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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 5 U 228/07
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. September 2007 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 486/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 1.12.1965 geborene Klägerin wurde am 25.6.1993 im Krankenhaus der Beklagten notfallmäßig durch Kaiserschnitt entbunden. Der Arzt Dr. U hatte die Klägerin zuvor aus dem Wehenzimmer in den etwa 15 Meter entfernten Operationssaal getragen und sie auf dem Operationsstuhl abgelegt. Wegen starker, durch eine Gerinnungsstörung bedingter Blutungen musste unmittelbar nach der Geburt die Gebärmutter entfernt werden. In den folgenden Tagen waren beide Beine der Klägerin geschwollen und druckschmerzhaft, vor allem der rechte Unterschenkel. Die behandelnden Ärzte führten am 26.6.1993 eine Dopplersonografie durch, holten am 2.7.1993 ein gefäßchirurgisches Konsil mit anschließender Phlebografie (5.7.1993) und am 7.7.1993 ein chirurgisches Konsil ein. Letzteres ergab keinen Hinweis auf ein Kompartment-Syndrom oder eine Thrombose, nachdem zuvor teils der Verdacht auf eine Unterschenkelthrombose dokumentiert worden war. Am 14.7.1993 verließ die Klägerin das Krankenhaus. Anfang 1997 ergab eine kernspintomografische Untersuchung der rechten Wade der Klägerin eine ausgeprägte Nekrose des Musculus soleus.

Die Klägerin hat die Beklagte und die ehemaligen Beklagten zu 2) bis 5) auf Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch genommen. Sie hat ihnen im wesentlichen vorgeworfen, durch heftiges Aufschlagenlassen der Waden auf die Beinhalterungen des Operationstisches oder durch eine unsachgemäße Lagerung der Beine ein Kompartment-Syndrom (mit-) verursacht zu haben, das anschließend trotz ausreichender Hinweise nicht erkannt und deshalb nicht behandelt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 35.000 € nebst 8 % Zinsen seit Rechtshängigkeit,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 21.762,08 € zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche weiteren vergangenen und alle künftigen materiellen Schäden, die ihr aus der dortigen fehlerhaften Behandlung entstanden sind, derzeit entstehen und in Zukunft entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Die Beklagte und die ehemaligen Beklagten zu 2) bis 5) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben einen Behandlungsfehler in Abrede gestellt. Insbesondere sei die Lagerung der Klägerin ohne besondere Vorfälle, etwa ein Aufschlagen der Beine, erfolgt. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. A vom 7.11.2005 (Bl. 125 ff. d.A.) eingeholt und den Sachverständigen angehört (Bl. 180 f. d.A.).

Daraufhin hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Behandlungsfehler sei nicht festzustellen. Dies gelte selbst dann, wenn man - wie der Sachverständige - die streitige Tatsache zugrunde lege, dass die Klägerin bei der Lagerung zur Durchführung der Sectio-Entbindung mit den Beinen auf den Operationstisch aufgeschlagen sei, was nach den Ausführungen des Sachverständigen allenfalls zu einem Bagatelltrauma geführt haben könne. In einer Notsituation könne der schonendste Umgang mit dem Patienten nicht immer bis ins Detail gewährleistet werden. Im Übrigen sei die Tatsache, dass Dr. U die Klägerin nicht sorgfältig auf dem Operationstisch abgelegt habe, kaum substantiiert vorgetragen, streitig und nicht unter Beweis gestellt. Insbesondere sei der Ehemann, der den Vorfall nach Darstellung der Klägerin mitbekommen habe, nicht als Zeuge benannt worden. Zu Gunsten der Klägerin lasse sich nichts aus den Behandlungsunterlagen herleiten. Allein der Befund im geburtshilflichen Bericht, in dem eine "Prellung re. Wade" notiert sei, lasse keinen Rückschluss darauf zu, wie es zu dieser Prellung gekommen sei. Bezüglich der Lagerung der Beine der Klägerin während der Operation sei ein Fehler nicht zu erkennen. Ein beginnendes Kompartment-Syndrom habe während des Aufenthalts der Klägerin im Haus der Beklagten nicht erkannt werden müssen. Die spezifischen Symptome eines Kompartment-Syndroms hätten nicht vorgelegen. Weitere Untersuchungen, bei denen sich im Übrigen wahrscheinlich kein reaktionspflichtiger Befund ergeben hätte, seien nicht geboten gewesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie nach Rücknahme des Rechtsmittels im Übrigen auf die Beklagte beschränkt hat. Nach der Bewertung aller Sachverständigen stehe fest, dass die Schädigung durch das Aufschlagen beider Unterschenkel bei Beginn der Lagerung auf dem Operationstisch entstanden sei. Das Landgericht habe die Klägerin darauf hinweisen müssen, dass es ihren Vortrag für nicht hinreichend substantiiert und einen Beweisantritt für erforderlich gehalten habe. Der Schaden sei danach im Verantwortungsbereich der beklagten Klinik entstanden. Der objektive Pflichtverstoß lasse sich nicht mit einer vermeintlichen Notsituation für Mutter und Kind rechtfertigen. Selbst in einer Notsituation dürfe der Patient davon ausgehen, dass Transport und Lagerung zu Beginn des eigentlichen medizinischen Eingriffs ordnungsgemäß erfolgten. Im vorliegenden Fall stehe ein einfacher und völlig beherrschbarer Vorgang in Rede.

Soweit eine fehlerhafte Lagerung während der Operation als mögliche Schadensursache verbleibe, bestehe weiterer Aufklärungsbedarf. Der Sachverständige habe sich nicht mit der Frage befasst, ob die Lagerung, die im Operationsprotokoll mit "Steinschnitt" beschrieben sei, ordnungsgemäß gewählt gewesen sei.

Die für die Beklagte tätigen Ärzte hätten die notwendigen Befunde nicht erhoben, weshalb das Kompartment-Syndrom viel zu spät behandelt worden sei. Bei den Konsilen vom 2.7.1993 (gefäßchirurgisch) und vom 7.7.1993 (chirurgisch) habe es nicht bewenden dürfen, zumal sich die Beschwerden der Klägerin keineswegs gebessert hätten. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter Dr. J habe insbesondere beschrieben, dass erhebliche motorische Störungen vorhanden gewesen seien, die zu weiteren Befunderhebungen Anlass gegeben hätten. Jedenfalls habe der Beklagten der Hinweis an die nachfolgenden Behandler oblegen, dass die Ursachen nicht abgeklärt und weitere diagnostische Maßnahmen angezeigt seien.

Die Klägerin beantragt,

unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte nach den von der Klägerin in I. Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Ehemanns der Klägerin X S und des Arztes Dr. U als Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 9.6.2008 (Bl. 258 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten wegen der Behandlung ab dem 25.6.1993 weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz verlangen. Behandlungsfehler sind nicht erwiesen.

1. Ein Behandlungsfehler bei Beginn der Lagerung lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Zeuge Dr. U sie vor Beginn der Sectio in der Weise auf dem Operationsstuhl abgelegt hat, dass beide Unterschenkel/Waden heftig auf die Beinhalterungen aufschlugen, und/oder dass eine Wadenprellung rechts bei der Lagerung verursacht worden ist.

Beweiserleichterungen aus dem Gesichtspunkt des voll beherrschbaren Risikobereichs kommen der Klägerin daher nicht zu Gute. Zwar hat die Behandlungsseite die Vermutung des Verschuldens bzw. einer objektiven Pflichtverletzung zu widerlegen, sofern feststeht, dass eine Schädigung ihre Ursache in einem voll beherrschbaren Risikobereich - zu denen auch die Lagerung des Patienten zählt - hat (Frahm/Nixdorf, 3. Aufl. Rdn. 142 m.w.Nachw). Der streitige Umstand, ob bei der Lagerung der Klägerin eine Wadenprellung rechts verursacht worden ist, betrifft aber schon die Voraussetzung der Beweiserleichterung, nämlich die Frage, ob eine Schädigung der Klägerin überhaupt aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten herrührt.

Der Zeuge S hat bekundet, dass er bis in den Eingang des Operationszimmers gegangen sei. Er habe den Vorgang nicht mehr vor Augen. Er habe nur in Erinnerung, dass der Zeuge Dr. U die Klägerin rübergetragen habe und dort gelagert habe. Die Klägerin habe aufgeschrieen "Aua", nicht gebrüllt. Es sei wie ein beherrschtes Aufschreien gewesen, so wie wenn man sich den Kopf stoße.

Der Senat vermag aufgrund dieser Aussage nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Zeuge Dr. U die Klägerin unter heftigem, einen Schrei auslösenden Aufschlagenlassen der Beine auf dem Operationsstuhl abgelegt hat. Auch wenn es keinerlei Anhaltspunkte für eine bewusst unwahre Aussage gibt, bestehen durchgreifende Zweifel, ob sich der entscheidende Vorgang so, wie er vom Zeugen S geschildert worden ist, zugetragen hat. Der Zeuge S hatte keinen Anlass, auf die genauen Umstände der Lagerung der Klägerin zu achten. Zum Zeitpunkt der Wahrnehmung standen eindeutig die Geburt und die vitale Gefährdung des Kindes, in der Zeit unmittelbar danach die lebensbedrohliche Blutung und die Entfernung der Gebärmutter der Klägerin im Vordergrund. Schmerzen im Bereich der Wade sind erst in den folgenden Tagen aufgetreten und Gegenstand ärztlicher Untersuchungen gewesen. Zudem sind Erinnerungsfehler des Zeugen S aufgrund des Zeitablaufs von nahezu 15 Jahren nicht ausgeschlossen, zumal es denkbar ist, dass ein während des Geburtsvorgangs erfolgter, durch die Wehen bedingter Aufschrei der Klägerin von ihm in der Rückschau falsch zugeordnet worden ist.

Hinzu kommt, dass der Zeuge Dr. U, gegen dessen Glaubwürdigkeit sich keine Bedenken ergeben haben, keine Erinnerung an etwas Besonderes beim Absetzen der Klägerin, etwa einen Aufschrei, hatte. Die von ihm bekundete Art und Weise, in der er von ihm getragene Patientinnen in Notfallsituationen auf dem Operationsstuhl abgelegt hat, lässt ein heftiges, einen Schrei auslösendes Aufschlagenlassen der Beine der Klägerin nicht unbedingt wahrscheinlich erscheinen. Der Zeuge Dr. U hat vor dem Senat erklärt, dass die Beine der Patientinnen auf seinem unteren rechten Arm geblieben seien, bis der Körper auf dem abgesenkten oberen Bereich des gynäkologischen Stuhls abgelegt oder aufgesetzt worden sei. Erst im Anschluss daran seien die Beine - zuerst das linke, dann das rechte - vom Arm in die Halterungen gelegt worden. Die Hebamme sei bei diesem Vorgang dabei.

In den Behandlungsunterlagen der Beklagten ist eine Wadenprellung rechts mit Ausnahme des Geburtshilflichen Berichts vom 15.7.1993 (vgl. Bl. 276 d.A.) nicht erwähnt. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung (Bl. 232 d.A.) geltend gemacht hat, dass eine Schädigung bereits am 26.6.1993 durch den Anästhesisten festgestellt und im Protokoll vermerkt worden sei, hat sie auf die Erörterung im Senatstermin mit Schriftsatz vom 26.6.2008 klargestellt, dass hiermit die in den Krankenunterlagen dokumentierte Äußerung des Verdachts einer Unterschenkelthrombose gemeint gewesen sei. Hierin liegt indessen nicht der Befund einer Wadenprellung. Der geburtshilfliche Bericht vom 15.7.1993, in dem es heißt "Prellung re. Wade", genügt nicht, um anzunehmen, dass am 25.6.2003 bei der Lagerung vor der sectio eine Prellung der rechten Wade der Klägerin verursacht worden ist. Hierfür ist nicht in erster Linie ausschlaggebend, dass der geburtshilfliche Bericht fast drei Wochen nach dem streitigen Vorgang abgefasst worden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Prellung der rechten Wade in den übrigen Behandlungsunterlagen nicht angeführt wird, insbesondere auch in solchen Berichten und Aufzeichnungen nicht, denen eine vor dem 15.7.1993 durchgeführte, gezielte Untersuchung der Beine der Klägerin zugrunde liegt.

Schließlich ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. A nichts zu Gunsten der Klägerin. Der Sachverständige hat lediglich die streitige Anknüpfungstatsache als feststehend zugrunde gelegt, dass es bei der Lagerung der Klägerin auf dem Operationsstuhl zu einem Aufprall der Waden auf die Beinstütze gekommen sei. Er hat ferner die von ihm angenommene Wadenprellung in Kombination mit der intraoperativen Gerinnungsstörung und der Einblutung in den Muskel als Ursache für das im Rahmen der Kaiserschnittentbindung entstandene, auf den rechten Musculus soleus begrenzte Kompartment-Syndrom angesehen. Dass es nur im Falle einer vorherigen Wadenprellung zu dem Kompartment-Syndrom kommen konnte - was einen Rückschluss auf die Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin zuließe - hat er weder ausgeführt noch wird dies von der Klägerin geltend gemacht. Dafür spricht auch nichts angesichts der alternativ für ein Kompartment-Syndrom in Betracht kommenden Ursachen (lange Lagerung, Gerinnungsstörung, Kreislaufzusammenbruch), die insbesondere im Bescheid der Gutachterkommission (Anlage K 12, dort S. 3 f.) aufgeführt sind.

Der Senat kann nach alledem offen lassen, ob ein Aufschlagenlassen der Beine bei der Lagerung der Klägerin am 25.6.1993 ausnahmsweise - wie es der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht angenommen haben - deshalb nicht behandlungsfehlerhaft oder jedenfalls nicht schuldhaft gewesen wäre, weil eine Gefährdung des Kindes bestand, die umgehende Einleitung einer sectio geboten war und aus diesen Gründen der im Allgemeinen maßgebliche ärztliche Standard nicht in vollem Umfang beachtet werden konnte und musste.

2. Eine fehlerhafte Lagerung der Klägerin während der Operationen lässt sich nicht feststellen.

Die Lagerung während der beiden Operationen (Sectio und Gebärmutterentfernung) ist in den beiden Operationsprotokollen vom 25./26.6.1993 mit "Steinschnitt" beschrieben. Der Sachverständige Prof. Dr. A, dem die gesamten Behandlungsunterlagen einschließlich der Operationsprotokolle vorlagen und der diese vollständig ausgewertet hat, hat auf die entsprechende Beweisfrage ausdrücklich ausgeführt, dass die Beine, soweit beurteilbar, ordnungsgemäß gelagert worden seien. Ferner hat er die Notwendigkeit einer Verlaufsdokumentation verneint. Er hat hierzu nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Lagerung während des Eingriffs angesichts der Abdeckung mit sterilen Tüchern nicht oder nur eingeschränkt überprüfbar sei. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht daher entgegen der Auffassung der Klägerin in diesem Zusammenhang nicht.

3. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, mussten die für die Beklagte tätigen Ärzte angesichts der besonderen Umstände des Falles das Kompartment-Syndrom nicht erkennen und keine weiteren Untersuchungen vornehmen. Besondere Hinweise an die nachbehandeln Ärzte waren nicht geboten.

Der Sachverständige Prof. Dr. A hat überzeugend ausgeführt, dass die Diagnose eines Kompartment-Syndroms immer klinisch gestellt werde. Die Beine seien symptomgerecht behandelt und diagnostiziert worden. Es hätten zwei sich überlagernde Krankheitsbilder vorgelegen, nämlich eine allgemeine Körperschwellung mit Betonung der Beine als Folge der großen Flüssigkeitsverschiebungen während der intraoperativen Blutungs- und Schockphase und ein auf einen Einzelmuskel begrenztes - in dieser Form äußerst seltenes - Kompartment-Syndrom. Es hätten lediglich unspezifische klinische Symptome (starke Schwellung, ausgeprägte Druckempfindlichkeit, anhaltender Dehnungsschmerz), aber andererseits deutlich gegen ein Kompartment-Syndrom sprechende Anzeichen vorgelegen (Toleranz gegenüber Antithrombosestrümpfen und Kompressionsverbänden, Ansprechen auf Schmerzmittel, Fehlen neurologischer Symptome, nachweislich rasche Rückbildung der Schwellung). Dass die von der Klägerin für notwendig erachteten Ultraschall-, MRT- oder Blutuntersuchungen einen auf ein Kompartment-Syndrom hindeutenden Befund ergeben hätten, sei darüber hinaus unwahrscheinlich.

Die Berufungsbegründung enthält demgegenüber keine durchgreifenden Einwendungen. Die vom Privatgutachter der Klägerin Dr. J angeführten neurologischen und motorischen Störungen, die grundsätzlich ein Symptom für ein Kompartment-Syndrom sein können, hat der Sachverständige Prof. Dr. A nach Auswertung der Behandlungsunterlagen gerade nicht feststellen können. Dass während des Krankenhausaufenthaltes der Klägerin gleichwohl bestimmte, für die Beurteilung möglicherweise erhebliche neurologische oder motorische Störungen vorlagen, zeigt die Berufung nicht auf. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.

Da im chirurgischen Konsil vom 7.7.1993 - nach vorstehenden Ausführungen fehlerfrei - seitens der Beklagten festgestellt worden war, dass kein Hinweis auf ein Kompartment-Syndrom oder eine Thrombose vorlag, hatte die Beklagte bei dem sich aus den Behandlungsunterlagen ergebenden, abnehmenden Beschwerdebild entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung auch keinen Anlass zu bestimmten Hinweisen an die nachbehandelnden Ärzte.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind ausschließlich solche des Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 91.763,70 €

Ende der Entscheidung

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