödeme nach Verkehrsunfall 1984, Tendovaginitis, Sinusitis, Anämie, Harnwegsinfekt, Candidabefall im Darm, beginnende Harninkontinenz, chronische Depression, Schlafstörungen, atrophische Kolpitis). Hierzu fehlt es bereits an hinreichend klarem Sachvortrag. In den erst- wie zweitinstanzlichen Schriftsätzen bezieht sich die Klägerin praktisch ausschließlich auf die Krebsbehandlung bzw. die Behandlung der Nebenwirkungen der Krebsmedikamente. Hingegen hat die Klägerin nie behauptet, die CO2-Therapie, die vaginale Moortherapie und die Infusionen mit Mineralien und Vitaminen dienten der zielgerichteten Behandlung dieser höchst unterschiedlichen Beschwerden. Tatsächlich hat auch Dr. L gegenüber der Beklagten im vorprozessualen Bereich praktisch die Notwendigkeit der Behandlung ausschließlich mit der Krebserkrankung (Stärkung der Immunabwehr) begründet. Von einer zielgerichteten Behandlung der aufgeführten Beschwerden kann auch - wie der Sachverständige Dr. N zutreffend ausgeführt hat - keine Rede sein, wenn über Jahre hinweg praktisch stereotyp die gleichen Diagnosen wiederholt werden, die "Therapie" sich aber nie ändert. Vielmehr läuft die durchgeführte Behandlung, so der Sachverständige überzeugend, darauf hinaus, dass über eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens der Klägerin geholfen wird, diese Beschwerden besser und leichter zu ertragen. Wie oben bereits ausgeführt, bedeutet die Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, ohne auf die Krankheit selbst Einfluss zu nehmen, aber keine medizinisch notwendige Maßnahme.

Insoweit hat der Senat auch keinen Anlass, (dies gilt auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerin vom 12.1.2004) der Frage noch weiter nachzugehen, ob bei der Klägerin tatsächlich alle der aufgeführten Diagnosen zutreffen, und vor allem, ob die Methoden des Dr. L eventuell geeignet sind, im Hinblick auf einzelne Erkrankungen oder Beschwerden grundsätzlich eine wirksame Therapie darzustellen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Frage, ob die Mooranwendungen eventuell geeignet wären, eine unmittelbar heilende oder lindernde Wirkung hinsichtlich der durch die Wechseljahre bedingten Kolpitis zu entfalten. Von dieser von ihm offen gelassenen Frage abgesehen hat der Sachverständige Prof. Dr. N im übrigen aber auch jegliche nachweisbare Wirksamkeit verneint. Er hat darauf verwiesen, dass den Diagnosen von Dr. L kaum verifizierbare Befunde zugrunde lägen. Soweit in stetiger Wiederholung die Diagnose "Anämie" auftauche, werde dies durch die Ergebnisse der zahlreichen durchgeführten Blutbilder gerade nicht bestätigt. Er hat ferner darauf verwiesen, dass auch der Sachverständige Dr. C im Rahmen der von diesem durchgeführten Untersuchung die Kolpitis (deren Krankheitswert ohnehin fraglich ist) als weniger ausgeprägt angesehen habe als Dr. L. Dafür, dass die hier in Rede stehenden Behandlungen keine Wirksamkeit auf irgendeine der angesprochenen Beschwerden entfalteten, spreche im übrigen auch deutlich, dass sich hinsichtlich der in den Rechnungen aufgeführten Diagnosen im Laufe von Jahren offenbar keine nachhaltige Besserung ergeben habe. Eine Therapie, die ersichtlich nicht anschlägt, ist aber abzusetzen. Ihre Fortsetzung kann per se nicht medizinisch notwendig sein.

4.

Der Antrag auf Feststellung künftiger Erstattungspflicht hinsichtlich vaginaler Moortherapien und CO2-Therapien ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. etwa Urt. vom 7.2.1996, r+s 1996, 195 f.; Urt. vom 5.12.2001 - 5 U 111/01 n.v.) wohl bereits unzulässig, denn ihm fehlt das Feststellungsinteresse (§ 256 Abs.1 ZPO). Die Krankheitskostenversicherung gewährt grundsätzlich nur einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für bereits durchgeführte notwendige medizinische Behandlungen. Nach den vertraglichen Bedingungen kann der Versicherungsnehmer nur beanspruchen, dass die Versicherungsleistung erbracht wird, nachdem die Leistung erbracht wird. Er hat dagegen keinen Anspruch auf eine Zusage im Hinblick auf noch durchzuführende Maßnahmen. Darauf läuft aber der Feststellungsantrag hinaus. Ausnahmen von diesen Grundsätzen erkennt der Senat nur in besonders gelagerten Fällen an, insbesondere, wenn der Versicherungsnehmer dringend auf die Behandlung angewiesen ist und anderenfalls nicht wieder gut zu machende Schäden drohen. Davon kann im vorliegenden Fall kaum auszugehen sein. Letztlich kann dies aber dahinstehen, da die Klage - wie dargelegt - auch in der Sache abweisungsreif ist (RGZ 158, 145, 152; BGHZ 12, 316).

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs.2 ZPO n.F.) besteht kein Anlass.

Streitwert: 8.656,64 Euro für den Zahlungsantrag 15.000,00 Euro für den Feststellungsantrag (geschätzt)

gesamt: 23.656,64 Euro.

Ende der Entscheidung

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