Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 10.11.2008
Aktenzeichen: 5 U 48/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
BGB § 314
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 13. Februar 2008 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 23 O 122/07 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen ETC 42 und ETC 91 unverändert fortbesteht,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 46.991,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 20.566,00 € seit dem 15.5.2007, aus weiteren 10.283,-- € seit dem 24.7.2007 und aus weiteren 16.142,-- € seit dem 12.12.2007 zu zahlen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 226,-- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.6.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der am 21.4.1959 geborene Kläger, der den Beruf eines selbständigen Fliesenlegers ausübte, unterhielt seit dem 1.4.2003 bei der Beklagten eine Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung. Auf die zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (Anlage B II; Bl. 35 ff. d.A.) wird verwiesen. Nachdem sich der Kläger am 24.10.2005 mit einer Angina pectoris bei seinem Hausarzt vorgestellt hatte, ergaben die weiteren Untersuchungen einen abgelaufenen Herzinfarkt. Es folgte eine Herzoperation mit dreifachem arteriovenösem By-Pass. Die Beklagte leistete ab dem 43. Krankheitstag Krankentagegeld in der vereinbarten Höhe.

Im August 2006 beauftragte die Beklagte die F.GmbH mit der Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Deren Mitarbeiterin T. vereinbarte mit dem Kläger telefonisch für den 14.9.2006 einen Termin, in dem der Kläger ein vermeintlich neu zu gestaltendes Badezimmer in Augenschein nahm. Am 15.9.2006 führte der Kläger ein Gespräch mit dem Mitarbeiter der F.GmbH B., der angeblich einen Handwerksbetrieb für die Durchführung von Fliesenlegerarbeiten suchte, die künftig bei der Betreuung mehrerer Objekte anfallen würden. Mit Schreiben vom 11.10.2006 kündigte die Beklagte daraufhin das gesamte Versicherungsverhältnis fristlos.

Der Kläger hat sich im Wege der Feststellungsklage gegen die nach seiner Auffassung unwirksame fristlose Kündigung gewandt und ferner die Zahlung von Krankentagegeld und die Erstattung von Behandlungskosten verlangt. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte die Krankheitskostenversicherung wieder in Kraft gesetzt. Insoweit und hinsichtlich der Behandlungskosten haben die Parteien die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt. Das vom 11.10.2006 bis zum 12.12.2007 angefallene Krankentagegeld abzüglich der bis zu diesem Zeitpunkt für die Krankentagegeldversicherung bestehenden Beitragsrückstände hat der Kläger auf 46.991,00 € beziffert.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen ETC 42 und ETC 91 unverändert fortbesteht,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.991 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben und die ihr von der F.GmbH in Rechnung gestellten Kosten von 1.879,66 € ersetzt sowie das vom 14. bis 18.9.2006 an den Kläger gezahlte Krankentagegeld von 565 € zurück verlangt. Sie hat insoweit beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an sie 2.444,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung der fristlosen Kündigung darauf berufen, dass der Kläger trotz des Bezugs von Krankentagegeld seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei. Ferner hat sie die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestritten.

Das Landgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T. und B.. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.12.2007 verwiesen (Bl. 131 ff. d.A.).

Daraufhin hat es die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der Krankentagegeldtarife wirksam gekündigt. Der Kläger habe während des Bezugs von Krankentagegeld seine berufliche Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang ausgeübt. Der Kläger habe mit der Zeugin T. einen Termin vereinbart und wahrgenommen, in dem es um einen Auftrag zur Sanierung eines Badezimmers gegangen sei. Nach der insoweit glaubhaften Aussage der Zeugin T. hätten die Arbeiten zeitnah ausgeführt werden sollen. Der Kläger habe auch mit dem Zeugen B. einen Termin zur Auftragsbesprechung vereinbart. Nach den Bekundungen des Zeugen B. habe der Kläger seine Bereitschaft gezeigt, den als lukrativ dargestellten und für die nahe Zukunft in Aussicht gestellten Auftrag zu übernehmen. Bei diesen Akquisitionsmaßnahmen handele es sich nicht um geringfügige und untergeordnete Tätigkeiten. Die Widerklage sei begründet. Für den Zeitraum vom 14. bis 18.9.2006 habe der Kläger das Krankentagegeld ohne Rechtsgrund erhalten. Er sei seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen. Ferner seien die durch die Ermittlungen der F.GmbH angefallenen Kosten durch eine Vertragsverletzung des Klägers verursacht worden und daher von ihm zu ersetzen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung der Krankentagegeldversicherung nicht berechtigt gewesen. Der Kläger habe mit den Zeugen B. und T. keine verbindlichen Gespräche geführt. Er sei, wenn überhaupt, nur geringfügig beruflich tätig gewesen. Ein konkretes Angebot habe er nicht unterbreitet. Außerdem seien ihm Arbeitsversuche zu gestatten. Die Beklagte habe die Erkenntnisse über die Berufsausübung des Klägers zudem durch unzulässigen Einsatz von Testpersonen gewonnen und sich daher selbst unredlich verhalten. Sie habe zuvor keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche Berufsausübung gehabt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen ETC 42 und ETC 91 unverändert fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm 46.991 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat ganz überwiegend Erfolg.

Die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen ETC 42 und ETC 91 besteht unverändert fort. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 11.10.2006 ist unwirksam. Da von Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 11.10.2006 bis 12.12.2007 auszugehen ist, kann der Kläger das in diesem Zeitraum rückständig gewordene Krankentagegeld abzüglich der Beitragsrückstände von der Höhe nach unstreitig insgesamt 46.991 € von der Beklagten verlangen. Der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Detektivkosten von 1.879,66 € besteht nicht. Der von der Beklagten weiter geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung von Krankentagegeld ist nur in Höhe von 226 € begründet.

1. Die fristlose Kündigung der Beklagten, die an den Anforderungen des § 314 BGB zu messen ist, ist unwirksam.

a) Im rechtlichen Ausgangspunkt kommt eine Kündigung aus wichtigem Grund im Bereich der privaten Krankenversicherung vor allem dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht. Dies ist etwa der Fall, wenn jemand Krankentagegeld wegen Arbeitsunfähigkeit verlangt und dem Versicherer die Arbeitsunfähigkeit mitteilt, nicht aber den Umstand, dass er seinen Beruf ungeachtet der Arbeitsunfähigkeit praktisch voll ausübt. Die Kündigung aus wichtigem Grund erfordert allerdings eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und die Abwägung der beiderseitigen Interessen (§ 314 Abs. 1 Satz 2 BGB). Gelegentliche Akquisitionstätigkeiten eines Selbständigen hat der Bundesgerichtshof in einem von ihm entschiedenen Fall unter Heranziehung weiterer Gesichtspunkte nicht als ausreichend angesehen, um im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung die fristlose Kündigung einer Krankentagegeldversicherung zu rechtfertigen (BGH VersR 2007, 1260 ff.).

b) Der Kläger hat während des Bezugs von Krankentagegeld seine berufliche Tätigkeit ausgeübt und sich hierdurch vertragswidrig verhalten (vgl. § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen). Sowohl nach seinen Angaben vor dem Landgericht als nach den Aussagen der Zeugen T. und B. hat der Kläger Akquisitionstätigkeiten vorgenommen, indem er am 14.9.2006 mit der Zeugin T. ein vermeintlich umzugestaltendes Badezimmer besichtigte und indem er am 15.9.2006 in seinem Privathaus ein Gespräch mit dem Zeugen B. über mögliche künftige Handwerksleistungen für einen vom Zeugen B. angeblich vertretenen Kunden führte.

Soweit der Kläger gegenüber dem Zeugen B. die Ausführung von Arbeiten im S. in C. und eine Zusammenarbeit mit mehreren Wohnungsbaugesellschaft geschildert haben soll, lässt sich dem Vortrag der Beklagten und der Aussage des Zeugen B. schon nicht hinreichend sicher entnehmen, dass die angeführten Tätigkeiten überhaupt in den Zeitraum des Bezugs von Krankentagegeld nach dem 24.10.2005 gefallen sind. Im Übrigen können entsprechende Erklärungen des Klägers - wie auch die vom Zeugen B. wieder gegebene Äußerung des Klägers, dass dieser am 15.9.2006 noch einen geschäftlichen Termin in einem Autohaus gehabt habe - ohne weiteres ausschließlich dazu gedient haben, den Kläger gegenüber dem Zeugen B. in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen, ohne dass tatsächlich geschäftliche Kontakte und Arbeitstätigkeiten des Klägers zugrunde gelegen haben. Soweit der Kläger, wie die Zeugin T. über einen Zeitraum von etwa einer Stunde beobachtet hat, Eigenleistungen bei der Errichtung eines Mehrfamilienhauses erbracht hat, handelte es sich nicht um die Ausübung der Berufstätigkeit des Klägers. Das entsprechende Verhalten fiel daher nicht unter § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen.

c) Anders als das Landgericht angenommen hat, war die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht gerechtfertigt. Der Beklagten ist die Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung nicht unzumutbar.

Die im vorliegenden Verfahren feststellbare Berufsausübung des Klägers war äußerst gering. Sie beschränkte sich im Wesentlichen auf zwei Tage und beinhaltete jeweils Akquisitionstätigkeiten von geringer zeitlicher Dauer, die im Vorfeld der eigentlichen Berufsausübung des Klägers lagen und einer Genesung nicht entgegen standen. Hinzu kommt, dass die Gespräche des Klägers mit den Zeugen T. und B. im Ergebnis völlig unverbindlich geblieben sind. Das gewünschte Angebot für die Neugestaltung des Badezimmers hat der Kläger der Zeugin T. unstreitig nicht erteilt. Die Unterredung mit dem Zeugen B. betraf nicht einmal konkrete Arbeiten an einem bestimmten Objekt, sondern war - auch nach der Darstellung des Zeugen - allgemein gehalten.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beklagte das vertragswidrige Verhalten des Klägers selbst in treuwidriger Weise herbeigeführt hat. Sie hat die dem Kläger zur Last gelegte Berufsausübung durch den unzulässigen Einsatz von Testpersonen ausgelöst. Als die Beklagte die F.GmbH mit der Überprüfung des Klägers beauftragt hat, hatte sie nach eigenem Vorbringen keinen konkreten Verdacht. Die von der F.GmbH zunächst angesprochenen Nachbarn hatten "den Eindruck, dass der Kläger wohl fast immer arbeite" (vgl. Bl. 122 d.A.). Diese vagen Informationen genügten ebenfalls nicht, um einen konkreten Verdacht zu begründen.

Dem im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 22.10.2008 hervorgehobenen Umstand, dass die Beklagte die Krankentagegeldzahlungen - anders als die Krankenversicherung in dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.7.2007 - IV ZR 129/06 (VersR 2007, 1260 ff.) zugrunde liegenden Fall - im Zeitpunkt der Überprüfung noch nicht eingestellt hatte, misst der Senat keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Auch wenn der Kläger nicht mangels laufender Einkünfte in besonderer Weise auf Akquisitionen angewiesen war, ist dessen feststehende Berufsausübung ihrem Umfang nach bei wertender Betrachtung als geringfügig anzusehen.

2. Der Kläger kann aufgrund des fortbestehenden Versicherungsverhältnisses das vom 11.10.2006 bis 12.12.2007 rückständig gewordene Krankentagegeld abzüglich der bis zu diesem Zeitpunkt für die Krankentagegeldversicherung bestehenden Beitragsrückstände von der Höhe nach unstreitig insgesamt 46.991 € von der Beklagten verlangen. In diesem Zeitraum war der Kläger arbeitsunfähig. Das bloße, in keiner Weise substantiierte Bestreiten der Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte ist unbeachtlich.

Der Kläger hat im Oktober 2005 einen Herzinfarkt erlitten, der eine Herzoperation mit dreifachem arteriovenösem By-Pass notwendig machte. Aus dem Bericht des Arztes Dr. D. vom 25.8.2008 (Bl. 220 f. d.A.) geht schlüssig hervor, dass der Kläger bis heute bei schwacher Herzleistung und wiederkehrenden Brustkorbschmerzen links unter Angst vor einem erneuten Infarkt leidet. Ferner ist festzustellen, dass der Kläger seinen Fliesenlegerbetrieb zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Oktober 2005 ohne Mitarbeiter geführt hat, so dass eigenhändige Arbeit den wesentlichen Teil der Berufstätigkeit des Klägers darstellte. In ihrem Schreiben vom 18.8.2006 an die mit der Überprüfung des Klägers beauftragte Gesellschaft hat die Beklagte nämlich selbst angegeben, dass der Kläger keine Familienangehörigen oder Mitarbeiter beschäftige (Bl. 120 d.A.).

Vor diesem Hintergrund, der ungeachtet der von der Zeugin T. beobachteten Eigenleistungen des Klägers selbst eine teilweise Arbeitsfähigkeit als fern liegend erscheinen lässt, ist das pauschale, in keiner Weise substantiierte Bestreiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers (vgl. hierzu S.7 des Sitzungsprotokolls des Landgerichts vom 12.12.2007, Bl. 136 d.A.) unbeachtlich (allgemein für die Notwendigkeit substantiierten Vortrags des Versicherers im Zusammenhang mit streitiger Arbeitsunfähigkeit: Prölls/Martin, VVG 27. Aufl. § 1 MBKT 94 Rdn. 8). Der Beklagten wäre es möglich und zumutbar gewesen, näher aufzuzeigen, warum der Kläger in seinem Beruf als Fliesenleger arbeitsfähig gewesen sein soll. Die Beklagte ist als Krankenversichererin sachkundig. Sie verfügt, wie dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt ist, über ständige medizinische Berater. Zudem hätte die Beklagte, sofern für sie Zweifel bestanden, zur Erlangung zusätzlicher Erkenntnisse die Möglichkeit gehabt, eine Untersuchung des Klägers durch einen von ihr beauftragten Arzt zu verlangen (§ 13 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen).

3. Der Beklagten steht gegen den Kläger aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung von Krankentagegeld in Höhe von 226 € zu. Die im Übrigen mit der Widerklage geltend gemachte Ansprüche bestehen nicht.

Für den 14.9.2006 und den 15.9.2006 hat die Beklagte das Krankentagegeld von jeweils 113 € ohne rechtlichen Grund geleistet. Da der Kläger an den beiden Tagen Akquisitionstätigkeiten entfaltet hat, die zu seiner Berufstätigkeit gehörten, stand ihm gemäß § 1 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen kein Anspruch auf Krankentagegeld zu. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebietet insoweit keine Korrektur. In der Zeit vom 16. bis 18.9.2008, auf den sich das Rückforderungsbegehren der Beklagten noch bezieht, hat der Kläger auch nach dem Vorbringen der Beklagten keine berufliche Tätigkeit ausgeübt.

Mangels eines zur Kündigung berechtigenden Verhaltens des Klägers steht der Beklagten ein Anspruch auf Ersatz der von ihr aufgewandten Detektivkosten von 1.879,66 € nicht zu.

4. Die Zinsentscheidung folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 22. Oktober 2008 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 91a, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die der Senat zugrunde gelegt hat, geklärt oder solche des Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 53.539,86 € (Antrag zu 1: 4.104,66 € = [49,33 € + 48,40 €] x 42; Antrag zu 2: 46.991 €; Antrag zu 3: 2.444,20 €)

Ende der Entscheidung

Zurück