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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.05.2003
Aktenzeichen: 5 W 54/03
Rechtsgebiete: ZPO, HGB


Vorschriften:

ZPO § 17
ZPO § 22
ZPO § 36 Abs. 1 Ziff. 3
ZPO § 91
HGB § 160
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

5 W 54/03

In Sachen

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Rosenberger, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schmitz-Pakebusch und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Thurn

am 28.5.2003

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Gründe:

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat gemäß § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO liegen nicht vor. Zwar haben die Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand in unterschiedlichen Gerichtsbezirken (Bonn und Köln). Sie sollen auch als Streitgenossen in Anspruch genommen werden. Es gibt jedoch einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand, nämlich den der Mitgliedschaft nach § 22 ZPO, an dem alle Beklagten verklagt werden können, so dass es der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes nicht bedarf.

Nach § 22 ZPO ist das Gericht, bei dem Gesellschaften den allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO) haben, für Klagen zuständig, die von ihnen gegen ihre Mitglieder oder von den Mitgliedern in dieser Eigenschaft gegeneinander erhoben werden. Hierdurch sollen Rechtsstreitigkeiten, die die inneren Rechtsbeziehungen der Personenvereinigungen betreffen, beim Gericht des Sitzes konzentriert werden (BGHZ 76, 235). Die Vorschrift ist auf Streitigkeiten unter den Mitgliedern einer Anwaltssozietät anwendbar. Eine Sozietät von Rechtsanwälten ist nach allgemeiner Auffassung eine BGB-(Außen-)Gesellschaft (Palandt-Sprau § 705 Rn. 49 m.w.N.). § 22 ZPO gilt für alle unter § 17 ZPO fallenden Personenvereinigungen (Schumann in Stein/Jonas/Schumann 20. Aufl. § 22 Rn. 6; Hausmann in Wieczorek-Schütze, 3. Aufl. 1994 § 22 Rn. 3). Darunter fiel nach herkömmlichem Verständnis die BGB-Gesellschaft nicht, da ihr keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt wurde (RG JW 1918, 742; RG SeuffArchiv 56, 191; OLG Hamburg HGZ 1936, 288; BayObLG NJW-RR 1990, 742; NJW-RR 1990, 1020; Schumann in Stein/Jonas/Schumann 20. Aufl., Rn. 6; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 58. Aufl., § 22 Rn. 2; Patzina in Münchener Kommentar-ZPO 3. Aufl. 2000, § 22 Rn. 3; Thomas-Putzo, 22. Aufl. 2000, § 17 Rn. 1). Dies ist nach neuerem Verständnis allerdings anders. Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 29.1.2001 (- II ZR 331/00 -, BGHZ 146, 341; ferner BGH NJW 2002, 368) nunmehr der in der Literatur bis dahin bereits stark vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach die nach außen im Rechtsverkehr als Gesellschaft auftretende BGB-Gesellschaft Rechtsfähigkeit besitzt. Diese Auffassung hat sich - soweit dem Senat ersichtlich - bereits weitgehend in der Praxis der Rechtsanwendung durchgesetzt, und auch der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Damit ist aber kein Grund ersichtlich, an der zu §§ 17 und 22 ZPO früher vertretenen Meinung festzuhalten. Sie ist überholt. Richtig ist vielmehr, auch bei der BGB-(Außen-)Gesellschaft einen allgemeinen Gerichtsstand anzunehmen (§ 17 ZPO), der durch den Sitz der Gesellschaft bestimmt wird, sofern es einen solchen gibt, und diesen auch für Streitigkeiten der Gesellschaft gegen die Gesellschafter oder der Gesellschafter untereinander maßgeblich sein zu lassen (OLG Celle OLGR 2001, 198, 199; Zöller-Vollkommer § 17 Rn.5 und § 22 Rn.2; Hausmann in Wieczorek-Schütze aaO, § 22 Rn. 3; Thomas-Putzo, 24. Aufl. 2002, § 17 Rn. 1; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 61. Aufl. 2003, § 22 Rn. 2).

Es handelt sich um eine Klage von Mitgliedern als solchen gegeneinander. Hierzu ist erforderlich, dass die Klage das Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft als solches betrifft, also Rechte aus der Mitgliedschaft zur Gesellschaft geltend gemacht werden (Zöller-Vollkommer § 22 Rn 6 f.). Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Klage gegen bereits ausgeschiedene Mitglieder gerichtet wird; die Mitgliedschaft braucht im Zeitpunkt der Klage nicht mehr zu bestehen (OLG Celle VersR 1975, 993; LG Bochum ZIP 1986, 1386; Zöller-Vollkommer § 22 Rn. 5). Entscheidend ist allein, ob es um mitgliedschaftliche Ansprüche geht. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn private Ansprüche (etwa aus Rechtsgeschäft oder Delikt) in Rede stehen. Eine Differenzierung nur nach der Art des (mitgliedschaftlichen) Anspruchs kommt hingegen nicht in Betracht. Insofern ist nicht von Bedeutung, ob auf den Anspruch direkt oder entsprechend die Regelungen über die Nachhaftung anwendbar sind, oder ob es sich um einen Anspruch handelt, der nur im Rahmen einer Auseinandersetzung der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Beides wären mitgliedschaftliche Ansprüche, die am Gerichtsstand des § 22 ZPO geltend gemacht werden können. Um einen solchen Anspruch handelt es sich hier. Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch auf Rentenzahlung auf die gesellschaftsvertraglichen Regelungen (§ 8 Nr. 1 lit. b in Verbindung mit lit. a der Sozietätsverträge vom 3.9.1991 und 29.6.1996), wonach die Sozien, die nicht nach § 7 Nr. 4 ausgeschieden sind, für die Verpflichtung nach lit. a gesamtschuldnerisch haften. Es geht damit eindeutig um einen (behaupteten) Anspruch eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvertrag gegen andere (ausgeschiedene) Gesellschafter. Inwiefern hier eine außergesellschaftliche Schuld begründet worden sein soll, wie die Beklagten mit dem Schriftsatz vom 13.3.2003 andeuten, erschließt sich dem Senat nicht. Der Kläger behauptet auch nicht etwa, die Regelungen über die Nachhaftung (§§ 736 Abs.2 iVm 160 HGB) seien einschlägig, was mittelbar auf einen außergesellschaftsvertraglichen Anspruch schließen lasse. Abgesehen davon, dass derartige Rechtsausführungen nichts über den wirklichen Charakter des Anspruchs besagen würden, hat der Kläger auch eine derartige Auffassung gerade nicht vertreten (vgl. S. 25 ff. der Klagebegründung). Ob der Anspruch begründet ist, insbesondere, wie die streitige Vertragsregelung auszulegen ist, ob sie in dieser Form zulässig ist, ob ggf. die Regelungen der §§ 736 Abs.2 iVm § 160 HGB direkt oder analog anwendbar sind, oder ob eine Geltendmachung nur im Rahmen einer Auseinandersetzung der Gesellschaft möglich ist, wie die Beklagten meinen, berührt die Frage des Gerichtsstandes nicht. Ein Anspruch außerhalb des Gesellschaftsvertrages, also ein privater Anspruch der Parteien, etwa in Form einer vertraglichen Verpflichtung jenseits des Gesellschaftsverhältnisses, lässt sich in keinem Fall begründen.

Zuständig ist damit das Gericht, in dessen Bezirk die Sozietät ihren allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 17 ZPO). Dies ist der Sitz der Gesellschaft. Bei einer Rechtsanwaltssozietät ist dies der Ort der Kanzlei, also Köln. Dass die Gesellschaft mittlerweile auch Büros in C und Q unterhält, ändert daran nichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO analog.

Ende der Entscheidung

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